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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Untersuchung zur Ermittlung eines stabilen Prognoseparameters zur Detektion von beratungsbedürftigen Studierenden – Realisierung von Chancengleichheit durch eine diversitätsorientierte Studienberatung

Artikel Beratung von Studierenden

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  • corresponding author Yassin Karay - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Köln, Deutschland
  • Houda Hallal - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Köln, Deutschland
  • Christoph Stosch - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Köln, Deutschland

GMS J Med Educ 2018;35(2):Doc19

doi: 10.3205/zma001166, urn:nbn:de:0183-zma0011660

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2018-35/zma001166.shtml

Eingereicht: 12. Mai 2017
Überarbeitet: 23. November 2017
Angenommen: 31. Januar 2018
Veröffentlicht: 15. Mai 2018

© 2018 Karay et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Durch die Internationalisierung von Studium und Lehre sowie durch die ansteigenden Zahlen der Studierenden mit immer heterogeneren Bildungsbiographien und Lebensformen müssen Universitäten ein Bewusstsein für Diversität und die Notwendigkeit für ein adäquates Diverstiy-Management entwickeln. Es ist zumindest für einige Diversitätskriterien belegt, dass sie Einfluss auf den Studienerfolg von Studierenden nehmen können. Das Studiendekanat der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln hat, um beratungsbedürftige Studierende frühzeitig zu erkennen, einen stabilen Prognoseparameter zum Studienverlauf anhand ausgewählter Kriterien empirisch ermittelt. Dieser soll im Anschluss für eine gezielte, diversitätsorientierte Studienberatung eingesetzt werden. Ein entsprechend angepasstes Beratungsangebot soll zum einen individuellen Studienverläufen Rechnung tragen. Zum anderen können Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit von Studierenden hinsichtlich ihres Studienerfolgs besprochen werden.

Methodik: Mit Hilfe von Studienverlaufsanalysen lassen sich Studienfortschritte von Kohorten longitudinal erfassen. Die im fakultären Lehrcontrolling implementierte Studienverlaufsanalyse dient dabei als zentrales Prognose- und Steuerungsinstrument für das neu einzuführende Konzept der diversitätsorientierten Studienberatung. Die Signifikanzmessung der verschiedenen Merkmale wird mit binär-logistischen Regressionsanalysen ermittelt.

Ergebnisse: Im Rahmen der Studienverlaufsanalysen liefert die Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester den stärksten Einfluss auf die Einhaltung der Mindeststudienzeit im vorklinischen Abschnitt gefolgt von den Merkmalen Alter bei Studienbeginn und Ort der Hochschulzugangsberechtigung. Die Abiturnote verfehlt nur knapp das geforderte Signifikanzniveau von p<0,05. Der Prädiktor Geschlecht liefert im betrachteten Modell keinen Erklärungsbeitrag.

Schlussfolgerung: Um der Heterogenität bei den Studierenden gerecht zu werden, sollten Hochschulverwaltung und Hochschullehrende die Anerkennung von Vielfalt als Querschnittsaufgabe verstehen und im Kontext der individuellen Studienberatung diversitätsbezogene Aspekte und diskriminierungskritische Themen für unterschiedliche Zielgruppen sowie individuelle Beratungsangebote im Blick behalten. Im Rahmen dieser Studie konnte der stabile Prognoseparameter Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester empirisch belegt werden und erlaubt eine zuverlässige Detektion beratungsbedürftiger Studierender. Der Erklärungsbeitrag ist größer als jedes einzelne in dieser Studie untersuchte Kriterium. Welche konkreten Ursachen zu einer Verzögerung des Studiums geführt haben, soll anschließend im Kontext einer nachgelagerten und diversitätsorientierten Studienberatung analysiert werden. Eine Folgestudie wird sich mit der Frage beschäftigen, ob durch eine nachgelagerte Studienberatung der Studienerfolg von beratungsbedürftigen Studierenden signifikant gesteigert werden kann.

Schlüsselwörter: Diversität, Chancengleichheit, Studienberatung, Studienerfolg, Studienverlauf


Einleitung

Entgegen ihrer offiziellen Leitbilder orientieren und organisieren sich Hochschulen vielfach noch immer an dem „Homogenitätsideal der sogenannten Normalstudierenden“ [1]; jenen Normalstudierenden, „die sich im Erststudium befinden, in einem formellen Vollzeit- Studiengang eingeschrieben sind, außerhalb des Elternhauses wohnen und unverheiratet sind [2]“. Diese Bezugsgröße stellt sich für Hochschulen allerdings zunehmend in Frage, da die bestehende reale Heterogenität der Studierenden als stete Aufforderungen zu einer „ausdrücklichen Abkehr von der Orientierung an den sogenannten Normalstudierenden“ [1] gelten kann. Denn wirft man den Blick auf die Internationalisierung von Studium sowie Lehre und vor allem auf die ansteigenden Studierendenzahlen1 mit immer unterschiedlicheren Bildungsbiographien und Lebensformen, so müssen auch Universitäten und ihre Fakultäten ein Bewusstsein für diese Diversität und ein adäquates Diverstiy-Management entwickeln. Hierbei stellt sich für die Hochschulentwicklung die Frage, welcher diversitätsorientierter Strategien und Maßnahmen es in der Studienberatung bedarf, um Studierenden mit unterschiedlichen Voraussetzungen einen erfolgreichen Studienabschluss zu ermöglichen [3].

