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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Wie viel GK ist im NKLM? Ein Abgleich zwischen den prüfungsrelevanten Gegenstandskatalogen (GK) und dem Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM)

Artikel Lernziele

  • author Olaf Fritze - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Kompetenzzentrum für Hochschuldidaktik in Medizin Baden-Württemberg, Tübingen, Deutschland
  • corresponding author Jan Griewatz - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Kompetenzzentrum für Hochschuldidaktik in Medizin Baden-Württemberg, Tübingen, Deutschland
  • author Elisabeth Narciß - Medizinische Fakultät Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Kompetenzzentrum für das Praktische Jahr in der Medizin Baden-Württemberg, Mannheim, Deutschland
  • author Thomas Shiozawa - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Medizinische Fakultät, Institut für Klinische Anatomie und Zellanalytik, Tübingen, Deutschland
  • author Annette Wosnik - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Tübingen, Deutschland
  • author Stephan Zipfel - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Tübingen, Deutschland
  • author Maria Lammerding-Koeppel - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Kompetenzzentrum für Hochschuldidaktik in Medizin Baden-Württemberg, Tübingen, Deutschland

GMS J Med Educ 2017;34(1):Doc9

doi: 10.3205/zma001086, urn:nbn:de:0183-zma0010866

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2017-34/zma001086.shtml

Eingereicht: 27. Juli 2016
Überarbeitet: 14. September 2016
Angenommen: 9. Oktober 2016
Veröffentlicht: 15. Februar 2017

© 2017 Fritze et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Der 2015 verabschiedete Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) soll dazu beitragen, die Qualität von Studium und Lehre in der Medizin in Bezug auf die Kompetenzorientierung zu verbessern. Für die Fächer ist die Kohärenz zwischen Lehre, Prüfungen und den Ausbildungsinhalten der Gegenstandskataloge (GK) entscheidend. Vor einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem NKLM und folgenden curricularen Änderungen fordern viele Fachvertreter mehr Transparenz dazu, wie die prüfungsrelevanten GK konkret im NKLM abgebildet sind und was der NKLM mehr bietet.

Ziel der Untersuchung ist deshalb, den systematischen Begriffen der GK die zugehörigen NKLM-Teilkompetenzen und -Lernziele zuzuordnen, Lücken in der Kongruenz aufzuzeigen und den prozentualen Grad der Übereinstimmung zwischen GK und NKLM zu ermitteln. Außerdem wird eruiert, wie sich die GK-Inhalte auf die NKLM-Kapitel (Kap.) verteilen und welche zusätzlichen berufsrelevanten Kompetenzen im NKLM, nicht aber in den GK enthalten sind.

Methodik: Der inhaltliche Vergleich zwischen GK und NKLM wurde von fortgeschrittenen Studierenden, die mit dem NKLM gut vertraut waren, unabhängig voneinander durchgeführt (Stichwortrecherche, Augenscheinprüfung), konsentiert und mit unabhängigen Expertenratings zu GK-2 und Kap. 21 sowie mit den in Kap. 12, 13 und 15 des NKLM angegebenen Querverweisen auf die GK abgeglichen. Die detaillierten Daten können unter www.merlin-bw.de/gk-nklm-abgleich.html heruntergeladen werden.

Ergebnisse: In den sechs vorklinischen Teilkatalogen liegt der jeweilige Übereinstimmungsgrad mit dem NKLM zwischen 94% und 98%, in den klinischen GK bei 84% bzw. 88%. Damit besteht durchgängig eine sehr hohe Kongruenz der Inhalte. Je nach GK-Teilkatalog konnten nur für 6-16 % der Inhalte keine passenden Zuordnungen im NKLM gefunden werden. Bezüglich der Verteilung der GK-Inhalte auf die NKLM-Kapitel zeigen diejenigen mit klassischem Fachwissen (Kap. 12, 13, 16, 17 sowie 20 und 21) die höchsten Übereinstimmungen. Die medizinisch-praktischen Fertigkeiten (Kap. 14b) finden sich im klinischen GK „Gesundheitsstörungen“ wieder. Die ärztliche Gesprächsführung (Kap. 14c) und medizinisch-wissenschaftliche Fertigkeiten (Kap. 14a) sind in den Teilkatalogen des GK nur marginal abgebildet. Für die neuen Arztrollen (Kap. 06 - 11) wurden erwartungsgemäß keine Entsprechungen im GK gefunden.

