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29. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

21.09. - 23.09.2012, Bonn

Drei Jahre G-BA Beschluss – Sind die Qualitätsanforderungen erreicht? – Stand des qUNHS in Nordrhein

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Silke Fabian - Hörscreeningzentrum Nordrhein, HNO-Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Alina Weber - Hörscreeningzentrum Nordrhein, HNO-Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Hans Schüller - Hörscreeningzentrum Nordrhein, HNO-Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Martin Walger - HNO-Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Ruth Lang-Roth - HNO-Uniklinik Köln, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 29. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Bonn, 21.-23.09.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgppV33

doi: 10.3205/12dgpp58, urn:nbn:de:0183-12dgpp589

Veröffentlicht: 6. September 2012

© 2012 Fabian et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Das universelle Neugeborenen-Hörscreening (UNHS) ist seit 2009 durch den G-BA Beschluss deutschlandweit geregelt worden. Dabei wurden sowohl die Durchführung und Messmethoden zum Hörscreening als auch verschiedene Qualitätsziele, wie die Erfassungsrate festgelegt. Das Erreichen dieser Vorgaben ist nur durch ein aufwendiges Qualitätsmanagement mit Tracking und Follow-up möglich. Die Arbeit der Hörscreeningzentralen ist notwendig, um diese Ziele zu erreichen. Dies ist zwar gewünscht, allerdings ist die Finanzierung der Zentralen unklar.

Material und Methoden: Seit 2006 ist das UNHS in Nordrhein mit einem qualitätsgesicherten Hörscreening erfolgreich implementiert worden. Dem Hörscreeningzentrum Nordrhein werden jährlich mehr als 40.000 Datensätze (50% der Geburten) übermittelt. In einer retrospektiven Analyse haben wir die Datensätze, von 38.007 erfassten Kindern aus 2011 ausgewertet und mit den Vorjahren verglichen. Im Vordergrund stand dabei die Frage, wie sich die Qualitätsparameter entwickelt haben und ob die Qualitätsziele des G-BA Beschlusses erfüllt wurden.

Ergebnisse: Die Vorgaben des GBA zur Erfassungsrate von ≥95% haben 2011 63,4% der Kliniken erreicht. 92,7% der angeschlossenen Einrichtungen erfassen weit über 90% der Neugeborenen. In 2011 liegt der Anteil der kontrollbedürftig entlassenen Kinder, bei 69,6 % der Kliniken innerhalb der vorgegebenen Grenze. In der Qualitätsentwicklung ist im Beobachtungszeitraum von 2009 bis 2011 eine stetige Steigerung aller Parameter zu erkennen.

Diskussion: Die Qualitätsziele des G-BA sind bis heute noch nicht in allen teilnehmenden Einrichtungen in Nordrhein erreicht. Jedoch ist in den letzten 3 Jahren eine deutliche Steigerung der Qualitätsparameter sichtbar. Nur durch eine regelmäßige Betreuung der screenenden Einrichtungen ist es möglich, die vom G-BA geforderte Qualität zu erreichen und langfristig zu halten. Daher ist eine dauerhafte Etablierung von Hörscreeningzentralen in Deutschland essentiell wichtig um die Qualitätsparameter entsprechend der gesetzlichen Vorgaben umzusetzen.


Text

Das universelle Neugeborenen-Hörscreening (UNHS) ist seit dem 01.01.2009 durch den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Rahmen der Kinderrichtlinie deutschlandweit geregelt worden. Grundsätzlich wurden dabei sowohl die Durchführung und Messmethoden zum objektiven Hörscreening als auch Qualitätsziele, wie die Erfassungsrate oder der Anteil der untersuchten Kinder bei denen eine pädaudiologische Konfirmationsdiagnostik erforderlich ist (G-BA Beschluss zum Neugeborenen-Hörscreening; §5), festgelegt [1]. Das Erreichen dieser Vorgaben ist nur durch ein aufwendiges Qualitätsmanagement möglich.

Ohne ein gut funktionierendes Tracking und Follow-up liegt die Lost-to-Follow-up- Rate bei über 50%, [2], [3], daher ist die Arbeit der Hörscreeningzentralen essentiell wichtig, um eine frühzeitige Diagnose und Versorgung hörgestörter Kinder zu gewährleisten.

Dies ist zwar bundesweit gewünscht, allerdings ist eine generelle Finanzierung der Hörscreeningzentralen derzeit nicht geregelt.

