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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Ausschuss Tiermedizin der GMA: Skills Labs in der Tiermedizin – ein kurzer Einblick

Kurzbeitrag Praktische Fertigkeiten

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  • author Marc Dilly - Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Clinical Skills Lab, Hannover, Germany
  • corresponding author Christian Gruber - Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, BEST-VET, Hannover, Germany

GMS J Med Educ 2016;33(4):Doc49

doi: 10.3205/zma001048, urn:nbn:de:0183-zma0010484

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2016-33/zma001048.shtml

Eingereicht: 30. Oktober 2015
Überarbeitet: 8. Juli 2016
Angenommen: 8. Juli 2016
Veröffentlicht: 15. August 2016

© 2016 Dilly et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

An den tiermedizinischen Ausbildungsstätten im deutschsprachigen Raum wurden seit 2012 Skills Labs für die Vermittlung praktischer Fertigkeiten eingerichtet. Neben didaktischen Überlegungen sind auch ethische Gesichtspunkte im Hinblick auf den Tierschutz die Grundlage für die zunehmende Bedeutung von Skills Labs in der Veterinärmedizin. Nicht zuletzt durch europaweit geltende Qualitätsnormen der tiermedizinischen Ausbildung ist die Vernetzung zwischen den tiermedizinischen Ausbildungsstätten von großer Bedeutung für die Einrichtung und Weiterentwicklung von Skills Labs. Der Ausschuss Tiermedizin ist daher nicht nur an dem Austausch und Kooperationen innerhalb der Veterinärmedizin interessiert, sondern sieht auch in der Vernetzung mit dem GMA-Ausschuss „Praktische Fertigkeiten“ die Möglichkeit der gegenseitigen Bereicherung.

Schlüsselwörter: Skills Lab, Simulatoren, Modelle, Ausbildung an Simulatoren, Klinische Fertigkeiten Training, Tiermedizinische Ausbildung


Einleitung und Darstellung des GMA-Ausschusses Tiermedizin

Der Ausschuss Tiermedizin der GMA beheimatet - gleichsam „von Amts wegen“ - alle GMA-Mitglieder aus der Tiermedizin und ist somit durch die berufsbezogene Zuordnung (gemeinsam mit dem Ausschuss Zahnmedizin) ein Ausnahmefall unter den sonst inhaltlich orientierten Ausschüssen der GMA. In diesem Sinne nimmt sich der Ausschuss inhaltlich aller Themen an, die von überregionaler Bedeutung für die sieben tiermedizinischen Ausbildungsstätten (Berlin, Gießen, Hannover, Leipzig, München Vetsuisse und Wien) im deutschsprachigen Raum sind.

Dieser Situation entsprechend bestehen inhaltliche Verknüpfungen wie zu den meisten Ausschüssen so auch zum Ausschuss „Praktische Fertigkeiten“, weil die Ausbildung der Studierenden hinsichtlich der praktischen Fertigkeiten natürlich auch in der Tiermedizin stattfindet. Bis vor kurzem fand die intensive praktische Ausbildung beinahe ausschließlich am Tier oder an Kadaver(teilen) statt. Diese Art der Ausbildung ist nicht nur extrem ressourcenintensiv sondern auch unter didaktischen und nicht zuletzt ethischen und tierschutzbezogenen Gesichtspunkten zunehmend in Frage zu stellen. Daher entstanden seit 2012 an verschiedenen Standorten im deutschsprachigen Raum sog. „Skills Labs“ [3], [4], angelehnt an die internationalen Vorbilder, vor allem aus dem englischsprachigen Raum, wo Skills Labs schon seit geraumer Zeit zum Alltag in der (veterinär-)medizinischen Ausbildung gehören. Derzeit gibt es bereits an fünf tiermedizinischen Ausbildungsstätten in der D-A-CH Region zentral eingerichtete Skills Labs: Wien, Hannover, Leipzig, Gießen und Bern.


