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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Kommunikation in Gesundheitsberufen – Ein europäischer Konsensus zu inter- und multiprofessionellen Ausbildungszielen in deutschsprachiger Übersetzung

Artikel Interprofessionelle Ausbildung

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  • corresponding author Cadja Bachmann - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Neuruppin, Deutschland
  • author Claudia Kiessling - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Neuruppin, Deutschland
  • author Anja Härtl - Klinikum der Universität München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Rainer Haak - Universitätsklinikum Leipzig, Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Leipzig, Deutschland

GMS J Med Educ 2016;33(2):Doc23

doi: 10.3205/zma001022, urn:nbn:de:0183-zma0010227

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2016-33/zma001022.shtml

Eingereicht: 13. August 2015
Überarbeitet: 21. November 2015
Angenommen: 30. November 2015
Veröffentlicht: 29. April 2016

© 2016 Bachmann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund und Zielsetzung: Kommunikation rückt in den Gesundheitsberufen zunehmend in den Blickpunkt. Die Vermittlung kommunikativer Kompetenzen sollte bereits im Studium bzw. in der Ausbildung beginnen.

Ziel des Projekts war, einen englischsprachigen Ausbildungszielkatalog für die Kommunikation in den Gesundheitsberufen, das „Health Professions Core Communication Curriculum (HPCCC)“, ins Deutsche zu übersetzen und einer breiten deutschsprachigen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Katalog umfasst 61 Ausbildungsziele und wurde von 121 internationalen Kommunikationsexperten konsentiert. Ein europäischer Bezugsrahmen für die inter- und multiprofessionelle Curriculumentwicklung „Kommunikation in den Gesundheitsberufen“ im deutschsprachigen Raum sollte hergestellt werden.

Methode: Die deutschsprachige Version des HPCCC wurde von sechs Personen entwickelt und in mehreren Revisionsschleifen konsentiert. Beispielhaft wurden Ausbildungsziele mit geeigneten didaktischen Methoden und Prüfungsinstrumenten aus der Materialiensammlung des teaching committee of the European Association for Communication Health Care (tEACH) versehen.

Ergebnisse: Die Ausbildungsziele des HPCCC liegen nun in deutscher Version vor und können für die Curriculumsplanung und -entwicklung in den einzelnen deutschsprachigen Gesundheitsberufen aber auch berufsübergreifend genutzt werden. Anwendungsbeispiele für didaktische Methoden und Prüfungsinstrumente werden aufgelistet und zeigen konkrete Umsetzungsmöglichkeiten auf.

Fazit: Die deutschsprachige Version des HPCCC, die Ausbildungsziele für die Kommunikation in den Gesundheitsberufen aufzeigt, kann einen wichtigen Beitrag zur inter- und multiprofessionellen Curriculumentwicklung in den Gesundheitsberufen im deutschen Sprachraum leisten. Beispiele für didaktische Methoden und Prüfungen aus der Materialiensammlung der tEACH ergänzen das curriculare Konzept und sollen Anregungen für die praktische Umsetzung der Ausbildungsziele in der Lehre und in Prüfungen geben. Die Bedeutung des deutschsprachigen HPCCC auf die curricularen Entwicklungsprozesse in den verschiedenen Gesundheitsberufen und für interprofessionelle Ansätze bedarf künftig weiterer Evaluationen.

Schlüsselwörter: Interprofessionell, multiprofessionell, Kerncurriculum Kommunikation, Gesundheitsberufe, Kommunikationscurriculum für alle Gesundheitsberufe


