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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Praktische Fertigkeiten auf dem Weg zur Professionalität

Leitartikel Praktische Fertigkeiten

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  • corresponding author Kai P. Schnabel - Universität Bern, Institut für medizinische Lehre, Abteilung für Unterricht und Medien, Bern, Schweiz
  • corresponding author Christoph Stosch - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Referat für Lehre, Studium & Studienreform, Kölner Interprofessionelle Sklls Labs (KISS), Köln, Deutschland

GMS J Med Educ 2016;33(4):Doc66

doi: 10.3205/zma001065, urn:nbn:de:0183-zma0010654

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2016-33/zma001065.shtml

Eingereicht: 17. Juli 2016
Überarbeitet: 17. Juli 2016
Angenommen: 17. Juli 2016
Veröffentlicht: 15. August 2016

© 2016 Schnabel et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Vorwort und Erläuterungen

Der Erwerb praktischer Fertigkeiten führte lange ein Schattendasein in der medizinischen Ausbildung. Bis vor etwa 100 Jahren stand die pragmatisch am Vorbild orientierte Ausbildung im Vordergrund und die Dozenten verliessen sich grösstenteils darauf, dass die Lernenden notwendige praktische Fertigkeiten durch das Beobachten von den Lehrmeistern mit nachfolgender Praxis an Patienten erwerben können (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Der qualitative Vermittlungs-Garant war dabei der jeweilige Lehrstuhlinhaber beziehungsweise dessen Klinik, an der die Lernenden angestellt waren.

Publikationen über praktische Fertigkeiten finden sich grösstenteils im Bereich der Weiterbildung [1]. Seit den 90er Jahren bekommen praktische Fertigkeiten international auch in der Ausbildung eine immer stärkere Bedeutung [2]. Auch gewinnen Simulationen zum Erwerb praktischer Fertigkeiten immer mehr an Bedeutung und sind in etlichen Bereichen traditionellen Ausbildungsmethoden überlegen [3]. Wo früher Patienten als Übungsobjekte herhalten mussten, können heute Simulatoren diese Funktion häufig übernehmen oder zumindest die Studierenden technisch besser vorbereiten, als die reine Lektüre von Lehrbüchern oder Leitfäden. Dies bedeutet nicht, dass nicht weiterhin am Patienten ausgebildet werden soll. Nur kann ähnlich wie in der Aviatik, aus der Flugsimulatoren zur Vorbereitung und laufenden Qualitätssicherung nicht mehr wegzudenken sind, sichergestellt werden, dass praktische Prozeduren wie zum Beispiel die Blutentnahme oder die Lumbalpunktion in sicherer Umgebung zunächst unter Supervision am Modell geübt wird, bevor diese am lebenden Patienten durchgeführt werden.

Seit mehr als 20 Jahren haben sich beginnend in den chirurgischen Fächern zur Überprüfung praktischer Fertigkeiten OSCEs (Objective Structured Clinical Examination) etabliert [4]. Dies nicht nur zur Zertifizierung, sondern auch zur Rezertifizierung im Sinne einer kontinuierlichen Qualitätssicherung.

Die mit Blick auf Prüfungen konsequente Standardisierung von Fertigkeiten sowie die teststatistischen Anforderungen an Prüfungen (Validität, Objektivität und Reliabilität) rief weltweit verschiedenste Lernzielkataloge wie den Swiss Catalogue of Learning Objectives [5], das kanadische CANMEDS Rollenmodell [6], den holländischen Blueprint [7] und Schottischen Lernzielkatlog [8] hervor, die mittlerweile handlungsleidend für verschiedene Bereiche der medizinischen Aus-, Weiter- und Fortbildung sind und laufend weiterentwickelt werden [9].

Im deutschsprachigen Raum wurden seit den 90er Jahren an den medizinischen Fakultäten Skillslabs gegründet um den gestiegenen Ansprüchen in diesem Bereich gerecht zu werden [10]. Die Änderung der Approbationsordnung 2002 [https://www.gesetze-im-internet.de/_appro_2002/, zuletzt aufgerufen am 13.7.2016], die Einführung der Studiengebühren in vielen deutschen Bundesländern 2007 und die Einführung einer nationalen praktischen Prüfung in der Schweiz 2011 [11] förderten noch diese Entwicklung an den Fakultäten, sich mehr um die praktischen und kommunikativen Fertigkeiten ihrer Absolventen zu bemühen und unterstützende Skills-Labs zu etablieren [12].

Der GMA-Ausschuss Praktische Fertigkeiten [https://gesellschaft-medizinische-ausbildung.org/ausschuesse/praktische-fertigkeiten.html, zuletzt aufgerufen am 13.7.2016] wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, die Vermittlung Praktischer Fertigkeiten zu Fördern und die Forschung darüber zu stärken [https://gesellschaft-medizinische-ausbildung.org/ausschuesse/praktische-fertigkeiten.html, zuletzt aufgerufen am 13.07.2016].

Nicht zuletzt haben diese Aktivitäten und der damit eingeläutete Paradigmenwechsel in der medizinischen Ausbildung auch mit dazu geführt, dass in Kiel am 4. Juni 2015 auf dem Medizinischen Fakultätentag der Nationale Kompentenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) [http://www.nklm.de/kataloge/nklm/lernziel/uebersicht, zuletzt aufgerufen am 13.07.2016], [13] und der nationale Lernzielkatalog Zahnmedizin (NKLZ) [http://www.nklz.de/kataloge/nklm/lernziel/uebersicht, zuletzt aufgerufen am 13.7.2016] mit grosser Mehrheit (29:3 Stimmen, bei einer Enthaltung) beschlossen wurde. Grundlage des Kapitel 14b (Klinisch-praktische Fertigkeiten) war das im GMA-Ausschuss für Praktische Fertigkeiten entwickelte Konsensusstatement Praktische Fertigkeiten [14].

Diese zwanzigjährigen Entwicklungen verdienen es, ein Sonderheft zum Thema des „GMA-Ausschusses für Praktische Fertigkeiten“ herauszugeben.

In diesem Heft finden sich Originalarbeiten zu verschiedenen allgemeine Themen der Vermittlung praktischer Fertigkeiten, Projektberichte und Statements der GMA-Ausschüsse für Prüfungen, Tiermedizin, Zahnmedizin, als dem GMA-Ausschuss praktische Fertigkeiten benachbarte und mit zum Teil überschneidenden Inhalten betrauten Ausschüsse. Am Anfang stehen Arbeiten übergreifender Natur [15], [16], [17], [18] die Folgenden Artikel sind Originalarbeiten die aktuelle Forschungsfragen aufgreifen [19], [20], [21], [22], [23], [24], [25], [26], [27], [28], [29] und am Schluss folgen die Statements der „benachbarten“ Ausschüsse [30], [31], [32].

Wir möchten uns bei allen Akteuren im Umfeld der praktischen Fertigkeiten bedanken -im Speziellen den Autoren und Reviewern der Artikel in diesem Sonderheft- und wünschen den Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre.


Anmerkung

Den Pionieren gewidmet, die sich der Vermittlung praktischer Fertigkeiten im und nach dem Medizinstudium verschrieben haben


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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