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Erythropoetin verbessert das Überleben von kritisch perfundierten Lappen durch Hochregulation von NO und VEGF
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Veröffentlicht: | 16. April 2008 |
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Einleitung: Erythropoetin (EPO) als Stimulator der Erythropoese wird seit langem erfolgreich in der Behandlung von Anämien unterschiedlicher Genese eingesetzt. In neueren Studien jedoch zeigt EPO einen Erythropoese-unabhängigen Gewebe-protektiven Effekt, im Speziellen nach ischämischen Ereignissen in Gehirn, Leber und Herz. Ziel dieser Studie war es deshalb, die Wirkung von EPO auf kritisch ischämisches Lappengewebe zu untersuchen und mögliche zugrunde liegende Mechanismen zu analysieren.
Material und Methoden: An C57BL/6 Mäusen wurde ein kritisch durchbluteter Hautmuskellappen gehoben und anschließend in eine chronische Rückenhautkammer eingebracht (Kontrollgruppe: n=8). In einer zweiten Gruppe wurde zusätzlich EPO (500 IU/kg KG: n=8) 30min vor sowie 30min und 24h nach der Lappenhebung intraperitoneal verabreicht. Über einen Beobachtungszeitraum von 10 Tagen erfolgte mittels intravitaler Fluoreszenzmikroskopie wiederholt die Untersuchung des Nekroseausmaßes, der funktionellen Kapillardichte (FKD) und der Angiogenese (MVD). Zur Ermittlung der Ischämie-induzierten Entzündungsreaktion wurden der apoptotische Zelltod und die Leukozyten-Endothelzellinteraktion analysiert. Immunhistochemie und Western Blot-Analyse dienten zur Messung der Expression von induzierbarer NO-Synthase (iNOS), endothelialer NOS (eNOS) und VEGF. Rheologische Parameter inklusive des Hämatokrits wurden an separaten Tieren bestimmt (n=8).
Ergebnisse: Eine deutlich erhöhte Expression von iNOS (Tag 1) und eNOS (Tag 5) im kritisch perfundierten Lappenanteil EPO-behandelter Tiere korrelierte mit einer signifikanten arteriolären Dilatation (Kontrolle: Tag 1: 49±3μm, Tag 10: 52±5μm; EPO: Tag 1: 61±5μm, Tag 10: 75±5μm; p<0.05 vs Kontrolle) und Hyperperfusion, welche eine Aufrechterhaltung der FKD (Kontrolle: 0±0cm/cm2; EPO: 72±26cm/cm2; Tag 10) zur Folge hatte. Darüber hinaus beobachteten wir im Vergleich zur Kontrolle einen signifikant verringerten apoptotischen Zelltod (Kontrolle: 208±24 Zellen/mm2; EPO: 90±5 Zellen/mm2; p<0.05; Tag 3) sowie eine reduzierte venuläre Leukozyten-Endotheladhärenz (Kontrolle: 691±50 stickers/mm2; EPO: 111±14 stickers/mm2; p<0.05; Tag 3). Weiterhin induzierte die EPO Gabe frühzeitig eine verstärkte VEGF Expression, welche mit einer Neubildung funktioneller Kapillaren ab Tag 5 einherging (Kontrolle: 0±0cm/cm2; EPO: 33±3cm/cm2; Tag 10). Als Folge dieser protektiven Effekte führte die EPO Vorbehandlung in anhaltend ischämischem Lappengewebe zu einer signifikanten Reduktion der Nekrose (Kontrolle: 48±2%; EPO: 20±3%; p<0.05). Interessanterweise zeigte die Verabreichung von EPO keine Änderung des Hämatokritwertes (Kontrolle: 41,3±0,7%; EPO: 41,9±1,0%; Tag 6).
Schlussfolgerung: Die systemische Vorbehandlung mit EPO induzierte eine NO-abhängige arterioläre Dilatation und Hyperperfusion, welche die Aufrechterhaltung der nutritiven Kapillarperfusion gewährleistete. Zusammen mit der VEGF-getriggerten Neubildung funktioneller Gefäße führte dies zu einer signifikanten Verbesserung des Lappenüberlebens. Eine EPO Vorbehandlung könnte daher in Zukunft einen viel versprechenden Ansatz darstellen, Ischämie-bedingte Komplikationen in der Lappenchirurgie zu verringern, ohne dabei eine unerwünschte Wirkung der Erythropoese auszulösen.