Hintergrund und Zielsetzung

Kommunikationskompetenz in den Gesundheitsberufen ist den letzten Jahren zunehmend in den Blickpunkt der Aus- und Weiterbildung gerückt und hat auch vor diesem Hintergrund an Bedeutung gewonnen [1], [2], [3], [4], [5], [6]. Wissenschaftliche Untersuchungen haben positive Effekte kommunikativer Fertigkeiten auf die Patientenzufriedenheit, die Therapietreue und den Behandlungserfolg bei Patientinnen und Patienten gezeigt [7], [8], [9], [10], [11], [12]. Demzufolge sollte die Vermittlung kommunikativer Fertigkeiten bereits in der Ausbildung der Gesundheitsberufe beginnen. Für die medizinische Ausbildung liegt eine Vielzahl von Empfehlungen vor, in denen definiert wird, welches die Kernkompetenzen für angehende Ärztinnen und Ärzte im Bereich Kommunikation sind [13], [14], [15], [16], [17], [18]. Ein inter- bzw. multiprofessioneller Ansatz zur Vermittlung kommunikativer Kompetenzen in der Ausbildung zu Gesundheitsberufen fehlte allerdings bislang.

Vor diesem Hintergrund hat eine multiprofessionelle europäische Arbeitsgruppe des teaching committee der European Association for Communication in Healthcare (tEACH) einen englischsprachigen Ausbildungsziel-Katalog für ein `Kerncurriculum Kommunikation´ entwickelt, der in allen Gesundheitsberufen und somit inter- und multiprofessionell zur Anwendung kommen kann [19]. Das sogenannte `Health Professions Core Communication Curriculum (HPCCC)´ wurde auf Basis des Basler Consensus Statement entwickelt, das 2008 vom Ausschuss „Kommunikative und soziale Kompetenzen“ der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung mit dem Fokus auf das Medizinstudium publiziert war [16].

Das HPCCC definiert mit 61 Ausbildungszielen kommunikative Kernkompetenzen für alle Gesundheitsberufe. In einem mehrstufigen Konsensusprozess wurde das HPCCC durch 121 Kommunikationsexperten konsentiert. Die Experten waren im Durchschnitt 12,4 Jahre in der Vermittlung kommunikativer Kompetenzen tätig. Sie kamen aus 16 europäischen Ländern und 15 Gesundheitsberufsgruppen wie beispielsweise Medizin, Krankenpflege, Zahnmedizin, Pharmazie, Psychologie, Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Rund 40% waren in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung tätig, knapp 60% in anderen Gesundheitsberufen. Viele lehrten in mehr als einem Gesundheitsberuf (z.B. ärztliche und pflegerische Ausbildung). Die Akzeptanz der Ausbildungsziele lag zwischen 84% und 100% und war damit sehr hoch. Das HPCCC wurde 2013 englischsprachig publiziert [19]. Die Methodik der Entwicklung der Ausbildungsziele, des Konsensusprozesses sowie die Relevanz der Ausbildungsziele werden in der Originalarbeit ausführlich beschrieben.

Das HPCCC kann, basierend auf einem sehr breiten Expertenkonsensus, als Leitfaden für die Curriculumsentwicklung in Gesundheitsberufen und zur Evaluation bereits bestehender Kommunikationscurricula eingesetzt werden. Es ist als flexibles Rahmenwerk konzipiert und lässt sich vollständig oder in Teilen in die Curricula der Gesundheitsberufe implementieren. Die Ausbildungsziele sind so konzipiert, dass sie sich sowohl interprofessionell (Berufsgruppen-übergreifend) als auch multiprofessionell (unterschiedliche Berufsgruppen) vermitteln lassen.

Da das HPCCC bislang nur in einer englischsprachigen Version vorlag, hat sich eine deutsche Arbeitsgruppe der Übersetzung der Ausbildungsziele angenommen, um sie einer breiteren Öffentlichkeit im deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen.


