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123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

02. bis 05.05.2006, Berlin

Prädiktoren der Frühmortalität bei Polytrauma – Eine Auswertung des Traumaregisters der DGU

Meeting Abstract

  • corresponding author S.M. Huber-Wagner - Klinikum der Universität München, Chirurgische Klinik - Innenstadt, München, Deutschland
  • K.-G. Kanz - Klinikum der Universität München, Chirurgische Klinik - Innenstadt, München, Deutschland
  • R. Lefering - Universität Köln, Biochemische und Experimentelle Abteilung, Köln, Deutschland
  • L. Qvick - Klinikum der Universität München, Chirurgische Klinik - Innenstadt, München, Deutschland
  • E. Euler - Klinikum der Universität München, Chirurgische Klinik - Innenstadt, München, Deutschland
  • W. Mutschler - Klinikum der Universität München, Chirurgische Klinik - Innenstadt, München, Deutschland
  • A.G. Polytrauma der DGU

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 02.-05.05.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgch4906

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2006/06dgch547.shtml

Veröffentlicht: 2. Mai 2006

© 2006 Huber-Wagner et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Etwa 40% der Gesamtmortalität nach Polytrauma spielt sich innerhalb der ersten 24 Stunden nach Trauma ab. In der Literatur liegen wenig Daten vor, welche Faktoren für ein frühes Versterben wesentlich verantwortlich sind. Genannt werden meist Vorliegen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas oder schwere Blutung. Ziel dieser Untersuchung ist es, Prädiktoren für Frühmortalität zu determinieren und diese entsprechend ihrer Wertigkeit zu hierarchisieren um somit dem Schockraumteam in der Frühphase der Behandlung eine Hilfestellung zu geben.

Material und Methoden: Ausgewertet wurde das Traumaregister der DGU (2003) mit n = 17.200 Patienten. Einschlusskriterien waren: 1. Primärversorgung 2. Dokumentierter Injury Severity Score (ISS) 3. Dokumentierter Todeszeitpunkt. N = 12.500 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien und wurden nun deskriptiv, univariat und schliesslich multivariat (stepwise forward selection, 9 steps) mit der Zielvarable Tod < 24h unter Erhalt von odds ratios (OR) und 95%-Konfidenzintervallen (CI) ausgewertet. Statistische Signifikanz wurde als p<0,05 festgesetzt.

Ergebnisse: Das mittlere Alter betrug 40,1J±19,9, 72,4% waren männlich. Der mittlere ISS betrug 24,1±14,7. Die Gesamtmortalität betrug 16,9%. 49,3% aller verstorbenen Patienten verstarben innerhalb der ersten 24h (Frühmortalität). Weitere 15,6% verstarben zwischen 24h und 72h nach Trauma (Intermediärmortalität). 35,1% starben nach 72h und später (Spätmortalität). Bei dem logistischen Regressionsmodell (n = 5.126 mit vollständigem Datensatz) war die Variable Reanimation am Unfallort und/oder im Schockraum und einer OR von 9,2 (CI 95% 6,4-13,0, p=0,001*) mit dem höchsten Risiko für ein frühes Versterben verbunden. Es folgten ISS ≥ 24 mit einer OR von 4,3 (CI 95% 2,7-6,8, p=0,001*), erster Quickwert im Schockraum (SR) < 50% mit einer OR von 4,0 (CI 95% 3,0-5,4, p=0,001*), GCS ≤ 8 mit einer OR von 2,2 (CI 95% 1,6-3,0, p=0,001*), Base excess (SR) < -6 mit einer OR von 2,0 (CI 95% 1,5-2,7, p=0,001*), Abbreviated Injury Scale (AIS) des Beckens = 5 mit einer OR von 2,0 (CI 95% 1,2-3,3, p=0,007*), Massentransfusion ≥ 10 EKs mit einer OR von 1,8 (CI 95% 1,3-2,5, p=0,001*), AIS Kopf ≥ 3 mit einer OR von 1,5 (CI 95% 1,1-2,2, p=0,016*) und schliesslich Blutdruck am Unfallort < 90 mmHg mit einer OR von 1,4 (CI 95% 1,0-1,9, p=0,027*).

Schlussfolgerung: Die Auswertung des Traumregisters stellt das bisher grösste in der Literatur untersuchte Kollektiv zu diesem Thema dar. Reanimation, ISS, Quickwert, GCS, Base excess und schweres Beckentrauma sind relevante Prädiktoren der Frühmortalität. Quickwert und Base excess sind hierbei möglicherweise klinisch beeinflussbare bzw. optimierbare Variablen. Einschränkend muss berücksichtigt werden, dass Quickwert und Base excess bereits durch die präklinische Therapie beeinflusst werden können. Die Kenntnis der relevanten Prädiktoren ermöglicht eine schnelle Identifizierung von Hochrisikopatienten, eine erste orientierende Abschätzung der Prognose, eine gezielte und priorisierte Schocktherapie sowie eine schlüssige Erklärung für das Traumateam beim Frühversterben von Schwerverletzten.