Artikel
Welchen Einfluss hat eine virtuelle PC-Simulation auf das Verhalten bei notfallmedizinischen Fallbeispielen?
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 13. April 2010 |
---|
Gliederung
Text
Einleitung: Gemäß Blooms revised taxonomy [1] kann Wissen in verschiedene Dimensionen der Wissensart und der kognitiven Verarbeitung eingeteilt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Einfluss auf die praktische Performance durch ein theoretisches Training nicht so groß ist, wie durch praktisches Training. Deshalb nimmt die Popularität der Simulation in der medizinischen Aus- und Fortbildung immer weiter zu.
Mit MicroSim® bietet Laerdal Medical (Norwegen, http://www.laerdal.com/nav/21475622/MicroSim.html) ein hochgradig interaktives, PC-basiertes e-learning Programm an, das entsprechend aktueller medizinischer Richtlinien die Versorgung von Notfällen in einer Notaufnahme wie in einem Computerspiel simuliert.
Forschungsfrage: Kann die Benutzung von MicroSim® die praktische Performance von Medizinstudenten im zehnten Semester an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in einer notfallmedizinischen OSCE-Prüfung verbessern?
Gibt es noch weitere Beeinflussungen durch MicroSim®?
Methode: Nach Genehmigung durch die Ethikkommission und Zustimmung der Teilnehmer erfolgte die Randomisierung in drei Gruppen (jeweils n>65). Die Teilnehmer erhielten Literatur über Reanimation, Brustschmerz sowie Luftnot. Nach einer praktischen Eingangs-OSCE-Prüfung mit dem Schwerpunkt auf ein standardisiertes Vorgehen hatten die Gruppen entweder Zugang zu entsprechenden MicroSim®- Fällen, schrieben einen reflektiven Aufsatz oder lasen nur die Literatur über die Themen.
Im Anschluss erfolgte eine erneute Evaluation des strukturierten Vorgehens in einem zweiten, identischen OSCE.
Darüber hinaus wurden standardisierte Fragebögen ausgefüllt (demographische Daten, LIST, Prokrastination, Stress, Computernutzung etc.).
Resultate: Der Wissenszuwachs unterschied sich zwischen den drei Gruppen signifikant (p=0,008). Getestet wurde mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit α von 5% mittels ANOVA mit adjustiertem post-hoc Test nach Bonferroni.
Dabei war der Wissenszuwachs in der MicroSim-Gruppe signifikant höher als in den anderen Gruppen: durchschnittlich 3,8% gegenüber der Kontrollgruppe (p=0,017, 95%KI 0,5–7,0) und 3,6% gegenüber der Aufsatzgruppe (p=0,024, 95%KI 0,4–6,8).
Die anderen Ergebnisse befinden sich derzeit in der Auswertung und werden in den nächsten Wochen zur Publikation zur Verfügung stehen.
Diskussion: Nach unserem Wissen ist dies die erste Studie, die eine praktische Verhaltensänderung als Effekt eines e-Learning-Programmes zeigt.
Obwohl anzunehmen ist, dass die (praktische) Simulation einen Einfluss auf das Verhalten hat, gibt es bislang keinen Nachweis, dass die (theoretische) Micro-Simulation das Verhalten stärker ändert, als klassische, passive Lernmethoden (Literaturstudium) bzw. die aktive Auseinandersetzung mit dem Stoff durch das Schreiben eines reflektiven Aufsatzes.
Dies könnte bedeuten, dass die kostengünstigere Micro-Simulation die klassische (häufig kostenintensive) Simulation sinnvoll ergänzen bzw. möglicherweise sogar partiell ersetzen kann.
Schlussfolgerung: Diese Studie zeigt unserer Meinung nach, dass interaktive e-Learning-Programme einen großen Einfluss auf das praktische Verhalten haben können. Weitere Forschung in diesem Bereich erscheint sinnvoll.