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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Chronische Inflammation und Tumorprogression: Untersuchungen zur Toll-like Rezeptor-Expression im kolorektalen Karzinom

Meeting Abstract

  • M. W. Grimm - Universitätsklinikum Würzburg, Chirurgische Klinik I, Molekulare Onkoimmunologie, Würzburg
  • M. H. Frank - Harvard Medical School, Brigham and Women's Hospital and Children's Hospital, Boston, USA
  • T. Schatton - Harvard Medical School, Brigham and Women's Hospital and Children's Hospital, Boston, USA
  • N. Y. Frank - Harvard Medical School, Brigham and Women's Hospital and Children's Hospital, Boston, USA
  • J. Fertinger - Universitätsklinikum Würzburg, Chirurgische Klinik I, Molekulare Onkoimmunologie, Würzburg
  • C.-T. Germer - Universitätsklinikum Würzburg, Chirurgische Klinik I, Würzburg
  • A. M. Waaga-Gasser - Universitätsklinikum Würzburg, Chirurgische Klinik I, Molekulare Onkoimmunologie, Würzburg
  • corresponding author M. Gasser - Universitätsklinikum Würzburg, Chirurgische Klinik I, Würzburg

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch11133

doi: 10.3205/09dgch707, urn:nbn:de:0183-09dgch7073

Veröffentlicht: 23. April 2009

© 2009 Grimm et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Chronische Entzündungen sind mit einem erhöhten Tumorrisiko verbunden. Toll-like Rezeptoren (TLRs) gehören zum angeborenen Abwehrsystem und repräsentieren eine Gruppe von Rezeptoren, die inflammatorische Signalwege aktivieren. TLRs erkennen Strukturen, die auf oder in Krankheitserregern vorkommen. Sie initiieren eine Signalkaskade über Adapterproteine (MyD88, IRAK, TRAF6), die Transkriptionsfaktoren wie NF-kB (Nuclear Factor kappa-B) und AP1 (Activator protein 1) aktivieren. Die genaue Analyse von TLRs auf Tumorzellen würde es ermöglichen, deren potentielle Bedeutung für das weitere Tumorwachstum aufzuklären. Damit gäbe es einen Angriffspunkt, die Ausschüttung pro-inflammatorischer Zytokine sowie Enzyme wie COX-2 und die dauerhafte Aktivierung inflammatorischer Reize auf initiale Tumorzellverbände zu hemmen. In einer retrospektiven Analyse wurde dazu unser Patientengut mit kolorektalem Karzinom untersucht.

Material und Methoden: In die Analyse wurden 188 Patienten im Stadium UICC I-IV mit einem mittleren Lebensalter von 66 ± 5,4 Jahren eingeschlossen. Die Patienten wurden einer regelmäßigen Tumornachsorge nach den Richtlinien der Bayerischen Tumorzentren unterzogen und hinsichtlich ihrer Tumorrekurrenz sowie tumorbedingtem Überleben untersucht. Aus Tumoren von Patienten einer Subgruppenanalyse (n=65) aus dem Operationszeitraum zwischen 01/2002 und 06/2004 wurden Gewebeproben bei der Primärtumoroperation nach Einverständniserklärung entnommen und auf Protein- und Genebene zur Expression von TLR 7-10 sowie Markern tumorinitiierender Zellen weiter untersucht. Mittels FACS Analysen wurden detektierte Expressionen von TLR7 und TLR8 auf Tumorzellen bestätigt. Die erhobenen Daten wurden mit den klinischen (Chi-Quadrat-Mehrfeldertest, Kaplan Meier Verfahren) und histopathologischen Ergebnissen der klinikeigenen Datenbank zum kolorektalen Karzinom korreliert.

Ergebnisse: Im Gegensatz zum Normalgewebe exprimierte die überwiegende Mehrzahl der untersuchten Tumore die Toll-like Rezeptoren 7-10 (UICC I-IV, TLR 7: n=55/65 (84%), TLR8: n=57/65 (87%), TLR9: UICC I-IV: n=52/65 (87%) und TLR10: UICC I-IV: n=49/65 (75%) versus n=2/10 (20%), je p < 0,0001). Im Vergleich früher zu später Tumorstadien zeigte sich eine nicht signifikante weitere Steigerung dieser Expressionsmuster um 10%. Der Anteil doppelt CD133+ sowie TLR7, bzw. -8, -9 oder -10 positiver Zellen lag dabei zwischen 18 und 37% der standardisiert ausgezählten Mikroskop-Gesichtsfelder jeweiliger Tumorproben. Die Genexpressionsanalysen mittels Real-Time-PCR bestätigte die erhöhten Expressionen von TLR7-10 im Tumorgewebe (Fold-Differenz zum Normalgewebe, UICC I/II vs. III/IV, TLR7: 12,9-fach vs. 13,2-fach; TLR8: 11,3-fach vs. 11,8-fach; TLR9: 0,5-fach vs. 6,5-fach; TLR10: 1,5-fach vs. 2,2-fach; je p < 0,0001 zum Normalgewebe. Durchflußzytometrisch zeigte sich eine hohe Expression dieser doppelt CD133+ sowie TLR7 und -8 positiven Tumorzellen (CD1333/TLR7 vs. -8: 22,2% vs. 22,4%), was sich immunfluoreszenzzytometrisch bestätigte.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen erstmals für das kolorektale Karzinom sowohl auf Protein- als auch Genebene eine hohe Expressionsdichte aller untersuchter Toll-like Rezeptoren (TLR 7-10) bereits in frühen Tumorstadien auf, was auf eine persistierende Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-ĸB und damit einen inflammatorischen Einfluss auf die Tumorzellen hindeutet. Dies könnte mit von entscheidender Bedeutung für die weitere Tumorprogression sein, insbesondere da die TLR-Expressionsmuster in der vorliegenden Untersuchung auf Kolonkarzinomzellen mit in der Literatur beschriebenem Stammzelleigenschaften vorgefunden wurden. Zusammenfassend weisen die Ergebnisse der klinischen Untersuchung für das kolorektale Karzinom auf die Bedeutung chronisch inflammatorischer Signalwege für die weitere Tumorprogression hin. Durch Blockierung von Toll-like Rezeptoren auf Tumorzellen könnten das Tumorwachstum, die Neoangiogenese und Metastasierung aufgehalten werden.