Diskussion: Mit den vorliegenden Ergebnissen ergibt sich eine hilfreiche detaillierte Datenbasis, die den Fakultäten mehr Sicherheit in der Einschätzung des NKLM gibt, insbesondere bezüglich seiner Examensrelevanz. Die höhere Transparenz begünstigt den NKLM-Implementierungsprozess, indem inhaltliche Verunsicherungen der Fächer reduziert, daraus folgende pauschale Argumente gegen den NKLM entkräftet und damit Widerstände abgebaut werden können. Gleichzeitig wird ein kritischer Review-Prozess des NKLM gefördert.

Schlüsselwörter: NKLM, Gegenstandskatalog, GK, Curriculum-Mapping, Curriculum-Kartierung, Kompetenzorientierung, kompetenzbasiert, Medizinische Ausbildung, Changemanagement


Hintergrund

In 2015 wurde der Nationale kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM; [http://www.nklm.de aufgerufen am 22.03.2016]) vom ordentlichen Medizinischen Fakultätentag (MFT) als offiziellem Vertretungsorgan der medizinischen Fakultäten Deutschlands verabschiedet [4]. Der NKLM soll, in Anpassung an internationale Entwicklungen, dazu beitragen, die Qualität von Studium und Lehre in der Medizin in Bezug auf die Kompetenzorientierung entscheidend zu verbessern. Der vorliegende Katalog wird den Fakultäten bis 2020 zur Erprobung und kritischem Review empfohlen [4].

An vielen Standorten haben inzwischen die Diskussionen begonnen, wie man mit dem umfangreichen Werk des NKLM umgehen soll. Immer mehr Studiendekanate, aber auch einzelne interessierte Fächer oder Fachgruppen planen, ihr bestehendes Curriculum mit dem NKLM abzugleichen, um nach einer Statuserhebung gezielt curriculare Änderungen angehen zu können. Dabei ist offensichtlich, dass der Ressourcenaufwand bei der Umsetzung des NKLM mit Sicherheit nicht zu unterschätzen ist und Widerstände (z.B. der Fachvertreter) vorprogrammiert sind. Diese Erfahrungen wurden auch an den medizinischen Fakultäten Baden-Württembergs gemacht, die im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundprojektes MERLIN [http://www.merlin-bw.de/ aufgerufen am 18.07.2016] die Umsetzung des NKLM in Lehre und Prüfung gemeinsam erproben.

Eine von Fachvertretern besonders häufig gestellte Frage betrifft die Relevanz des NKLM im Vergleich zu den bislang genutzten, gut bekannten und akzeptierten Regelwerken zur medizinischen Ausbildung. Im Einführungstext zum NKLM (Kap. 1) wird der Stellenwert des NKLM orientierend eingeordnet [http://www.nklm.de aufgerufen am 22.03.2016]. Es wird betont, dass der NKLM das Kompetenzprofil der Absolventen in der Medizin beschreibt, ein Kerncurriculum definiert und somit einen Orientierungsrahmen für die medizinische Ausbildung bildet. Er konkretisiert einerseits die Vorschriften der Ärztlichen Approbationsordnung (ÄAppO; [https://www.gesetze-im-internet.de/_appro_2002/BJNR240500002.html aufgerufen am 18.07.2016]), die den Fakultäten Gestaltungsspielraum lässt. Andererseits berücksichtigt er auch die Gegenstandskataloge (GK) des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP; [https://www.impp.de/internet/de/medizin/articles/gegenstandskataloge.html aufgerufen am 10.12.2015]), die das unentbehrliche medizinische Fachwissen und damit das Prüfungswissen über systematische Themen-/Begriffslisten definieren. Damit steht den Fakultäten erstmalig ein bundesweit einheitlicher Kompetenzorientierter Lernzielkatalog zur Verfügung, der die relevanten rechtlichen und inhaltlichen Referenzrahmen berücksichtigt. Ein entscheidender Aspekt ist allerdings für viele Fachvertreter, dass bei der Verabschiedung des NKLM ausdrücklich festgehalten wurde, dass die Studien- und Prüfungsordnungen der Fakultäten wie bisher verbindlich bleiben http://www.nklm.de aufgerufen am 20.03.2016]. Diese orientieren sich üblicherweise an den allgemein akzeptierten GK des IMPP, denn für die Fächer ist die Kohärenz zwischen Lehre, Prüfungen und GK-Ausbildungsinhalten entscheidend:

1.
Aus den Begriffssammlungen der GK werden die Fragen der bundesweit einheitlichen schriftlichen Staatsexamina vom IMPP zusammengestellt;
2.
die Studierenden richten ihr Lernen danach aus;
3.
die Ergebnisse der Staatsexamina werden zudem als Marker für die Ausbildungsqualität genutzt.

Hier bestätigt sich die Erfahrung: „Assessment drives curriculum and learning“ [3], [10].

Vor einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem NKLM möchten viele Fachvertreter deshalb zu Recht im Detail wissen, welche Inhalte der GK tatsächlich im NKLM berücksichtigt und abgebildet sind:

  • Wie gut stimmen GK und NKLM überein?
  • Welche GK-Inhalte werden durch welche Lernziele des NKLM erfasst, welche nicht?
  • Was bietet der NKLM inhaltlich mehr?

Diese gewünschte Transparenz erfordert, dass der Grad der Übereinstimmungen zwischen GK und NKLM konkret aufgezeigt werden kann.

Bisher wurden die zugehörigen GK-Inhalte im NKLM nur in drei Kapiteln (Kap. 12, 13, 15) explizit identifiziert und transparent gemacht http://www.nklm.de aufgerufen am 20.03.2016]. Ein eigenständiger inhaltlicher Abgleich zwischen NKLM und GK wird von den Fachvertretern vor Ort mangels Ressourcen und Machbarkeit vehement abgelehnt, zumal der NKLM begründet auf eine klassische Fächer- oder Organzuweisung verzichtet und somit keine rasche Orientierung ermöglicht. Die vorliegende Studie ist darauf ausgerichtet, diese Lücke zu füllen. Ziel der Untersuchung ist, den systematischen Begriffen des GK-1 und -2 die zugehörigen NKLM-Teilkompetenzen und -Lernziele zuzuordnen, nach Lücken in der Kongruenz zu suchen und den prozentualen Grad der Übereinstimmung zwischen GK und NKLM zu ermitteln. In einer zweiten Fragestellung soll ausgehend vom NKLM eruiert werden, wie sich die GK-Inhalte auf die NKLM-Kapitel verteilen und welche zusätzlichen berufsrelevanten Kompetenzen im NKLM, nicht aber in den GK enthalten sind. Die Ergebnisse dieser differenzierten Analyse sollen die oben beschriebenen häufigen Fragen und Bedenken aus den Fächern beantworten.