Um den Anspruch der selbstgewählten Leitbilder zu erfüllen, sich „offensiv für Diversität, Perspektivenvielfalt und Chancengerechtigkeit“ einzusetzen, muss eine „inklusiv“ gestaltete Studienumgebung die individuellen Anforderungen der Studierenden abbilden können. Denn nur so schaffen die Hochschulen „Rahmenbedingungen dafür, dass die Universität allen Menschen mit entsprechenden Zugangsberechtigungen unabhängig von ihren Lebenslagen und ihren sozialen Hintergründen offen steht“. Dabei wird „der kompetente Umgang mit Verschiedenheit als Bereicherung und als Qualitätsmerkmal verstanden“ [4]. Der „diverse student learner“ [5] löst den „Normalstudierenden“ ab; dieser wird dekonstruiert. Hierzu gehört auch eine diversitätsorientierte Studienberatung. Um Diversität explizit für die Studienberatung nutzbar zu machen, bedarf es eines hochschultauglichen Bezugs zu einem theoretischen Diversitätsmodell.

Aus unserer Sicht ist das vierdimensionale Diversitätsmodell (Four Layers of Diversity) von Gardenswartz und Rowe (2003) eine geeignete Referenz [6]. Im Mittelpunkt des vierdimensionalen Diversitätsmodells von Gardenswartz und Rowe steht die Persönlichkeit gefolgt von den nahezu nicht veränderbaren inneren Dimensionen wie bspw. Alter, Geschlecht und Nationalität (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Die Dimensionen des dritten Dimensionskreises, wie bspw. Familienstand, Einkommen und Ausbildung werden im Modell als äußere Dimension bezeichnet. Die organisationale Dimension mit den Merkmalen, wie z.B. Arbeitsort und Dauer der Zugehörigkeit komplettieren das vierdimensionale Modell. Die äußere und organisationale Dimension der jeweiligen Institution kann flexibel und systemorientiert für das Diversity-Management angepasst werden. Das vierdimensionale Diversitätsmodell von Gardenswartz und Rowe bilden die Grundlagendefinition der „Charta der Vielfalt“ und des Diversitätsleitbildes der Universität zu Köln. Die „Charta der Vielfalt“ ist eine Unternehmensinitiative, die zum Ziel hat, „ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das frei von Vorurteilen ist“ [7]. Von den 36 deutschen Hochschulen mit medizinischen Fakultäten haben 21 Standorte die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet (eigene Recherche, Stand November 2017). Bundesweit haben 84 deutsche Hochschulen die „Charta der Vielfalt“ unterschrieben.

Da es nicht selten durch die Vielzahl an bestehenden Diversitätsklassifikationen und -konzepten zu einer subjektiven Wahrnehmung, Bewertung sowie Priorisierung von Diversitätskategorien kommt, sind diese theoretische Positionierung und nominal zu benennenden äußeren und organisationalen Diversitätskriterien notwendig. Durch diesen Zugang kann vor allem das Risiko der Fokussierung oder „Kategorisierung entlang singulärer Differenzmerkmale“ vermindert werden [8]. Folglich wird „der Blick sowohl auf Unterschiede als auch auf Gemeinsamkeiten struktureller Benachteiligung gelenkt (...)“ und es werden Hierarchien zwischen den verschiedenen Diversitätsmerkmalen vermieden. „Dies erfordert ein mehrdimensionales Verständnis von Vielfalt: Einzelne Diversitätsmerkmale sind weder in sich homogen, noch treten sie ausschließlich singulär auf. Zudem können Wechselwirkungen zwischen ihnen bestehen [9].“ Indem die Autoren institutionelle Kriterien in das Modell aufnehmen, ist es für den vorliegenden Artikel möglich, vor allem jene Diversitätsdimensionen zu identifizieren, die für die Beratung der hochschulmedizinischen Ausbildung von Bedeutung sind.

Vor dem benannten Hintergrund sind folgende nominale, sozialkonstruktivistische und statistisch erhebbare Diversitätsdimensionen definiert:

  • Alter und Geschlecht als klassische innere Diversitätsdimensionen
  • institutionell relevante Diversitätskriterien wie Ort der Hochschulzugangsberechtigung als Hinweis auf eine inländische oder ausländische Bildungsbiografie
  • Abiturnote als Hinweis auf die schulische Ausbildung und
  • die Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester als Hinweis auf das universitäre Leistungsvermögen, denn gerade in der frühen Studienphase spielen die unterschiedlichen Bildungsbiographien der Studierenden eine besondere Rolle [10].

