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Unterarm-Kompartmentsyndrom nach Endgliedamputation
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Veröffentlicht: | 27. September 2011 |
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Text
Einleitung: Direkte Traumata der Extremitäten sind als auslösende Faktoren für Kompartmentsyndrome mit ihren pathophysiologischen Mechanismen gut bekannt. Jedoch können auch ungewöhnliche Verletzungsmuster, wie Endgliedamputationen der Finger im Verlauf zu ausgeprägten Kompartmentsyndromen führen.
Material und Methoden: Ein 46 Jahre alter Patient erlitt im Rahmen seiner Kraftfahrertätigkeit eine Quetschverletzung des Mittel- und Ringfingers der rechten Hand. Dies geschah in einer Walze, welche zum Kontainerwechsel genutzt wird. Hierbei erfolgte eine Exartikulation des Endgliedes des Ringfingers sowie eine Endgliedteilamputation des Mittelfingers mit jeweils langen Sehnenstümpfen. Während des Traumas unternahm der Patient starke Anstrengungen seine Hand zu befreien. Bei der Erstuntersuchung zeigten sich genannte Amputationen sowie 4 cm lange Beugesehnenausrisse. Zusätzliche Traumata präsentierten sich klinisch nicht, insbesondere stellte sich der Unterarm unauffällig, weich und ohne klinische Zeichen einer Unterarmverletzung dar. Jedoch gab der Patient eine Schmerzsymptomatik im Bereich des rechten Unterarmes an. Die bildgebende Diagnostik erbrachte keine Hinweise auf eine ossäre Traumafolge. Bei progredienter Schmerzsymptomatik des Unterarmes wurde eine Zweituntersuchung zwei Stunden nach der initialen Untersuchung durchgeführt. Hier zeigte sich eine massiv indurierte Weichteilschwellung, sowie eine kompromittierte Hand- und Unterarmbeweglichkeit. Klinisch zeigte sich eine regelhafte Perfusion des Armes ohne Anhalt für Nervenaffektionen. Die Messung des tiefen Kompartimentes der Unterarmflexoren ergab eine Druckerhöhung auf 57 mm/Hg, so dass umgehend die Indikation zur Kompartmentspaltung gestellt wurde. Intraoperativ zeigte sich die Muskelloge der superfiziellen Beugemuskulatur unverletzt. In der Tiefe stellte sich eine Zerstörung des M. flexor digitorum profundus mit massivem Hämatom dar. Ferner zeigte sich ein ausgeprägtes Hämatom im Bereich der Sehnenstümpfe im Hohlhandbereich. Es erfolgte ein radikales Debridement mit subtiler Blutstillung. Die Amputationen des Mittel- und Ringfingers wurden mittels Stumpfbildung versorgt. Der Wundverschluss erfolgte mittels Vakuumverband. Vier Tage nach Erstoperation konnte die Weichteildefektdeckung mittels Spalthauttransplantation erfolgen. In der Nachschau zeigten sich keine neuronalen Schädigungen des betroffenen Armes. Funktionelle Beeinträchtigungen aufgrund des Kompartmentsyndromes sind unter krankengymnastischer Beübung regredient.
Schlussfolgerung: Bei außergewöhnlichen Unterarmbeschwerden nach Endglied-Ausriss-Verletzungen sollte differentialdiagnostisch ein Kompartmentsyndrom des Unterarmes stets in Betracht gezogen werden.