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51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

07.10.- 09.10.2010, Nürnberg

Mehretagenamputation der oberen Extremität. Ist die Replantation indiziert?

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Rafael Jakubietz - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Würzburg, Deutschland
  • Michael Jakubietz
  • Karsten Schmidt
  • Rainer Meffert

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie. Nürnberg, 07.-09.10.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10dgh13

doi: 10.3205/10dgh13, urn:nbn:de:0183-10dgh137

Veröffentlicht: 16. September 2010

© 2010 Jakubietz et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Mehretagen-Amputationen der oberen Extremität stellen die schwerste Form der Amputation dar und werden oft als Kontraindikation zur Replantation gesehen. Neben der technisch anspruchsvollen Intervention ist die postischämische Reperfusion toxischer Stoffe als Auslöser systemischer Komplikationen wie ARDS oder akuten Nierenversagens zu werten. Somit kann hierbei die Regel „life before limb“ missachtet werden. Bisher sind Multilevel-Replantationen nur bei jungen Patienten beschrieben worden. Unser Fall zeigt, dass auch Replantationen bei Patienten über 60 Jahren erfolgreich durchgeführt werden können.

Methodik: Eine 64 jährige Rechtshänderin zog sich eine Zweietagen Amputation der linken oberen Extremität auf Höhe des distalen Unterarms sowie der Handwurzel zu, ebenfalls kam es zu einer Quetschverletzung der Mittelhand mit Frakturen der Metacarpalia.

Die Replantation mit Primärnaht der tiefen Beugesehnen konnte problemlos in 6 Stunden durchgeführt werden. Postoperativ kam es jedoch zu einer Gerinnungsstörung welche eine Revision wegen diffuser Blutung notwendig machte. Insgesamt mussten 18 Blutkonserven transfundiert werden. Der weitere Verlauf gestaltete sich komplikationsarm. 1 Jahr postoperativ kann die Patientin trotz inadequater Nervenregeneration die Extremität wieder für leichtere Tätigkeiten einsetzen.

Ergebnisse: Das Ziel einer Replantation ist eine funktionstüchtige und sensible Extremität. Gerade bei Frauen jedoch spielt die Ästhetik ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Entscheidung zur Replantation wurde hier nach Berücksichtigung des guten Gesundheitszustandes der Patientin, der glatten Amputationsverletzung und der raschen Verlegung getroffen. Dennoch ist gerade bei älteren Patienten die Reperfusionstoxizität sehr problematisch. Deswegen wurde nach der arteriellen Anastomose zunächst für mehrere Minuten ein Ausbluten des Amputats zur Spülung durchgeführt. Die postoperativ aufgetretene Gerinnungsstörung beruht am ehesten auf einer verzögerten intraoperativen Volumensubstitution mit Blutkonserven. Trotz des hohen Alters kam es nicht zum Nierenversagen oder ARDS. Dies zeigt, dass auch bei älteren Patienten die Gefahr einer Reperfusionstoxizität minimiert werden kann.

Am wichtigsten ist hierbei eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit, da die frühzeitige Volumensubstitution essentiell ist. Herkömmliche anästhesiologische Parameter der Bluttransfusion gelten hier nicht. Der tatsächliche Blutverlust wird meistens deutlich unterschätzt.

Trotz bislang inadäquater Nervenregeneration ist die Patientin mit dem Ergebnis zufrieden, da das kosmetische Ergebnis deutlich besser als eine Prothese ist. Die Indikation zur Replantation von Mehretagenamputationen der oberen Extremität kann somit auch bei älteren Patienten gestellt werden. Dennoch bleibt dieser Eingriff weiterhin eine technische Herausforderung mit ungewissem funktionellem Ergebnis.

Schlussfolgerung: Mehretagenamputationen können technich gut replantiert werden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist besonders wichtig um das operative Ergebniss nicht durch allgemeine Komplikationen zu gefährden.