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5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V.

03.03. - 05.03.2016, Essen

Kann ein Fokus auf die positiven und negativen Bereiche des eigenen Körpers trainiert werden? Eine "Attentional Bias Modification"-Studie

Meeting Abstract

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). 5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen. Essen, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgess051

doi: 10.3205/16dgess051, urn:nbn:de:0183-16dgess0510

Veröffentlicht: 18. Februar 2016

© 2016 Engel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Dysfunktionale körperbezogene Aufmerksamkeitsverzerrungen werden als bedeutsamer Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen diskutiert. Studien weisen darauf hin, dass Frauen mit einer Essstörung ihren Aufmerksamkeitsfokus auf negativ bewertete Bereiche des eigenen Körpers richten, was zu vermehrter Körperunzufriedenheit sowie Kontroll- und Vermeidungsverhalten führt. Aus diesem Grund soll in der dargestellten Studie erstmalig der Frage nachgegangen werden, ob der Fokus auf positive und negative Bereiche des eigenen Körpers mittels eines Trainings modifiziert werden kann.

Methoden: N = 60 gesunde Frauen brachten einzelne Bereiche ihres Körpers hinsichtlich deren Attraktivität in eine individuelle Rangfolge. Fotos einzelner Körperbereiche wurden den Probandinnen anschließend im Rahmen einer Dot-Probe-Aufgabe präsentiert. Nach einem Baseline-Durchgang, bei dem der Zielreiz genauso häufig auf Fotos von positiven wie negativen Körperbereichen folgte, wurde in den beiden Experimentalgruppen (positiv, negativ) der Zielreiz im folgenden Trainingsdurchgang zur Modifikation der Aufmerksamkeitslenkung ausschließlich nach Fotos von positiven bzw. negativen Körperbereichen dargeboten. Die neutrale Kontrollbedingung und der in allen Gruppen abschließend erfolgende Testdurchgang entsprachen im Aufbau dem Baseline-Durchgang.

Ergebnisse: Es zeigten sich signifikant kürzere Reaktionszeiten auf negative als auf positive Körperbereiche. Allerdings ergaben die 2 (Zeit: vor vs. nach dem Training) × 3 (Trainingsbedingung: positiv, negativ, neutral)-ANOVA keine signifikanten Haupteffekte der Faktoren Zeit und Trainingsbedingung sowie keinen Interaktionseffekt hinsichtlich der Reaktionszeiten.

Schlussfolgerung: Der erneut gefundene Aufmerksamkeitsbias bezüglich negativer Körperbereiche kann mit der in westlichen Gesellschaften verbreiteten negativen Bewertung des eigenen Körpers bei Frauen erklärt werden. Das Ergebnis, dass das Training zur Aufmerksamkeitslenkung entgegen der Hypothesen zu keiner Veränderung des Aufmerksamkeitsfokus führte, sollte vor dem Hintergrund der nicht-klinischen Stichprobe betrachtet werden. Aufgrund früherer Studienbefunde, die implizieren, dass die Effekte experimenteller Manipulationen des Körperbildes mit dem Ausmaß der Essstörungssymptomatik steigen, sollte untersucht werden, inwiefern das Attentional Bias Modifcation-Training bei Patientinnen mit Essstörungen effektiv ist.