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128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

03.05. - 06.05.2011, München

Verbesserung der Arm- und Handfunktion bei Tetraplegie durch mikrochirurgische Nerventransposition von oberhalb der Rückenmarkläsion – Anatomische Machbarkeit und theoretisches Konzept

Meeting Abstract

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  • Andreas Gohritz - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover
  • Peter M. Vogt - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover
  • Jan Fridén

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 03.-06.05.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dgch560

doi: 10.3205/11dgch560, urn:nbn:de:0183-11dgch5609

Veröffentlicht: 20. Mai 2011

© 2011 Gohritz et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Nerventranspositionen, die sich bei Plexus brachialis-Verletzungen bewährt haben, wurden bisher nur selten bei Patienten mit Halsrückenmarklähmungen (Tetraplegie) angewandt, obwohl sie bei dieser Gruppe theoretisch vergleichbare oder noch bessere Ergebnisse erreichen könnten. In dieser Arbeit soll die anatomische Machbarkeit neuartiger Methoden der Nerventranspositionen anhand von eigenen Präparationen und Literaturangaben dargestellt und eine Diskussion angeregt werden, ob sie auch für tetraplegische Patienten eingesetzt werden könnten.

Material und Methoden: Folgende Nerventranspositionen, die bei Patienten mit Querschnittslähmung unterhalb von C6 zur Verfügung stünden, wurden an 8 Leichenarmen chirurgisch simuliert:

1.
Hinterer Deltoideus-Aust des N. axillaris (C5/6) oder Coracobrachialis-Ast des N. musculocutaneus (C5/6) zur Neurotisation eines M. triceps-Kopfes (Caput laterale) (C7) zur Ellenbogenstreckung,
2.
Teres minor-Ast des N. Axillaris (C5/6) zur Neurotisation des N. thoracodorsalis zum M. latissimus dorsi zur Thorax-Stabilisierung,
3.
N. accessories (XI. Hirnnerv) über posterioren Zugang zur Neurotisation der Schulter- und Armfunktion,
4.
Brachialis-Ast des N. musculocutaneus (C5/6) zur selektiven Neurotisation extrinsischer Unterarm-Muskeln zur Handgelenkstreckung (ECRL) oder Daumenbeugng (FPL),
5.
Supinator-Äste (C6) des N. radialis zur Neurotisation des N. interosseus posterior für die Daumen- und Fingerfunktion (C7-Th1) zur Finger- und Daumenstreckung.

Ergebnisse: Die untersuchten Techniken erfüllten folgende Kriterien idealer Nerventranspositionen: 1. entbehrliche Spendernerven, 2. hohe motorische Axondichte, 3. Nachbarschaft zum Empfängernerv, 4. ähnliches Kaliber, 5. direkte Koaptation (mit Ausnahme des Brachialis-Astes, hier kurzes Nerveninterponat notwendig). Theoretisch wären bei Tetraplegikern sogar bessere Ergebnisse als bei Patienten nach peripheren Nervenläsionen möglich, weil: 1. bei intaktem unteren Motoneuron die Reflexbogen zum Rückenmark erhalten bleiben und keine Degeneration der motorischen Endplatten stattfindet, die den Muskel nach ca. 18–24 Monaten reinnervations-refraktär machen., 2. durch intraoperative Stimulation der intakten Empfängernerven-Faszikel eine hochselektive Neurotisation möglich wäre und 3. die Distanz und damit die Regenerationszeit minimieren liesse.

Schlussfolgerung: Anhand der vorliegenden Literatur und eigener Daten anatomischer Präparationen könnten Nerventranspositionen die funktionelle Rekonstruktion auch bei hoher Querschnittslähmung verbessern, speziell bei Patienten bei denen nur wenige Muskeln für konventionelle Sehnen-Transpositionen zur Verfügung stehen.