Seit 2006 ist das UNHS- Programm in Nordrhein mit einem qualitätsgesicherten Ein- bzw. Zweistufigen Hörscreening sehr erfolgreich entwickelt und implementiert worden. Dazu gehören vor allem ein umfangreiches Qualitätsmanagement mit ausführlichen Schulungen, regelmäßigen Nachschulungen, der Supervision des screenenden Personals und ein namentliches Tracking.

In das Screeningnetzwerk sind bis heute 60 klinische Einrichtungen und mehr als 30 Nachuntersuchungsstellen (Follow-up Einrichtungen) eingebunden worden. Mittlerweile werden dem Hörscreeningzentrum Nordrhein jährlich mehr als 40.000 Datensätze Neugeborener aus den angeschlossenen Einrichtungen per Datenübertragung übermittelt. Damit wird mehr als die Hälfte der in Nordrhein geborenen Kinder erfasst und gescreent. Es werden kontinuierlich neue Kliniken angeschlossen, so dass tendenziell die Zahl der erfassten Neugeborenen und damit der Trackingaufwand deutlich zunehmen wird. Der Anschluss neuer Kliniken erfolgt kontinuierlich und ist mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden.

In einer retrospektiven Analyse (Stand 21.03.2012) haben wir die Datensätze, nach einer vorläufigen Datenbankbereinigung, von 38.007 erfassten Neugeborenen aus 2011 (1.1.2011–31.12.2011) in SPSS ausgewertet und mit den Vorjahren verglichen. Im Vordergrund unserer Analyse stand dabei die Frage, wie sich die Qualitätsparameter entwickelt haben und ob die Qualitätsziele des G-BA Beschlusses von den angeschlossenen Einrichtungen erfüllt wurden.

Die Vorgaben des GBA zur Erfassungsrate von ≥95% haben 2011 nur 63,4% der Kliniken erreicht. Jedoch erfassen 92,7% der angeschlossenen Einrichtungen weit über 90% der Neugeborenen. In 2011 liegt der Anteil der kontrollbedürftig entlassenen Kinder, die laut G-BA Beschluss bei ≤4% liegen sollte, bei 69,6% der Kliniken innerhalb dieser vorgegebenen Grenze. In der Qualitätsentwicklung ist im Beobachtungszeitraum von 2009 bis 2011 eine stetige Steigerung dieser Parameter zu erkennen.

Da derzeit ca. 50% der in Nordrhein geborenen Kinder im Hörscreeningzentrum Nordrhein erfasst werden, ist darüber hinaus unklar, ob in den nicht angeschlossenen Einrichtungen gescreent wird und die Qualitätskriterien des G-BA Beschlusses erreicht werden.

Die Qualitätsziele des G-BA sind bis heute noch nicht in allen Einrichtungen im Bereich Nordrhein erreicht, die an das Hörscreeningzentrum Nordrhein angeschlossen sind. Jedoch ist in einem Beobachtungszeitraum von 3 Jahren eine deutliche Steigerung der Qualitätsparameter sichtbar.

Nur durch eine regelmäßige und umfangreiche Betreuung der screenenden Einrichtungen und ein gut organisiertes Tracking ist es möglich, kontinuierlich die vom Gemeinsamen Bundesausschuss geforderte Qualität zu erreichen und langfristig zu halten und die verschiedenen Prozesse kontinuierlich zu optimieren.

Ebenso wichtig ist, alle noch nicht eingebunden Geburtseinrichtungen und Kinderkliniken in Nordrhein in das Hörscreeningnetzwerk einzubinden, um alle in Nordrhein geborenen Neugeborenen zu erfassen und damit verbindliche Aussagen über die Qualität des Hörscreenings in Nordrhein machen zu können.

Eine dauerhafte Etablierung und auch Finanzierung von Hörscreeningzentralen in Deutschland ist essentiell wichtig um die Qualitätsparameter entsprechend der gesetzlichen Vorgaben umzusetzen und langfristig zu sichern.


Literatur

1.
Gemeinsamer Bundesausschuss: Beschlussdatum 18.06.2008, Inkrafttreten 01.01.2009. BAnz. Nr. 132 (S. 3 125) vom 04.09.2009
2.
Joint Committee on Infant Hearing. Year 2007 position statement: Principles and guidelines for early hearing detection and intervention. Pediatrics. 2007;120:898-921. DOI: 10.1542/peds.2007-2333 Externer Link
3.
American Speech-Language-Hearing Association. Loss to Follow-Up in Early Hearing Detection and Intervention [Technical Report]. 2008. DOI: 10.1044/policy.TR2008-00302 Externer Link