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25. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12.09. - 14.09.2008, Düsseldorf

Postoperative Ergebnisse zur Hyperrhinophonie und Schalleitungsschwerhörigkeit bei submucösen Gaumenspalten

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Wilma Vorwerk - Universitätsklinik für HNO-Heilkunde, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland
  • Dorothea Rostalski - Universitätsklinik für HNO-Heilkunde, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland
  • Christiane Motsch - Universitätsklinik für HNO-Heilkunde, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland
  • Klaus-Louis Gerlach - Universitätsklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 25. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Düsseldorf, 12.-14.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. Doc08dgppP12

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2008/08dgpp52.shtml

Veröffentlicht: 27. August 2008

© 2008 Vorwerk et al.
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Gliederung

Zusammenfassung

Submucöse Gaumenspalten werden häufig erst durch ihre Symptomatik mit rezidivierenden, therapieresistentem Seromucotympanon und durch eine Hyperrhinophonie entdeckt. Diese tritt oft sogar erst nach einer Adenotomie auf. Submucöse Gaumenspalten sind Defekte des harten Gaumens unter intakter Schleimhaut und imponieren durch einen Knochendefekt, fehlende Muskelschicht in Velummitte und eine Uvula bifida. Bei Hypoplasie des M. uvulae spricht man von okkulten Gaumenspalten. Beide Formen sind häufig Ursache für eine velopharyngeale Insuffizienz (VPI), die durch fehlenden velopharyngealen Abschluß bei Phonation zur Hyperrhinophonie oder zu fehlerhafter Bildung velarer Laute führen kann. Daneben wird der Druckausgleich der Pauke via Tuba auditiva gestört, woraus die Paukenergüsse resultieren. Die Symptome sind für die submucöse Gaumenspalte nicht obligat, führen aber wie bereits beschrieben oft erst zur Diagnose.

Submucöse Gaumenspalten liegen in 5 bis 10% aller Spaltbildungen mit einer Prävalenz von 0,02% bis 0,08% vor.

Von Januar 2007 bis Mai 2008 konnte diese Diagnose bei 15 Kindern im Alter von 5 bis 9 Jahren erhoben werden. Das männliche Geschlecht überwog. 13 Kinder wiesen präoperativ ein Seromucotympanon mit durchschnittlich 40 dB Schallleitungsschwerhörigkeit auf, eines nur 20 dB, eines mit Gehörgangsatresie 60 dB. Bei 5 Kindern bestand eine Hyperrhinophonie Grad III, bei 3 Kindern Grad II und bei 2 Kindern Grad I. 5 Kinder mit adenoiden Vegetationen zeigten auf Grund der Kompensation keine Hyperrhinophonie. Die operative Therapie bestand im Verschluß der Spalte und gleichzeitiger Paukendrainage. Postoperativ konnte bei allen Kindern nur noch eine tieftonale Restschallleitung konstatiert werden. Die Rhinophonie besserte sich um jeweils ein Grad, wobei die postoperative Logopädie eine weitere Verbesserung erwarten läßt. In einer Langzeitstudie sollen die Ergebnisse weiter verfolgt werden.


Text

Einleitung

Submucöse Gaumenspalten werden häufig erst durch ihre Symptomatik mit rezidivierendem Seromucotympanon und durch eine Hyperrhinophonie entdeckt. Diese tritt oft erst nach einer Adenotomie auf, wenn das bisher kompensierende adenoide Polster entfernt wurde. Submucöse Gaumenspalten sind Defekte des harten Gaumens unter der intakten Schleimhaut und imponieren durch die bereits von Seemann beschriebene klassische Trias mit palpablen Knochendefekt, der fehlenden Muskelschicht in Velummitte und einer Uvula bifida. Die fehlende Muskulatur imponiert bei Phonation als ein bläulich schimmerndes Dreieck. Besteht lediglich eine geringe Hemmungsfehlbildung mit Hypoplasie des Muskulus uvulae, oder vergrößertem Abstand der velaren Muskulatur, spricht man von okkulten Gaumenspalten. Beide Formen (submucöse und okkulte Spalte) sind häufig Ursache für eine velopharyngeale Insuffizienz (VPI), die durch fehlenden velopharyngealen Abschluss bei Phonation zur Hyperrhinophonie oder zu fehlerhafter Bildung velarer Laute führen kann. Daneben wird der Druckausgleich der Pauke via Tuba auditiva gestört, woraus die rezidivierenden Paukenergüsse resultieren. Die Symptome sind für die submucöse Gaumenspalte nicht obligat, führen aber wie bereits beschrieben oft erst zur Diagnose. Submucöse Gaumenspalten liegen in 5 bis 10% aller Spaltbildungen mit einer Prävalenz von 0,02 bis 0,08% vor.

Material und Methodik

Patienten

Von Januar 2007 bis Mai 2008 konnte die Diagnose einer submucösen Gaumenspalte bei 15 Kindern im Alter von 5 bis 9 Jahren erhoben werden. Das männliche Geschlecht überwog dabei mit 9 Patienten.