Das klassische und bekannte Kriterium „Ethnizität/Nationalität“ wird in diesem analytischen Kontext durch die oben bereits genannte inländische oder ausländische Bildungsbiographie ersetzt. Da der sogenannte „Migrationshintergrund“ vor allem bzgl. der zweiten oder weiterer Generationen selektierend wirkt [11], wäre die Angabe und Erhebung in diesem Kontext irreführend. Es würde in dieser Untersuchung, die pauschal zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund vergleicht, zu einer undifferenzierten und unspezifischen Wahrnehmung kommen. „Dass Migrantinnen und Migranten nicht gleich Migrantinnen und Migranten sind, kann trotz der damit ausgedrückten Simplifizierung nicht häufig genug vorangestellt werden. Zahlreiche Operationalisierungen der theoretischen und empirischen Ansätze der Hochschulforschung richten ihre Aufmerksamkeit auf einen je anderen Personenkreis, und zwar nicht nur hinsichtlich des Migrationsstatus, sondern auch bezüglich der Position in der Akademia“ [12]. Für das zu entwickelnde Prognosemodell ist es folglich wirksamer, wenn „die Variablen (...) der Bedingungen der Bildungssozialisation“ [13] mit eingebunden werden.

Im Rahmen dieser Studie werden die genannten Kriterien mit dem erfolgreichen Ablegen des vorklinischen Abschnitts in Beziehung gesetzt, denn „Chancengleichheit“ lässt sich als zentrale Forderung des Leitbildes insbesondere am Parameter Studienerfolg ablesen. Bei der Messung des Studienerfolgs sollte jedoch sowohl ein zeitlicher als auch ein erfolgsbezogener Parameter verwendet werden [14], in unserem Fall das erfolgreiche Ablegen der Ärztlichen Basisprüfung in Mindeststudienzeit. Untersucht haben wir die zentrale Hypothese, ob ein stabiler Prognoseparameter zur Detektion von beratungsbedürftigen Studierenden aus den hier ausgewählten Diversitätskriterien ermittelt und für eine nachgelagerte, diversitätsorientierte Studienberatung bereitgestellt werden kann, so dass mit einer fokussierten Beratung möglicherweise beidseitig ein positiver Anpassungsprozess, mit dem Ziel des erfolgreichen Studiums, initiiert werden kann.


Material und Methode

Untersuchungsgegenstand

In Köln besteht das Studium der Humanmedizin inklusive der Examensvorbereitungen aus insgesamt zwölf Semestern und drei Monaten. Die Studierenden müssen vier Semester im vorklinischen Abschnitt und sechs Semester im klinischen Abschnitt studieren. Anschließend müssen das Praktische Jahr (PJ) und die Examensprüfungen erfolgreich absolviert werden. Im Rahmen dieser Studie wird auf die Studienzeit des vorklinischen Abschnitts als Beobachtungszeitraum fokussiert, damit Studienzeitverzögerungen von einzelnen Studierenden frühzeitig und rechtzeitig identifiziert werden können.

Im Kölner Modellstudiengang werden die Leistungsnachweise und Prüfungsergebnisse von Studierenden elektronisch im uniweiten Campusmanagementsystem administriert. Dies schafft die Möglichkeit, den Studienfortschritt von einzelnen Studierenden nachzuverfolgen und entsprechend zu bewerten. Die Studienfortschritte von Studierenden lassen sich mit Hilfe von elektronisch gestützten Studienverlaufsanalysen longitudinal erfassen, so dass individuelle und kohortenbezogene Mindeststudienzeit- und Exmatrikulationsquoten berechnet werden können [15].

Stichprobe

Für die Studie wurden sechs Anfängerkohorten näher betrachtet, d.h. insgesamt wurden mit Hilfe der durchgeführten Studienverlaufsanalysen 1.005 unterschiedliche Bildungsbiographien von Studierenden ausgewertet. Drei der sechs Anfängerkohorten hatten das Studium zum Sommersemester begonnen und drei Kohorten nahmen das Studium zum Wintersemester auf.

Variablen

Da die Studienzeitverzögerungen von einzelnen Studierenden frühzeitig erkannt werden sollen, wird als abhängige Variable das erfolgreiche Ablegen der Ärztlichen Basisprüfung in Mindeststudienzeit herangezogen (0=nein; 1=ja). Die Ärztliche Basisprüfung im Kölner Modellstudiengang entspricht dem Ersten Abschnitt des Ärztlichen Examens nach ÄApprO. Die abhängige Variable misst demnach, ob der vorklinische Abschnitt nach vier Semestern Mindeststudienzeit erfolgreich absolviert wurde. Im Rahmen dieser Studie wird der Einfluss der Variablen aus der Immatrikulation der Studierenden wie Geschlecht, Alter bei Beginn des Studiums, Ort der Hochschulzugangsberechtigung (HZB), Abiturnote und Studienerfolgsquote nach Semester 1 auf die abhängige Variable mit Hilfe der binär-logistischen Regressionsanalyse quantifiziert. Mögliche Abhängigkeiten zwischen mehreren unabhängigen Variablen können somit bestimmt werden.