Methode

Die englischsprachige Version des HPCCC wurde von insgesamt sechs Mitgliedern der Arbeitsgruppe bearbeitet. Drei der Autoren (CB, CK und RH) sind Mitglieder des tEACH committees. Die Übersetzung des HPCCC ins Deutsche wurde zunächst durch zwei Ärztinnen (CB, AH) und zwei Medizinstudentinnen (KB, MTS) unabhängig voneinander vorgenommen. Ziel der Übersetzung war, sprachlich sehr nah an der Originalversion zu verbleiben und dennoch eine Adaptation an den deutschen Sprachgebrauch zu erzielen. Die Ergebnisse der ersten Übersetzungen wurden zusammengeführt und eine präfinale Version erstellt. Diese Version wurde zwei weiteren Autoren (CK, RH) zur Prüfung auf inhaltliche Übereinstimmung und Verständlichkeit vorgelegt. Kleinere Korrekturen in Bezug auf sprachliche Verständlichkeit und Adaptation an den deutschen Sprachgebrauch wurden vorgenommen. Genderadaptionen wurden in der Regel vorgenommen, in einigen Fällen aus Gründen der besseren Lesbarkeit jedoch ausgelassen. Falls eine männliche oder eine weibliche Formulierung benutzt wurde, ist damit stets auch das andere Geschlecht gemeint.

In mehreren Abstimmungsprozessen und Überarbeitungen wurde die finale Version erstellt und ein Konsens für die deutschsprachige Übersetzung erzielt. Da zwei der Autoren (CB, RH) an der Entwicklung der Originalversion des HPCCC beteiligt waren und die Intentionen der Ausbildungsziele kannten, wurde auf eine Rückübersetzung ins Englische verzichtet.

Ergänzend zu der deutschsprachigen Übersetzung wurden einzelne Ausbildungsziele beispielhaft mit international erprobten und bewährten didaktischen Methoden sowie mit geeigneten Prüfungsinstrumenten versehen, um konkrete Beispiele für die praktische Umsetzung vorzustellen. Hierzu wurde die Materialiensammlung der tEACH gesichtet. Diese Materialiensammlung umfasst mehr als 100 „teaching tools“ (Lehrbeispiele) und mehr als 30 meist validierte „assessment tools“ (Prüfungsinstrumente). Die Sammlung befindet sich auf der Internetseite des tEACH committees der European Association for Communication in Healthcare [http://www.each.eu]. Die Materialien sind in einer Datenbank einsehbar und liegen überwiegend in englischsprachigen Versionen vor; es finden sich jedoch auch deutschsprachige Beispiele.


Ergebnisse

Die Ausbildungsziele des HPCCC liegen nun in einer deutschen Version vor und können von Curriculumsplanern und Lehrenden in den verschiedenen Gesundheitsberufen im deutschsprachigen Raum inter- und multiprofessionell genutzt werden. Damit wird auch der Nachfrage nach einer deutschsprachigen Version, insbesondere seitens nicht-ärztlicher Berufe, Rechnung getragen.

Ausbildungsziele

Ausbildungsziele werden als Ziele definiert, die Lernende am Ende ihrer Ausbildung oder ihres Studiums erreicht haben sollen. Die 61 Ausbildungsziele des HPCCC sind drei Themengebieten zugeordnet:

A) Kommunikation mit Patienten (n=34 Ziele)
B) Reflexion und Professionalität (n=12 Ziele)
C) Kommunikation in medizinischen Teams (n=15 Ziele)

Die Ausbildungsziele gliedern sich in übergeordnete und spezifische Ziele (siehe Anhang 1 [Anh. 1]).

Die höchste Akzeptanz seitens der internationalen Kommunikationsexperten erhielten die Ausbildungsziele aus dem Themengebiet A mit den Nummern 1, 2, 4, 6, 8, 9, 12, 14,17, 19 und 25. Hier stimmten 100% der Experten zu, dass diese sehr wichtige oder wichtige Ausbildungsziele seien. Für 45 weitere Ausbildungsziele lag der Akzeptanzgrad zwischen 99% und 90%, bei fünf Ausbildungszielen lag die Akzeptanz zwischen 89% und 84%. Die Originalarbeit listet die im Expertenkonsens erhobene Wichtigkeit der Ausbildungsziele auf Basis von Mittelwertberechnungen und Akzeptanz auf, qualitative Analysen geben weitere Einblicke in die Relevanz des HPCCC [19].

