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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Die klinisch-praktische Ausbildung im Wahlstudienjahr in der Schweiz – Aktuelle Überlegungen zu Inhalten und Struktur

Kommentar Humanmedizin

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GMS Z Med Ausbild 2014;31(4):Doc47

doi: 10.3205/zma000939, urn:nbn:de:0183-zma0009397

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2014-31/zma000939.shtml

Eingereicht: 1. Oktober 2014
Überarbeitet: 20. Oktober 2014
Angenommen: 21. Oktober 2014
Veröffentlicht: 17. November 2014

© 2014 Schirlo.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Mit der Arbeit zum Qualitätsmanagement der klinisch-praktischen Ausbildung im Praktischen Jahr des Medizinstudiums und der Erarbeitung eines Kriterienkataloges greifen Raes et al. einen sowohl bezüglich inhaltlicher als auch struktureller Fragestellungen aktuellen und wesentlichen Themenbereich auf [1].

Der folgende Kommentar schildert ergänzend die aktuelle Situation der klinisch-praktischen Ausbildung im sogenannten Wahlstudienjahr in der Schweiz, welches weitgehend dem Praktischen Jahr in Deutschland entspricht.


Kommentar

In der Schweiz findet sich in den humanmedizinischen Studiengängen an den Medizinischen Fakultäten in Bern, Basel, Genf und Zürich sowie an der Fakultät für Biologie und Medizin in Lausanne integriert in das dreijährige Masterstudium des insgesamt sechsjährigen Humanmedizinstudiums das sogenannte Wahlstudienjahr, in welchem der Schwerpunkt auf der klinisch-praktischen Ausbildung der Studierenden liegt.

Grundsätzlich sind die Studiengänge Humanmedizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Pharmazie und Chiropraktik im Eidgenössischen Medizinalberufegesetz auf Bundesebene gesetzlich geregelt [2]. Hier werden bereits im Gesetzestext allgemeine, für alle Studiengänge gültige Lernziele sowie spezifische Lernziele für den Studiengang Humanmedizin definiert. Der Schweizerische Lernzielkatalog Humanmedizin (Swiss Catalogue of Learning Objectives for Undergraduate Medical Training, SCLO) beschreibt ergänzend dazu das Absolvierendenprofil auf der Ebene von Kompetenzen, Lernzielen und Lerninhalten [3]. Die 2. Auflage kommt dabei über die Nennung in der Eidgenössischen Prüfungsverordnung für die Eidgenössische Schlussprüfung und damit auch für die Fakultäten in deutlich verbindlicherer Form zur Anwendung. In der zweiten Jahreshälfte 2014 ist zudem eine eidgenössische Arbeitsgruppe vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und den Fakultäten über die Schweizerische Medizinische Interfakultätskommission (SMIFK) eingesetzt worden, um die 3. Auflage des Lernzielkataloges bis Anfang 2017 zu entwickeln.

Inhaltliche und strukturelle Rahmenbedingungen für das Wahlstudienjahr unterscheiden sich zwischen den fakultären Standorten zum Teil beträchtlich. Bezüglich inhaltlicher Rahmenbedingungen referenzieren weitgehend alle Fakultäten auf Kompetenzen und Lernziele des Lernzielkataloges . Gleichwohl sind beispielsweise die Vorgaben bezüglich der Wahl von klinischen Fachgebieten oder bezüglich des Absolvierens von Anteilen des Wahlstudienjahres in Praxen, Forschungsgruppen oder Institutionen des Gesundheitswesens zwischen den fakultären Standorten verschieden. Bezüglich der strukturellen Rahmenbedingungen sind ebenfalls deutliche Unterschiede zu konstatieren. So variiert beispielsweise je nach Fakultät die Lage des Wahlstudienjahrs (2., 2. – 3. oder 3. Studienjahr des Masterstudiums) oder auch seine Dauer (7 – 10 Monate insgesamt) [4].