Die Variablen 1 bis 5 in Tabelle 1 [Tab. 1] geben Auskunft über die in der Einleitung als relevant identifizierten und erhebbaren Einflussfaktoren – angelehnt an das Diversitätsmodell Four Layers of Diversity von Gardenswartz und Rowe. Auswertbar sind vor allem

1.
das Geschlecht,
2.
das Alter und
3.
der Ort der HZB

als Hinweis auf eine inländische oder ausländische Bildungsbiografie. Der Frauenanteil der gesamten Stichprobe liegt bei 60 % (602 Personen), was in etwa dem Frauenanteil der gesamten Studierendenschaft der Humanmedizin in Köln entspricht. Der Median des Alters bei Studienbeginn liegt bei 20,62 Jahren und der Mittelwert bei 22,5 Jahren. Von den 1.005 analysierten Studierenden haben 112 Personen (11%) ihre Hochschulreife im Ausland erworben. Da die Variablen 4 und 5 Informationen über die Ergebnisse der schulischen Ausbildung und auch über die universitären Leistungen im Studium liefern, stehen sie zudem beispielhaft und repräsentativ für die äußere Dimension der Ausbildung innerhalb des Diversitätsmodells und können unter dem Aspekt der vorliegenden Analyse verwendet werden. Der Mittelwert der Abiturnoten liegt bei 1,6 und der Median bei 1,4. Insgesamt haben knapp 60% der untersuchten Studierenden eine Abiturnote von 1,4 und besser. Beim Studienerfolg nach Semester 1 können etwas weniger als die Hälfte der untersuchten Studierenden einen hundertprozentigen Studienerfolg nach dem ersten Semester vorweisen (47%, n=476). 529 der Studierenden (53%) fehlt nach dem ersten Semester bereits mindestens ein Leistungsnachweis.

Aufgrund der in Köln fest vorgegebenen Semesterpläne können individuelle Erfolgs- und Misserfolgsquoten von Studierenden jederzeit ausgewertet werden. Die semesterbezogene Studienerfolgsquote errechnet sich über die Anzahl der erfolgreich abgelegten Studienleistungen dividiert durch die laut Semesterplan vorgesehenen Leistungsnachweise. In Köln lässt sich deshalb das erste Studiensemester beispielweise in fünf in ihrer zeitlichen Aufwendung nach etwa äquivalente Bereiche differenzieren [16] (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).


Ergebnis

Um die schrittweise Entwicklung der Modellkoeffizienten aufzuzeigen, wird im Rahmen der binär-logistischen Regressionsanalyse die Vorwärtsselektion verwendet, so dass die Modellkoeffizienten, angefangen mit dem erklärungsstärksten Prädiktor, ins Modell aufgenommen werden. Von den insgesamt fünf betrachteten unabhängigen Merkmalen erweisen sich drei als signifikante Prädiktoren. Den größten Einfluss auf die Einhaltung der Mindeststudienzeit liefert dabei der Prädiktor Studienerfolgsquote nach Semester 1, da dieser im ersten Schritt ins Modell aufgenommen wird, gefolgt von den Variablen Alter bei Studienbeginn und Ort der Hochschulzugangsberechtigung (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]). Keinen signifikanten Einfluss auf die Einhaltung der Mindeststudienzeit liefern in diesem Modell die Merkmale Geschlecht (p=0,944) und Abiturnote (p=0,076).

Es kann demnach festgehalten werden, je größer die Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester, desto eher wird die Mindeststudienzeit eingehalten (siehe hierzu auch Tabelle 4 [Tab. 4]).

Von den Studierenden, welche die geforderten fünf Leistungsnachweise im ersten Semester erfolgreich absolviert haben, halten insgesamt 78,8% der Studierenden den vorklinischen Studienabschnitt in Mindeststudienzeit ein. Bei Studierenden mit einer Erfolgsquote von 80% hält etwa nur noch jeder Zweite (51,5%) die Mindeststudienzeit ein, bei Studierenden mit drei Leistungsnachweisen etwa jeder Fünfte (19,8%) und in der Gruppe mit weniger als drei Leistungsnachweisen gerade mal 3,5%.

Beim Merkmal Alter bei Studienbeginn haben jüngere Studienanfänger bessere Erfolgschancen als ältere Studienanfänger. Die Tatsache, ob ein Studierender in Deutschland die Hochschulreife erlangt hat, beinhaltet ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf die Einhaltung der Mindeststudienzeit.

