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29. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2011)

12.01. - 15.01.2011, Grindelwald, Schweiz

Suizid durch Selbstverbrennung; Unterschiede im Behandlungserfolg auf der Intensivpflegestation für Brandverletzte

Meeting Abstract

  • M. Zingg - Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, Universitätsspital Zürich, Zürich
  • M. Guggenheim - Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, Universitätsspital Zürich, Zürich
  • W. Künzi - Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, Universitätsspital Zürich, Zürich
  • P. Giovanoli - Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, Universitätsspital Zürich, Zürich

DAV 2011. 29. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. Grindelwald, Schweiz, 12.-15.01.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dav71

doi: 10.3205/11dav71, urn:nbn:de:0183-11dav714

Veröffentlicht: 21. Juni 2011

© 2011 Zingg et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im Zentrum für Schwerbrandverletzte am UniversitätsSpital Zürich (USZ) werden neben unfallbedingten Verbrennungsverletzungen selten auch Suizidanten behandelt, die sich Selbstverbrennungen zugefügt haben. Um die Prognose eines Patienten abzuschätzen, werden verschiedene Punktesysteme angewandt, die den Behandlungserfolg abschätzen lassen. Der gebräuchlichste ist der Abbreviated Burn Severity Index (ABSI-) Score. Auffällig war bisher, dass Suizidanten scheinbar eine höhere Mortalitätsrate haben, als mittels ABSI-Score vergleichbare Unfallopfer. Wir wollten mit dieser Arbeit belegen, dass ein Unterschied bezüglich Behandlungserfolg zwischen suizidalen und nicht-suizidalen Verbrennungspatienten besteht.

Methoden: Während 41 Jahren wurden die Patientendaten aller Intensivpflegestationsaufenthalte am Verbrennungszentrum am USZ gesammelt und archiviert. Retrospektiv haben wir jetzt alle Daten ausgewertet und zwischen Suizidanten und Nicht-Suizidanten unterschieden. Dabei wurden jeweils alle Parameter des ABSI-Score erfasst und nur diejenigen Patienten mit vollen Datensätzen zugelassen.

Resultate: Es konnte gezeigt werden, dass ein signifikanter Unterschied im Behandlungserfolg eines Verbrennungspatienten besteht, je nachdem, ob seine Verbrennungen durch eine suizidale Handlung oder einen Unfall zu Stande gekommen sind. Vergleicht man Verbrennungspatienten nur mit den Kriterien Suizidant/Nicht-Suizidant (S/N-S) und der jeweiligen ABSI-Gruppe, findet man eine durchschnittlich 1.58-fach höhere Mortalitätswahrscheinlichkeit für Suizidanten. Werden die ABSI-Parameter jeweils getrennt betrachtet und mit dem Parameter S/N-S verglichen, sieht man einen grösseren Einfluss des S/N-S-Parameter auf die Mortalität als bei allen anderen etablierten Parametern mit Ausnahme des Inhalationstrauma und der höheren Altersklassen. Der Geschlechterunterschied, der im ABSI-Score mit einem Punkt gewertet wird, spielt dabei eine weit kleinere Rolle für den Behandlungserfolg wie der Parameter S/N-S. Wir haben den Einfluss eines Suizideversuches in mehreren verschiedenen statistischen Testverfahren untersucht und konnten immer eine signifikante Differenz zwischen Suizidanten und anderen Patienten feststellen. Zum Schluss konnten wir zeigen, dass die mit dem ABSI-Score errechneten Mortalitätsraten relativ gut mit denen des USZ übereinstimmen. Die Intensivstation für Brandverletzte am USZ hatte dabei durchschnittlich eine etwas tiefere Mortalitätsrate zu verzeichnen, als der errechnete ABSI-Score ergab.

Schlussfolgerung: Die Unterscheidung zwischen Suizidanten und Nicht-Suizidanten hat einen wesentlichen Einfluss auf den Behandlungserfolg. Aus diesem Grund wäre es sinnvoll, diesen Parameter ebenfalls im ABSI-Score zu integrieren. Ausserdem wirft unsere Arbeit die Frage nach der Signifikanz des (jungen) Alters und des Geschlechts auf. Da kein signifikanter Unterschied zwischen 0–20 und 21–39-Jährigen gefunden werden konnte, scheint hier ein 1-Punktunterschied fragwürdig. Eine weitere Frage wirft der grosse Einfluss des hohen Alters auf den Behandlungserfolg auf, der überdurchschnittlich hoch ist und darum unterbewertet zu sein scheint. Die Analyse der verschiedenen Parameter unterstreicht grösstenteils deren Signifikanz für den Behandlungserfolg, doch die Punkteverteilung sollte in prospektiven Studien überarbeitet werden.