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126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2009, München

Bioartifizielle menschliche Gewebe mit eigener Gefäßversorgung als Implantate für die rekonstruktive Chirurgie: Implantatentwicklung und erste klinische Erfahrungen

Meeting Abstract

  • corresponding author T. Walles - Thoraxchirurgische Klinik, Klinik Schillerhöhe, Gerlingen, Deutschland
  • G. Friedel - Thoraxchirurgische Klinik, Klinik Schillerhöhe, Gerlingen, Deutschland
  • J. Schanz - Zellsysteme, Fraunhofer IGB, Stuttgart, Deutschland
  • V. Steger - Thoraxchirurgische Klinik, Klinik Schillerhöhe, Gerlingen, Deutschland
  • M. Schandar - Zellsysteme, Fraunhofer IGB, Stuttgart, Deutschland
  • J. Hansmann - Zellsysteme, Fraunhofer IGB, Stuttgart, Deutschland
  • H. Mertsching - Zellsysteme, Fraunhofer IGB, Stuttgart, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 126. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgch11142

doi: 10.3205/09dgch112, urn:nbn:de:0183-09dgch1126

Veröffentlicht: 23. April 2009

© 2009 Walles et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Seit 2 Jahrzehnten wird versucht, menschliche Gewebe für die Rekonstruktion und den Ersatz geschädigter Gewebe und Organe herzustellen (Tissue Engineering). Die Herstellung komplexer, für die rekonstruktive Chirurgie geeigneter Gewebe scheiterte jedoch an der fehlenden Vaskularisation der Implantate. Für den klinischen Einsatz entwickelten wir in Weiterführung präklinischer Forschungsansätze ein bioartifizielles Transplantat, das über ein eigenes Gefäßsystem und einen bei Transplantation anschlussfähigen Gefäßbaum verfügt.

Material und Methoden: Aus einer Muskelbiopsie eines Patienten mit einer grossen tracheoösophagealen Fistel wurden Fibroblasten und Muskelzellen isoliert und unter GMP Bedingungen für 6 Wochen kultiviert. Aus einer Blutprobe (400 ml) wurden die mononukleären Zellen (PBMC) isoliert. Für die Implantatherstellung wurde einem Versuchstier (Schwein) eine Jejunumschlinge explantiert und azellularisiert. Die PBMC wurden nach Expansion auf der erhaltenen Basalmembran innerhalb des zellfreien Gefäßbaumes ausgesiedelt und unter pulsatiler Perfusion kultiviert. Der endotheliale Differenzierungsprozess wurde immunhistochemisch durch Bestimmung der CD34, CD31 und VE cadherin Expression bestimmt. Innerhalb von 14 Tagen reifte ein autologes humanes Gefäßnetz heran. Daraufhin wurde das Implantat mit Fibroblasten und Muskelzellen besiedelt. Vor Rekonstruktion des tracheoösophagealen Defektes wurde ein bioartifizielles Implantat zur Überprüfung der Gefäßfunktion und Implantatvitalität mittels Gefäßanschluss in den linken Oberarm des Patienten implantiert. Das Implantat wurde nach 1 Woche planmäßig explantiert und auf Permeabilität, Integrität und Vitalität untersucht. Für die Rekonstruktion des tracheo-ösophagealen Defektes wurde ein weiteres Implantat generiert.

Ergebnisse: Die Implantatherstellung benötigte 5 Wochen. Das bioartifzielle Implantat verfügte über einen geschlossenen Gefäßkreislauf, welches mit etablierten chirurgischen Verfahren an das Gefäßsystem des Patienten angeschlossen werden konnte. Aggressive klinische Antikoagulationsregime (Heparin, ASS) waren zum Erhalt der Implantatdurchgängigkeit ausreichend. Bei Im- und Explantation bestand über das arteriell angeschlossene bioartifizielle Gewebe ein venöser Rückstrom. Die histopathologische Aufarbeitung bestätigte die Implantatvitalität und zeigte ein weiterhin funktionelles und intaktes Endothel. Es gab keine Entzündungs- und Abstossungsreaktionen im Bereich der Implantationsstelle.

Schlussfolgerung: Experimentellen Methoden zum Tissue Engineering konnten erfolgreich in die Klinik übertragen werden. Das generierte bioartifizielle Implantat ist nach Transplantation lebensfähig. Es könnte die Ausgangsbasis für zahlreiche bei Erwachsenen und Kindern einsetzbarer Ersatzgewebe für die chirurgische Rekonstruktion darstellen und zur Herstellung hochdifferenzierter Ersatzgewebe (z.B. endokrines Pankreas) dienen.