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20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12. bis 14.09.2003, Rostock

Objektivierung der Einstellung der Verstärkungsfunktion von CI - Sprachprozessoren

Poster

  • corresponding author Thomas Braunschweig - Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Phoniatrie und Pädaudiologie, Stoystr. 3, D - 07743 Jena; Tel.: ++49-3641-935434, Fax: ++49-3641-935432
  • Ulrike Röger - Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Phoniatrie und Pädaudiologie, Stoystr. 3, D - 07743 Jena; Tel.: ++49-3641-935434, Fax: ++49-3641-935432
  • Petra Schelhorn-Neise - Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Phoniatrie und Pädaudiologie, Stoystr. 3, D - 07743 Jena; Tel.: ++49-3641-935434, Fax: ++49-3641-935432
  • Horst Hessel - Cochlear GmbH Hannover, Karl - Wiechert - Allee 76A, 30625 Hannover

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Rostock, 12.-14.09.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. DocP17

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2003/03dgpp058.shtml

Veröffentlicht: 12. September 2003

© 2003 Braunschweig et al.
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Zusammenfassung

Der Hörerfolg von Patienten mit Cochlea - Implantaten hängt neben einem guten Implantationsergebnis nicht allein von der korrekten Ermittlung der Schwellen und der C - Werte (MCL - Werte) ab. Auch die Einstellung der Verstärkungskurve kann eine wichtige Rolle spielen. Die Verstärkungskurve sollte an die Wachstumsfunktion der elektrisch evozierten Potenziale des Hörnervs angepasst werden. Gründe hierfür sind die Forderung nach einer möglichst guten Wahrnehmung akustischer Signale zwischen den beiden Grenzwerten Schwelle und C - level sowie eine ungenügende Kenntnis über die dem CI - Träger täglich applizierte Schalldosis (insbesondere von Hintergrundgeräuschen, die ständig präsent sind). Diese Schalldosis kann minimiert werden, wenn die Verstärkungskurve optimal angepasst wird. Bisher war eine kategoriale Lautheitsskalierung das Mittel der Wahl bei der Festlegung der Verstärkungskurve. Deren Ergebnis ist aber sehr stark von der Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Patienten abhängig und dauert sehr lange. Es wird gezeigt, ob mit Hilfe der NRT - Methode (neural response telemetry) die aufwendige kategoriale Lautheitsskalierung umgangen werden kann.


Text

Motivation

Im Gegensatz zu Hörgeräten, die die Schallamplituden in den verbliebenen Resthörbereich des Innenohrs transformieren und deshalb weiterhin Trommelfell und Gehörknöchelchenkette direkt anregen, stimulieren Cochlea - Implantate den Hörnerv direkt. Dabei wird zwischen den Stimulations- und der Referenzelektrode ein elektrisches Feld aufgebaut, welches die Nervenfasern des Hörnervs kreuzt. Die Stimulationswirkung hängt aber auch von einigen nichtlinearen Faktoren ab, die während der Implantation nicht oder nur indirekt beeinflusst werden können. Dies sind die endgültige Lage der Elektroden in der Schnecke, der Zustand der Cochlea (mögliche Obliteration / Lymphe) und die Lage der Referenzelektrode. Diese Besonderheiten bestimmen die Größe der zur Stimulation notwendigen elektrischen Ladungen. Der mögliche Bereich wird durch die Schwellwerte (T - Level) und most comfortable level (C - Level) beschrieben. Die Vorschrift, die die Abbildung beliebiger Schallpegel in den Bereich der elektrischen Stimulationen vermittelt, wird im folgenden Verstärkungskurve genannt. Die Lautstärkeempfindung eines CI - Trägers wird auch vom Verlauf der Verstärkungskurve beeinflusst. Sie ist auf Grund der oben genannten Einflüsse für jeden CI - Träger individuell verschieden. Ein gebräuchliches Verfahren, ihren Verlauf festzulegen, ist die Lautheitsskalierung. Da sie ein subjektives Verfahren ist, hängt das Ergebnis sehr stark von Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Patienten und deren subjektiven Empfinden ab. Deshalb erhebt sich die Frage nach objektiven Methoden, die zur Abschätzung der Neigung der Verstärkungskurve herangezogen werden können.

Methode

Die „Neural Response Telemetry" (NRT) zeichnet die elektrisch evozierten compound action potentials (ECAP) auf [1]. Für Stimulation und Aufzeichnung werden die intracochleären Elektoden des CI verwendet. Die Größe des registrierten Potentials hängt von der elektrischen Ladung des Stimulationspulses am Ort der Stimulation des Hörnervs ab. Große elektrische Ladungen erzeugen größere Potentiale als geringe Ladungen. Mit Hilfe von Vergleichsmessungen wurde überprüft, ob zwischen dem Wachstum der Lautheitsempfindung und dem Wachstum des ECAP's Zusammenhänge existieren. Zu diesem Zweck wurden 10 Patienten mit dem Nucleus - Implantat CI 24 M untersucht. Bei diesen Patienten wurde an verschiedenen Elektroden die NRT gemessen und die Steigung der NRT - Wachstumsfunktion bestimmt. Danach mussten sie bei direkter Stimulation dieser Elektroden ihre Lautstärkeempfindung angeben. Dabei wurde der Stimulationsstrom sukzessive erhöht. Die Skalierung der Lautstärke erfolgte auf Basis der 50 - stufigen Intervallskala. Aus den Kurven für die gemessene Kategoriallautheit und der NRT wurden die Bereiche gleicher Stimulationsströme bestimmt. Diese Kurvenabschnitte der NRT - Wachstumsfunktion und der kategorialen Lautheit wurden durch lineare Funktionen approximiert. Die Anstiege der entsprechenden Kurvenpaare wurden miteinander verglichen. Die Steilheit der Anstiege der Potenziale wurde als Kriterium für die Einstellung der Verstärkungskurve verwendet. Das Ergebnis wurde mit einem weißen Rauschgeräusch getestet, dessen Schallpegel in Stufen von 2 dB von 80 dB auf 50 dB abgeschwächt wurde. Die Patienten sollten jeweils angeben, wann sie einen Pegelsprung bemerkt haben. Dabei wurden die Verstärkungskurven über ihren gesamten Einstellbereich variiert.

Ergebnisse und Diskussion

Bei fünf Patienten waren die Ergebnisse der NRT - Messungen bzw. der kategorialen Lautheitsskalierung nicht eindeutig. Bei den anderen fünf Patienten fanden sich überraschend gute Korrelationen r NRT,L zwischen den Anstiegen der Wachstumsfunktionen der ECAP und der Lautheitsempfindung. Sie lagen zwischen 0,63 ≤ r NRT,L ≤ 0,87. Das bedeutet, dass ein steiler Anstieg der Potentiale der neuralen Antwort auch zu einem steilen Anstieg der Lautheitsempfindung führt, wenn man den Stimulationsstrom erhöht.

Bei entsprechender Wahl der Verstärkungsfunktion können geringe Lautheitsunterschiede durch CI - Träger gut wahrgenommen werden.

Eine so optimierte Einstellung gewährleistet ein gutes Sprachverständnis. Sie begrenzt darüber hinaus die wahrgenommene Schalldosis, die in Form von Hintergund- und Störgeräusche ständig präsent ist.


Literatur

1.
P.J. Abbas, C.J. Brown, J.K. Shallop, J.B. Firszt, M.L. Hughes, S.H. Hong, S.J. Staller: Summary of Results Using the Nucleus CI24M Implant to Record the Electrically Evoked Compund Action Potential; Ear & Hearing 1999; 20, 45 - 59