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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Lernen am späteren Arbeitsplatz: eine Analyse studentischer Erwartungen an den Stationseinsatz im Fachbereich der Inneren Medizin

Forschungsarbeit Humanmedizin

  • Nadja Köhl-Hackert - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Markus Krautter - Universität Heidelberg, Nierenzentrum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Sven Andreesen - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland
  • Katja Hoffmann - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland
  • Wolfgang Herzog - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland
  • Jana Jünger - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland
  • author Christoph Nikendei - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Heidelberg, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2014;31(4):Doc43

doi: 10.3205/zma000935, urn:nbn:de:0183-zma0009356

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2014-31/zma000935.shtml

Eingereicht: 14. November 2013
Überarbeitet: 15. April 2014
Angenommen: 15. Juli 2014
Veröffentlicht: 17. November 2014

© 2014 Köhl-Hackert et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Hintergrund: Innerhalb der medizinischen Ausbildung angehender Ärzte kommt dem Lernen am späteren Arbeitsplatz als praxisrelevante Vorbereitung auf die spätere ärztliche Tätigkeit eine entscheidende Rolle zu. Doch studentische Stationseinsätze sind aufgrund verdichteter Arbeitsabläufe auf Station und Arbeitsbelastung der betreuenden Stationsärzte problembehaftet. Erstmals werden hier im deutschsprachigen Raum die studentischen Erwartungen und Befürchtungen im Hinblick auf die Stationseinsätze im klinischen Studienabschnitt für den Fachbereich der Inneren Medizin untersucht.

Methodik: 28 Medizinstudierende des 6. Semesters der Medizinischen Fakultät Heidelberg (m=8; w=20; Ø 23,6 Jahre) nahmen 3-5 Tage vor ihrem Stationseinsatz in der Inneren Medizin verteilt auf vier Fokusgruppen an jeweils einer Fokusgruppenanalyse teil. Die Protokolle wurden transkribiert und inhaltsanalytisch auf der Grundlage der Grounded Theory ausgewertet.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 489 relevante Einzelaussagen erfasst: Die Studierenden wünschen sich eine gelungene Integration auf Station, verlässliche und unterstützende ärztliche Betreuer und eine Betreuung in kleinen Gruppen; sie erwarten sich die häufigsten Krankheitsbilder kennenzulernen, die wichtigsten ärztlichen Fertigkeiten zu trainieren, Verantwortung für eigene Patienten zu übernehmen und eine eigene ärztliche Identität zu entwickeln. Die Studierenden befürchten einen zu knappen zeitlichen Rahmen, zu wenig Patientenkontakt und eine mangelhafte ärztliche Betreuung.

Schlussfolgerung: Bei der Entwicklung und Standardisierung effektiver studentischer Stationseinsätze sollte der ärztlichen Betreuung und Supervision durch professionell geschulte und gut vorbereitete ärztliche Dozenten höchste Relevanz zukommen, was einen erheblichen Mehraufwand an personellen und finanziellen Ressourcen bedeutet. Es bedarf strukturell gelungener Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, den Studierenden frühzeitig und longitudinal Verantwortung für die Behandlung von Patienten übertragen zu können. Die Daten legen nahe, dass die Entwicklung und Etablierung von Handlungsrichtlinien für Dozierende verbunden mit klar definierten Lernzielen für den studentischen Einsatz auf Station dringend notwendig sind. Auf der Basis unserer Ergebnisse liefern wir hierzu erste Empfehlungen und Lösungsansätze.

Schlüsselwörter: Lernen am Arbeitsplatz, Medizinische Ausbildung, Klinischer Studienabschnitt, Fokusgruppen, Grounded Theory


Projektförderung

Diese Arbeit wurde durch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg unterstützt (Projektnummer: D 100011720; AZ32-402.17(05)/34)


Einleitung

Dem Lernen am späteren Arbeitsplatz kommt in der medizinischen Ausbildung angehender Ärzte eine entscheidende Bedeutung zu. Während klinischer Stationseinsätze lernen die Studierenden unter Bedingungen, die ihrer späteren beruflichen Tätigkeit weitestgehend entsprechen [28]. Bereits vor dem Praktischen Jahr (PJ) kommen die Studierenden durch den Stationsunterricht in den verschiedenen medizinischen Fachbereichen in direkten Kontakt mit den dort behandelten Patienten und dem Klinikalltag. Auf den Stationen der Universitätskliniken und Akademischen Lehrkrankenhäuser werden die Studierenden in die Stationsteams integriert und gezielt an Professionalität und Kompetenz im Patienten-Management herangeführt [14]. Unter lerntheoretischen Aspekten wird während dieses Ausbildungsabschnittes theoretisches Vorwissen nutzbar gemacht und mit im klinischen Kontext zu erwerbenden Fertigkeiten verknüpft [8], [12].