Skills Labs in der tiermedizinischen Ausbildung – gleich und doch unterschiedlich

In der Humanmedizin gibt es mittlerweile in Deutschland und anderen Ländern nationale Lernzielkataloge, wohingegen die Lehre an den tiermedizinischen Ausbildungsstätten in Europa supranational organisiert ist und einem einheitlichen, von der EU-Kommission vorgegebenen Qualitätsstandard unterliegt und in regelmäßigen Abständen durch Visitationen im Auftrag der EU-Kommission überprüft werden. Inhaltlicher Kern der europaweit einheitlichen Qualitätsstandards sind die sog. „Day-one-skills“, also Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche die Studierenden am Ende der Ausbildung und sozusagen am „ersten Tag des Berufslebens“ erworben haben müssen [http://www.eaeve.org/fileadmin/downloads/sop/SOP_Annex4to8_Hanover09.pdf geprüft am 30.10.2015]. Konzeptionell entsprechen sie damit den sogenannten Anvertraubaren Professionellen Tätigkeiten (APT) in der humanmedizinischen Ausbildung [2].

Die praktischen Fertigkeiten nehmen dabei mit rund 50% aller in den Day-one-skills angeführten Kompetenzen den weitaus größten Raum ein und sind daher im Fokus der Ausbildung, was zu einer zunehmenden Bedeutung der Skills Labs führt.

Wie auch in der Humanmedizin stellen komplexe Abläufe im Klinikalltag eine große Herausforderung für Studierende dar, was die Anwendung von Simulatoren und Modellen mit unterschiedlichen Komplexitätsgraden erfordert. Damit wird den Studierenden nicht nur der Erwerb praktischer Fertigkeiten erleichtert, sondern können auch die Bedenken und die Angst reduziert werden, während dem Erwerb von praktischen Fertigkeiten Fehler zu begehen, die für das Tier schwerwiegende Folgen haben können [8].

Durch die im Vergleich zur Humanmedizin geringe Anzahl an Ausbildungsstätten und die noch geringere Anzahl an Skills Labs war die Entwicklung und Beschaffung von Modellen oft eine Hürde für die Errichtung von Skills Labs, da Modelle für verschiedene Tierarten gebraucht wurden und dabei verständlicherweise nicht auf humanmedizinische Modelle ausgewichen werden konnte. Durch den relativen kleinen Markt in der Veterinärmedizin waren derartige Tiermodelle jedoch schwer zu bekommen und/oder hochpreisig. Mit der Zunahme an Skills Labs ist nun aber auch eine wachsende Zahl von Modellen und Simulatoren kommerziell zu erwerben, oder diese werden eigenständig entwickelt [1], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11], [12].

Besonders hilfreich für diese Entwicklung ist die Vernetzung der veterinärmedizinischen Ausbildungsstätten untereinander, wie dies z.B. in der 2010 gegründeten Online-Gruppe „Veterinary Clinical Skills & Simulation“ im Netzwerk NOVICE (Network Of Veterinarians In Continuing Education; http://www.noviceproject.eu/) geschieht, die sich ausschließlich der Vermittlung und Lehre von klinisch praktischen Fertigkeiten widmet. Die Gruppe besteht aus mehr als 300 Mitgliedern aus über 30 Ländern.

Neben der Vernetzung auf Online-Plattformen haben sich auch neue Tagungen und Konferenzen für den Austausch und die Förderung von Kooperationen mit dem Fokus auf simulations-basierten Unterricht in der Tiermedizin etabliert. So wurde z.B. im Jahr 2011 die Organisation „International Veterinary Simulation in Teaching“ (InVeST, http://www.vetedsimulation.com) gegründet, die sich hauptsächlich mit der Entwicklung und Validierung von Simulatoren und der Vermittlung von Kommunikation in der tiermedizinischen Ausbildung beschäftigt. Das erste Skills-Lab-Symposium in der D-A-CH-Region fand im Januar 2014 in Hannover statt.


Zusammenarbeit der Ausschüsse

In den beiden zuletzt genannten Aktivitäten – Vernetzung über Plattformen und auf thematisch einschlägigen Tagungen – ergibt sich die größte Möglichkeit zur Zusammenarbeit für den Ausschuss Tiermedizin derzeit mit dem Ausschuss für praktische Fertigkeiten.

