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20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12. bis 14.09.2003, Rostock

Lebensqualität, Ängstlichkeit und Depressivität bei Müttern von Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten

Poster

  • Veronika Weigl - Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung Phoniatrie-Pädaudiologie, Bohlenplatz 21, 91054 Erlangen, Tel.: 09131-853-3145, Fax: 09131-853-9272
  • corresponding author Michael Rudolph - Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung Phoniatrie-Pädaudiologie, Bohlenplatz 21, 91054 Erlangen, Tel.: 09131-853-3145, Fax: 09131-853-9272
  • Ulrich Eysholdt - Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung Phoniatrie-Pädaudiologie, Bohlenplatz 21, 91054 Erlangen, Tel.: 09131-853-3145, Fax: 09131-853-9272
  • Frank Rosanowski - Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung Phoniatrie-Pädaudiologie, Bohlenplatz 21, 91054 Erlangen, Tel.: 09131-853-3145, Fax: 09131-853-9272

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Rostock, 12.-14.09.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. DocP34

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2003/03dgpp075.shtml

Veröffentlicht: 12. September 2003

© 2003 Weigl et al.
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Gliederung

Zusammenfassung

Die Art und Weise, wie Patienten ihre Krankheiten oder Störungen und deren Behandlung erleben, sind in der Medizin zu einem Endpunktparameter geworden. Zunehmend finden auch Fragen nach der Lebensqualität und nach emotionalen Aspekten von Angehörigen erkrankter Patienten Berücksichtigung, in der Phoniatrie z.B. bei Partnern von Aphasie-Patienten. In dieser Studie wurden n=50 Mütter von Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten LKG (Alter > 12 Monate und < 11 Jahre) untersucht. Testverfahren zur Lebensqualität war der SF-36 Fragebogen. Die in der Bevölkerung zahlenmäßig häufigsten emotionalen Störungen Ängstlichkeit und Depressivität wurden mit dem HADS-D Fragebogen erfasst. Als Kontrollgruppen dienten die altersgruppenspezifische Normkollektive der Testmanuale und ein andernorts ausführlich dargelegtes Kollektiv von Müttern sprachentwicklungsauffälliger, aber sonst gesunder Kinder. Die Gesamtgruppe zeigte gegenüber dem Normkollektiv in einzelnen Subskalen des SF-36 signifikante Auffälligkeit, aber keine Häufung von Ängstlichkeit und Depressivität. Im Vergleich mit den Müttern „nur" sprachentwicklungsauffälliger Kinder wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden. Die Anbindung an ein multiprofessionelles, spezialisiertes „Spaltteam" ist geeignet, wesentliche Folgen für das Selbstempfinden der Mütter von LKG Kindern zu mildern. Weiter erforscht werden sollten väterliche Reaktionen und insbesondere elterliche emotionale Aspekte unmittelbar nach Geburt eines LKG-Kindes.


Text

Einleitung

Die Art und Weise, wie Patienten ihre Krankheiten oder Störungen und deren Behandlung erleben, ist in der Medizin neben objektiven Daten zum Gesundheitszustand zu einem gleichwertigen Endpunktparameter geworden. Zunehmend finden auch Fragen nach der Lebensqualität und nach emotionalen Aspekten von Angehörigen erkrankter Patienten Berücksichtigung. In der Phoniatrie und Pädaudiologie liegen dazu umfangreiche und auch therapeutische Interventionen begründende Daten z.B. bei Partnern und anderen Angehörigen von Aphasie-Patienten einschließlich lösungsorientierter Handlungskonzepte vor. In dieser Studie geht es um die Mütter von Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten: Sie sollten aufgrund des initialen „Diagnoseschocks" und aufgrund der zumindest in vielen Fällen sehr umfangreichen, z.T. aufwändigen und invasiven Therapie ein besonderes Risiko haben, in der mittelbaren Folge der Störung ihres Kindes reaktive emotionale Auffälligkeiten zu entwickeln und eine verminderte Lebensqualität zu erleben. Und darauf zielte diese Studie.

Probanden und Methoden

Es wurden n=50 Mütter von Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten LKG (Alter > 12 Monate und < 11 Jahre) untersucht. Testverfahren zur Lebensqualität war der SF-36 Fragebogen. Die in der Bevölkerung zahlenmäßig häufigsten emotionalen Störungen Ängstlichkeit und Depressivität wurden mit dem HADS-D Fragebogen erfasst. Als Kontrollgruppen dienten die altersgruppenspezifische Normkollektive der Testmanuale und ein andernorts ausführlich dargelegtes Kollektiv von Müttern sprachentwicklungsauffälliger, aber sonst gesunder Kinder.

Ergebnisse

Die Gesamtgruppe zeigte gegenüber dem Normkollektiv in einzelnen Subskalen des SF-36 signifikant bessere (!) Werte, eine Häufung von Ängstlichkeit und Depressivität wurde nicht gefunden. Beim Vergleich mit den Müttern „nur" sprachentwicklungsauffälliger Kinder lagen keine signifikanten Unterschiede vor.

Diskussion und Schlussfolgerung

Die Mütter des Studienkollektivs sind langfristig an ein multiprofessionelles, spezialisiertes „Spaltteam" angebunden. Offenbar ist dieses Setting geeignet, wesentliche Folgen für das Selbstempfinden der Mütter von LKG Kindern so weit zu mildern, dass ihr subjektives Erleben sogar weniger beeinträchtigt ist als das von Müttern, deren Kinder „nur" eine gestörte Sprachentwicklung haben. Die untersuchte Altersgruppe berücksichtigt nicht Mütter von Kindern im ersten Lebensjahr: In dieser Hinsicht besteht ein weiterer auch therapierelevanter Forschungsbedarf, denn die meisten befragten Mütter äußerten, dass sie sich retrospektiv im ersten Lebensjahr eine stärkere emotionale Stützung gewünscht hätten. Weiter von Interesse sind auch väterliche emotionale Aspekte, denn aus der Literatur ist bekannt, dass Väter durchaus anders auf Erkrankungen ihrer Kinder reagieren als Mütter.