Methodik

Die vergleichende Analyse zwischen GK und NKLM wurde auf der Basis der aktuellen Auflagen der IMPP-Gegenstandskataloge [https://www.impp.de/internet/de/medizin/articles/gegenstandskataloge.html aufgerufen am 10.12.2015] sowie der verabschiedeten NKLM-Version [http://www.nklm.de aufgerufen am 20.03.2016] durchgeführt. Der Abgleich wurde von drei fortgeschrittenen Studierenden der Humanmedizin (10. Fachsemester) übernommen. Diese waren aus Vorarbeiten mit dem NKLM und aufgrund ihres Studien- und Prüfungsfortschritts mit den Begriffen der Gegenstandskataloge bestens vertraut. Ausgehend von den GK-Items suchten zwei Studierende zunächst unabhängig voneinander nach inhaltlichen Übereinstimmungen (Stichwortrecherche, Augenscheinprüfung durch gezielte Sichtung von Kapiteln mit vermuteten inhaltlichen Kongruenzen). In einer Excel-Tabelle wurden jedem GK-Begriff die zugehörigen Identifikationsnummern (ID) für NKLM-Teilkompetenzen oder NKLM-Lernziele zugeordnet (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Bei deutlichen Unterschieden in der Terminologie wurden die Synonyme dokumentiert. Wurden zu einem GK-Begriff keine NKLM-Entsprechungen gefunden, so wurde das leere NKLM-Feld farblich hervorgehoben (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Beide Ergebnisse wurden verglichen, bei Unterschieden oder Unsicherheiten diskutiert und konsentiert. Auf die Berechnung einer Interrater-Reliabilität wurde verzichtet. Ein dritter Studierender prüfte die Ergebnisse im Nachgang stichprobenartig auf Plausibilität (insbes. Passung der Synonyme und Zuordnung). Eine zusätzliche Prüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit wurde durch den Abgleich mit weiteren Quellen realisiert und ggf. korrigiert:

1.
mit einem unabhängigen Expertenrating zu GK-2 Teil 2 und Kap. 21 (durch zwei NKLM-erfahrene Fachärzte),
2.
mit den in Kap. 12, 13 und 15 des NKLM angegebenen IMPP-Querverweisen.

Nicht von den Studierenden identifizierte Fundstellen wurden ergänzt. Die Tabellen wurden zur internen Nutzung im MERLIN-Projekt (Unterstützung der Argumentation im Mapping-Prozess) in einem Dokument zusammengefasst (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Sollten zukünftig weitere Entsprechungen zwischen GK und NKLM gefunden werden, so werden sie im Dokument nachgetragen. Die jeweils aktuelle Version steht als Download auf der MERLIN-Homepage [http://www.merlin-bw.de/gk-nklm-abgleich.html aufgerufen am 18.07.2016] zur Verfügung. Auf oben beschriebener Datenbasis wurde die prozentuale Abdeckung der GK-Inhalte durch den NKLM insgesamt berechnet (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Um die Verteilung der GK-Inhalte auf den gesamten Lernzielkatalog darzustellen, wurden die ermittelten GK-Funde für jedes NKLM-Kapitel ausgezählt und tabellarisch dokumentiert (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).


Ergebnis

Welche GK-1 und -2-Inhalte finden sich im NKLM wieder?

Jeder GK-Begriff wurde überprüft, ob er inhaltlich mindestens einmal auf der Ebene einer Teilkompetenz oder eines Lernzieles in einem oder mehreren NKLM-Kapiteln identifiziert werden konnte. Da sich die beiden Kataloge in ihrer Terminologie unterscheiden, war eine potenzielle Unsicherheit bei der Zuordnung nicht zu vermeiden. Dennoch konnten nahezu zu jedem GK-Begriff die passenden ID-Nummern des NKLM dokumentiert werden (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). In vielen Fällen konnten sogar mehrere Übereinstimmungen in verschiedenen NKLM-Kapiteln gefunden werden. Die aktuellsten Tabellen mit allen Details sind in einem Dokument als Download auf der Merlin-Homepage [http://www.merlin-bw.de/gk-nklm-abgleich.html aufgerufen am 18.07.2016] verfügbar.

Für jeden thematischen GK-Teilkatalog wurde der Grad der Übereinstimmung ermittelt. Tabelle 1 [Tab. 1] fasst die Ergebnisse, nach Teilkatalogen sortiert, zusammen und zeigt den prozentualen Grad der Abdeckung. In den sechs thematischen Teilkatalogen des vorklinischen Studienabschnittes liegt der jeweilige Übereinstimmungsgrad mit dem NKLM zwischen 94% und 98%. Auch in den beiden Teilen des klinischen Gegenstandskataloges (GK-2 Teil 1 und Teil 2) finden sich 84% bzw. 88% der Begriffe in NKLM-Teilkompetenzen oder Lernzielen wieder. Damit besteht durchgängig eine sehr hohe Kongruenz der Inhalte.

