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129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

24.04. - 27.04.2012, Berlin

Eine interdisziplinäre "Begegnung" mit der Geschichte der Chirurgie und der Urologie – Reeingriff 75 Jahre nach "Maydl-Operation" durch Prof. Dr. Ferdinand Sauerbruch an der Charité

Meeting Abstract

  • Martin Büsing - Klinikum Vest-Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Recklinghausen
  • Markus Utech - Klinikum Vest-Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Recklinghausen
  • Raimund Stein - Universitätsklinikum Mainz, Urologische Klinik und Poliklinik - Abteilung Kinderurologie, Mainz
  • Ulrich Saueressig - Nephrologische Gemeinschaftspraxis, Zentrum für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Wuppertal
  • Theo Senge - Universitätsklinikum Bochum - Marienhospital Herne, Urologische Klinik, Herne

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 24.-27.04.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgch249

doi: 10.3205/12dgch249, urn:nbn:de:0183-12dgch2497

Veröffentlicht: 23. April 2012

© 2012 Büsing et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Der Ursprung heutiger operativer Disziplinen findet sich naturgemäß in der Chirurgie des 19. und 20. Jahrhunderts. Dies betrifft insbesondere die Urologie, zumal klassische Standardeingriffe an Niere, Prostata, Harnblase und Harnleitern häufig auf die führenden Chirurgen der damaligen Zeit zurückgeführt werden können. Zu den besonderen Herausforderungen dieser Zeit gehörte wohl die operative Therapie der Blasenextrophie mit der sich z.B. Chirurgen wie v. Mikulicz (Breslau) oder Mayd`l (Wien, Prag) beschäftigten.

Material und Methoden: Ein heute 75-jähriger Mann wurde im Stadium der präterminalen Niereninsuffizienz zugewiesen. Als wenige Wochen altes Kind wurde er 1936 von Prof. Dr. F. Sauerbruch an der Charité bei einer Blasenextrophie operiert. Durchgeführt wurde eine transtrigonale Sigmoidostomie nach Mayd`l, die Harnblase wurde reseziert und verheilte fistellos. Trotz wiederholter Urosepsis konnte der Patient 75 Jahre lang ein weitgehend normales Leben führen.

Zur Verbesserung der Nierenfunktion, Beseitigung der Azidose und zur Vorbereitung einer möglichen Nierentransplantation wurde die Umwandlungsoperation mit Anlage eines Ileum-Conduit zur Harnableitung empfohlen. Zwei Wochen vor dem Eingriff wurden erste Hämodialysen (n=4) erforderlich.

Ergebnisse: Der operative Eingriff wurde komplikationslos von einem interdisziplinären Team aus Chirurgen und Urologen durchgeführt. Da der Primäreingriff weitgehend extraperitoneal erfolgte zeigten sich beim Reeingriff nur wenig Verwachsungen im Unterbauch. Postoperativ war die vorbestehende Azidose nicht therapiebedürftig und zumindest in den ersten Wochen erfolgte keine Hämodialysebehandlung. Der Patient befindet sich jetzt in der Vorbereitung zur Nierentransplantation.

Schlussfolgerung: Nach einer intensiven Literaturrecherche kann angenommen werden, daß weltweit kein Fall mit auch nur annähernd guter Langzeitfunktion nach dieser Form der Harnableitung bekannt ist. Die von Karel Mayd´l Ende des 19 Jahrhunderts entwickelte transtrigonale Sigmoidostomie konnte die natürliche Antirefluxivität und damit die Langzeitfunktion der Nieren erhalten. Die Operation ermöglichte eine befriedigende Stuhl- und Harnkontinenz und vebesserte die Lebensqualität ganz entscheidend.

Die Umwandlungsoperation und Anlage eines Niederdrucksystems zur Harnableitung (Ileum-Conduit) führte zur Stabilisierung der Nierenfunktion.

Die im interdisziplären Team getroffene Indikation und die Durchführung des Reeingriffs ermöglichte die intensive Beschäftigung mit den gemeinsamen Wurzeln von Chirurgie und Urologie.