Klinische Stationseinsätze sind aus den genannten Gründen für die Qualität ärztlicher Ausbildung von höchster Relevanz. Auch im Bereich der Patientensicherheit und Fehlervermeidung wird in der aktuellen Literatur dringend Handlungsbedarf angemahnt [1], was der adäquaten Heranführung angehender Ärzte an ihre spätere praktische Tätigkeit in diesem Zusammenhang ebenfalls einen erheblichen Stellenwert zuweist. Doch der Einsatz im zukünftigen Arbeitskontext ist mit zahlreichen Problemen behaftet. Betrachtet man die nationale und internationale Entwicklung der Gesundheitssysteme, so lassen sich verdichtete und immer komplexere Arbeitsabläufe auf Station, kürzere Patientenliegezeiten und eine damit verbundene höhere individuelle Arbeitsbelastung der ausbildenden Ärzte feststellen. Die Schwierigkeit, Lehre und Klinikalltag zu vereinbaren, hat sich für klinisch tätige Ärzte durch die aktuelle Situation der Gesundheitssysteme noch verschärft [24]. Diese ungünstige Ausgangssituation für die Lehre im klinischen Alltag führt unweigerlich zu Defiziten bei der Supervision von Studierenden und verhindert letztendlich eine angemessene Heranführung an die entscheidenden klinisch-praktischen Kompetenzen [30], [31], [37].

So konnten Schrauth et al. [33] in einer Fokusgruppenanalyse zeigen, dass Studierende im Praktischen Jahr in Deutschland kaum Eigenverantwortung für Diagnostik, Behandlungsplanung und Therapie von Patienten übernehmen durften und zu stark durch Routinearbeiten ausgelastet und belastet wurden. Als Ursache für diese unbefriedigenden Lernbedingungen und den ausbleibenden Lernerfolg nannten die PJ-Studierenden in erster Linie den chronischen Zeitmangel der Stationsärzte. Besonders dramatisch erscheint, dass nach Angaben der PJ-Studierenden der Einsatz auf Station zu Unsicherheit und Angst vor der Aufnahme einer späteren selbständigen Tätigkeit als Stationsarzt führt und die Befürchtung nach sich zieht, dass den PJ-Studierenden als fertig ausgebildeten Ärzten aufgrund der mangelnden praktischen Lernerfahrungen bei der Patientenbehandlung Fehler unterlaufen könnten [33].

Auch internationale Studien zeigen konsistent, dass die Qualität des studentischen Stationseinsatzes stark variiert und dass die praktische Ausbildung am Patientenbett weit weniger strukturiert und standardisiert abläuft als etwa die Theorievermittlung im vorklinischen Studienabschnitt, wo alle Studierenden die gleichen Lernprogramme, Lerninhalte, Lernmaterialien erhalten sowie die gleichen Prüfungen absolvieren [38], [40]. Es zeigt sich auch hier, dass Studierende bei Stationseinsätzen viel Zeit mit Tätigkeiten verbringen, die kaum didaktischen Wert besitzen [5], [10], [30], [37], [40]. Klinische Stationseinsätze lassen sich daher insgesamt als undurchsichtig und unvorhersehbar bezeichnen und es kann beanstandet werden, dass studentisches Lernen in erster Linie über ‘Versuch und Irrtum’ erfolgt und weniger über ein angemessenes und durchdachtes didaktisches Gesamtkonzept [12].

Da es unseres Wissens nach im deutschsprachigen Raum keine Untersuchung gibt, die die Erwartungen und Befürchtungen von Studierenden hinsichtlich klinischer Einsätze vor dem Praktischen Jahr im klinischen Studienabschnitt erfasst, wurde hier eine Fokusgruppenanalyse bei Medizinstudierenden des 6. Studiensemesters durchgeführt. Die Untersuchung fand kurz vor dem klinischen Ausbildungsabschnitt in der Inneren Medizin statt. Wesentliches Ziel war es herauszuarbeiten, ob die Erwartungen und Befürchtungen der Studierenden im klinischen Studienabschnitt mit denen der PJ-Studierenden aus der Studie von Schrauth et al. [33] übereinstimmen. Ist dies der Fall, lassen sich auf der Basis der gewonnen Ergebnisse beider Studien konkrete und praxisrelevante Richtlinien in Form eines Leitfadens für die Gestaltung der praktischen Einsätze auf Station ableiten.