Das Abschlussmodell erreicht eine Modellgüte gemessen anhand des R2-Werts nach Nagelkerke in Höhe von 0,491, hiervon entfallen allein 0,439 der Testgüte auf das Merkmal Studienerfolgsquote nach Semester 1, 0,04 der Modellgüte auf das Merkmal Alter bei Studienbeginn und 0,012 der Testgüte auf das Merkmal Ort der HZB als Hinweis auf eine inländische Bildungsbiografie. Die Zahlen belegen den hohen Erklärungsbeitrag der Studienerfolgsquote nach Semester 1 im betrachteten Prognosemodell, denn fast 44% der Varianz der abhängigen Variablen (Einhaltung der Mindeststudienzeit im vorklinischen Abschnitt) werden allein von diesem Merkmal erklärt. Insgesamt werden knapp 50% der Varianz durch die drei signifikanten Merkmale Studienerfolgsquote nach Semester 1, Alter bei Studienbeginn und Ort der HZB beschrieben. Dies kann als gut interpretiert werden, ab 0,5 spricht man von einer sehr guten Modellgüte [17].

Das Merkmal Geschlecht liefert im betrachteten Prognosemodell keinen nennenswerten Erklärungsbeitrag zur Einhaltung der Mindeststudienzeit im vorklinischen Abschnitt. Demnach unterscheiden sich weibliche und männliche Studierende hinsichtlich der Einhaltung der Mindeststudienzeit nicht signifikant voneinander. Die Abiturnote verfehlt nur knapp das geforderte Signifikanzniveau von p<0,05. Statistisch wird die Abiturnote durch die Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester überlagert, d.h. bei Herausnahme dieser Variablen erreicht die Abiturnote zwar das geforderte Signifikanzniveau, allerdings erreicht das Prognosemodell mit den signifikanten Prädiktoren Alter, Ort der HZB und Abiturnote eine Modellgüte R2 nach Nagelkerke von lediglich 0,187. Im Vergleich zum oben genannten Abschlussmodell mit dem Parameter Studienerfolgsquote nach Semester 1 werden 30,4% (0,304=0,491 minus 0,187) Varianzanteil der abhängigen Variablen weniger erklärt. Der Prädiktor Alter bei Beginn des Studiums ist der erklärungsstärkste Parameter gefolgt von den Variablen Ort der HZB und Abiturnote.


Diskussion

Die steigenden Studierendenzahlen mit ihrer Heterogenität in Lebensformen, Bildungsbiographien und Lernkulturen haben in den vergangenen Jahren zu einer Diversität an den Hochschulen geführt, die es in den verschiedenen Ebenen der Hochschulen zu berücksichtigen und in den institutionellen Abläufen zu integrieren gilt. Pragmatisch betrachtet, zählt dazu eine systematische Erhebung sowie Auswertung beobachtbarer Diversitätsmerkmale der Studierenden und die begleitende Frage, in welcher Art und Weise diese Vielfalt von bestehenden Hochschulangeboten institutionell unterstützt werden kann. Ziel dabei muss es sein, diversitätssensibel Chancengleichheit von Studierenden hinsichtlich ihres Studienerfolgs zu gewährleisten. Der Fokus sollte dabei vor allem auf der Studieneingangsphase liegen [10]. So können Probleme bei der Einhaltung der Mindeststudienzeit durch die hier dargestellte Studienverlaufsanalyse nach dem ersten Studiensemester frühzeitig sichtbar gemacht werden.

Wie essentiell der Start ins Studium für den weiteren Studienerfolg ist, zeigt im Rahmen dieser Studie die hohe Prädiktivität des Merkmals Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester. Die Studierenden haben möglicherweise im weiteren Verlauf des vorklinischen Abschnitts Schwierigkeiten, die im ersten Semester entstandene Leistungslücke wieder zu schließen, insbesondere wenn die Leistungen 60% und weniger betragen. Nach Ermittlung dieser Leistungsgruppe von Studierenden scheint eine intensive, individuelle Studienberatung geboten, denn die ursächlichen Gründe für eine Beratungsbedürftigkeit kann im Rahmen einer rein statistischen Untersuchung nicht geklärt werden und muss deshalb in einer nachgelagerten, diversitätsorientierten Studienberatung analysiert werden.

Das Studienberatungskonzepts des Studiendekanats der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln nutzt daher die hohe Prognosekraft der Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester, um den individuellen Beratungsbedarf von Studierenden abzuschätzen. Die Medizinische Fakultät verspricht sich von dieser Maßnahme, den betroffenen Studierenden das Studium im vorklinischen Abschnitt mit möglichst geringen zeitlichen Verzögerungen zu ermöglichen, wobei die Teilnahme an einer Studienberatung nach wie vor freiwillig bleiben muss (siehe Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen). In einer persönlichen Studienberatung kann sichergestellt werden, dass betroffene Studierende die Gelegenheit bekommen ihre individuelle Situation im Studium darzustellen und gemeinsam herauszufinden, welche konkreten Gründe für die Startschwierigkeiten und Hürden ursächlich sind. Durch diese persönliche Interaktion mit den Studierenden können neben den bereits oben ermittelten und analysierten Merkmalen ggf. auch jene Faktoren identifiziert werden, die einleitend unter den Aspekten physische und psychische Fähigkeiten, Familienstand, sozioökonomischer Status, Lernkultur benannt und im Rahmen der Studienverlaufsanalyse nicht erhoben wurden:

  • Betrachtet man beispielsweise die Dimension „physische und psychische Fähigkeiten“, gilt es, in einer diversitätssensiblen Studienberatung zu beachten, dass sich im Rahmen universitärer Lebenswelt psychische Störungen z.B. im Bereich der interpersonellen Kommunikation, in Form von Prüfungsängsten, Arbeitsstörungen, verminderter Aufnahmekapazität, Konzentrationsschwierigkeiten und einem verminderten Antrieb zeigen. Die „psychischen Fähigkeiten“ müssen folglich als auf unterschiedliche Art und Weise den Studienverlauf beeinflussenden Faktoren betrachtet werden. Vor dem Hintergrund der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen von 2008 [18], gilt es diese Dimension insofern zu berücksichtigen, als die psychischen Fähigkeiten einen relevanten Einfluss auf die akademische Bildungsbiographie haben können. Schaefer et al. zeigten, dass unter Medizinstudierenden Studierende mit einer hohen Prüfungsangst deutlich öfters an sozialen und isolierten Ängsten litten als Studierende mit geringer Prüfungsangst [19]. Zudem verzögerten hoch prüfungsängstliche Studierende öfter das Studium.
  • Zahlreiche Studien haben sich im Rahmen der Ausbildungsforschung bereits mit der Thematik möglicher Einflussfaktoren auf das Studierverhalten im Medizinstudium beschäftigt und geben Erkenntnisse auf weitere studienerfolgshemmende oder -fördernde Merkmale. Beispielsweise können sich der Lernstil [20], die Lernkapazität [21] oder Persönlichkeitsmerkmale wie Gewissenhaftigkeit [22] positiv oder negativ auf den Studienerfolg auswirken. Aus anderen Studiengängen ist zum Beispiel bekannt, dass Merkmale wie Identifikation mit dem Studienfach [23], Berufsintensität [24], extrinsische und intrinsische Studienmotivation [25] oder Einführung von Studiengebühren [26] den Studienerfolg signifikant beeinflussen können.
  • Weitere nur in der individuellen Studienberatung identifizierbare Hürden wie beispielweise ein niedriger sozioökonomischer Status, fehlende finanzielle Unterstützung oder ein bildungsfernes Elternhaus können ein regulär verlaufendes und erfolgreiches Studium erschweren.

Die Vielzahl an möglichen Einflussfaktoren zeigt, dass lediglich mit einer nachgelagerten diversitätsorientierten Studienberatung beidseitig ein positiver Anpassungsprozess initiiert werden kann. Bei dieser Auseinandersetzung mit den Studierenden geht es um die systematische Auswertung der beobachtbaren Diversitätsmerkmale, in welcher Art und Weise diese in Form von bestehenden Hochschulangeboten institutionell unterstützt werden können bzw. welche Maßnahmen getroffen wurden oder werden müssen, um diese in das bestehende Set an Hochschulangeboten zu integrieren.

Im Kontext dieser Studie konnte beispielsweise ein signifikanter Geschlechtseffekt auf die Einhaltung der Mindeststudienzeit im vorklinischen Abschnitt nicht nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis entspricht der Uneinigkeit der internationalen Studien, welche die Performanz der weiblichen Medizinstudierenden im Vergleich zu ihren männlichen Kommilitonen unterschiedlich bewerten. Während die Studien von Ferguson et al. [20] und Arulampalam et al. [27] feststellen, dass weibliche Studierende das Medizinstudium mit besseren Abschlussnoten abschließen bzw. seltener abbrechen als männliche Medizinstudierende, zeigt sich in einer Studie an der medizinischen Universität Wien ein gegenläufiges Ergebnis. Dort performen männliche Studierende insbesondere im vorklinischen Teil des Studiums besser als ihre weiblichen Kommilitonen [21].

Das Merkmal Abschlussnote im Abitur verfehlt in dieser Untersuchung knapp das geforderte Signifikanzniveau. Interpretativ können mehrere Ursachen hierfür analysiert werden. Zum einen wird die Abiturnote durch die Variable Studienerfolgsquote nach dem ersten Semester überlagert, d.h. bei Herausnahme dieser Variablen erreicht die Abiturnote zwar das geforderte Signifikanzniveau, allerdings liegt die gesamte Modellgüte (R2) dann nur noch bei 0,187 (siehe auch zur Signifikanz von Abiturdurchschnittsnoten im Medizinstudium die Studie von Kadmon et al. [28]) und zum anderen spielt höchstwahrscheinlich das bis zum Sommersemester 2016 angewandte Auswahlverfahren in Köln und der damit verbundene strategisch angelegte, fehlende fachliche Bezug der gewählten Abiturfächer der Studierenden eine Rolle für dieses Ergebnis [29]. Zum Hintergrund: In Deutschland werden die Medizinstudienplätze nach Abzug einer Vorabquote für z.B. ausländische Studierende wie folgt verteilt:

  • 20% an die Abiturbesten,
  • 20% nach der gesammelten Wartezeit und
  • 60% nach dem Auswahlverfahren der Hochschule (AdH)

Die Hochschulen können im Rahmen der AdH-Quote eigene Auswahlkriterien formulieren, allerdings muss die Abiturnote einen maßgeblichen Einfluss behalten [30].

