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49. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC), 42. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen e. V. (DGPRÄC), 16. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen e. V. (VDÄPC)

29.09. - 01.10.2011, Innsbruck

Empfehlungen für die präklinische Erstversorgung von Brandverletzten

Meeting Abstract

  • author Christoph Hirche - Klinik für Hand-, Plastische- und Rekonstruktive Chirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen
  • Adrien Daigeler - Klinik für Hand-, Plastische- und Rekonstruktive Chirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen
  • Leila Kolios - Klinik für Hand-, Plastische- und Rekonstruktive Chirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen
  • Holger Engel - Klinik für Hand-, Plastische- und Rekonstruktive Chirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen
  • Manuel Hrabowski - Klinik für Hand-, Plastische- und Rekonstruktive Chirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen
  • Christoph Wölfl - Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Luftrettungszentrum Rettungshubschrauber Christoph 5 Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen
  • Marcus Lehnhardt - Klinik für Hand-, Plastische- und Rekonstruktive Chirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen

Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie. Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. 49. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC), 42. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), 16. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Innsbruck, 29.09.-01.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgpraecP142

doi: 10.3205/11dgpraec326, urn:nbn:de:0183-11dgpraec3263

Veröffentlicht: 27. September 2011

© 2011 Hirche et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die vorklinische Herangehensweise an schwerbrandverletzte Patienten bedeutet für die Mitarbeiter des Rettungsdienstes aufgrund der vergleichsweise niedrigen Inzidenz weiterhin eine Herausforderung. Neben der Erfordernis einer rechtzeitigen vorklinischen Diagnostik von potentiell lebensbedrohlichen Begleitverletzungen werden wiederholt Unsicherheiten bezüglich der Initialtherapie am Unfallort evident. Auch innerhalb der Fachgesellschaften sowie im internationalen Vergleich verbleiben kontroverse Aspekte. Diese Arbeit soll aktuelle Kontroversen diskutieren und einen Leitfaden für alle an der Erstversorgung beteiligten Disziplinen herleiten.

Material und Methoden: Nach einer Literaturrecherche in Medline wurden publizierte Arbeiten zur präklinischen Erstversorgung von Brandverletzten ausgewertet und kontroverse Aspekte ermittelt. Die notwendigen Schritte für die Erstversorgung wurden herausgearbeitet und in einen Leitfaden überführt. Dieser soll als Grundlage dienen für einen durch die interdisziplinären Fachgesellschaften zu erstellenden Algorithmus für die präklinische Erstversorgung aus Sicht des Schwerbrandverletztenzentrums unter Berücksichtigung sich wiederholende Fallstricke und Probleme:

Ergebnisse: 1. Beseitigung der Hitzequelle, Stoppen des Verbrennungsprozesses: Beachtung des Selbstschutzes, glimmende Kleidung sowie potentiell heißer Metallschmuck sind zu entfernen, in die Haut eingeschmolzene Kleidungsstücke oder Fremdkörper kühlen und belassen (z.B.: Polyvinyle, Polyester).

2. Sicherung Vitalparameter und Diagnostik von lebensbedrohlichen Begleitverletzungen: Prüfung und Sicherung der Vitalfunktionen, Eruierung des Unfallmechanismus´, primäre Vorgehensweise angelehnt an den Algorithmus bei Polytraumata, z.B. die AcBC-Regel (Airway with cervical spine stabilisation, Breathing, Circulation), bei Verdacht auf lebensbedrohliche Begleitverletzungen Fokus der Erstbehandlung auf potentiell lebensbedrohlichen Begleitverletzungen.

3. Atemwegsmanagement: Es gelten die Empfehlungen zur vorklinischen Sicherung der Atemwege bei folgenden Verletzungsmustern in Einklang mit den Empfehlungen der ATLS® mit zu erwartender respiratorischer Insuffizienz: Gesichtsverbrennungen; Schmauchspuren und Rauchsedimente im Bereich der oberen Atemwege / Nasenlöcher/ Mundschleimhaut; angesengte Augenbrauen, Wimpern, Nasenhaare, Bart;Verbrennungen in enger Lagebeziehung zu den oberen Atemwegen.

4. Kühlung: Verbrennungen mit einer VKOF 15% VKOF (Kinder > 8% VKOF) und/oder Inhalationstrauma und/oder wenn die Dauer des Transportes länger als 1h dauert in jedem Fall begonnen werden, Hyperhydratation sollte vermieden werden, anstatt der innerklinisch genutzten Schockphasenformeln sollte präklinisch eine geschätzte Flüssigkeitsmenge nach Faustformel verabreicht werden. Empfehlung für die vorklinischen Flüssigkeitstherapie (die ersten 2 Stunden): Erwachsene: 1000 ml, Kinder 10–15 Jahre: 500 ml, Kinder 5-10 Jahre: 250 ml, Kinder unter 5 Jahren: keine Flüssigkeit.

6. Analgesie und medikamentöse Therapie: Analgesie durch rationale Kühlung sowie intravenöse Schmerztherapie, z.B. mit Opiaten; Sedativa haben zusätzlich einen anxiolytischen Effekt: eine nützliche Kombination für die vorklinische Behandlung ist die Gabe von S+-Ketamin und eines Benzodiazepins (z.B.: Midazolam), präklinisch sollten keine Steroide (weder parenteral noch inhalativ), keine Antibiotika und keine Diuretika verabreicht werden.

7. Vorklinische Erstbeurteilung der VKOF und der Verbrennungstiefe: Eine orientierende Abschätzung nach Neuner-Regel nach Wallace, Handinnenflächen-Regel oder Halbierungs-Regel, um die Indikation für den Transport in ein Schwerbrandverletztenzentrum zu überprüfen.

8. Verbände in der präklinischen Versorgung: Verbände haben in der präklinischen Versorgung eine Bedeutung für das schmerztherapeutische Management und für den Schutz des Verbrennungsareals vor Kontamination. Die Brandverletzung sollte mit sterilen Kompressen bzw. sterilen Baumwolltüchern verbunden werden. Externa wie Salben, Gele oder Puder sollten nicht benutzt werden, damit die endversorgende Klinik bzw. das Schwerbrandverletztenzentrum das Verbrennungsausmaß sowie die Tiefe der unbehandelten Wunde beurteilen kann. Die Verbände sind außerdem Teil zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur. Vorgefertigte Metallfolien (e.g.: Metalline®) können das Risiko der Hypothemie als weitere externe Maßnahme reduzieren.

9. Transport: Die “Zeit am Unfallort” sollte möglichst kurz gehalten werden, um Auskühlung zu vermeiden. Es wird empfohlen, das erforderliche/verfügbare Rettungsmittel vorzuheizen und die Körpertemperatur zu kontrollieren. National und international existieren Empfehlungen für die vorklinische Versorgung dafür, welche Brandverletzungen in einem Schwerbrandverletztenzentrum behandelt werden sollten.

Diskussion: Die Erfahrungen in der klinischen Erstbehandlung von Brandverletzten haben gezeigt, dass immer noch Fallstricke sowie Unsicherheiten in der präklinischen Erstbehandlung existieren. Die Diskussion der Kontroversen sowie Vorbereitung eines Leitfaden sollen die Unsicherheiten beseitigen und eine Grundlage für eine adäquate Therapie ohne Übertherapie bieten. Ein breitflächiger Einsatz eines solchen Leitfadens für die präklinische Erstversorgung soll Sicherheit bringen und die Behandlungsergebnisse langfristig verbessern.