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27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

17.09. - 19.09.2010, Aachen

Visuell subjektiv bewertete Merkmale des Phonovibrogramms und deren Aussagekraft

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Ercan Gürlek - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie Universitätsklinikum Erlangen, Deutschland
  • Daniel Voigt - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie Universitätsklinikum Erlangen, Deutschland
  • Thomas Braunschweig - Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde, Universitätsklinikum Jena, Deutschland
  • Michael Döllinger - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie Universitätsklinikum Erlangen, Deutschland
  • Ulrich Eysholdt - Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie Universitätsklinikum Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Aachen, 17.-19.09.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10dgppV25

doi: 10.3205/10dgpp34, urn:nbn:de:0183-10dgpp342

Veröffentlicht: 31. August 2010

© 2010 Gürlek et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Die Visualisierung der Stimmlippenbewegung ist das gängige Verfahren, um Veränderungen der Stimmlippenschwingung aufzudecken. Die Hochgeschwindigkeitstechnologie hat sich in den letzten Jahren, im Vergleich zur Stroboskopie, als überlegene Untersuchungsmethode dargestellt. Bisher konnte sich dieses Verfahren jedoch nicht im Alltag durchsetzen. Abhilfe soll die Analyse mittels Phonovibrographie (PVG) schaffen. Sie ermöglicht die Visualisierung von Stimmlippenbewegungen über die Zeit, komprimiert in einem Bild. Wir haben die subjektive Bewertung des PVG als Hilfestellung für den klinischen Alltag untersucht.

Material und Methoden: An 75 weiblichen Patienten wurden Aufnahmen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera während einer gehaltenen Phonation durchgeführt. 25 Patientinnen wiesen eine normale Stimmlippenfunktion auf, 25 hatten eine hypo- und 25 eine hyperfunktionelle Dysphonie. Bewertet wurden Parameter wie Symmetrie, Periodizität, Glottisschluss, Glottisform und Überschwingen.

Ergebnisse: Die Phonovibrographie eignet sich als schnelle Bewertungsmethode von Stimmlippenschwingungen. Funktionelle Dysphonien zeigen keine subjektiv erkennbaren Abweichungen zu Normalstimmen.

Diskussion: Die subjektive Analyse der PVG ist eine wertvolle Unterstützung bei der Auswertung von endoskopischen Hochgeschwindigkeitsaufnahmen. Sie erlaubt eine einfache Dokumentation und Visualisierung der Untersuchung, die sich in der alltäglichen klinischen Arbeit umsetzen lässt.


Text

Hintergrund

Die Visualisierung der Stimmlippenbewegung ist das gängige Verfahren, um Veränderungen der Stimmlippenschwingung aufzudecken. Die Stroboskopie ist die in der klinischen Praxis gebräuchlichste Methode der Bildgebung. Die Hochgeschwindigkeits-Technologie hat sich in den letzten Jahren, im Vergleich zur Stroboskopie, als überlegene Untersuchungsmethode dargestellt. Bisher konnte sich dieses Verfahren jedoch nicht im Alltag durchsetzen. Abhilfe soll die Analyse mittels Phonovibrographie (PVG) schaffen. Sie ermöglicht die Visualisierung von Stimmlippenbewegungen über die Zeit, komprimiert in einem Bild. Wir haben die subjektive Bewertung des PVG als Hilfestellung für den klinischen Alltag untersucht.