Da in Köln bis zum Sommersemester 2016 80% der Studierenden über die Abiturnote zugelassen wurden und 20% der Studierenden anhand der gesammelten Wartezeit, lag die Verteilung der untersuchten Abiturnoten größtenteils zwischen 1,0 und 1,4, so dass die Abiturnoten kaum zur Varianzaufklärung hinsichtlich Einhaltung der Regelstudienzeit im vorklinischen Abschnitt beitragen konnten. Die Leistungskurse der angehenden Abiturienten wurden strategisch in erster Linie nach dem Kriterium guter Schulnoten – unter Verzicht auf inhaltliche Vorbereitende naturwissenschaftliche Fächer – ausgewählt. Es konnte jedoch mehrfach gezeigt werden, dass ein stringenter Zusammenhang zwischen der Bewältigung der vorklinischen Leistungsanforderungen und naturwissenschaftlicher Vorbildung besteht [31]. Die Medizinische Fakultät der Universität zu Köln hat diese Wissenslücke an naturwissenschaftlichen Vorkenntnissen bei ihren Studierenden aufgrund des regelmäßigen Monitorings der Erfolgsquoten in den Fächern Biologie, Chemie und Physik erkannt und bietet aufgrund dessen regelmäßig naturwissenschaftliche Vorkurse und vorlesungsbegleitende Physik- und Chemie-Tutorien an, die eine Angleichung von fachlichen Erwartungen der Lehrenden und tatsächlichen Vorkenntnissen der Studierenden erleichtern. Zudem hat sich die Medizinische Fakultät der Universität zu Köln für ein weiteres Kriterium neben der Abiturdurchschnittsnote bei der Zulassung im Auswahlverfahren der Hochschule entschieden. Seit dem Wintersemester 2016/17 wird neben der Abiturnote (51%) auch das Testergebnis des Tests für Medizinische Studiengänge (TMS) mit 49% Gewichtung bei der Zulassung berücksichtigt, da der TMS auch medizinisch-naturwissenschaftliches Grundverständnis abprüft. Erste Studienverlaufsanalysen der Kohorten Wintersemester 2016/17 und Sommersemester 2017 zeigen, dass die zugelassenen Studierenden mit TMS in den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie und Physik besser performen als die Studierenden der Abiturbestenquote.

Im Rahmen dieser Studie konnte ein Alterseffekt auf die Einhaltung der Mindeststudienzeit nachgewiesen werden. Konkret studieren jüngere Studienanfänger schneller als ihre älteren Kommilitonen. Da etwa 20% der bundesweiten Medizinstudienplätze über eine Wartezeitquote verteilt werden, kann vermutet werden, dass ein höheres Alter bei Studienbeginn auf eine spätere Zulassung wegen schlechterer Abiturnoten hindeutet [32]. Zudem kann angenommen werden, dass eine längere Unterbrechung von Schulzeitende bis zum Beginn des Studiums oder aber eine längere schulische Ausbildung auch eine Verlängerung der Studienzeit zur Folge haben kann [24], [26]. Konkrete Ursachen können lediglich im Rahmen der diversitätsorientierten Studienberatung erörtert werden. Für Studierende mit Kindern bietet das Studiendekanat zum Beispiel eine vorzeitige Anmeldung zu Lehrveranstaltungen mit Gruppenunterricht an, so dass sich die Studierenden betreuungskompatible Kurszeiten vor dem offiziellen Anmeldebeginn zusammenstellen können.