Für die Perspektive der Qualitätsentwicklung der Ausbildung im Wahlstudienjahr kann zusammenfassend neben der Differenzierung in inhaltliche und strukturelle Rahmenbedingungen auch von zwei Hauptkategorien gesprochen werden: einerseits die Vorgaben für die individuelle Zusammenstellung des Wahlstudienjahres für die einzelnen Studierenden, andererseits die Basiskriterien für die Spitäler, Kliniken, Praxen und weitere Institutionen, an denen Medizinstudierende ihr Wahlstudienjahr absolvieren.

Die Arbeit von Raes et al. legt vor allem im Hinblick auf die zweitgenannte Kategorie einen umfangreichen Kriterienkatalog vor, welcher sowohl Prozess-, Struktur- und auch Ergebniskriterien einbezieht. Auch aus der Perspektive der Schweiz erscheint ein solcher Ansatz sinnvoll und grundsätzlich umsetzbar. Dies insbesondere auch wegen der hohen nationalen Mobilität der Schweizer Studierenden während des Wahlstudienjahres, welche dazu führt, dass verschiedene Basiskriterien der jeweiligen Heimatfakultät bei gleichen Ausbildungsstellen zur Anwendung kommen müssen. Auch die Vorgaben für die einzelnen Studierenden sollten – angepasst an die in der Schweiz mögliche unterschiedliche Dauer der einzelnen Wahlstudienjahresstellen im gleichen Fachgebiet – grundsätzlich einheitlich strukturiert sein. Hinsichtlich der inhaltlichen Strukturierung und hier vor allem bezogen auf die zu vermittelnden Kompetenzen haben alle Fakultäten für die Wahlstudienjahresstellen ein Portfolio oder ein Logbuch eingeführt. Diese stützen sich in aller Regel auf die Kompetenzen und Rollen, die Lernziele aus dem Bereich der klinischen Fertigkeiten sowie auf das Kapitel „Problems as starting points for training“ aus dem Schweizer Lernzielkatalog ab.

Für die zukünftige Qualitätsentwicklung des Wahlstudienjahres in der Schweiz scheinen vor allem die von allen Standorten gemeinsam weiter zu entwickelnden strukturellen und inhaltlichen Vorgaben für die Lernenden und für die Institutionen im Wahlstudienjahr wesentlich zu sein. Zudem sollte die Implementierung und Nutzung möglichst gleicher Instrumente zur inhaltlichen Strukturierung (Logbuch, Portfolio) und zum formativen und summativen Assessment (beispielsweise workplace-based assessment), idealerweise auch in der ärztlichen Weiterbildung, ein Ziel sein [5]. Nicht zuletzt muss auch auf die wesentliche Bedeutung der studentischen Partizipation im Rahmen eines systematischen Feedbacks zum Wahlstudienjahr und in dessen weiterer Entwicklung hingewiesen werden.


Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
Raes P, Angstwurm M, Berberat P, Kadmon M, Rotgans J, Streitlein-Böhme I, Burckhardt G, Fischer MR. Quality management of clinical-practical instruction for Practical Year medical students in Germany - Proposal for a catalogue of criteria from the German Society of Medical Education. GMS Z Med Ausbild. 2014;31(4):Doc49. DOI: 10.3205/zma000939 Externer Link
2.
Federal Office of Public Health. Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (MedBG), SR 811.11. Bern: Federal Office of Public Health; 2007. Zugänglich unter/available from: http://www.bag.admin.ch/themen/berufe/00993/index.html?lang=de [19. Oktober 2014]. Externer Link
3.
Joint Commission of the Swiss Medical Schools. Swiss Catalogue of Learning Objectives for Undergraduate Medical Training. Under a mandate of the Joint commission of the Swiss Medical Schools. 2nd Edition. Bern: Swiss Medical Schools; 2008. Zugänglich unter/available from: http://sclo.smifk.ch/ [19. Oktober 2014] Externer Link
4.
Dupuis M, Schirlo C. The clinical electives year in undergraduate medical training in Switzerland: an overview. ZEFQ. 2012;106(2):85-91.
5.
Montagne S, Rogausch A, Gemperli A, Berendonk C, Jucker-Kupper P, Beyeler C. The mini-clinical evaluation exercise during medical clerkships: are learning needs and learning goals aligned? Med Educ. 2014;48(10):1008-1019. DOI: 10.1111/medu.12513 Externer Link