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1. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e. V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e. V.

8. ? 10.11.2007, Prien am Chiemsee

Ein Modell zur interdisziplinären Nachsorge nach bariatrischer Chirurgie

Meeting Abstract

  • corresponding author C. Lager - Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Universität Würzburg
  • M. Schowalter - Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Universität Würzburg
  • A. Benecke - Psychologisches Institut, Universität Mainz
  • M. Bueter - Zentrum für operative Medizin, Universität Würzburg
  • A. Thalheimer - Zentrum für operative Medizin, Universität Würzburg
  • J. Maroske - Zentrum für operative Medizin, Donauklinik Neu-Ulm
  • M. Fein - Zentrum für operative Medizin, Universität Würzburg
  • H. Faller - Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie Universität Würzburg

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen. 1. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). Prien am Chiemsee, 08.-10.11.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07dgessV12

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgess2007/07dgess55.shtml

Veröffentlicht: 24. Oktober 2007

© 2007 Lager et al.
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Gliederung

Text

Das Magenband oder der Magenbypass sind bei morbid adipösen Patienten die Methoden erster Wahl, um eine dauerhafte und erfolgreiche Gewichtsreduktion zu erreichen. Ergebnisse aus der Literatur zeigen jedoch, dass 20-30% der Patienten nicht oder nur wenig von einem bariatrischen Eingriff profitieren. Als Ursachen werden eine unzureichende Compliance bezüglich notwendiger Ess- und Verhaltensregeln, eine mögliche Suchtkomponente und eine unzureichende Nachsorge vermutet. Es wird außerdem angenommen, dass Patienten trotz langfristig erfolgreicher Gewichtsreduktion Störungen des Essverhaltens entwickeln oder sich lediglich die Ausformung des Suchtcharakters modifiziert.

So korreliert präoperatives Binge Eating mit postoperativem Erbrechen. Manche Patienten umgehen das Erbrechen, in dem sie Nahrungsmittel in Form von hochkalorischen flüssigen Speisen zu sich nehmen. Neuere Studien zeigen einen Anstieg der Anzahl an Sweeteatern im ersten postoperativen Jahr. In Zusammenarbeit mit der chirurgischen Klinik wurde an der Universität Würzburg erstmals ein interdisziplinäres Nachsorgemodell implementiert. Die Inhalte der psychologischen Nachsorge wurden aus bestehenden Daten der Literatur und aus eigenen Ergebnissen der 5-Jahres Katamnese abgeleitet.

Anhand einer prospektiven 5-Jahres-Längsschnittstudie wurden die Gewichts-entwicklung, die Veränderung des Essverhalten sowie der Bedarf einer psychologischen Nachsorge bei Magenband-Patienten untersucht. Es konnten 40 Patienten (80% Frauen) im Alter zwischen 20 und 57 Jahren und mit einem durchschnittlichen präoperativen BMI von 49 kg/m2 (SD=7,7) in die Studie mit einbezogen werden. Die Patienten füllten mehrere Fragebögen zum Essverhalten (FEV, IEG) und anderen psychsozialen Variablen, in Form einer Selbstein-schätzung aus.

In einem Zeitraum von fünf Jahren erreichten die Patienten eine durchschnittliche Gewichtsreduktion von 27,1 kg (SD=23,7). Mit dieser Gewichtsabnahme waren jedoch 51% der Befragten unzufrieden. Der durchschnittliche EWL (excess body weight-loss) beträgt 45%, jedoch konnten 25% der Patienten als Therapieversager (EWL<20%) klassifiziert werden. Ergebnisse hinsichtlich des Essverhaltens zeigten, dass sich Essverhaltensstörungen postoperativ verändern oder trotz erfolgreicher Gewichtsreduktion entwickeln. So konnte unter anderem ein Anstieg an Sweeteatern von 32% auf 62% (p<0,005) nach fünf Jahren gefunden werden. 45% der Patienten äußerten in der Befragung den Wunsch einer postoperativen psychologischen Begleitung. Eine Betreuung bezüglich des Essverhaltens hätten sich 100%, bezüglich Selbstsicherheit 50%, Ängsten 28%, depressiver Verstimmung 28% und Partnerschaftsproblemen 17% gewünscht.

Vorliegende Daten weisen auf die Notwendigkeit einer Verbesserung im Bereich der postoperativen psychologischen Versorgung hin, um Essverhaltensstörungen und Complianceproblemen bezüglich notwendiger Verhaltensregeln vorzubeugen. Es liegt daher nahe, eine postoperative Begleitung für bariatrische Patienten zu installieren, welche aufgrund der Komplexität der Inhalte von einem multidisziplinären Team durchgeführt werden sollte. Ein dazu entwickelte Nachsorgemodell, mit den Inhalten im Bereich des Ess- und Bewegungsverhaltens, des Zeit- und Stressmanagements, der Emotionsregulation und der Bandeinstellung werden vorgestellt. Erste Ergebnisse über den Verlauf der Gewichtsentwicklung und der Modifizierung des Essverhaltens von Patienten (N=30), die sich bereits seit einem Jahr in der Nachsorge befinden, sollen zusätzlich demonstriert werden.