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54. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

10.10. - 12.10.2013, Düsseldorf

Die Kombination von Weichteiltrauma und Nervenläsion führt im Tiermodell nicht zu einem CRPS Vollbild

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Philipp Herlyn - Klinik und Poliklinik für Chirurgie Universität Rostock, Unfall- Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Rostock, Deutschland
  • Alice Wichelhaus
  • Anica Eschler
  • Zi Wang
  • Andy Schiebold
  • Thomas Mittlmeier
  • Brigitte Vollmar
  • Philip Gierer

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. 54. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie. Düsseldorf, 10.-12.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13dgh18

doi: 10.3205/13dgh18, urn:nbn:de:0183-13dgh182

Veröffentlicht: 7. Oktober 2013

© 2013 Herlyn et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) wird je nach nachweisbarer Nervenbeteiligung in Typ I oder Typ II unterschieden. Neuere Studien legen nahe, dass auch beim CRPS I eine diskrete Nervenverletzung oder eine temporäre Druckschädigung (z.B. Dislokationsstellung, einschnürende Verbände) eine pathophysiologisch bedeutsame Rolle spielt. Die folgende Studie untersucht beide Verletzungsmechanismen auf Schmerzstärke, -charakter und -chronifizierung sowie Entzündungsreaktion in einem etablierten Tiermodell zum CRPS.

Methodik: Allen Tieren (SD-Ratten) wurde ein standardisiertes Weichteiltrauma an der Wade mit einem pneumatisch betriebenen Bolzen appliziert. Einer Versuchsgruppe (Minimal Nerve Injury (MNI), n=7) wurde zusätzlich der ipsilaterale N. ischiadicus offen mit einer instrumentierten Klemme für 20 s mit 20 N gequetscht. Einer zweiten Versuchsgruppe (Temporary Nerve Injury (TNI), n=7) wurden 4 lose Ligaturen im Sinne einer Chronic Constriction Injury um den N. ischiadicus angelegt. Um nur eine vorübergehende Irritation des Nerven zu erreichen, wurden die Ligaturen am 4. p.o. Tag entfernt. CRPS-typische Symptome (Spontanschmerz, Kälte- und Wärmeallodynie, mechanische Hypersensitivität) und weitere Parameter (lokale Entzündung (in vivo Fluoreszenzmikroskopie), Apoptose (Immunhistochemie)) wurden über einen Monat gemessen. In den Kontrollgruppen wurden Shamoperationen am Nerven durchgeführt. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Two-Way ANOVA gefolgt vom Holm-Sidak Test, Signifikanz p<0,05.

Ergebnisse: In beiden Versuchsgruppen bildete sich ein über 3 Wochen währendes neuropathisches Schmerzsyndrom mit einer maximalen Ausprägung an Tag 7 (p<0,05) aus. Während sich Spontanschmerz, Kälte- und Wärmeallodynie nach 28 Tagen vollständig zurückgebildet hatten, bestand die mechanische Hyperalgesie auf niedrigem Niveau fort.

Eine lokale Entzündungsreaktion, angezeigt durch Leukozyten-Endothel-Interaktion, war am 2. p.o. Tag sowohl in beiden Versuchs- als auch Kontrollgruppen erkennbar („rollende“ Leukozyten MNI: 65% +- 5%, TNI: 60% +- 6%, adhärente Leukozyten MNI: 600 +- 45/mm2, TNI: 286 +- 32 /mm2) und bildete sich in der MNI Gruppe rasch auf das Ausgangsniveau zurück, die Tiere mit länger währender Nervenirritation zeigten eine über 1 Woche anhaltende Entzündungsreaktion durch prolongierte Leukozytenendothel-Interaktion. Die Apoptoserate des Muskels war in der MNI-Gruppe initial erhöht, zum Ende der Untersuchung wieder auf dem Ausgangswert. Im Gegensatz dazu zeigte die TNI-Gruppe eine signifikante, gleichmäßig hohe myozytäre Apoptoserate (TNI: 15,23 +- 4,2/mm2) über den gesamten Zeitraum.

Schlussfolgerung: Durch eine Kombination von Weichteiltrauma mit einem der beiden Nerven-Traumata kann keine über das individuelle Ausmaß der Schädigung herausgehende Verselbständigung der CRPS-Symptome erzeugt werden. Offensichtlich ist der minimale Nervenschaden in diesen Modellen nicht geeignet, ein chronisches Schmerzsyndrom analog zum CRPS beim Menschen hervorzurufen.