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124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

01. - 04.05.2007, München

Diabetes mellitus als Kennzeichen maligner Pankreastumore

Meeting Abstract

  • corresponding author R. Hennig - Chirurgische Klinik der Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • A. Kis - Chirurgische Klinik der Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • J. Kleeff - Chirurgische Klinik der Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • M. Müller - Chirurgische Klinik der Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • M.W. Büchler - Chirurgische Klinik der Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • H. Friess - Chirurgische Klinik der Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 01.-04.05.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07dgch7574

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2007/07dgch578.shtml

Veröffentlicht: 1. Oktober 2007

© 2007 Hennig et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Pankreaskarzinome gehören zu den malignesten Tumorerkrankungen des Menschen mit oft infauster Prognose bei einer mittleren Überlebenszeit von ca. 6 Monaten nach Diagnosestellung. Studien haben gezeigt, dass bis zu 2/3 der Patienten mit einem Pankreaskarzinom an einem Diabetes mellitus Typ II leiden. Die Rolle des Diabetes ist dabei sehr umstritten, da einerseits Diabetes als Risikofaktor für die Entstehung eines Pankreaskarzinoms und andererseits als Frühsymptom und vom Tumor induziert angesehen wird. Kürzlich konnte ein diabetogener Faktor aus dem Tumorgewebe isoliert werden, der für die auftretende Insulinresistenz bei diesen Patienten verantwortlich gemacht wird. Daraus ergäbe sich beim Nachweis eines neu aufgetretenen Diabetes mellitus die Möglichkeit, ein Pankreaskarzinom bereits in einem früheren Stadium zu diagnostizieren. Zudem wird angenommen, dass ein bestehender Typ I Diabetes mellitus vor der Entstehung eines Pankreaskarzinoms schützt.

Material und Methoden: Es handelt sich um eine retrospektive Analyse mit prospektiver Datenerhebung von 488 Patienten bezüglich dem Auftreten eines Diabetes mellitus, die aufgrund eines Pankreastumors zwischen 10/2001 and 10/2004 operiert wurden.

Ergebnisse: Bei der Mehrheit der Patienten (n=386) wurde ein duktales Adenokarzinom des Pankreas diagnostiziert. Bei 113 Patienten aus dieser Gruppe (29,3%) wurde ein präoperativer Diabetes mellitus Typ II festgestellt. In einer weiteren Gruppe von 39 Patienten mit intraduktaler papillärer muzinöser Neoplasie (IPMN) hatten 7 Patienten einen Diabetes vor der OP (17,9%). Dabei wurde bei keinem der Patienten mit einem IPMN Adenom (0/8) und nur bei 1 Patienen mit einer borderline IPMN (1/9; 11%) aber bei 6 Patienten mit einer malignen IPMN (6/22; 27,3%) ein präoperativer Diabetes diagnostiziert. Ein neuroendokriner Tumor wurde bei 34 Patienten reseziert. Davon hatten 10 Patienten einen benignen neuroendokrinen Tumor sowie keinen Diabetes (0/10) und 24 Patienten einen malignen neuroendokrinen Tumor, wo bei 6 Patienten auch ein präoperativer Diabetes vorlag (6/24; 25%). Schließlich wurden 16 Patienten mit einem serösen Zystadenom (Diabetes: 1/16; 6,3%) und 13 Patienten mit einem muzinösen Zystadenom (Diabetes: 3/13; 23,1%) operiert. Ein Typ I Diabetes mellitus wurde bei 1 Patienten mit einem duktalen Pankreaskarzinom diagnostiziert (0,3%).

Schlussfolgerung: In einem großen Patientenkollektiv haben etwa 25-30% der Patienten mit einem malignen Pankreastumor präoperativ einen Diabetes. Da ca. 5% der Menschen in Mitteleuropa einen Diabetes mellitus Typ II aufweisen, ist die Koinzidenz des Typ II Diabetes in diesem Kollektiv signifikant erhöht. Bei Patienten mit einem benignen Tumor lag die Inzidenz eines Typ II Diabetes wie im Bevölkerungsdurchschnitt bei max. 6%, mit Ausnahme der Patienten, bei denen ein muzinöses Zystadenom festgestellt wurde. Das Auftreten eines Typ I Diabetes entspricht mit 0,3% ebenso dem durchschnittlichen Auftreten in Mitteleuropa. Daher kann zum einen geschlussfolgert werden, dass ein Typ I Diabetes nicht protektiv hinsichtlich der Entstehung eines Pankreaskarzinoms ist, aber auch nicht als Risikofaktor gelten kann. Es liegt eine Assoziation zwischen Typ II Diabetes und malignen Pankreastumoren vor, was einen Tumor bedingten Diabetes impliziert und den Diabetes als Frühsymptom der Erkrankung in Frage kommen lässt. Besonders bei Patienten mit V.a. einen neuroendokrinen Tumor oder IPMN kann die Diabetesdiagnostik für Diagnose, operative Strategie und Prognose sehr wertvoll sein.