Von besonderem Interesse sind die im NKLM nicht gefundenen GK-Inhalte. Diese wurden in der Tabelle markiert (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). So können sie von Fachvertretern rasch im Einzelnen identifiziert und kritisch diskutiert werden. Je nach GK-Teilkatalog konnten nur für 6-16 % der Inhalte keine passenden Zuordnungen im NKLM gefunden werden. Das ergibt sich aus den Prozentzahlen der Übereinstimmungen in Tabelle 1 [Tab. 1].

Auf welche NKLM-Kapitel verteilen sich die Inhalte des GK-1 und GK-2?

Um zu zeigen, inwieweit der NKLM über die Gegenstandskataloge des IMPP hinausgeht, wurden die GK-1 und -2-Inhalte den NKLM-Kapiteln zugeordnet (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Die Kapitel, in denen das klassische Fachwissen abgebildet wird (Kap. 12, 13, 16, 17 sowie 20 und 21), zeigen erwartungsgemäß hohe Übereinstimmungen mit den GK-Inhalten. Auch für die medizinisch-praktischen Fertigkeiten (Kap. 14b) finden sich zahlreiche Übereinstimmungen im GK-2 Teil 1 „Gesundheitsstörungen“. Die ärztliche Gesprächsführung (Kap. 14c) und medizinisch-wissenschaftliche Fertigkeiten sind dagegen in den Teilkatalogen des GK nur marginal abgebildet. Für die neu formulierten Arztrollen (Kap. 06 - 11) wurden erwartungsgemäß bis auf eine Ausnahme keine Entsprechungen im GK gefunden.


Diskussion

In der vorliegenden Untersuchung werden die Inhalte der Gegenstandskataloge des IMPP im Detail mit dem NKLM abgeglichen. Der differenzierte Abgleich zeigt eine sehr hohe inhaltliche Übereinstimmung der GK mit dem NKLM. Da das unentbehrliche und prüfungsrelevante medizinische Fachwissen der IMPP-Gegenstandskataloge auch in den NKLM-Kapiteln wiederzufinden ist, bestätigen die Ergebnisse im Kern die Aussage des NKLM-Einführungstextes („Der NKLM steht nicht in Gegensatz zu den IMPP-GK-1 und -2.“ [http://www.nklm.de aufgerufen am 20.03.2016]). Die vorliegende Studie liefert konkrete Zahlen zur Untermauerung dieser Position und Argumente für die Diskussion mit ablehnenden oder verunsicherten Fachvertretern.

Die unterschiedliche Terminologie in GK und NKLM und die häufige Verwendung von Sammelbegriffen im NKLM erschwert die eindeutige Entscheidung über die Übereinstimmung. Hier kann die Angabe von den in dieser Untersuchung gleichgesetzten Synonymen zur höheren Transparenz beitragen. Nur für wenige GK-Inhalte konnten keine passenden Zuordnungen im NKLM vorgenommen werden. Dieses Ergebnis könnte sich möglicherweise bei Wahl einer aufwändigeren Suchmethode noch besser darstellen. Da die Kataloge nicht kleinschrittig (Lernziel für Lernziel) abgeglichen wurden, sondern über die Durchsicht von Kapiteln mit vermutetem inhaltlichem Zusammenhang oder über Stichwortrecherchen nach Übereinstimmungen gesucht wurden, können kongruente Inhalte übersehen worden sein. Außerdem kann angesichts der unterschiedlichen Terminologie nicht ausgeschlossen werden, dass Begriffe irrtümlich falsch zugeordnet wurden. Zum anderen können bei der Erstellung des NKLM ausgesuchte GK-Inhalte zugunsten einer inhaltlichen Reduktion absichtlich weggelassen worden sein oder auch versehentlich nicht berücksichtigt worden sein. Die Tatsache, dass nur zwei bzw. drei Studierende den GK-NKLM-Abgleich durchgeführt haben, erscheint v.a. aus Ressourcengründen akzeptabel. Dazu handelte es sich um besonders qualifizierte Studierende, die sich direkt vor ihrem Praktischen Jahr befanden und die noch von zusätzlichen Quellen inklusive eines Expertenratings abgesichert wurden. Angesichts der hohen Übereinstimmung zwischen den Gegenstandskatalogen und dem NKLM geben die Ergebnisse dieser Studie den Fächern dennoch insgesamt eine überzeugende Orientierung und genügend Sicherheit für Lehre und Prüfung – ein Argument, das nach unserer Erfahrung wirkungsvoll bei der Implementierung des NKLM eingesetzt werden kann.