So nimmt die Tiermedizin bereits seit zwei Jahren am Simulatorennetzwerk teil, das vom Ausschuss für praktische Fertigkeiten etabliert wurde. Während in der Anfangsphase kaum Beiträge zu verzeichnen waren, stieg die Teilnahme im letzten Jahr stark an und mittlerweile sind 29 Modelle und Simulatoren aus der Tiermedizin in das Netzwerk eingepflegt. Weitere sollen folgen.

Auch hinsichtlich der Präsenztreffen in Form von Tagungen ist eine steigende Beteiligung der Tiermedizin zu verzeichnen, und so sollen auch zukünftig die vom GMA-Ausschuss für praktische Fertigkeiten organisierten „Internationalen Skills Lab Symposium (iSLS)“ durch Beiträge aus der Tiermedizin ergänzt werden.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Baillie S. Utilization of simulators in veterinary training. Cattle Pract. 2007;15(3):244-248.
2.
Berberat PO, Harendza S, Kadmon M, . Entrustable Professional Activities – Visualization of Competencies in Postgraduate Training. Position Paper of the Committee on Postgraduate Medical Training of the German Society for Medical Education (GMA). GMS Z Med Ausbild. 2013;30(4):Doc47. DOI: 10.3205/zma000890 Externer Link
3.
Crowther E, Booth N, Coombes N, Baillie S. Veterinary Clinical Skills Labs: Online Collaboration and Moving Forward. Health Soc Care Educ. 2013;2(1):39-43.
4.
Dilly M, Tipold A, Schaper E, Ehlers JP. Setting Up a Veterinary Medicine Skills Lab in Germany. GMS Z Med Ausbild. 2014;31(2):Doc20. DOI: 10.3205/zma000912 Externer Link
5.
Engelskirchen S, Rosenthal J, Hungerbuehler S, Dilly M. Development of a dog simulator for ultrasonic based puncture of the urinary bladder. InVeST 2015: International Veterinary Simulation in Teachin Conference. Hannover, 14.-16.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15invest05. DOI: 10.3205/15invest05 Externer Link
6.
Fox V, Sinclair C, Bolt DM, Lowe J, Weller R. Design and Validation of a Simulator for Equine Joint Injections. J Vet Med Educ. 2013;40(2):152-157. DOI: 10.3138/jvme.0912-083R1 Externer Link
7.
Gerke L, Barrett DC, Arnold C, Hale-Mitchell L, Baillie S. Synthetic Models for Teaching Farm Animal Technical and Clinical Skills to Veterinary Undergraduates. Cattle Pract. 2015;23(1):20-26.
8.
Giese H, Hilke J, Gundelach Y, Dilly M. Validation of a bovine vascular access model for teaching students a technique for placing catheter in the auricular vein of cattle. InVeST 2015: International Veterinary Simulation in Teachin Conference. Hannover, 14.-16.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15invest36. DOI: 10.3205/15invest36 Externer Link
9.
Langebæk R, Eika B, Tanggaard L, Jensen AL, Berendt M. Emotions in Veterinary Surgical Students: A Qualitative Study. J Vet Med Educ. 2012;39(4):312-321. DOI: 10.3138/jvme.0611.068R1 Externer Link
10.
Lin YW, Lüpke M, Tipold A, Ehlers JP, Dilly M. Development of a Dog Manikin-bases Simulator for Epidural Puncture and Atlantooccipital CSF Collection. 26th Annual Symposium of the ESVN-ECVN, Paris (F), 26.-28.09.2013. Paris: ESVN-ECVN; 2013.
11.
McGaghie WC, Issenberg SB, Petrusa ER, Scalese RJ. A critical review of simulation-based medical education research: 2003–2009. Med Educ. 2010;44(1):50–63. DOI: 10.1111/j.1365-2923.2009.03547.x Externer Link
12.
Scalese RJ, Issenberg B. Effective Use of Simulations for the Teaching and Acquisition of Veterinary Professional and Clinical Skills. J Vet Med Educ. 2005;32(4):461-467. DOI: 10.3138/jvme.32.4.461 Externer Link