Die Analysen unter dem Einflussfaktor des Ortes der Hochschulzugangsberechtigung des Abiturs haben gezeigt, dass Studierende mit einem deutschen Abitur, welches auf eine Sozialisation im deutschen Bildungssystem hinweist, deutlich schneller studieren und tendenziell eher die Mindeststudienzeit einhalten als ihre Kommilitonen, die mit einem nicht deutschen Abitur und entsprechender Bildungssozialisation insgesamt schlechter abschneiden. Wie eingangs formuliert soll diese vorgestellte Differenzierung primär verdeutlichen, dass der hochschulspezifische Zugang bzw. die vorangegangene explizite sowie implizite Bildungssozialisation im Vergleich zum Aspekt des Migrationshintergrunds viel aufmerksamer auf die Heterogenität und die Besonderheiten der Gruppe der Migrantinnen und Migranten eingehen sollte, als es über die Frage nach der Staatsangehörigkeit oder Herkunft getan wird [12]. Um beispielweise dem Aspekt der Muttersprache und den unterschiedlichen Erfahrungen der Bildungssozialisation bei Studierenden aus dem Ausland souverän zu begegnen hat das Kölner Akademische Auslandsamt in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln zum Sommersemester 2010 das Programm „Studienstart International“ für außereuropäische Medizinstudierende gestartet, welche nicht ausreichend über sprachliche Kompetenzen in der deutschen Sprache verfügen (aber auch fehlendes kulturell-institutionelles Wissen), um sie besser auf das Medizinstudium vorzubereiten. Dieses Programm soll den Studierenden dabei helfen, zügig und erfolgreich zu studieren, einen guten Kontakt zu den Mitstudierenden, der Fakultät und anderen internationalen und deutschen Studierenden aufbauen zu können und sich an der Universität zu Köln gut zurechtzufinden. Das Programm Studienstart International bietet beispielsweise Deutschkurse, die auf individuelle Kenntnisstände aufbauen.

Eine Limitation unserer Studie ist sicherlich die Beschränkung auf den Standort Köln und die Besonderheit des Kölner Modellstudiengangs. Zudem ist die Verfolgung von Studienfortschritten für Studiengänge mit fest vorgegebenen Semesterplänen, wie in der Regel im Studiengang Humanmedizin üblich, einfacher zu realisieren als bei Studiengängen ohne Vorgabe. Außerdem muss kritisch angemerkt werden, dass für die durchgeführten Studienverlaufsanalysen nur die aus der Immatrikulation vorhandenen Merkmale verwendet wurden. Es sei in diesem Kontext darauf hingewiesen, dass eine Analyse aller Kriterien aus dem vierdimensionalen Modell von Gardenswartz und Rowe grundsätzlich zwar möglich, aber extrem aufwändig ist und deshalb Gegenstand der konkreten Studienberatung sein soll. Obwohl nur fünf Diversitätskriterien ausgewählt wurden, werden knapp 50% der Varianz der abhängigen Variablen (Einhaltung der Mindeststudienzeit im vorklinischen Abschnitt) durch die signifikanten Merkmale des Prognosemodells erklärt, was als gut interpretiert werden kann.


Schlussfolgerung und Ausblick

Mit einer nachgelagerten diversitätsorientierten Studienberatung kann beidseitig ein positiver Anpassungsprozess, mit dem Ziel einer bewussteren Entscheidung für oder gegen das Medizinstudium initiiert werden. Die Studierenden erhalten durch diese individual- bzw. lebenslaufbezogene Studienberatung einen verbesserten Einblick in die komplexen Studienstrukturen des traditionellen deutschen Hochschulsystems. Auf Seiten der Hochschule geht es um die systematische Auswertung der beobachtbaren Diversitätsmerkmale der Studierenden und in welcher Art und Weise diese in Form von bestehenden Hochschulangeboten institutionell unterstützt werden können, so dass möglichst viele zu einem erfolgreichen Studienabschluss geführt werden können. Als Ausblick sei zum einen noch formuliert, dass diese Herangehensweise der Detektion von beratungsbedürftigen Studierenden und die darauffolgenden Aktivitäten in ihrer Wirksamkeit mittels einer Interventionsstudie begleitet werden muss. Zum anderen müssen sich als organisatorische Konsequenz auf diese Untersuchung die Hochschule und die entsprechenden Institutionen die grundlegende Frage stellen, welche Diversitätskriterien in der Beratung mittel- und langfristig der besonderen Aufmerksamkeit bedürfen und ob sich daraus für die systematischen Hochschulberatungen die Notwendigkeit eines umfassenden Perspektivenwechsels ergibt.


Anmerkung

1 „Im Wintersemester (WS) 2015/16 waren 745.009 Studierende an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen eingeschrieben – im Vergleich zum WS 2005/06 handelt es sich um eine Steigerung von 58,4 %. [...] Zahl der Studierenden an NRW-Hochschulen steigt weiter, 06.07.2016“. (Datenbasis: IT.NRW, Hochschulen in Nordrhein-Westfalen: Statistik kompakt – Ausgabe 2014, Düsseldorf 2014, S. 6.)


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Spelsberg K. Diversität als Leitmotiv: Handlungsempfehlungen für eine diversitäts- und kompetenzorientierte Didaktik. Eine explorative Studie im Kontext einer Kunst- und Musikhochschule. Münster/New York u.a.: Waxmann Verlag; 2013.
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Middendorff E, Apolinarski B, Poskowsky J, Kandulla M, Netz N. Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2012. 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks durchgeführt durch das HIS-Institut für Hochschulforschung. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung; 2012. Zugänglich unter/available from: https://www.bmbf.de/pub/20._Sozialerhebung_2012_Langfassung.pdf Externer Link
3.
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