Didaktik und Prüfungen

Den Ausbildungszielen des HPCCC wurden geeignete didaktische Methoden zugeordnet. Die Prüfungsinstrumente sind umfassender konzipiert und bilden in der Regel die Prüfung übergeordneter Ausbildungsziele ab. Für curriculare Entwicklungsprozesse werden ausgewählte Ausbildungsziele des HPCCC und deren Umsetzung mit geeigneten didaktischen Methoden und Prüfungsinstrumenten beispielhaft dargestellt (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Die didaktischen Methoden und Prüfungsinstrumente werden hier lediglich in einer Kurzbeschreibung vorgestellt, die ausführlichen Materialien sind in der Datenbank der tEACH hinterlegt.


Diskussion

Der wachsenden Bedeutung entsprechend, die die Vermittlung kommunikativer Fertigkeiten in den Gesundheitsberufen erfährt, wurde der englischsprachige Ausbildungsziel-Katalog für ein „Kerncurriculum Kommunikation in Gesundheitsberufen“ (Health Professions Core Communication Curriculum, HPCCC) entwickelt. 121 internationale Kommunikationsexperten aus einer Vielzahl von Gesundheitsberufen haben diesen Katalog konsentiert [19]. Die hohe Akzeptanz der Ausbildungsziele aus Sicht der Experten ist ein deutlicher Hinweis auf die Relevanz des Instruments. Mit dem HPCCC liegt der weltweit größte Konsensus zu berufsübergreifenden kommunikativen Ausbildungszielen für die Gesundheitsberufe vor.

Aufgrund des auch im internationalen Vergleich sehr breiten Konsensus durch Experten aus verschiedenen Gesundheitsberufen ist das HPCCC offensichtlich für die Entwicklung von Kommunikations-Curricula der einzelnen Gesundheitsberufe geeignet. Demzufolge werden derzeit in verschiedenen europäischen Ländern (z.B. Großbritannien, Deutschland, Polen, Portugal) und Gesundheitsberufen (z. B. Medizin, Krankenpflege, Pharmazie) sowohl die Praktikabilität, als auch die Umsetzung und Implementierung der Ausbildungsziele geprüft. Die ersten, bislang noch nicht publizierten, Evaluationen sind positiv.

Vor diesem Hintergrund und mit der Absicht den Katalog einer breiteren Öffentlichkeit im deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen, wurde das HPCCC ins Deutsche übersetzt. Das HPCCC liegt nun in einer deutschsprachigen Version vor und kann einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung geeigneter Kommunikationscurricula in vielen Gesundheitsberufen im deutschsprachigen Raum leisten. Es kann von den verschiedenen Gesundheitsberufen in der Medizin über die Krankenpflege bis hin zu therapeutischen Berufen wie z.B. Physiotherapie gleichermaßen genutzt und ebenso in der interprofessionellen Ausbildung eingesetzt werden. Insbesondere Gesundheitsberufe, in denen es bislang kaum Initiativen gab, kommunikative Kompetenzen strukturiert in der Ausbildung zu vermitteln, können von diesem Katalog profitieren.

Darüber hinaus ist das HPCCC um geeignete didaktische Methoden und Prüfungsinstrumente erweitert worden. Die Datenbank von tEACH bietet hier eine Vielzahl von international bewährten „tools“ für beide Bereiche an. Mehr als 100 didaktische Beispiele wurden bereits den Ausbildungszielen des HPCCC zu geordnet. Hier finden sich auch zahlreiche Materialien, die auch im interprofessionellen Kontext eingesetzt werden können. Darüber hinaus werden mehr als 30 meist validierte Prüfungsinstrumente vorgehalten. Die Prüfungsinstrumente sind in der Regel umfassender konzipiert und lassen sich in der Regel den übergeordneten Ausbildungszielen des HPCCC zuordnen. Die Materialien liegen überwiegend in englischer Sprache vor, dennoch sind auch einige deutschsprachige Dokumente verfügbar. Alle Dokumente sind öffentlich bzw. im Mitgliederbereich der EACH einsehbar und können heruntergeladen werden. Die Ausbildungsziele des HPCCC in Kombination mit den vielfältigen Lehr- und Prüfungsmaterialien der tEACH geben Curriculumplanern einen großen Spielraum in der Neu- oder Weiterentwicklung von Kommunikations-Curricula.

