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5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V.

03.03. - 05.03.2016, Essen

Visueller Aufmerksamkeits-Bias auf Nahrungsreize bei Jugendlichen mit Binge-Eating-Störung

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Ricarda Schmidt - Universitätsmedizin Leipzig, IFB AdipositasErkrankungen, Leipzig, Deutschland
  • author Patrick Lüthold - Departement für Psychologie, Universität Fribourg, Fribourg, Schweiz
  • author Rebekka Kittel - Universitätsmedizin Leipzig, IFB AdipositasErkrankungen, Leipzig, Deutschland
  • author Anja Hilbert - Universitätsmedizin Leipzig, IFB AdipositasErkrankungen, Leipzig, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). 5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen. Essen, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgess009

doi: 10.3205/16dgess009, urn:nbn:de:0183-16dgess0091

Veröffentlicht: 18. Februar 2016

© 2016 Schmidt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Studien bei Erwachsenen mit der Binge-Eating-Störung (BED) legen nahe, dass Nahrungsreize die visuelle Aufmerksamkeit der Betroffenen stärker auf sich ziehen als bei gesunden Kontrollprobanden. Dies könnte eine wichtige Rolle bei der Entstehung oder Aufrechterhaltung der Störung spielen. Für Jugendliche mit BED jedoch gibt es bislang keine Untersuchungen zur visuellen Aufmerksamkeitsverarbeitung von Nahrungsreizen.

Methoden: Augenbewegungen und Verhaltensmaße von 25 Jugendlichen mit BED sowie 25 individuell gematchten Jugendlichen ohne Essstörung (KG) wurden mithilfe von zwei Eyetracking-Paradigmen erfasst. In einer passiven Blickaufgabe wurden die Richtung der Erstfixation sowie die Blickdauer auf gematchte Bildpaare von Nahrungs- und neutralen Reizen erfasst. Innerhalb einer visuellen Suchaufgabe, in der ein Nahrungsreiz unter neutralen Reizen (oder umgekehrt) entdeckt werden sollte, wurden Reaktionszeiten, Fehler sowie Sakkadenlatenzen gemessen. Ferner wurden Assoziationen zwischen Blick- und Verhaltensmaßen mit klinischen Merkmalen untersucht.

Ergebnisse: Während sich in der passiven Blickaufgabe keine Unterschiede in der Richtung der Erstfixation ergaben, zeigte sich ein Trend für einen Interaktionseffekt in der Blickdauer. Jugendliche mit BED sahen länger auf Nahrungs- als auf neutrale Reize, während dieser Effekt in der KG umgekehrt war. Für die visuelle Suchaufgabe zeigte sich ebenfalls ein Interaktionseffekt für die Reaktionszeit; Jugendliche mit BED entdeckten Nahrungsreize tendenziell schneller als neutrale Reize, während die KG einen Detektionsvorteil für neutrale Reize aufwies. Keine Unterschiede zeigten sich in der Fehleranzahl und Sakkadenlatenz. Assoziationen zwischen Blick- und Reaktionszeitmaßen ergaben sich nur für die BED Gruppe, nicht für die KG. Jugendliche mit BED sahen länger auf Nahrungs- als auf neutrale Reize, je mehr sie die Nahrungsreize mochten, je hungriger sie waren und je mehr objektive Essanfälle sie berichteten. Eine höhere Ausprägung an Belohnungssensitivität war deutlich mit einem Detektionsvorteil von Nahrungsreizen verbunden.

Schlussfolgerung: Die Studie liefert erste Hinweise auf einen Aufmerksamkeits-Bias für Nahrungsreize bei Jugendlichen mit BED, besonders für spätere Stadien der Aufmerksamkeitsverarbeitung. Differentielle Assoziationen zwischen Blickbewegungen und klinischen Merkmalen könnten auf pathologische, die BED potentiell aufrechterhaltende Informationsverarbeitungsprozesse deuten.