gms | German Medical Science

51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

21.09. - 23.09.2017, Düsseldorf

„Mehr Phytotherapeutika = weniger Antibiotika“? – eine retrospektive Kohortenstudie bei akuten Atemwegsinfekten

Meeting Abstract

  • J. Valentini - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • B. Musselmann - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • J. Szecsenyi - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • G. Laux - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • S. Joos - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland

51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Düsseldorf, 21.-23.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17degam257

doi: 10.3205/17degam257, urn:nbn:de:0183-17degam2577

Veröffentlicht: 5. September 2017

© 2017 Valentini et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Antibiotika-Resistenzen haben in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Internationale und nationale Strategien wie die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020) haben zum Ziel, die Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen zu reduzieren u.a. durch eine Reduktion nicht indizierter Antibiotikaverordnungen. In der Hausarztpraxis zählen akute Atemwegsinfekte zu den häufigsten Beratungsanlässen. Obwohl bei den überwiegend viral bedingten Infekten eine reine symptomlindernde Therapie indiziert ist, werden hier häufig Antibiotika verordnet.

Fragestellung: Kann bei Hausärzten mit Zusatzqualifikation Naturheilverfahren (NHV) eine geringere Verordnungshäufigkeit von Antibiotika (zu Gunsten von Phytotherapeutika) beim akuten Atemwegsinfekt beobachtet werden?

Methoden: Im Zeitraum von April 2009 bis März 2015 wurden alle Konsultationen mit Patienten mit akuten Infekten der oberen und unteren Atemwege (ICD 10-Diagnosen: J00-J06, J20-J22) innerhalb des hausärztlichen CONTENT-Praxen-Netzwerkes eingeschlossen. Dieses beinhaltet Routinedaten von 42 Hausärzten, wovon 11 eine Zusatzqualifikation NHV besitzen. Die Verordnung von Phytotherapeutika wurde über grüne Rezepte und Privatrezepte erfasst.

Ergebnisse: Bei o.g. Diagnosegruppen wurden in hausärztlichen Praxen am häufigsten Antibiotika, gefolgt von Phytotherapeutika verordnet. Im Vergleich zeigten Ärzte mit Zusatzqualifikation NHV eine signifikant niedrigere Verordnungsrate von Antibiotika bei gleichzeitig höherer Verordnungsrate von Phytotherapeutika. Detaillierte Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert.

Diskussion: Die beobachtete Relation einer geringeren Antibiotika-Verordnungsrate bei gleichzeitig höherer Phytotherapeutika-Verordnungsrate bei Ärzten mit Zusatzqualifikation NHV könnte vielfältige Folgen haben. Neben einer verminderten Resistenzentwicklung können potentielle Nebenwirkungen einer antibiotischen Therapie verhindert werden (z.B. Antibiotika-assoziierte Diarrhoe, Medikamenteninteraktionen etc.). Ob eine reduzierte Verordnungshäufigkeit von Antibiotika bei Atemwegsinfekten tatsächlich auch langfristig zu einer Entschärfung der Antibiotika-Resistenz Problematik führen wird, bleibt jedoch weiterhin offen.