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131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

25.03. - 28.03.2014, Berlin

Mut und Demut bei Verbrennungspatienten in Zeiten des demographischen Wandels

Meeting Abstract

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  • Thomas Pierson - Sana Klinikum Offfenbach, Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Offenbach

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 25.-28.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14dgch340

doi: 10.3205/14dgch340, urn:nbn:de:0183-14dgch3401

Veröffentlicht: 21. März 2014

© 2014 Pierson.
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Gliederung

Text

Einleitung: Der demographische Wandel ist in allen gesellschaftlichen Bereichen erkennbar und angekommen. In der Medizin ist er schon seit vielen Jahren besonders in den Bereichen der Inneren Medizin und der Traumatologie spürbar.

Dass der demographische Wandel auch in der Verbrennungsmedizin seinen Niederschlag findet, zeigt sich durch die immer größer werdende Anzahl älterer Patienten in den Zentren für Schwerbrandverletzte .

Dieser Wandel wurde erstmals durch eine retrospektive Untersuchung unserer eigenen Daten über vier Dekaden nachgewiesen. Hier zeigte sich, dass der relative Anteil der Patienten über 60 Jahre von 13 % in den 70er Jahren bis zum Jahr 2000 auf über 25 % angestiegen war. Eigene neueste Daten aus dem zweiten Dezennium des neuen Jahrhunderts bestätigen diesen steigenden Trend. Mut und Demut auch in der Verbrennungsmedizin?

Auch wir stellen uns immer wieder bei hochbetagen Patienten die Frage nach der richtigen Therapie. Sind weitreichende aufwendige Operationen noch erfolgversprechend und ethisch vertretbar? Haben die Patienten eine realistische und würdige Chance?

Material und Methoden: Vor diesem Hintergrund stellen wir exemplarisch drei Patienten zwischen 91 und 98 Jahren vor. Zwei Patienten waren wegen einer Demenz betreut, eine Patientin war rüstig. Es handelte sich jeweils um tief zweit- bis drittgradige Verbrennungen von 2 % bis 18 % der Körperoberfläche, die formal eine klare Operationsindikation darstellten.

Ergebnisse: Alle drei Patienten wurden mehrmals operiert. Die Verläufe waren komplikationslos. Trotz längerer Bettlägerigkeit hatte keine der Patienten eine Pneumonie erlitten.

Zwei Patienten konnten ins Alten- bzw. Pflegeheim entlassen werden, die rüstige 91- jährige Patientin konnte in ihre häusliche Umgebung entlassen werden.

Mut, auch alte Patienten mit schlechter Prognose mit einem ABSI Score über 10 schnell und zügig zu operieren, hat sich in allen 3 Fällen bewährt.

Schlussfolgerung: Trotz dieser drei erfolgreich operierten Patienten darf uns nie der Blick für das medizinisch Machbare und ethisch Vertretbare verloren gehen. Besonders beim alten oder sogar greisen Patienten ist Mut und Demut erforderlich. In Zeiten des demographischen Wandels und der zunehmenden Ökonomisierung der Medizin, durch die auch die jungen Kollegen in zunehmendem Maße geprägt werden, müssen ihnen diese Eigenschaften vorgelebt und mit auf den Weg gegeben werden.

Unsere Erfahrungen zeigen, dass auch alte Patienten von Operationen in der Verbrennungsmedizin, wenn diese zügig, klar strukturiert und mit der entsprechenden nicht zu unterschätzenden Erfahrung des Operateurs durchgeführt werden, profitieren können.

Bei entsprechender perioperativer Versorgung (intensive Physiotherapie, qualifiziertes Personal zur Wundpflege) können drohende Komplikationen wie z.B. Pneumonie und Wundheilungsstörungen verhindert werden.

Fazit: Auch im hohen Lebensalter ist die Behandlung ausgedehnter Verbrennungsverletzungen gerechtfertigt. Auf Grund der Komplexität der therapeutischen Überlegungen bei Verbrennungen im hohen Alter -unabhängig von der prozentualen Ausdehnung der Verbrennung- sollte die Behandlung den spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben, da nur diese über die entsprechende Erfahrung und Expertise in der operativen und konservativen Verbrennungsbehandlung insbesondere des alten Patienten verfügen.