Material und Methoden

An 75 Patientinnen wurden Aufnahmen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera während einer gehaltenen Phonation des Vokal /a/ in der mittleren Sprechstimmlage, bei mittlerer Intensität durchgeführt. Zum Einsatz kam das System High-Speed Endocam 5542 (starre 90°-Optik) mit einer Bildwiederholungsrate von 4000 Bilder/s und einer räumlichen Auflösung von 256x256 Pixel. 25 Patientinnen wiesen eine normale Stimmlippenfunktion auf, 25 hatten eine hypo- und 25 eine hyperfunktionelle Dysphonie. Mittels einer computergesteuerten Bildanalyse wurden die Stimmlippenbewegungen als Phonovibrogramme dargestellt. Aus diesen wurden 5 Schwingungsperioden extrahiert (Abbildung 1 [Abb. 1]). Bewertet wurden die 6 Parameter: Symmetrie (symmetrisch, leicht asymmetrisch, stark asymmetrisch), Periodizität (periodisch, leicht aperiodisch, stark aperiodisch), Glottisschluss (komplett, hinteres Drittel inkomplett, bis mittleres Drittel inkomplett, durchgehend inkomplett), Phasenverschiebung (keine, leichte Phasenverschiebung, starke Phasenverschiebung), Glottisform (Traingle, Rectangle, Convex, V-Shape, Concave, Irregular) und Überschwingen (kein, rechts, links, beidseits) über die Glottisachse.

Ergebnisse

Bei der subjektiven Bewertung der Phonovibrogramme wurden keine signifikanten krankheitsspezifischen Muster identifiziert. Insgesamt ergaben sich folgende Verteilungen:

Symmetrie: 45 der von uns untersuchten 75 Patientinnen zeigten symmetrische Stimmlippenschwingen in den PVGs, 27 Patientinnen hatten leichte Asymmetrien und 3 wiesen starke Asymmetrien auf.

Periodizität: Kein Phonovibrogramm zeigte eine Auffälligkeit bei der Periodizität.

Glottisschluss: Jeweils 36 Patientinnen hatten einen kompletten Glottisschluss oder eine Schlussinsuffizienz des hinteren Glottisdrittels. Bei 3 Patientinnen reichte der Spalt bis zum mittleren Drittel der Glottis.

Glottisform: Die meisten Patientinnen wiesen ein Dreieck („Triangle“) oder ein Rechteck („Rectangle“) als Glottisform auf, in Abbildung 2 [Abb. 2] sind die Verteilungen auf die verschiedenen Glottisformen dargestellt.

Phasenverschiebung: Bei lediglich 4 Patientinnen war eine leichte Phasenverschiebung zu erkennen, die übrigen waren unauffällig.

Überschwingen: Bei der Beurteilung des Überschwingverhaltens waren bei 35 Patientinnen ein Überschwingen der rechten Seite zu erkennen, bei 38 Patientinnen war kein Überschwingen sichtbar, nur bei 2 Patientinnen war ein Überschwingen beider Stimmlippenseiten erkennbar.

Diskussion

Als Nachteil der Hochgeschwindigkeits-Technologie wird der größere Zeit- und Datenaufwand im Vergleich zu den derzeit gängigen Untersuchungsmethoden angesehen. Die Phonovibrographie eignet sich jedoch als schnelle Bewertungsmethode von Stimmlippenschwingungen. Die subjektive Analyse der PVG´s ist eine wertvolle Unterstützung bei der Auswertung von endoskopischen Hochgeschwindigkeitsaufnahmen. Sie erlaubt eine einfachere Dokumentation und Bewertung der Schwingungsmuster durch deutliche Datenmengenreduktion und eine Visualisierung der Untersuchung, die sich in der alltäglichen klinischen Arbeit umsetzen lässt.


Literatur

1.
Lohscheller J, Eysholdt U, Toy H, Dollinger M. Phonovibrography: mapping high-speed movies of vocal fold vibrations into 2-D diagrams for visualizing and analyzing the underlying laryngeal dynamics. IEEE Trans Med Imaging. 2008;27(3):300-9. DOI: 10.1109/TMI.2007.903690 Externer Link
2.
Lohscheller J, Eysholdt U. Phonovibrogram visualization of entire vocal fold dynamics. Laryngoscope. 2008;118(4):753-8. DOI: 10.1097/MLG.0b013e318161f9e1 Externer Link