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122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

05. bis 08.04.2005, München

Fixierung von Meshes in der Hernienchirurgie: wann müssen welche Meshes fixiert werden?

Meeting Abstract

  • corresponding author R. Schwab - Chirurgische Klinik und Poliklinik der RWTH Aachen
  • O. Schumacher - Chirurgische Klinik und Poliklinik der RWTH Aachen
  • K. Junge - Chirurgische Klinik und Poliklinik der RWTH Aachen
  • U. Börner - Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT) Aachen
  • U. Klinge - Chirurgische Klinik und Poliklinik der RWTH Aachen
  • H. P. Becker - Abteilung Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
  • V. Schumpelick - Chirurgische Klinik und Poliklinik der RWTH Aachen

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 05.-08.04.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05dgch2653

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2005/05dgch241.shtml

Veröffentlicht: 15. Juni 2005

© 2005 Schwab et al.
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Gliederung

Text

Einleitung

Aktuell werden bei etwa 50% aller Leistenhernienreparationen Kunststoffnetze („Meshes") zur Verstärkung des körpereigenen Gewebes eingesetzt. Eine große Vielfalt unterschiedlicher Netze (Material, Gewicht, Textur) wird angeboten und eingebracht. Die Fixierung des Netzes kann zu Nervenirritationen und Schmerzsyndromen führen. Deshalb wird die Notwendigkeit der Fixation kontrovers diskutiert. Es liegen bislang keine gesicherten Daten vor, ob und wie diese Netze (insbesondere bei endoskopischer ‚sublay' TAPP/TEP Platzierung) zu fixieren sind. Durch Untersuchungen an einem standardisierten Prüfstand sollen folgende Fragen beantwortet werden: 1. Müssen Meshes in Abhängigkeit von Defekt und Überlappung fixiert werden? 2. Bei welcher Defektgröße und welchem Druck wird das Mesh durch den Defekt gedrückt? 3. Genügen auch leichtgewichtige Meshes den mechanischen Anforderungen? 4. Kann die Fixierung mit Fibrin-Klebung eine Dislokation von Meshes sicher verhindern?

Material und Methoden

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie wurde ein Prüfstand als hoch standardisiertes in vitro ‚sublay' - Modell entwickelt. Die Simulation der Druck-, Zug- und Scherkräfte erfolgt mit einem hoch dehnbaren Silikonkissen von 0 - 200 mmHg, welches auf den Verbund aus standardisierter netzverstärkter Bauchwand (Silikonmembran mit bovinem Gewebe) einwirkt. Die obere Druckgrenze übersteigt die physiologisch zu erwartenden Kräfte erheblich. Ermittelt wurden die Meshverformung und Dislokation auf der Bauchwand sowie die Protrusion der Netze in den überbrückten Defekt [Abb. 1]. Für 10 häufig verwendete Implantate (Atrium®, Bard-Marlex®, Gore dual mesh®, Mersilene®, Premilene®, Ti-Mesh light®, Ti-Mesh extra light®, Ultrapro®, Vypro I®, Vypro II®) wurden die jeweiligen biomechanischen Eigenschaften bei variabler Defektgröße und Overlap ermittelt. Ebenso erfolgte die Prüfung der Netze nach der Fixierung durch Fibrinklebung (Tissucol®).

Ergebnisse

Alle Netze verfügen über ausreichend stabile Materialeigenschaften. Multifilamente und großporige Meshes besitzen einen höheren Reibungswiderstand und gleiten weniger. Ohne Mesh-Fixation findet immer eine Relativbewegung zwischen Netz und Bauchwand statt: bei einem 3 cm Overlap und 3 cm Defektgröße bewegen sich die Netze kaum, bei 2 cm Overlap wird noch kein Mesh in den überbrückten Defekt gedrückt, bei weniger als 1,5 cm Overlap erfolgt die Dislokation von 9 der 10 Netze in den Defekt. Nach Fibrin-Klebung wird das Gleiten aller Meshes auf der Bauchwand vermieden. Auch beim Spitzendruck von 200 mmHg wird hier keine signifikante Mesh-Dislokation beobachtet. Im Defekt behält das Mesh seine biomechanischen Eigenschaften. Bei großporigen Meshes wird durch die ungehinderte Penetration des Klebers durch die Maschen, mit einer geringeren Fibrin-Menge die Fixation erreicht.

Schlussfolgerung

Bei einem Defekt von bis zu 3 cm ist keine Fixation erforderlich, wenn ein Overlap der Meshes in ‚sublay'-Position von mindestens 2 cm nach allen Seiten erreicht wird. Diese in vitro gewonnenen Daten, stehen mit den klinischen Untersuchungsergebnissen einzelner Serien in Einklang. Die Fibrin-Klebung ermöglicht in der Frühphase einen geringeren Overlap im Vergleich zur non-Fixation. Eine Dislokation kann hierbei auch bei physiologisch nicht zu erreichenden Spitzendrücken von 200 mmHg sicher vermieden werden.