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20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12. bis 14.09.2003, Rostock

Effizienz des Neugeborenen Hörscreenings in Mecklenburg-Vorpommern

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  • corresponding author Tadeus Nawka - Klinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie der Universität Greifswald, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Walther-Rathenau-Str. 43-45, 17487 Greifswald, Tel.: 03834-866284, Fax: 03834-86201
  • Reinhard Kühl - Soldtmannstr.15, 17489 Greifswald
  • André Werner - Klinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie der Universität Greifswald, Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Walther-Rathenau-Str. 43-45, 17487 Greifswald, Tel.: 03834-866284, Fax: 03834-86201
  • Gabriele Witt - Abt. Phoniatrie-Pädaudiologie; Univ.-HNO-Klinik "Otto Körner" Rostock, Doberaner Str. 137-139, 18057 Rostock, Tel. 0381 494 8397, Fax 0381 8392
  • Dirk Olbertz - Klinikum Südstadt Rostock, Neonatologische Intensivmedizin, Südring 81, 18059 Rostock

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Rostock, 12.-14.09.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. DocP12

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2003/03dgpp053.shtml

Veröffentlicht: 12. September 2003

© 2003 Nawka et al.
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Zusammenfassung

Am Neugeborenen Hörscreening in Mecklenburg-Vorpommern beteiligen sich seit dem 27.11.02 alle 20 Entbindungskliniken. Erste Ergebnisse nach vier Monaten werden vorgelegt. Das Ergebnis der Screening-Untersuchung beider Ohren wird auf einem grünen Aufkleber im Kinder-Untersuchungsheft und in der Datenbank des Hörscreening-Zentrums an der Universität Greifswald registriert. Die Bestätigungsuntersuchung durch niedergelassene HNO-Ärzte bei testauffälligen Säuglingen nach der U3 wird auf einem gelben Aufkleber im Kinder-Untersuchungsheft und die abschließende Diagnostik mit objektiver Hörschwellenmessung auf einem roten Aufkleber vermerkt. Im Zeitraum von 12/2002 bis 3/2003 wurden 2291 Neugeborene untersucht. Der Grad der Erfassung beträgt 91,27%. Davon waren 253 auffällig. Beidseitige Auffälligkeit bestand bei 70 Neugeborenen. Daraus folgt eine geschätzte Spezifität der Untersuchung von 97%. Mit dem Tracking wurden bisher 14,23% (36 Säuglinge) erfasst. Davon waren noch 4 auffällig. In der abschließenden Diagnostik wurden 2 von 3 als schwerhörig erkannt. Die Erfassungsrate beim Erstscreening beträgt 91,27% und die Spezifität 97%. Die Nachuntersuchung von 14% der auffälligen Kinder ist nicht ausreichend. Das Hörscreening-Zentrum wird versuchen, diese Lücke zu schließen.


Text

Einleitung

Am Neugeborenen Hörscreening in Mecklenburg-Vorpommern beteiligen sich seit dem 27.11.02 alle 20 Entbindungskliniken. Die Ergebnisse nach den ersten sechs Monaten des Jahres 2003 werden vorgelegt.

Material und Methoden

Das Vorgehen beim universellen Neugeborenen Hörscreening wurde im Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt [1]. Jede Geburtsklinik verfügt über ein TEOAE Screening-Gerät. Die Neugeborenen werden ab dem zweiten Tag nach der Geburt untersucht. Kontrolluntersuchungen finden auf Initiative der Kinderärzte und Neonatologen zum Teil noch in der Klinik statt.

Das Ergebnis der Screening-Untersuchung beider Ohren wird auf einem grünen Aufkleber im Kinder-Untersuchungsheft und in der Datenbank des Hörscreening-Zentrums an der Universität Greifswald registriert. Die Bestätigungsuntersuchung durch niedergelassene HNO-Ärzte bei testauffälligen Säuglingen nach der U3 wird auf einem gelben Aufkleber im Kinder-Untersuchungsheft und die abschließende Diagnostik mit objektiver Hörschwellenmessung auf einem roten Aufkleber vermerkt.

Im Hörscreening Zentrum Mecklenburg-Vorpommern gehen die Untersuchungs-befunde per Post ein und werden in einer Access-Datenbank unter Wahrung der Auflagen des Datenschutzbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern archiviert. Alle teilnehmenden Kliniken erhielten vierteljährliche Reports über den Stand des Hörscreenings.