Die Flexibilität des HPCCC hinsichtlich der inter- und multiprofessionellen Nutzung stellt einen Vorteil in der Anwendung dar. Die Ausbildungsziele eignen sich sowohl für multiprofessionelle, also den einzelnen Gesundheitsberufen zugeordnete, als auch für interprofessionelle, also Berufsgruppen übergreifende, Konzepte. Hier bietet das vorliegende Modell einen zusätzlichen Beitrag zu den Empfehlungen des Positionspapiers des Ausschusses „Interprofessionelle Ausbildung in den Gesundheitsberufen“ der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung [20]. Somit kann die deutsche Übersetzung des HPCCC einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung auch in der interprofessionellen Kommunikationsausbildung in den verschiedenen Gesundheitsberufen im deutschsprachigen Raum leisten.

Die Kommunikations-Ausbildungsziele des HPCCC wurden auf Basis des in der medizinischen Ausbildung weit verbreiteten Basler Consensus Statements [16] und unter Einbeziehung internationaler Consensus Statements [13], [14], [15], [17], [18] sowie 25 weiterer Arbeiten, die im Originalartikel [19] gelistet sind, entwickelt. Das HPCCC wurde im Gegensatz zu den bestehenden Consensus Statements, die auf die medizinische Ausbildung ausgerichtet sind, für die Kommunikations-Ausbildung in allen Gesundheitsberufen konzipiert und folgt daher einem multi- und interprofessionellen Ansatz. Demzufolge wird auch die Diskussion um eine Weiterentwicklung des Medizinstudiums vom HPCCC profitieren können, da interprofessionelle Perspektiven in der Entwicklung und Durchführung von Kommunikationscurricula häufig noch zu kurz kommen.

Die Bedeutung des HPCCC auf die curricularen Entwicklungsprozesse der Gesundheitsberufe im deutschsprachigen Raum ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. In wieweit die Implementierung des deutschsprachigen HPCCC in die Landschaft der Gesundheitsberufe in Teilen oder in seiner Gesamtheit gelingt und für interprofessionelle Konzepte genutzt wird, bleibt abzuwarten und stellt für den deutschsprachigen Raum ein interessantes Vorhaben für die Curriculumplanung und die Lehre dar. Die Autoren begrüßen Rückmeldungen zur Anwendbarkeit und Umsetzung des deutschsprachigen HPCCC und stehen für Rücksprachen gerne zur Verfügung.


Limitationen

Der Katalog „Ausbildungsziele für ein Kerncurriculum Kommunikation in Gesundheitsberufen“ zielt darauf ab, wichtige, alle Gesundheitsberufe betreffende, Aspekte der Kommunikation abzubilden und darüber hinaus die Vermittlung kommunikativer Kernkompetenzen in den verschiedenen Berufsgruppen zu vereinheitlichen. Fachspezifische Kommunikationslernziele werden bewusst nicht aufgezeigt. Dies betrifft vorrangig den Bereich der Behandlungs- und Therapieplanung. Hier sind die verschiedenen Gesundheitsberufe gefordert, eigene Konzepte und Ausbildungsziele zu entwickeln und das vorliegende Kern-Curriculum um ein Mantel-Curriculum mit spezifischen kommunikativen Ausbildungszielen zu ergänzen.

Die Ausbildungsziele wurden von Kommunikationsexperten mit langjähriger Erfahrung in der Vermittlung kommunikativer Kompetenzen entwickelt und konsentiert. Ziel des Projektes war, Ausbildungsziele zu formulieren, die für alle Gesundheitsberufe relevant sind. In diesen Entwicklungsprozess sind Konsensusstatements und Ergebnisse aus der Literatur eingeflossen, die sowohl die Patientenperspektive und den Behandlungserfolg aufgreifen, als auch Perspektiven jener Gesundheitsberufe, die bis dato weniger stark repräsentiert waren als die ärztlichen Berufe.

