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26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

11.09. - 13.09.2009, Leipzig

Das Urbach-Wiethe-Syndrom als seltene Differentialdiagnose organischer Dysphonien

Poster

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 11.-13.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgppP14

doi: 10.3205/09dgpp45, urn:nbn:de:0183-09dgpp454

Veröffentlicht: 7. September 2009

© 2009 Jahn et al.
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Zusammenfassung

Eine 28-jährige Patientin stellte sich aufgrund rezidivierender belastungsabhängiger Dysphonie in unserer phoniatrischen Abteilung vor. Bei der lupenlaryngoskopischen Untersuchung imponierte eine beerenartige, weißliche Raumforderung im Bereich des linken Aryknorpels. Diese wurde im Rahmen einer Mikrolaryngoskopie operativ entfernt. Histologisch zeigten sich ausgedehnte Ablagerungen hyalinen Materials bei bekanntem Urbach-Wiethe-Syndrom.

Bei dieser Lipoidproteinose handelt es sich um ein autosomal-rezessiv vererbtes Krankheitsbild, das durch die Ablagerung von Glykoproteinen in mesenchymalen Geweben gekennzeichnet ist.

Klinisch kommt es häufig schon in früher Kindheit zu Heiserkeit, die durch Hyalineinlagerungen im Bereich der Stimmlippenschleimhaut verursacht wird. Darüber hinaus entstehen Einlagerungen in der Haut, vor allem im Gesicht und am Hals, sowie am Ellenbogen und in der Axilla.

Die Ablagerungen im Bereich der Schleimhäute des Aerodigestivtraktes verursachen mitunter Dyspnoe und führen zu verminderter Peristaltik. Das histologische Bild zeigt Einlagerungen von eosinophilem, hyalinähnlichen Material in der betroffenen Dermis und im Schleimhautstroma.

Die Erkrankung verläuft bis zum frühen Erwachsenenalter progressiv, nimmt jedoch einen relativ benignen Verlauf. Die Verlegung der Atemwege kann im Notfall eine (temporäre) Tracheotomie erforderlich machen. Spätremissionen sind häufig.

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Text

Wir berichten über eine 28-jährige Patientin, die sich aufgrund rezidivierender belastungsabhängiger Dysphonie in unserer Klinik vorstellte. Bei der lupenlaryngoskopischen Untersuchung imponierte eine beerenartige, weißliche Raumforderung im Bereich des linken Aryknorpels (Abbildung 1 [Abb. 1]). Diese wurde im Rahmen einer Mikrolaryngoskopie operativ entfernt. Histologisch zeigten sich ausgedehnte Ablagerungen hyalinen Materials bei bekanntem Urbach-Wiethe-Syndrom (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Das Urbach-Wiethe-Syndrom wird auch als Hyalinosis cutis et mucosae bezeichnet. Bei diesem Krankheitsbild handelt es sich um eine Lipoidproteinose. Diese autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung ist durch die Ablagerung von Glykoproteinen in mesenchymalen Geweben gekennzeichnet. Eine Geschlechtsdisposition besteht dabei nicht. Sie wurde erstmalig durch den Dermatologen Urbach und den Otologen Wiethe in Wien im Jahre 1929 beschrieben

Klinisch kommt es bei diesem Krankheitsbild häufig schon in früher Kindheit zu Heiserkeit, die durch Hyalineinlagerungen im Bereich der Stimmlippenschleimhaut verursacht wird.

Darüber hinaus entstehen Einlagerungen in der Haut, vor allem im Gesicht und am Hals, sowie an den Ellenbogen und in der Axilla. Diese Effloreszenzen erscheinen zunächst als kleine, gelblich-weiße Papeln, die im weiteren Verlauf dunkler und hyperkeratotisch werden und dann warzenartig imponieren.

Durch die Ablagerungen im Bereich der Schleimhäute des Aerodigestivtraktes kann es zu Dyspnoe und zu verminderter Peristaltik kommen. Darüber hinaus kann sich im Verlauf eine endokrine Dysregulation entwickeln, die beispielsweise zu Diabetes mellitus führen kann. Außerdem werden in der Literatur epileptiforme Anfälle und Fälle geistiger Retardierung beschrieben. Zudem werden Verkalkungen im Bereich der Amygdala als pathognomonisch für diese Erkrankung angesehen.

Das histologische Bild weist Einlagerungen von eosinophilem, hyalinähnlichen Material in der betroffenen Dermis und im Schleimhautstroma auf. In unserem Fall zeigten sich ausgedehnte, zum Teil entzündlich demarkierte Ablagerungen hyalinen Materials im Bereich der Supraglottis.

Die Erkrankung verläuft bis zum frühen Erwachsenenalter progressiv, nimmt jedoch einen relativ benignen Verlauf. Die Verlegung der Atemwege kann im Notfall eine (temporäre) Tracheotomie erforderlich machen. Spätremissionen sind häufig.

Zusammenfassend stellt das Urbach-Wiethe-Syndrom nicht nur bei Kindern eine seltene Differentialdiagnose organischer Dysphonien dar, da sich diese nicht zwangsläufig bereits im Kindesalter manifestiert, sondern – wie in unserem Fall – auch erst später auftreten kann.

Da eine kausale Therapie bislang nicht verfügbar ist, ist eine interdisziplinäre Betreuung mit regelmäßigen Verlaufskontrollen anzuraten.


Literatur

1.
Grevers G. Zur Manifestation des Urbach-Wiethe-Syndroms im HNO-Bereich. LRO. 1994;73(10):543-4.
2.
Rinke E, Pilz I, Schwarz T, Zechner G. Hyalinosis cutis et mucosae - das Urbach-Whiete-Syndrom. Eine Übersicht und Fallvorstellung. HNO. 1986;34(6):252-7.
3.
Schwab W, Braun W. Zur Klinik und Pathogenese der Hyalinosis cutis et mucosae. European Archives of Oto-Rhino-Laryngology 1952;162(2):141-51.