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121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

27. bis 30.04.2004, Berlin

Der Maryland Zugang bei Acetabulumfrakturen - Nachuntersuchungsergebnisse hinsichtlich Morbidität und klinisch/funktionellem Outcome im Vergleich zu einem limitierten Zugang (Kocher-Langenbeck)

Vortrag

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  • presenting/speaker Konstantinos Giannadakis - Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie der Philipps-Univ. Marburg
  • R.S. Stiletto - Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie der Philipps-Univ. Marburg
  • L.G. Gotzen - Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie der Philipps-Univ. Marburg

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 27.-30.04.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dgch0144

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgch2004/04dgch136.shtml

Veröffentlicht: 7. Oktober 2004

© 2004 Giannadakis et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung

Die dislozierte Acetabulumfraktur stellt heutzutage die Indikation zur operativen Rekonstruktion dar. Das Ziel der operativen Maßnahme ist, zum einen eine möglichst exakte Wiederherstellung der Pfanne zu erreichen, zum anderen durch eine stabile Osteosynthese eine frühfunktionelle Therapie zu ermöglichen. Die anatomische Wiederherstellung der Gelenkfläche stellt die Vorraussetzung für ein gutes funktionelles Behandlungsergebnis dar. Je nach Frakturausmaß und Frakturlokalisation kommt als Zugangsweg ein limitierter oder ein erweiterter Zugang in Betracht. Ziel dieser Studie war es, im Rahmen einer Nachuntersuchung die Morbidität des erweiterten iliofemoralen Zuganges (Maryland-Zugang) sowie das klinische/funktionelle Outcome im Vergleich zu einem limitierten Zugang (Kocher-Langenbeck) zu ermitteln.

Material und Methoden

In die Studie eingeschlossen wurden alle Patienten aus dem Behandlungszeitraum 1992-2002, die primär in unserer Klinik wegen einer Acetabulumfraktur über einen Maryland-Zugang operativ behandelt wurden. Als Vergleichsgruppe dienten Patienten mit einer Acetabulumfraktur, die im gleichen Zeitraum mit einem Kocher-Langenbeck Zugang operativ versorgt wurden. Das klinisch-funktionelle postoperative Ergebnis wurde anhand des Merle d`Aubigne Scores beurteilt. Die radiologische Beurteilung umfaßte die Beckenübersichtsaufnahme und die Ala-und Obturator-Aufnahmen. Weiterhin gingen bei der radiologischen Auswertung der Arthrosegrad und das Ausmaß der ektopen Ossifikationen ein.

Ergebnisse

In dem Beobachtungszeitraum von 10 Jahren befanden sich 16 Patienten mit komplexer Acetabulumfraktur, die mittels eines Maryland (ML) -Zuganges operativ versorgt wurden. Das Durchschnittsalter der 12 männlichen und 4 weiblichen Patienten betrug 40,5 Jahre, in der Kocher-Langenbeck (KL) Gruppe betrug das Durchschnittsalter der 12 männlichen und 5 weiblichen Patienten 38,3 Jahre. Der häufigste Unfall stellte der Verkehrsunfall dar, gefolgt von Stürzen aus großer Höhe. In insgesamt 10 Fällen waren die Acetabulumfrakturen mit einem Polytrauma verbunden. Isolierte Frakturen lagen bei 9 Patienten vor. Hinsichtlich der Geschlechterverteilung, des Alters, der Seitenlokalisation und dem Nachuntersuchungszeitraum zeigten beide Studiengruppen ein homologes Verteilungsmuster. Infektionen, die einer Wundrevision bedurften, wurden in 3 Fällen in der ML-Gruppe registriert.Revisionspflichtige Serome/Hämatome traten in der ML-Gruppe bei zwei Patienten auf. Nervenläsionen konnten bei 8 Patienten objektiviert werden. Posttraumatische Hüftkopfarthrosen im Stadium III/IV nach Helfet mit der Notwendigkeit einer TEP-Implantation traten in 5 Fällen in der ML-Gruppe auf, in der KL-Gruppe war dies bei zwei Patienten notwendig. Bei einem Patienten in der ML-Gruppe entwickelte sich eine Infektpseudarthrose nach operativer Versorgung einer Beidpfeilerluxationsfraktur. Bei den nachuntersuchten 30 Patienten nach einem durchschnittlichen Zeitraum von 3,1 Jahren nach operativer Versorgung wiesen 40 % der Patienten in der ML-Gruppe und 67 % in der KL-Gruppe ein sehr gutes bis gutes funktionelles Ergebnis auf. Patienten, bei denen eine TEP-Implantation infolge einer Kopfnekrose bzw. einer posttraumatischen Arthrose durchgeführt wurde, wurden als schlechtes funktionelles Ergebnis eingestuft.

Schlussfolgerung

Das klinisch/funktionelle Outcome nach operativer Versorgung einer Acetabulumfraktur wird neben dem Rekonstruktionsergebnis von der Frakturmorphologie und -topographie und dem Ausmaß der traumatischen Knorpelläsion bestimmt. Patienten mit Trümmerzonen im Bereich der Hinterwand und/oder des gelenktragenden cranialen Anteils weisen unbefriedigende Langzeitergebnisse auf. Anhand der Ergebnisse dieser Studie erscheint bei Patienten mit Trümmerzonen im gelenktragenden Acetabulumbereich eine rekonstruktive operative Maßnahme über einen erweiterten, komplikationsträchtigen Zugang als nicht gerechtfertigt. Hier sollte die Indikation zum primären Gelenkersatz überdacht werden. Vor einer generellen Empfehlung sollten in weiteren Studien weitere Erfahrungen gesammelt und der statistische Nachweis erbracht werden.