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21. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

10. bis 12.09.2004, Freiburg/Breisgau

Wassertherapie zur Rehabilitation von Laryngektomierten

Vortrag

  • author presenting/speaker Berit Schneider - Univ.-HNO-Klinik Wien, Klinische Abteilung Phoniatrie-Logopädie, Wien, Österreich
  • Richard Crevenna - Univ.-Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation Wien, Österreich
  • Doris-Maria Denk - Univ.-HNO-Klinik Wien, Klinische Abteilung Phoniatrie-Logopädie, Österreich
  • Mohamad Keilani - Univ.-Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation Wien, Österreich
  • Veronika Fialka-Moser - Univ.-Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation Wien, Österreich
  • Wolfgang Bigenzahn - Univ.-HNO-Klinik Wien, Klinische Abteilung Phoniatrie-Logopädie, Österreich

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 21. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Freiburg/Breisgau, 10.-12.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dgppV45

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2004/04dgpp74.shtml

Veröffentlicht: 9. September 2004

© 2004 Schneider et al.
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Zusammenfassung

Ziel der vorliegenden Studie war es, erstmals eine kontrollierte Wassertherapie mit Laryngektomierten (dreimal wöchentlich über 8 Wochen) durchzuführen. 6 Patienten (alle männlich) nahmen im Zeitraum von März bis Mai 2003 an dem Therapieprogramm teil. Zum Schutz vor Aspiration wurde ein speziell für Laryngektomierte entwickeltes Wassertherapiegerät („Larchel", Fa. Heimomed) verwendet. Vor und nach dem Therapiezyklus wurde alle Patienten mit Posturographie, Ergometrie und einem 6-Minuten-Gehtest untersucht. Weiterhin wurden die Parameter bronchiale Sekretproduktion, Ermüdung, Mobilität, Haltungskontrolle und Allgemeinbefinden mit Hilfe von visuellen Analogskalen bewertet. Die Lebensqualität konnte mit Hilfe des SF-36 Health Survey-Fragebogens erfasst werden.

Alle Parameter zeigten in den statistischen Datenanalysen signifikante Verbesserungen. Durch die Wassertherapie besserte sich nicht nur das subjektive Befinden der Patienten, sondern es konnte auch eine Verbesserung der objektiven Testparameter erzielt werden.

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie belegen, dass die Wassertherapie unter Verwendung spezieller Hilfsmittel zum Schutz der Atemwege vor Aspiration eine effiziente und sichere Therapiemethode für die Rehabilitation von Laryngektomierten ist. Ihre Etablierung in physikalischen Einrichtungen und Reha-Zentren wird daher empfohlen.


Text

Einleitung

Die Laryngektomie (oft in Kombination mit postoperativer Radiochemotherapie) ist bei fortgeschrittenen Larynx- und Hypopharynxkarzinomen nach wie vor die Therapie der Wahl. Verbesserte Diagnostikverfahren und Therapiemethoden haben in den letzten Jahren zu höheren Heilungschancen geführt, so dass rehabilitative Maßnahmen hinsichtlich Lebensqualität und sozialer Re-Integration zunehmend an Bedeutung gewinnen. Bislang konzentrierte sich die Rehabilitation laryngektomierter Patienten vor allem auf die Stimmrehabilitation.

Verringerte Atemwegswiderstände, veränderte Atemmechanik, höhere Fremdkörperbelastung der Atemluft und geringerer Feuchtigkeits- und Temperaturzustand der Atemluft verursachen jedoch bei Halsatmern über Jahre oft tracheobronchiale bzw. pulmonale Probleme. Der oft langwierige Therapieverlauf führt darüber hinaus bei vielen Karzinompatienten zu einer Dekonditionierung mit Muskelschwäche, rascher Ermüdbarkeit und Erschöpfungszuständen.

Nachgewiesenermaßen ist durch körperliches Training, v.a. Ausdauertraining mit moderaten Intensitäten eine Verbesserung der physischen und psychischen Befindlichkeit möglich [1]. Die Hydrotherapie erweitert die Therapieeffekte. Durch das Eintauchen des Körpers in Wasser kommt es durch den hydrostatischen Druck zu Veränderungen im Bereich der Atemfunktion: die Inspiration wird erschwert und die Exspiration erleichtert. Dadurch kräftigt sich die Atemmuskulatur allein schon durch den Aufenthalt im Wasser. Zusätzliche aktive Übungen im Wasser verbessern die Ventilation und Verteilung in den Lungen, sowie die Reinigung der Atemwege.