Ein zusätzlicher Vorteil des NKLM wird durch den Abgleich aufgedeckt: Das Fachwissen ist nicht nur in systematischen Begriffslisten (wie im GK) aufgeführt, sondern in (Teil-) Kompetenzen und Lernzielen operationalisiert, so dass auch das Niveau des Kompetenzerwerbs zu einem bestimmten Meilenstein definiert ist. Dies erleichtert den Fakultäten die Gestaltung eigener Lernzielkataloge und sichert vor allem die Äquivalenzprüfung der Ausbildung an verschiedenen Standorten. Von Vorteil ist es auch, dass über diesen Abgleich die wenigen im NKLM fehlenden GK-Inhalte identifiziert werden können. Fachvertreter können so leicht entscheiden, ob die fehlenden Begriffe ergänzt werden sollen oder im Sinne des exemplarischen Lehrens [https://www.gesetze-im-internet.de/_appro_2002/BJNR240500002.html aufgerufen am 18.07.2016] verzichtbar sind.

Mit diesen Daten wird eine hohe Transparenz erreicht, wie sie erfahrungsgemäß beim Implementierungsversuch von den Fächern gefordert wird [9]. Diese Transparenz hat auch Bedeutung für den anstehenden Review-Prozess des NKLM, da die Daten als Basis für eine inhaltliche Qualitätssicherung und kritische Prüfung dienen können.

Darüber hinaus wird aus den Ergebnissen deutlich, wo der NKLM in seiner Definition von berufsrelevanten Ausbildungszielen weit über das Fachwissen der Gegenstandskataloge hinausgeht: Der NKLM ergänzt wichtige Arztrollen, die in nationalen und internationalen Befragungen von Hochschullehrenden in der Medizin als hochrelevant für die Berufspraxis bezeichnet wurden [12], [13], [14], und außerdem die vom Wissenschaftsrat geforderten „sozialen, kommunikativen, klinisch-praktischen und wissenschaftlichen Kompetenzen“ [4], [17]. Das Vorkommen zahlreicher GK-Inhalte in verschiedenen NKLM-Kapiteln spiegelt den hohen Grad der Vernetzung zwischen den drei strukturierenden NKLM-Säulen wider. Es wird entgegen häufiger Befürchtungen der Fächer deutlich, dass die ärztlichen Kompetenzen nicht isoliert als „Add on“ vermittelt werden sollen, sondern in praktischen Kontexten, verwoben mit Leitsymptomen und Krankheitsbildern oder auch in Verbindung mit theoretischen Konzepten und Prinzipien eingebettet sind [7].

Das vorliegende Projekt ist ein Beispiel, wie der NKLM mit anderen Katalogen verknüpft werden kann (hier mit den IMPP-Gegenstandskatalogen). In vergleichbarer Weise können auch spezifische Lernzielkataloge der Fachgesellschaften (z.B. [1], [2], [11], [14], [16]) und Fakultäten, Leitlinien u.a. vernetzt werden. Dadurch wird ein hoher Grad an Transparenz und Abstimmung auf verschiedenen Ebenen möglich.

Insgesamt ergibt sich mit den vorliegenden Ergebnissen eine hilfreiche Datenbasis, die den Fakultäten mehr Sicherheit in der Einschätzung des NKLM gibt, insbesondere mehr Sicherheit bezüglich seiner Examensrelevanz. Gleichzeitig wird ein kritischer Review-Prozess des NKLM gefördert. Zudem begünstigt die höhere Transparenz den NKLM-Implementierungsprozess, indem inhaltliche Verunsicherungen der Fächer reduziert, daraus folgende pauschale Argumente gegen den NKLM entkräftet und damit Widerstände abgebaut werden können.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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