In den Konsensusprozess waren in der initialen Phase zunächst Fachexperten einbezogen. Die nächsten Schritte zielen darauf ab, die Akzeptanz des HPCCC aus Sicht der verschiedenen Gesundheitsberufe, der Patienten sowie den Lernenden und Lehrenden weiter zu evaluieren.


Implikationen für die Praxis

Das HPCCC wird derzeit multinational in der Ausbildung von verschiedenen Gesundheitsberufen überprüft. Die vorläufigen, bislang noch nicht publizierten, Ergebnisse sind positiv. In besonderem Maße profitieren nicht-ärztliche Gesundheitsberufe von dem Instrument, da für diese Berufsgruppen bis dato kein vergleichbares Konsensusstatement zu Ausbildungszielen im Bereich der kommunikativen Kompetenzen vorlag.

Das Instrument wird bereits in der medizinischen Ausbildung in Deutschland genutzt, insbesondere wird es jedoch in Ländern eingesetzt, in denen es bislang keine nationalen Empfehlungen gibt. Die verschiedenen Gesundheitsberufe nutzen das HPCCC zur Neuentwicklung von Kommunikationscurricula oder zum Curriculum-Mapping, also dem Abgleich bereits implementierter Ausbildungsziele mit den Empfehlungen. Erste interprofessionelle Konzepte werden derzeit entwickelt.

Für die medizinische Ausbildung in Deutschland und im deutschsprachigen Raum liegen bereits Empfehlungen vor. Neben dem Basler Consensus Statement und dem longitudinalen Modell-Curriculum [16], [17] wurden 2015 die Nationalen Kompetenzbasieren Lernzielkataloge Medizin und Zahnmedizin [http://www.nklm.de], [http://www.nklz.de] veröffentlicht. Das HPCCC stellt daher eine Ergänzung zu den bestehenden Modellen dar. Es greift mit seinem inter- und multiprofessionellen Ansatz, kommunikative Ausbildungsziele für alle Gesundheitsberufe zu formulieren, jedoch weiter. Mit insgesamt 61 Ausbildungszielen ist das HPCCC ein für curriculare Entwicklungsprozesse vergleichsweise überschaubares Instrument und kann auch vor diesem Hintergrund die Umsetzungs- und Implementierungsprozesse erleichtern.

Die Datenbank von tEACH [http://www.EACH.eu] mit ihren zahlreichen Beispielen für international bewährte Lehrmethoden und Prüfungsinstrumente kann als wertvolles Hilfsmittel in der Umsetzung der Ausbildungsziele des HPCCC genutzt werden. Von dieser umfangreichen Materialiensammlung können sowohl Curriculumplaner und Lehrende als auch Prüfer profitieren und Anregungen für eigene Lehr- und Prüfungsveranstaltungen erhalten. Die Datenbank wird hinsichtlich ihrer Anwenderfreundlichkeit und der Suchfunktionsmöglichkeiten kontinuierlich erweitert.


Danksagung

Unser Dank gilt insbesondere Katharina Blum und Marie-Therese Suda, die an der Erstellung der ersten Version des deutschsprachigen HPCCC mitgewirkt haben. Darüber hinaus möchten wir uns bei allen internationalen Kommunikationsexperten bedanken, die das englischsprachige HPCCC konsentiert haben. Im Weiteren bedanken wir uns bei allen Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppe tEACH. Durch ihr langjähriges Engagement und ihre intensive Arbeit konnte eine umfangreiche Materialiensammlung zu didaktischen Methoden, Prüfungsformaten und zur Curriculumentwicklung erstellt werden. Die hierdurch entstandene Datenbank stellt eine wertvolle Unterstützung für Lehrende und Curriculumplaner dar.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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