Ziel der vorliegenden Studie war es, eine kontrollierte Wassertherapie mit Laryngektomierten (dreimal wöchentlich über 8 Wochen) durchzuführen und deren Therapieeffekte zu beurteilen [2].

Material/Methoden

Sechs laryngektomierte männliche Patienten (Altersmittelwert 57 Jahre) nahmen zwischen Februar und März 2003 an der Unterwassergruppentherapie teil. Die Laryngektomie lag durchschnittlich 30 Monate (zwischen 2 und 72 Monaten) zurück.

Zum Schutz vor Aspiration wurde ein speziell für Laryngektomierte entwickeltes Wassertherapiegerät („Larchel") verwendet. Nach Einschulung im Umgang mit dem Larchel trainierte die Patientengruppe dreimal wöchentlich unter physiotherapeutischer Anleitung. Vor und nach dem zehnwöchigen Wassertherapieprogramm wurden die Ausdauerfähigkeit, Muskelkraft, Haltungskontrolle, subjektive Leistungsfähigkeit/Beweglichkeit und Lebensqualität mit verschiedenen Untersuchungsverfahren - Ergometrie, Dynamometrie, Posturographie (6 Subtests) und 6-Minuten-Gehtest - evaluiert. Weiterhin wurden die Parameter bronchiale Sekretproduktion, Ermüdung, Mobilität, Haltungskontrolle und Allgemeinbefinden mit Hilfe von visuellen Analogskalen bewertet. Die Lebensqualität konnte mit Hilfe des SF-36 Health Survey-Fragebogens erfasst werden.

Ergebnisse

Die Compliance der Patienten war während der gesamten Therapiephase sehr hoch; von den 144 Therapieeinheiten wurden lediglich 17 Einheiten nicht wahrgenommen.

Alle Parameter zeigten in der statistischen Datenanalyse (Wilcoxon Test) signifikante Verbesserungen. Durch die Wassertherapie besserte sich nicht nur das subjektive Befinden der Patienten, sondern es konnte auch eine Verbesserung der objektiven Testparameter erzielt werden.

Obwohl bereits vor dem Therapiezyklus alle sechs Patienten normale posturographische Werte in vier sensorischen Organisationstests (SOT 1-4) aufwiesen, ließen sich nach der Therapie signifikante Änderungen der SOTs 5 und 6 als Hinweise für eine stabilere Körperbalance feststellen. Die dynamometrischen Untersuchungen sowie die 6-min Gehtests ergaben posttherapeutisch verbesserte Ausdauer- und Belastungsleistungen. Diese Ergebnisse wurden durch die subjektiven Angaben (visuelle Analogskalen) bestätigt. Die Patienten berichteten darüber hinaus über höhere Beweglichkeiten im Schulter- und Nackenbereich und über eine Anhebung des allgemeinen körperlichen Wohlbefindens. Der SF-36 ergab signifikante Verbesserungen in vier Testkategorien: körperliche Leistungsfähigkeit, körperliche Rollenfunktion, Vitalität und soziale Kompetenz.

Diskussion

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie belegen, dass die Wassertherapie unter Verwendung spezieller Hilfsmittel zum Schutz der Atemwege vor Aspiration eine effiziente und sichere Therapiemethode für die Rehabilitation von Laryngektomierten ist. Ihre Etablierung in physikalischen Einrichtungen und Reha-Zentren wird daher empfohlen.


Literatur

1.
Becker BE, Cole AJ (1996): Aquatic rehabilitation. In: Delisa JA, Gans BM (eds): Rehabilitation medicine, 3rd edn. Lippincot, Philadelphia, 887-901
2.
Crevenna R, Schneider B, Mittermaier C, Keilani M, Zoch C, Nuhr M, Wolzt M, Quittan M, Bigenzahn W, Fialka-Moser V: Implementation of the Vienna Hydrotherapy Group for Laryngectomees--a pilot study. Support Care Cancer. 2003;11(11):735-738