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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Management der akuten Appendizitis im Kindesalter: Vergleich zweier unterschiedlicher Diagnostik- und Behandlungskonzepte unter besonderer Berücksichtigung des abdominellen Ultraschalls

Meeting Abstract

  • corresponding author P. Scheunemann - Abteilung für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Rostock
  • D. Klee - Institut für Radiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
  • K. Cupisti - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Düsseldorf
  • N.E. Nasanjargal - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Düsseldorf
  • R. Riediger - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Düsseldorf
  • A. Raffel - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Düsseldorf
  • W.T. Knoefel - Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch11270

doi: 10.3205/09dgch409, urn:nbn:de:0183-09dgch4093

Veröffentlicht: 23. April 2009

© 2009 Scheunemann et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Obwohl die akute Appendizitis die häufigste „chirurgische Erkrankung“ im Kindesalter darstellt, existieren nach wie vor keine einheitlichen internationalen diagnostischen und therapeutischen Standards. So wird etwa dem abdominellen Ultraschall bei der Diagnosefindung ein unterschiedlicher Stellenwert beigemessen. Zusätzlich bestehen gerade in Deutschland weiterhin große Vorbehalte gegenüber der primär konservativen, i.v.-antibiotischen Therapie der beginnenden akuten Appendizitis. Ziel der Studie war eine vergleichende Analyse zweier Patientenkollektive, die sich sowohl hinsichtlich des Einsatzes der Sonographie, als auch hinsichtlich eines primär konservativen, i.v.-antibiotischen Therapieansatzes der beginnenden Appendizitis unterscheiden.

Material und Methoden: Das erste Patientenkollektiv (Gruppen 1) umfasste 342 Kinder, die in der Abteilung für Kinderchirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf im Zeitraum von 12/1991 bis 12/2001 appendektomiert wurden. In dieser Zeit spielte der Ultraschall bei der Diagnostik der akuten Appendizitis faktisch keine Rolle. Bestand der klinische V.a. eine akute Appendizitis wurde primär operiert. Bei klinischem Zweifel am Vorliegen einer akuten Appendizitis erfolgte eine Verlaufsbeobachtung unter stationären Bedingungen. Ein primär konservativer, i.v.-antibiotischer Therapieansatz bei V.a. beginnende Appendizitis existierte in dieser Zeit nicht. Das zweite Patientenkollektiv (Gruppe 2) umfasste 130 Kinder, die ebenfalls in der Abteilung für Kinderchirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf im Zeitraum von 12/2003 bis 05/2007 wegen einer akuten Appendizitis behandelt wurden. Im Gegensatz zur Gruppe 1 war in dieser Gruppe der durch qualifizierte Kinderradiologen durchgeführte abdominelle Ultraschall essentieller Bestandteil bei der Diagnostik unklarer rechtsseitiger Unterbauchschmerzen. Bei sonographisch „gesicherter“ Appendizitis wurde in Abhängigkeit vom klinischen Erscheinungsbild entweder ein primär konservatives Vorgehen mit i.v.-Antibiose oder ein primär operatives Vorgehen gewählt. Stand eine suffiziente Ultraschalldiagnostik zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme aus organisatorischen Gründen nicht zur Verfügung, wurde im Zweifel eine Appendix-CT durchgeführt.

Ergebnisse: In Gruppe 1 erfolgte eine primäre Operation in 70,8% der Fälle, während bei den übrigen 100 Kindern (29,2%) zunächst abgewartet und wegen klinischer Verschlechterung sekundär operiert wurde. Die mittlere Krankenhausverweildauer betrug 8,9 Tage (3–27 Tage). In Gruppe 2 war eine primäre Ultraschalldiagnostik für 115 der 130 Kinder verfügbar; bei 15 Kindern erfolgte eine Appendix-CT. In dieser Gruppe erfolgte eine primäre Operation in 65,4% der Fälle. Bei 45 Kindern (34,6%) erfolgte ein primär konservativer Therapieversuch mittels i.v.-Antibiose, wobei 29 (22,3%) dieser Kinder i.v.-antibiotisch ausbehandelt werden konnten; bei 16 (12,3%) dieser Kinder erfolgte dann wegen klinischer Verschlechterung sekundär eine Appendektomie. Die mittlere Krankenhausverweildauer betrug 6,5 Tage (3–26 Tage). Der Vergleich mit den histopathologischen Befunden ergab für die Gruppe 1 einen hochsignifikant höheren Anteil an histopathologisch unauffälligen Appendices als für Gruppe 2 (18,1% vs. 4,0%; p < 0,0001). Auch war der Anteil an katarhallischen Appendizitiden in der Gruppe 1 deutlich höher als in der Gruppe 2 (8,8% vs. 1,0%). Der Anteil an perforierten Appendices lag in Gruppe 2 bei 16,9% und in Gruppe 1 bei 12,6% (n.s.), wobei sich von den insgesamt 22 Kindern in der Gruppe 2 mit perforierter Appendizitis 16 (72,7%) aus der Untergruppe der primär operierten und 6 (27,3%) aus der Untergruppe der zunächst konservativ anbehandelten Kinder rekrutierten. Beim Vergleich der Sonographie- bzw. CT-Befunde mit den histopathologischen Befunden ergab sich für die Gruppe 2, dass lediglich 2 Kinder mit in der Bildgebung auffälliger Appendix eine „negative“ Histologie, sowie 2 weitere Kinder mit in der Bildgebung unauffälliger Appendix eine histopathologisch verifizierte Appendizitis aufwiesen.

Schlussfolgerung: Durch den Einsatz der Abdomensonographie und/oder Appendix-CT konnte der Anteil an überflüssigen Appendektomien signifikant gesenkt werden. Darüber hinaus konnte jedes 5. Kind mit beginnender Appendizitis mittels i.v.-Antibiose erfolgreich ausbehandelt werden.