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123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

02. bis 05.05.2006, Berlin

Wie gefährlich sind Desmoidtumoren beim Gardner-Syndrom? Studie von 77 am Gardner-Syndrom erkrankten Individuen

Meeting Abstract

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  • C. Pavlik - Chirurgische Abteilung, Spital Oberengadin, CH-7503 Samedan, Schweiz
  • C. Fuchs - Chirurgische Abteilung, Spital Oberengadin, CH-7503 Samedan, Schweiz
  • G. Gadient - Pathologisches Institut, Spitäler Chur AG, CH-7000 Chur, Schweiz
  • corresponding author H.P. Simmen - Chirurgische Abteilung, Spital Oberengadin, CH-7503 Samedan, Schweiz

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 02.-05.05.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgch4768

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2006/06dgch073.shtml

Veröffentlicht: 2. Mai 2006

© 2006 Pavlik et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Das Gardner Syndrom (GS) ist eine Variante der familiären adenomatösen Polypose und wird dominant vererbt. Hauptkomponente ist die Polyposis im Magendarmtrakt, dazu Weichteiltumoren (vorwiegend Desmoide) und seltener Osteome. Die Desmoide sind die wichtigste extraintestinale Manifestation. Als Riskofaktor für die Entstehung von Desmoiden wird die Operation erachtet. Die infiltrativ wachsenden, jedoch nicht metastasierenden Tumoren, wachsen häufig nach bauchchirurgischen Eingriffen im Meso und in der Bauchdecke. Während die Colonpolypose durch die Operation geheilt werden kann, sind Desmoidtumoren aufgrund ihres aggressiven Wachstums und ihrer grossen Rezidivneigung nur schwer behandelbar.

Material und Methoden: Seit 27 Jahren beobachten wir eine Sippschaft bestehend aus 77 Personen (3 Generationen, 13 Personen in der ersten, 30 in der zweiten und 34 in der dritten Generation). Das Alter der 72 noch lebenden Personen (28 Frauen, 44 Männer) reicht von 3-77 Jahren. Die Diagnostik erfolgte durch CT und/oder Operation. Es wurde vor allem auf die Lokalisation der Desmoide und einen möglichen Zusammenhang mit vorangegangenen Operationen geachtet

Ergebnisse: Insgesamt 13 Personen (9 Frauen, 4 Männer) erkrankten an Desmoidtumoren. In 3 Fällen war nur die Bauchdecke, in 3 nur das Meso und in 6 Fällen beide Strukturen betroffen. Die Desmoidtumoren im Meso sind in unserem Krankengut nie solitär, sondern multilokulär nachweisbar. Zudem wurden Demoide mit untypischer Lokalisation je einmal am Oberschenkel und am Rücken entdeckt. Bei 9 Patienten wurden die Desmoide 1-5 Jahre nach der Darmresektion entdeckt. 2 Patienten sind an den Folgen eines sich ausbreitenden, nicht mehr resezierbaren Desmoidtumors im Meso gestorben.

Schlussfolgerung: Bauchdeckendesmoide verursachen selten schwerwiegende klinische Porbleme, werden oft früh entdeckt und können noch radikal reseziert werden. Lediglich bei einem unserer Patienten hat das Desmoid der Bauchdecke infolge Therapieverweigerung unter Infiltration der Bauchdecke die Grösse eines Fussballs erreicht und ist in nicht mehr resezierbar. Desmoide des Meso hingegen sind sehr problematisch. Sie verursachen zunächst (oft bis zur Grösse eines Tennisballs) keine Symptome und treten multilokulär auf. Aufgrund ihres invasiven Wachstum mit Obstruktion der Blutversorgung des Darmes sind sie ohne ausgedehnte und meist nicht mögliche Mitresektion des Dünndarmes schwer therapierbar. Zwei unserer Patienten sind daran verstorben. Bei Desmoiden sowohl der Bauchdecke als auch im Meso bleibt derzeit die Chirurgie die einzige Option. Eine Radiotherapie, wie bei den Extremitäten bei fraglich tumorfreien Schnitträndern, verbietet sich wegen schwerwiegenden Strahlenschäden am Darm. Die Chemotherapie ist noch unwirksam und deshalb nur in experimetellen Ansätzen möglich. Häufig werden die Desmoide innerhalb er ersten 5 postoperativen Jahre manifest. In unserer Sippschaft entstanden Desmoide am Rücken, am Oberschenkel und bei drei Angehörigen auch im Mesenterium und in der Bauchdecke ohne vorangehenden chirurgischen Eingriff. Wir empfehlen nach Laparotomien jährliche computertomographische Untersuchungen des Abdomens und der Bauchdecken. Einerseits können kleine Desmoide chirurgisch radikal entfernt werden, anderseits müssen wir unsere Kenntnisse über das biologische Verhalten dieser Tumore dringend erweitern. Die optimale Therapie, insbesondere bei multilokulärem Vorkommen, bleibt vorerst unklar.