Die Verdachtsdiagnose wurde meist auf Grund der Symptomatik mit Hyperrhinophonie und rezidivierenden Paukenergüssen in der phoniatrisch-pädaudiologischen Sprechstunde gestellt. Nach eingehender Diagnostik wurden die Patienten in der Universitätsklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG) zur Mitbeurteilung vorgestellt. Zum Teil werden die Kinder bei einer Uvula bifida mit der Verdachtsdiagnose auch primär in der Klinik für MKG vorgestellt. Die Indikation zur Operation erfolgt jedoch immer durch gemeinsame Diagnostik und konsiliarische Absprache.

Methodik

Alle Patienten wurden präoperativ mit folgend beschriebenen Untersuchungsverfahren beurteilt.

Erhebung eines HNO-Status inclusive:
  • Trommelfellmikroskopie
  • Beurteilung des Velums und der Uvula (Anatomie und Funktionalität)
  • Endoskopische Beurteilung des velopharyngealen Abschlusses
Audiologische Untersuchungsverfahren
  • Bestimmung des Hörverlustes mittels Schwellenaudiometrie oder objektiver Verfahren (OAE, BERA)
  • Tympanometrie zur Diagnostik des Seromucotympanons
Logopädische Untersuchung
  • auditive Bestimmung der Rhinophonie (immer durch den gleichen Untersucher)
  • Sprachstatus mit Beurteilung der phonetisch-phonologischen Kompetenz
MKG-Untersuchung
  • Visuelle und palpatorische Beurteilung des Gaumensegels
Untersuchungsablauf

Die Untersuchungen erfolgen präoperativ, unmittelbar postoperativ und 4-6 Monate nach der Operation.

Operationsmethode

Nach Eröffnung der Schleimhaut im Bereich der Muskeldehiszens erfolgt zunächst die Mobilisierung der Muskulatur des weichen Gaumens. Danach werden die fehlinserierten Anteile von den dorsalen Rändern der Gaumenbeine getrennt und rückwärtsverlagert. Abschließend erfolgt der mediane Nahtverschluss in normaler anatomischer Position. Parallel werden Parazentese und Paukendrainage (PD) durchgeführt. Bei meist ausgeprägter Schallleitungskomponente werden Tübinger Goldröhrchen verwendet.

Ergebnisse

13 Kinder wiesen präoperativ ein Seromucotympanon (SMT) mit durchschnittlich 40 dB Schallleitungsschwerhörigkeit auf, eines nur 20 dB, eines mit beidseitiger Gehörgangsatresie bei Goldenhar-Syndrom 60 dB. Bei 5 Kindern bestand eine Hyperrhinophonie Grad III, bei 3 Kindern Grad II und bei 2 Kindern Grad I. 5 Kinder mit adenoiden Vegetationen zeigten auf Grund der Kompensation keine Hyperrhinophonie.

Der operative Verschluß der Spaltbildung erfolgte in allen 15 Fällen nach gleicher Vorgehensweise trotz unterschiedlicher Ausprägung der Fehlbildung. Bei 13 Patienten wurde gleichzeitig die PD beidseits mit Tübinger Goldröhrchen durchgeführt, einmalig erfolgte die Einlage eines T-Tube. Bei einem Kind mit Gehörgangsatresie bestand diesbezüglich keine Therapiekonsequenz. Die adenoiden Vegetationen wurden in allen Fällen zunächst belassen. Hier sollte im Intervall eine erneute Entscheidung zur Adenotomie gestellt werden.

Unmittelbar (eine Woche) postoperativ konnte bei allen Kindern mit liegender PD nur noch eine tieftonale Restschallleitung konstatiert werden. Die bestehende Hyperrhinophonie besserte sich in allen Fällen um jeweils ein Grad. Untersuchungsergebnisse nach 6 Monaten liegen bisher nur vereinzelt, d.h. bei 5 Patienten vor. Bei drei Kindern konnte nach bereits dislozierter PD wiederum eine Normacusis mit regelrechter Paukenbelüftung beobachtet werden. Bei zwei Patienten lag die PD noch in situ mit entsprechend tieftonaler Schallleitungskomponente bis zu 30 dB. Bezüglich der Rhinophonie zeigte sich keine weitere Verbesserung.

Diskussion

Die ersten Untersuchungsergebnisse zeigen unmittelbar postoperativ eine deutliche Verbesserung bezüglich der Schallleitungsschwerhörigkeit und der Hyperrhinophonie, wobei letztere durch die Fortführung der logopädischen Therapie im Verlauf eine weitere Verbesserung erwarten lässt. Kritisch zu betrachten sind die guten Ergebnisse bezüglich der Schallleitungsstörung. Hier sind die Ergebnisse nach 6 und 12 Monaten postoperativ, nach Dislokation der PD abzuwarten. Nur durch eine permanente Besserung kann die Effizienz der Operation auf die velopharyngeale Funktion nachgewiesen werden, die auch durch andere Pathologien, wie insuffiziente Knorpelanlage der Tuba auditiva oder chronische Entzündungen beeinträchtigt sein kann. Damit werden die Ergebnisse denen offener Spalten entsprechen.

Fazit

Die Untersuchung zeigt, dass eine deutliche Verbesserung der Hyperrhinophonie nach Verschluß einer submucösen Gaumenspalte resultiert. Die Ergebnisse bezüglich der Paukenergüsse werden sich erst in den Langzeituntersuchungen bestätigen müssen.