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26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

11.09. - 13.09.2009, Leipzig

Zusammenhang zwischen Stimmqualität und Selbsterleben bei Dysphonien gutartiger Ursache

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Manuela Scharf - FAU Erlangen Phoniatrische und Pädaudiologische Abteilung, Erlangen, Deutschland
  • author Christina Hummel - FAU Erlangen Phoniatrische und Pädaudiologische Abteilung, Erlangen, Deutschland
  • author Anne Schützenberger - Praxis, Nürnberg, Deutschland
  • author Elmar Gräßel - FAU Erlangen Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik, Erlangen, Deutschland
  • author Frank Rosanowski - FAU Erlangen Phoniatrische und Pädaudiologische Abteilung, Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 11.-13.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgppV31

doi: 10.3205/09dgpp44, urn:nbn:de:0183-09dgpp447

Veröffentlicht: 7. September 2009

© 2009 Scharf et al.
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Zusammenfassung

Die Stimmdiagnostik orientiert sich an den Vorgaben der European Laryngological Society und zielt auf den Organbefund, die Funktionseinbuße und das individuelle Leiden an der Störung. Dem Prinzip nach kann zwar angenommen werden, dass eine größerer Funktionsstörung auch zu einem größeren Leiden führt, belegt ist dies mit standardisierten Verfahren bisher aber nur unzureichend. In dieser Studie ging es also darum, den Zusammenhang zwischen der perzeptuellen Stimmbewertung mit der RBH-Klassifikation und dem Ergebnis des Fragebogens zur stimmbezogenen Lebensqualität (Voice-Related Quality of Life V-RQOL) zu messen. Grundlage waren die an 112 Patienten mit Dysphonien gutartiger Ursache in der klinischen Routine erhobenen Befunde. Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen den beiden Zielgrößen wurde nicht gefunden (p>0,05). Die Annahme, eine größere Funktionsstörung führe auch zu einem größeren Leiden, kann also verworfen werden. Funktionseinbuße und Selbsterleben sind bei Dysphonien unabhängige Parameter.


Text

Hintergrund

Die Stimmdiagnostik orientiert sich an den Vorgaben der European Laryngological Society [1] und zielt auf den Organbefund, die Funktionseinbuße und das individuelle Leiden an der Störung. Diese Modularisierung des Assessments folgt der zwar formal nicht mehr gültigen, aber idealtypischen Systematik der International Classification of Impairments, Disabilities, and Handicaps der WHO [7]. Unter methodischen Gesichtspunkten gilt heute, dass die Diagnostik des Organschadens mit Endoskopie und Stroboskopie als Standard angenommen werden kann [1]. Weniger gut operationalisiert ist die Untersuchung des Stimmbefundes mit perzeptuellen und apparativen Verfahren. Als Messmethoden für das stimmbezogene Selbsterleben haben sich der Voice Handicap Index und der Fragebogen zur stimmbezogenen Lebensqualität (Voice-Related Quality of Life V-RQOL) etabliert [2], [3], [4], [6].

Fragestellung

Dem Prinzip nach kann zwar angenommen werden, dass eine größerer Funktionsstörung auch zu einem größeren Leiden führt, belegt ist dies mit standardisierten Verfahren bisher aber nur unzureichend. In dieser Studie ging es also darum, den Zusammenhang zwischen der perzeptuellen Stimmbewertung mit der RBH-Klassifikation und dem Ergebnis des Fragebogens zur stimmbezogenen Lebensqualität (Voice-Related Quality of Life V-RQOL) zu messen.

Probanden

Grundlage waren die an 112 Patienten mit Dysphonien gutartiger Ursache in der klinischen Routine erhobenen Befunde. Es handelte sich um 65 Frauen und 47 Männer im Alter von 48,0 ± 15,9 Jahren. Nach den klinischen Diagnosen handelte es sich um 48 Personen mit einer organischen Dysphonie, 55 mit einer funktionellen Stimmstörung und 9 Patienten ohne einen relevanten Larynx- bzw. Stimmbefund.

Methoden

Die perzeptuelle Stimmbewertung nach der RBH-Klassifikation [5] erfolgte auf der Basis des Standardtextes „Der Nordwind und die Sonne“ durch einen mit dieser Methode erfahrenen Phoniater und Pädaudiologen. In Unkenntnis der individuellen Diagnose füllten die Patienten vor der ärztlichen Untersuchung die deutsche Version des V-RQOL-Fragebogens in seiner früher von der berichtenden Arbeitsgruppe dargelegten Fassung aus [2]; die Auswertung erfolgte nach dem früher beschriebenen Vorgehen.

Ergebnisse

Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen den beiden Zielgrößen wurde nicht gefunden (p>0,05), und zwar weder für die Gegenüberstellung des V-RQOL mit der Kategorie „H“ noch mit den beiden Subkategorien „R“ und „B“. Eine Geschlechtsabhängigkeit lag nicht vor (p>0,05). Das Ausmaß der Stimmstörung und der Beeinträchtigung der Lebensqualität war bei Patienten mit organischen Dysphonien größer als bei denen mit funktionellen.

Schlussfolgerung

Die Annahme, eine größere Funktionsstörung führe auch zu einem größeren Leiden, kann also verworfen werden. Funktionseinbuße und Selbsterleben sind bei Dysphonien unabhängige Parameter.


Literatur

1.
DeJonckere PH, Bradley P, Clemente P, et al. A basic protocol for functional assessment of voice pathology, especially for investigating the efficacy of (phonosurgical) treatments and evaluating new assessment techniques. Eur Arch Otorhinolaryngol. 2001;258(2):77-82
2.
Günther S, Rasch T, Klotz M, Hoppe U, Eysholdt U, Rosanowski F. Determination of subjective impairment in dysphonia. A methodological comparison. HNO. 2005;53:895-901.
3.
Hogikyan ND, Sethuramen G. Validation of an instrument to measure voice-related quality of life (V-RQOL). J Voice. 1999;13(4):557-69.
4.
Jacobson BH, Johnson G, Benninger MS, Newman CW. The Voice Handicap Index (VHI): development and validation. Am J Speech Lang Pathol. 1997;6:66-70.
5.
Nawka T, Anders LC, Wendler J. Die Beurteilung heiserer Stimmen nach dem RBH-System. Sprache-Stimme-Gehoer. 1994;18:130-3.
6.
Nawka T, Wiesmann U, Gonnermann U. Validierung des Voice Handicap Index (VHI) in der deutschen Fassung. HNO. 2003;51:921-9.
7.
World Health Organisation. International Classification of Impairments, Disabilities, Handicaps (ICIDH). Geneva: WHO; 1980.