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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Linksseitige Unterbauchschmerzen – Sigmadivertikulitis oder doch eine Differentialdiagnose?

Meeting Abstract

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  • corresponding author St. Spieren - Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie, Marien Hospital Düsseldorf
  • K. Schneiders - Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie, Marien Hospital Düsseldorf
  • Ch. Töns - Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie, Marien Hospital Düsseldorf

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch11123

doi: 10.3205/09dgch693, urn:nbn:de:0183-09dgch6937

Veröffentlicht: 23. April 2009

© 2009 Spieren et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die Aufnahme des 36-jährigen Patienten erfolgt wegen seit drei Monaten persistierenden, jetzt zunehmenden linksseitigen Unterbauchschmerzen in der Notfallambulanz. An Vorerkrankungen ist eine HIV-Infektion (HIV 1+2 Antikörper und Antigen Suchtest positiv, Viruslast HIV-PCR 38907) bekannt jedoch ohne klinische Manifestation. Der Patient über seit drei Tagen bestehende Stuhlunregelmäßigkeiten sowie Schmerzen und Brennen bei der Miktion.

Material und Methoden: Bei der klinischen Untersuchung findet sich ein weiches Abdomen mit Druckschmerz und Peritonismus im linken Unterbauch ohne Abwehrspannung. Laborchemisch erhöhte Entzündungsparameter, Leukozyten 11.500/μ, CRP 76,8 mg/l. Sonographisch finden sich keine wesentlichen Auffälligkeiten, lediglich eine dezente Wandverdickung im Bereich des Colon Sigmoideum.Zur weiteren Diagnostik erfolgt noch am selben Tag eine Computertomographie des Abdomens. Hier zeigt sich eine ausgeprägte entzündliche Raumforderung im Bereich des aboralen Colon Sigmoideum mit V.a. Vorliegen einer gedeckten Perforation.Unter initialer Nahrungskarenz und i.v.-antibiotscher Therapie mit Cefuroxim und Clont zeigt sich eine zügige Besserung der Beschwerden sowie rückläufige Entzündungsparameter. Ab dem 9. stationären Tag erfolgt der vorsichtige Kostaufbau unter weiterhin laufender Antibiose, laborchemisch Leukozyten 4120/μ, CRP 36,8 mg/l.In der Nacht zum 11. stationären Tag entwickelt der Patient stärkste abdominelle Beschwerden, laborchemisch Leukozytose von 13.240 Leukozyten/μ. In der erneut durchgeführten Computertomographie am Morgen wird eine Zunahme des vorbeschriebenen entzündlichen Befundes mit vollständiger Stenosierung des Darmlumens festgestellt. Zeichen der Perforation mit freier Luft bestehen nicht, jedoch findet sich reichlich freie Flüssigkeit intraabdominell. Bei V.a. perforierte Sigmadivertikulitis wird der Patient notfallmäßig laparotomiert.

Ergebnisse: Intraoperativ findet sich reichlich klare Flüssigkeit. Im Bereich des kleinen Beckens zeigt sich der computertomographisch beschriebene Befund, der zunächst wie eine Divertikulitis imponiert. Nach proximaler Durchtrennung des Colon Sigmoideums mittels GIA im Sinne einer notfallmäßigen Divertikulitisoperation und Skelettierung bis kurz unterhalb des Tumors erscheint dieser bereits makroskopisch malignitätsverdächtig. Es erfolgt die Eröffnung des Präparates, hier findet sich entgegen der Verdachtsdiagnose ein zirkulär stenosierender, exophytischer Tumor. Dieser hat, was zunächst als Fettgewebsinfiltration in Folge der Divertikulitis gewertet wurde, die laterale Beckenwand im Bereich der Iliacalgefäße und des kreuzenden Ureters infiltriert. Dem Befund entsprechend wird die Operation erweitert, es erfolgt die Nachresektion des Colon Descendens und die entsprechende Lymphadenektomie. Abschließend die Anlage des Descendostomas.Histopathologisch findet sich ein mäßig-gradig-differenziertes Adenokarzinom des Dickdarms mit Infiltration bis zum Peritoneum reichend, zudem eine gedeckte Perforation des Tumors infolge einer granulierenden chronischen Entzündung. Die Resektion erfolgte im Gesunden (Tumor-Klassifikation T3, N0 (0/40), M0, L0, G2, R0).Nach Vorstellung des Patienten im interdisziplinären Tumorkolloquium resultiert die Empfehlung einer adjuvanten Chemotherapie und adjuvanten Radiatio aufgrund der Tumorlokalisation und der gedeckten Perforation.

Schlussfolgerung: Bei retrospektiver Betrachtung hätte bei Kenntnis der HIV-Infektion ggf. schon initial die Abklärung bzgl. eines tumorösen Geschehens erfolgen müssen, jedoch bot die vorliegende Beschwerdesymptomatik diesbzgl. keinen Anlass. Zudem befand sich der Patient im für eine Divertikulitis typischen Alter. Aus diagnostischer Sicht wäre zur differenzierten Abklärung ggf. eine weitere Bildgebung hilfreich gewesen.