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125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

22. - 25.04.2008, Berlin

Einfluss des „Melkens“ von Thoraxdrainagen nach Thorakotomien auf die postoperative Morbidität: Ergebnisse einer prospektiv randomisierten Studie

Meeting Abstract

  • corresponding author S. Dango - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • E. Hennings - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • W. Hörth - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • A. Kirschbaum - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • C. Biancosino - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • B. Cucuruz - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • W. Sienel - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • C. Stremmel - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
  • B. Passlick - Abteilung Thoraxchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 22.-25.04.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. Doc08dgch9488

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2008/08dgch594.shtml

Veröffentlicht: 16. April 2008

© 2008 Dango et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Es gehört in vielen thoraxchirurgischen Abteilungen zum Ritual postoperativ eingelegte Thoraxdrainagen zu melken, um den Abfluss von Restergüssen zu fördern und Verstopfungen zu vermeiden. Die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens ist jedoch keinesfalls unumstritten. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, den Einfluss des Melkens der gelegten Thoraxdrainagen bei thorakotomierten Patienten auf die postoperative Morbidität und den Langzeitverlauf zu untersuchen.

Material und Methoden: In die Studie wurden 145 thorakotomierte Patienten mit zwei Thoraxdrainagen (ventrale 21Ch und dorsale 24Ch Silikondrainage, Redax, Italien) in einem Zeitraum von 11 Monaten eingeschlossen. Die Randomisation erfolgte nach dem OP-Datum; an geraden Tagen wurde gemolken, an ungeraden OP-Tagen wurde die Thoraxdraingen beobachtet. Melken bedeutet die manuelle Manipulation zur Unterdruckerzeugung um Erguss und Koagel aus den Drainagen zu mobilisieren. Alle Thoraxdraingen wurden für den Beobachtungszeitraum von 48 h mit einem Sog von 20 cm H2O bedient. Eingeschlossen wurden Patienten, die eine Lungenresektion erhielten. Empyeme, Brustwandresektionen oder Re-Thorakotomien wurden ausgeschlossen. Es wurde Alter, Geschlecht, Thoraxdrainagenliegedauer, Erguss- und Fistelqualität, Entität und Histologie, Vorerkrankungen, sowie Liegedauer, 30-Tage-Komplikationsrate und -Mortalität, Ausmaß und Art der Resektion in Abhängigkeit von dem Drainagenmanagement analysiert. Der postoperative Verlauf und ein etwaiger Einfluss des Melkens auf die oben genannten Parameter wurde anhand des Röntgenbildes vor Entlassung sowie der Sekretionsmenge zu den Zeitpunkten 2 h, 12 h, 24 h und 48 h postoperativ und vor Ziehen der letzten Thoraxdrainage untersucht. Nach 48 h wurde nicht mehr gemolken. Als objektivierbarer Parameter für die Lungenfunktion wurden die postoperativen SpO2- Verläufe erhoben.

Ergebnisse: Das Patientenalter lag zwischen 20 und 84 Jahren (Median 65 Jahre), Geschlechterverhältnis Mann:Frau betrug 1,9:1. Insgesamt wurden in 143 Fällen anterolateral und in 2 Fällen posterolateral thorakotomiert. 21 Patienten mussten ausgeschlossen werden, 3 Patienten (4,4%) mussten wegen einer Nachblutung erneut operiert werden. 71 Patienten waren im Melkarm, 66 Patienten wurden im Beobachtungsarm eingeschlossen. Die 30-Tage Komplikationsrate betrug 42% und zeigte keine Assoziation mit dem Drainagenmanagement (p=0,84), die Pneumonierate war 8%. Die 30-Tage Mortalität lag bei 2 (1,4%), 4 (5%) Patienten mussten nachbeatmet werden. Die ventrale Thoraxdrainage konnte durchschnittlich am 3. Tag (1-21), die hintere Thoraxdrainage am 5. Tag (3-21) gezogen werden. Eine Fistel länger als 3 Tage wurde bei 12 Patienten gefunden, alle erhielten ab durchschnittlich dem 6. Tag (4-8) ein Heimlich-Ventil. In keinem Fall wurde ein Verstopfen der Thoraxdrainagen registriert. Im T-Test zeigte sich eine signifikant erhöhte Sekretionsmenge bei Patienten mit gemolkenen versus nicht gemolkenen Thoraxdrainagen zu den Zeitpunkten 12 h, 24 h und 48 h postoperativ (p=0,03, p=0,01, p=0,004). Es bestand kein Einfluss auf Verweildauer, Driangenliegedauer, Qualität des Entlassröntgenbild (Resterguss, Pneumothorax), SpO2-Verlauf, O2-Bedarf, postoperativen Komplikationen und Gesamtsekretionsmenge. Nur ein Patient musste vor der Entlassung wegen einem erneuten Erguss punktiert werden (0,7%). Die durchschnittliche Thoraxdrainagenmenge lag respektive den oben genannten Zeitpunkten bei 500, 810 und 1210ml. Ein Erguss länger 10 Tage fand sich in 6 (7,4%) Fällen. Durchschnittliche Liegedauer war 12 Tage (7-32).

Schlussfolgerung: In dieser Studie konnte erstmalig gezeigt werden, dass ein Melken von Thoraxdrainagen signifikant zu einer erhöhten Sekretionsmenge führt. Die postoperative Morbidität und Mortalität wird dadurch nicht beeinflusst, so dass für dieses Vorgehen in der Routine keine Notwendigkeit besteht.