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131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

25.03. - 28.03.2014, Berlin

Sollte eine protektive Ileostomie bei FAP-Patienten zum Zeitpunkt einer Proktokolektomie nach Möglichkeit vermieden werden?

Meeting Abstract

  • Ralph Schneider - Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Visceral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Marburg
  • Emanuel Burdzik - HELIOS St. Josefs-Hospital Bochum-Linden, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie, Bochum
  • Daniel Quast - HELIOS St. Josefs-Hospital Bochum-Linden, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie, Bochum
  • J. Stupka - HELIOS St. Josefs-Hospital Bochum-Linden, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie, Bochum
  • Marcos Gelos - HELIOS St. Josefs-Hospital Bochum-Linden, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie, Bochum
  • Claudia Schneider - HELIOS St. Josefs-Hospital Bochum-Linden, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie, Bochum
  • Gabriela Möslein - HELIOS St. Josefs-Hospital Bochum-Linden, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie, Bochum

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 25.-28.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14dgch054

doi: 10.3205/14dgch054, urn:nbn:de:0183-14dgch0549

Veröffentlicht: 21. März 2014

© 2014 Schneider et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Eine prophylaktische Proktokolektomie ist das Verfahren der Wahl bei Patienten mit einer klassischen FAP. Desmoide stellen heute die zweithäufigste Todesursache von FAP-Patienten (nach einem kolorektalen Karzinom) dar und werden durch chirurgische Traumata getriggert. Die Bauchwand wird im Rahmen einer Ileostomaanlage und –verschluss besonders traumatisiert. Wir führten eine retrospektive Analyse unserer prospektiv dokumentierten Kohorte durch, um festzustellen, wie häufig Desmoide der Bauchwand nach Ileostomaanlage auftraten.

Material und Methoden: Alle Patienten mit einer FAP, die zwischen 10/2005 bis 10/2011 als Primäreingriff proktokolektomiert wurden und eine Nachbeobachtungszeit von mindestens 12 Monaten abgeschlossen hatten, wurden eingeschlossen. Es handelt sich um eine single-surgeon-Serie mit einem standardisierten, hand-assistierten Vorgehen, das eine intraoperative Entscheidung bzgl. einer Loop-Ileostomie zuließ. Das Follow-up erfolgte auf jährlicher Basis durch körperliche Untersuchung und Ultraschall des Abdomens. Bei Verdacht auf eine Raumforderung schloss sich in allen Fällen eine CT-/MRT-Untersuchung an.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 115 Patienten in die Studie eingeschlossen (52 männlich; 63 weiblich). Bei 97 Patienten (84,4%) wurde ein protektives Ileostoma vorgeschaltet und von diesen Patienten entwickelten 21 (21,7%) ein Bauchwand-Desmoid im Bereich der Ileostomienarbe. 11 Patienten entwickelten zusätzliche Mesenterial-Desmoide, die im weiteren Krankheitsverlauf in der Regel im Vordergrund standen.

Keiner der 18 Patienten, die ohne Ileostoma operiert wurden entwickelte ein Bauchdecken-Desmoid.

Trotz sofortiger konservativer Therapie mit hochdosierten Antiöstrogenen in Kombination mit Sulindac als Off-Label-Use wiesen 18/21 Bauchdecken-Desmoid-Patienten (85,7%) zunächst eine rasche Progression auf, 3 Patienten (16,7%) erlitten Desmoid-assoziierte Komplikationen, 2 einen konservativ zu beherrschenden Darmverschluss und einer entwickelte eine enterokutane Fistel.

Die peri- und postoperativen Komplikationen waren in der Gruppe ohne Stoma nicht erhöht.

Schlussfolgerung: Bei einem insgesamt noch kleinen Kollektiv scheint die Ileostomaanlage zu einem Bauchdecken-Desmoid in diesem Bereich zu prädisponieren. Bei keinem der ohne Ileostoma operierten Patienten entwickelte sich ein Bauchdecken-Desmoid, allerdings ist die Nachbeobachtungszeit dieser Patienten insgesamt kürzer.

Unter Berücksichtigung der Morbidität und Mortalität von Desmoiden muss diskutiert werden, ob eine routinemäßige Ileostomaanlage noch berechtigt ist. Dabei darf sich die Rate an perioperativen Komplikationen nicht erhöhen, so dass die Entscheidung abhängig von den anatomischen Verhältnissen des Patienten individuell getroffen werden muss. Ein Vorgehen ohne Ileostomie könnte neben einem deutlichen kosmetischen Vorteil einen entscheidenden positiven Einfluss auf die Rate an Desmoiden und die Lebensqualität der FAP-Patienten haben.