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Auditives räumliches Auflösungsvermögen bei mittelgradig peripher schwerhörigen Kindern und Jugendlichen
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Veröffentlicht: | 31. August 2010 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Die Fähigkeit, zwischen Schallquellen aus unterschiedlichen Richtungen zu unterscheiden, ist grundlegend für die auditive räumliche Orientierung. Ziel der Studie ist die Untersuchung der kleinsten wahrnehmbaren Winkelunterschiede (MAA) als Parameter des auditiven Auflösungsvermögens bei mittelgradig peripher schwerhörigen Kindern unterschiedlichen Alters sowie des Einflusses der Frequenz der Signale.
Material und Methoden: In einem echogedämmten Raum wurden 19 peripher schwerhörige Kinder (Alter 6–17 Jahre, 11 Jungen, 8 Mädchen) aus sieben Referenzrichtungen im frontalen azimuthalen Hemifeld jeweils Bandpass-Rauschsignale mit einer Dauer von jeweils 250 ms präsentiert. Die Stimulation erfolgte bei 35 dB SL in zwei Frequenzbändern (2–8 kHz und 0,250–1,2 kHz). Aus je drei aufeinander folgenden Signalen (2x Referenzrichtung, 1x abweichende Position, minimaler Winkelunterschied 4,3°) musste das Hörereignis ausgewählt werden, das als abweichend wahrgenommen wurde. Der MAA wurde mit einem adaptiven Verfahren (one-up one-down forced-choice method) für die sieben Referenzrichtungen –90°, –60°, –30°, 0°, +30°, +60° +90° ermittelt.
Ergebnisse: Die MAA waren in allen getesteten Altersstufen bei peripheren Richtungen signifikant kleiner für tieffrequente als für höhefrequente Rauschsignale (p<0.01). Des Weiteren nahm die Größe des MAA zur Peripherie hin zu (p<.001).Die ermittelten MAA zeigten eine signifikante Altersabhängigkeit für alle Richtungen: Sie waren bei den älteren Kindern kleiner als bei den jüngeren Kindern (rs <–.33, p<.000).
Diskussion: Peripher schwerhörige Kinder haben auch bei überschwelliger Testung bei vergleichbarem sensation level ein schlechteres auditives Auflösungsvermögen als hörgesunde Kinder. Dennoch differenziert sich das auditive räumliche Auflösungsvermögen auch bei peripher schwerhörigen Kindern mit zunehmendem Alter. Ältere Kinder können kleinere Winkelunterschiede erkennen. Das Winkelunterscheidungsvermögen ist außerdem von der Frequenz und von der Lateralität der dargebotenen Signale abhängig: peripher ist das räumliche Auflösungsvermögen geringer als in Vorausrichtung.
Text
Einleitung
Das räumliche Hören als eine wichtige zentral auditive Teilaufgabe ist für die Entwicklung des Kommunikationsvermögens sowie für die Bewältigung von alltäglichen Situationen wie beispielsweise in der Schule als auch im Straßenverkehr unabdingbar. Im Rahmen unserer bestehenden Arbeitsgruppe wurde bereits an Hand von 81 hörgesunden Kindern und Jugendlichen aufgezeigt, dass im frontalen horizontalen Halbkreis die Wahrnehmung des kleinsten Winkelunterschiedes (MAA) für laterale Rauschsignale schlechter ist als für frontale. Des Weiteren konnten bei tieffrequenten Signalen kleinere Winkel wahrgenommen werden als bei höherfrequenten Signalen. Ziel unserer Studie war es den Einfluss einer mittelgradigen peripheren Schallempfindungsschwerhörigkeit auf den kleinsten wahrnehmbaren Winkelunterschied als Parameter des auditiven Auflösungsvermögens bei Kindern zu untersuchen.
Methode
Es konnten 19 peripher schwerhörige Kinder (Alter 6–17 Jahre, 11 Jungen, 8 Mädchen) im Rahmen dieser Studie untersucht werden. Bei allen Teilnehmern lag eine symmetrische mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit vor. Die Untersuchung wurde in einem echogedämmten Raum durchgeführt, in dem auf einem frontalen azimuthalen Halbkreis in Ohrhöhe 45 einzeln ansteuerbare, verdeckte Lautsprecher zwischen +94° (rechts-lateral) und –94° (links-lateral) montiert waren. Der Winkelabstand zwischen den einzelnen Lautsprechern betrug 4,3° (Abbildung 1 [Abb. 1]). Als Stimuli wurden Rauschsignale von 250 ms Dauer verwendet, die 35dB (SL) überschwellig lagen. Es wurde eine tieferfrequentes (TF) (0,25–1,2 kHz) sowie ein höherfrequentes (HF) Signal (2–8 kHz) getestet. Aus je drei aufeinander folgenden Signalen (2x Referenzrichtung, 1x abweichende Position, minimaler Winkelunterschied 4,3°) musste das Hörereignis ausgewählt werden, das als abweichend wahrgenommen wurde. Der MAA wurde mit diesem adaptiven Verfahren (one-up one-down forced-choice method) für sieben Referenzrichtungen –90°, –60°, –30°, 0°, +30°, +60° +90° ermittelt.
Ergebnisse
Die MAA waren in allen getesteten Altersstufen bei lateralen Richtungen signifikant kleiner für tieffrequente als für höherfrequente Rauschsignale (p<0.01). Des Weiteren nahm die Größe des MAA zur Peripherie hin zu (p<.001) (Abbildung 2 [Abb. 2]).
Die ermittelten MAA zeigten eine signifikante Altersabhängigkeit für alle Richtungen: Sie waren bei den älteren Kindern kleiner als bei den jüngeren Kindern (rs <–.33, p<.000) (Abbildung 3 [Abb. 3]).
Diskussion
Peripher schwerhörige Kinder haben auch bei überschwelliger Testung bei vergleichbarem sensation level ein schlechteres auditives Auflösungsvermögen als hörgesunde Kinder. Dennoch differenziert sich das auditive räumliche Auflösungsvermögen auch bei peripher schwerhörigen Kindern mit zunehmendem Alter. Ältere Kinder können kleinere Winkelunterschiede erkennen. Das Winkelunterscheidungsvermögen ist außerdem von der Frequenz und von der Lateralität der dargebotenen Signale abhängig: lateral ist das räumliche Auflösungsvermögen geringer als in Vorausrichtung.
Literatur
- 1.
- Fuchs M, Kühnle S, Meuret S, Schubert C, Rübsamen R. Entwicklung des auditiven räumlichen Auflösungsvermögens bei gesunden Kindern – Untersuchungen zum kleinsten wahrnehmbaren Winkelunterschied. In: Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 25. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Düsseldorf, 12.-14.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. Doc08dgppV30. Available from: http://www.egms.de/static/en/meetings/dgpp2008/08dgpp37.shtml
- 2.
- Grube M. The Where and When of Auditory Space in the Brain: Evidence from Patients with acquired Brain Lesions [Dissertation]. Leipzig: University; 2005.