Ergebnisse

Im Zeitraum von 1/2003 bis 6/2003 wurden 6544 Neugeborene untersucht [Abb. 1]. Der Grad der Erfassung beträgt 93,2%. Davon waren 795 auffällig. Beidseitige Auffälligkeit bestand bei 219 Neugeborenen (3,35%). Bezogen auf die untersuchten Ohren sind 6,19% auffällig. Zwischen den einzelnen Kliniken bestehen keine signifikanten Unterschiede in der Rate der auffälligen Ohren. Mit dem Tracking wurden bisher 22% (173 Säuglinge) erfasst. Davon waren noch 14 auffällig. In der abschließenden Diagnostik wurden 2 von 15 als schwerhörig erkannt.

Diskussion

Die Erfassungsrate beim Erstscreening beträgt 93,2% und die Spezifität 97%. Die Einarbeitungszeit betrug etwa einen Monat (Dezember 2002). Seitdem ist die Erfassung und die Meldung der teilnehmenden Einrichtungen ausgezeichnet mit einer hoch motivierten Mitarbeit. Dies ist besonders hervorzuheben, da es sich um Vorleistungen der Geburtskliniken handelt, die finanziell nicht ausgeglichen werden.

Die Tätigkeit im Hörscreening-Zentrum setzt für die Bevölkerungs- und Geburtenzahl des Landes die Stelle eines medizinischen Dokumentars voraus. Eine solche Stelle existiert bisher nicht. Es wurden bisher Praktikanten unter ärztlicher Anleitung eingesetzt. Die Kontinuität der Arbeit ist damit nicht gesichert.

Die Nachuntersuchung von 22% der auffälligen Kinder ist nicht ausreichend. Es wurde aber festgestellt, dass eine ansteigende Tendenz vorliegt, da der Prozentsatz der nachuntersuchten Kinder im Verlauf von 3 Monaten von 14 % (im April 03) auf 22 % (im Juli 03) angestiegen war. Das Hörscreening-Zentrum hat auch die Aufgabe, diese Lücke zu schließen. Als Methoden sind denkbar:

Anschreiben an die Eltern. Briefe werden zurzeit bei allen Screening-Auffälligen an die Eltern geschickt, um sie anzuregen, dass der/die niedergelassene HNO-Arzt/Ärztin eine Bestätigungsdiagnostik durchführt.

Information der niedergelassenen Kinderärzte. Die vier HNO-Kliniken von Mecklenburg-Vorpommern mit objektiver oder pädaudiologischer Hördiagnostik bieten Information der Kinder- und Jugendärzte an, die auf Anforderung durch Fortbildung vor Ort realisiert werden.

Information der Eltern in den Geburtskliniken. Durch die Aufklärung, die zum Einverständnis der Eltern zum Hörscreening gegeben wird, sind die Eltern bereits informiert. Allerdings ist die Fülle an Fakten, die eine Mutter perinatal zu verarbeiten hat, so groß, dass die gezielte zweite Information der wirklich betroffenen Eltern nach Auffälligkeiten im Screening ihres Kindes effektiver ist.

Die von den niedergelassenen HNO-Ärzten untersuchten Kinder werden ohne Verlust bei auffälligen, klärungsbedürftigen Befunden an die klinischen Einrichtungen mit objektiver Hördiagnostik überwiesen. Damit sind bisher zwei schwerhörige Säuglinge dem beabsichtigten Ziel entsprechend früh entdeckt worden.

Der bisherige Verlauf des Neugeborenen Hörscreenings in Mecklenburg-Vorpommern hat gezeigt, dass ein flächendeckendes Vorgehen möglich ist, wenn die teilnehmenden Einrichtungen zur Mitarbeit bereit sind. Das kann für M-V anhand der im Hörscreening-Zentrum eingegangenen Daten festgestellt werden. Aber es ist keine Selbstverständlichkeit. Der vertrauensvolle Umgang der beteiligten verschiedenen medizinischen Gebiete, die gegenseitige Achtung und die Rückkopplung der Information, was aus den Kindern mit auffälligen Befunden geworden ist, kann das Vertrauen der Träger des Neugeborenen-Hörscreenings, der klinisch tätigen Kinderärzte, Neonatologen und Gynäkologen, zu den weiter diagnostizierenden und therapierenden Disziplinen HNO und Pädaudiologie herstellen.


Literatur

1.
1. Nawka T, Witt G (2002) Neugeborenen Hörscreening in Mecklenburg-Vorpommern. Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern 11/2002: 373-378