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Einfluß der perioperativen Glycinbehandlung auf den Ischämie-/Reperfusionsschaden und die postoperativen motorische Transplantatfunktion im Rahmen der Dünndarmtransplantation
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Veröffentlicht: | 1. Oktober 2007 |
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Einleitung: Die Dünndarm-Muskularis besitzt ein Leukozyten-Netzwerk, das durch den Organentnahme- und Ischämie-/Reperfusionsschaden im Rahmen der Transplantation aktiviert wird und lokale Entzündungsvorgänge in Gang setzt. Hierbei kommt es über die Freisetzung kinetisch aktiver Mediatoren zu einer Störung der Darmmotilität. Im Rahmen tierexperimenteller Studien zur Lebertransplantation und Herztransplantation konnte gezeigt werden, dass die diätetische oder intravenöse Gabe der essentiellen Aminosäure Glycin, die leukozytenassoziierte Entzündungsreaktion deutlich eindämmt. Wir haben die Hypothese aufgestellt, dass durch eine perioperative intravenöse Spender- und Empfängerbehandlung mit Glycin die Entzündungvorgänge innerhalb der Tunica muscularis im Rahmen Ischämie-/Reperfusionsschadens deutlich eingedämmt und die postoperative motorische Dysfunktion der Transplantate reduziert werden kann.
Material und Methoden: Bei Lewis-Ratten wurde eine orthotope Dünndarmtransplantation durchgeführt. In der Glycin-Behandlungsgruppe erfolgte eine intravenöse Vorbehandlung des Spenders über einen Zeitraum von 2h bis zur Organentnahme und eine Nachbehandlung des Empfängers ebenfalls für 2h mit Beginn der Reperfusion (Dosierung 1mg/g Körpergewicht; Infusionsrate 0,1ml/g/h). Als Kontrollgruppe dienten sowohl nicht transplantierte Tiere, sowie transplantierte Tiere bei denen perioperativ auschließlich Kochsalz als Trägerlösung appliziert wurde. Die Nachbeobachtungszeit betrug 3h und 24h. Gen-Expressionsanalysen erfolgten mit Real-Time RT-PCR. Leukozyteninfiltrate wurden histochemisch und immunhistochemisch quantifiziert. In vitro Kontraktilitätsuntersuchungen wurden mit Bethanechol-Stimulation nach 24h Reperfusion durchgeführt. Statistik: Student-t-Test, Signifikanzniveau:p<0,05.
Ergebnisse: Im Vergleich zu den mit Trägerlösung behandelten Kontrolltieren führte die Glycinapplikation zu einer signifikant geringeren molekularen und zellulären Entzündungsreaktion. Nach 3h und 24h Reperfusionszeit zeigte sich eine signifikant reduzierte mRNA-Aufregulation für IL-6, ICAM-1, TNFα, IL-1β und iNOS, sowie nach 24h auch für MCP-1. Desweiteren wies die Glycin behandelte Muskularis nach 24h eine signifikant geringere Infiltration verschiedener Leukozytenpopulationenen auf (Monozyten, neutrophile Granulozyten und passenger Makrophagen). Parallel zu der reduzierten leukozytären Infiltration sowie der geringeren Expression des kinetisch aktiven Mediators iNOS, wies die Glycin behandelte Muskularis in vitro im Organbad unter Betanecholstimulation im Vergleich zur nicht transplantierten Muskulatur (bei 100 μM Bethanechol: 3.6 ± 0.2 g/mm2/s) nur eine 40%ige Minderung der Kontraktilität auf, während die mit Trägerlösung behandelten Muskularis eine 80%ige Kontraktilitätsminderung zeigte (bei 100 μM Bethanechol: 2.2 ± 0.2 vs. 0.7 ± 0.1 g/mm2/s).
Schlussfolgerung: Bei der Dünndarmtransplantation führt der Ischämie-/Reperfusionsschaden zu einer Entzündungsreaktion in der Dünndarm-Muskulatur, die zur Darmatonie nach der Transplantation beiträgt. Durch die perioperativ intravenöse Glycin-Applikation lässt sich die molekulare sowie die zelluläre Entzündungsreaktion signifikant hemmen. Dies führt letztendlich zu einer deutlich verbesserten motorischen Transplantatfunktion im postoperativen Verlauf. Hieraus lässt sich möglicherweise ein Therapieansatz zur Überwindung der Transplantatdysfunktion im Rahmen der klinischen Transplantation ableiten.(unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft KFO 115/1-1, und Bonfor O-112.0013)