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Diagnostik syndromaler Schwerhörigkeiten
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Veröffentlicht: | 21. September 2011 |
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Etwa 30% der genetisch bedingten Hörstörungen sind syndromal bedingt. Im Rahmen von Syndromen können Schallempfindungsschwerhörigkeiten, kombinierte Schwerhörigkeiten und Schallleitungsschwerhörigkeiten vorkommen. Unter den kongenitalen Hörstörungen treten in 3–6% der Fälle das Pendredsyndrom, in 3–6% das Ushersyndrom und in 2,4%–5,4% das Waardenburgsyndrom auf. Weitere, seltenere Syndrome mit Schallempfindungsstörungen (SES) sind das Alportsyndrom, das branchio-oto-renale Syndrom (BOR-Syndrom), das Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom und das Romano-Ward-Syndrom. Auch die Neurofibromatose Typ2 kann schon im Kindesalter zu Hörstörungen führen. Bei Kindern mit Down Syndrom unter 5 Jahren wurden bei 7,8% Schallempfindungsschwerhörigkeiten (knapp die Hälft davon als kombinierte Schwerhörigkeit) gefunden, bei Turnersyndrom in 9,1% eine SES mit einem durchschnittlichen Auftretenszeitpunkt mit 15 Jahren, was einen progredienten Hörverlust nahe legt. Schallleitungsschwerhörigkeiten (SLS) treten typischerweise bei Syndromen mit Gaumenspalten und Gaumenfehlfunktion auf, z.B. bei der Pierre Robin Sequenz oder dem velo-kardio-facialen Syndrom (Shprintzen-Syndrom-II). Bei Kindern zwischen 1–18 Jahren mit Cornelia de Lange-Syndrom zeigte sich bei 60% eine SLS aufgrund eines Paukenergusses und in 20% eine zusätzliche SES. Bei Kindern mit Apert Syndrom wurden in 90% Hörstörungen gefunden, 80% davon hatten ein Defizit in der Schallübertragung bei Auffälligkeiten der Mittel-/Innenohrstrukturen und normaler Tubenfunktion. Die Häufigkeit von syndromalen Schwerhörigkeiten sollte bedacht werden, wenn Schwangerschafts-, Geburts- und Familienanamnese erhoben werden. Auch aus der Entwicklungsanamnese zum Beispiel zur Motorik und zur Sprache können sich wertvolle Hinweise ergeben. Wenn eine persistierende Hörstörung diagnostiziert wird, sollten nicht allein eine Untersuchung von Kopf und Hals, sondern auch eine gesamtkörperliche Untersuchung und eine genetische Abklärung erfolgen. Zur weiteren Abklärung sind die allgemeine und die motorische Entwicklungsdiagnostik, der visuelle Status, die neurologische und kardiologische Diagnostik (Elektrokardiogramm), die Nierenfunktionsprüfung (Urinstatus) und die Schilddrüsendiagnostik etc. zu veranlassen. So können sich z.B. nach elektrokardiographischer Bestätigung eines Long-QT Syndromes potentiell lebensrettende Therapieoptionen ergeben, auch für hörgesunde Verwandte.