Methodik

Die Fokusgruppenanalyse der studentischen Erwartungen und Befürchtungen bezüglich des Stationseinsatzes wurde mit einer Stichprobe von N=28 Medizinstudierenden (m=8; w=20; Durchschnittsalter 23,6 Jahre) aus insgesamt 168 Medizinstudenten des 6. Semesters (N=168; w=109, m=59; Durchschnittsalter 23,2 Jahre) durchgeführt, die im Sommersemester 2007 im Rahmen von HeiCuMed (Heidelberger Curriculum Medicinale; [36]) das Fach Innere Medizin zu absolvieren hatten. Der Stationseinsatz fand während eines Zeitraumes von 10 Wochen statt, davon fünf Wochen am Universitätsklinikum und fünf Wochen an einem Akademischen Lehrkrankenhaus. Alle Studierenden wurden 14 verschiedenen Patientenstationen der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg sowie Stationen der Akademischen Lehrkrankenhäuser zugeteilt. Die Fokusgruppen fanden 3-5 Tage vor dem Stationseinsatz statt. Die Studierenden meldeten sich nach öffentlicher Bekanntgabe auf freiwilliger Basis als Teilnehmer für die Untersuchung. Als Aufwandsentschädigung erhielten alle Teilnehmer ein medizinisches Lehrbuch. Aus der studentischen Stichprobe (N=28) wurden insgesamt vier Fokusgruppen (N=4) gebildet. Die Anzahl der durchgeführten Fokusgruppen resultierte aus der erreichten inhaltlichen Saturierung in den Diskussionsrunden, d.h. zur Generierung neuer inhaltlicher Aspekte wurde jeweils eine neue Fokusgruppe zusammengestellt bis sich keine nennenswerten neuen Diskussionsergebnisse mehr ergaben [9], [26]. Die Gruppen setzten sich wie in Tabelle 1 [Tab. 1] ersichtlich zusammen.

Curriculärer Rahmen

Während des Einsatzes in der Inneren Medizin besuchen die Studierenden Leitsymptomvorlesungen, interaktive Kleingruppenseminare zu den einzelnen internistischen Teildisziplinen, Unterricht im Problembasierten Lernen [11], Skills-Lab-Trainings [21], [22] sowie Kommunikationstrainings mit standardisierten Patienten (Medi-KIT; [34]). Im Rahmen ihres Stationseinsatzes sollen die Studierenden innerhalb eines Kreditpunktesystems insgesamt 50 Kreditpunkte erreichen: Ein Punkt wird z.B. für die korrekt durchgeführte Technik des Legens einer Venenverweilkanüle vergeben. Pro Woche hat jeder Studierende einen Patienten auf Station aufzunehmen und einem externen ärztlichen Supervisor (an der Medizinischen Fakultät Heidelberg habilitierter Arzt) anhand eines Patientendokumentationsbogen, der an das „SOAP“-Konzept von Dahmer et al. [6] angelehnt ist, vorzustellen. Zusätzlich ist ein schriftlicher Patientenbericht zu verfassen. Am Ende des Semesters haben die Studierenden innerhalb einer Prüfungswoche eine MC-Klausur sowie eine klinisch-praktische Prüfung/OSCE [19] zu absolvieren.

Durchführung der Fokusgruppeninterviews

Ziel der Fokusgruppeninterviews war es, die persönliche Wahrnehmung, Einschätzung und das subjektive Erleben der Studierenden in Hinblick auf den bevorstehenden klinischen Stationseinsatz in der Inneren Medizin in einem möglichst breiten Spektrum zu beleuchten [13], [25]. Die Fokusgruppen dauerten über alle durchgeführten Interviews hinweg durchschnittlich 70 Minuten. In jeder der Fokusgruppen wurden die Diskussionen entlang folgender ‚Question Route’ durchgeführt:

Frage 1: Welche Erwartungen/Wünsche haben Sie an Ihren Stationseinsatz?
Frage 2: Welche Befürchtungen haben Sie bezüglich Ihres Stationseinsatzes?

Die Diskussionsbeiträge wurden auf Tonband aufgezeichnet und im Anschluss transkribiert.

Auswertung der Transkripte

Die wörtlich transkribierten Diskussionen wurden über eine qualitative Inhaltsanalyse mit Hilfe der Software MaxQDA (Version 2007, VERBI GmbH, Berlin) ausgewertet. Das inhaltsanalytische Vorgehen orientierte sich dabei an der Grounded Theory, d.h. es erfolgte eine offene Kodierung der Diskussionsbeiträge mit der Suche nach wiederkehrenden Themenfeldern, um in einem zweiten Schritt die relevanten Kategorien abzuleiten [4]. Die Zuordnung zu den jeweiligen Themenfeldern und Kategorien wurde durch einen Erstkodierer durchgeführt und im Anschluss durch einen weiteren Experten validiert. Da eine Theoriebildung aus der Praxis im Mittelpunkt der vorliegenden Studie steht, wurde eine reine induktive Kategorienentwicklung als inhaltsanalytische Vorgehensweise nach der Grounded Theorie gewählt, um Auswertungsaspekte direkt aus den Transskripten heraus zu entwickeln [4], [9], [26]. Dies hat im Vergleich zur methodischen Vorgehensweise nach Mayring [15], bei der mit dem Ziel einer systematischen, nachvollziehbaren Analyse von Textmaterial induktive und deduktive Kategorien abgeleitet werden, den Vorteil, frei an die Auswertung der Transkripte herangehen zu können ohne im Sinne einer methodischen Absicherung mit vorher definierten, theoretisch begründeten Auswertungsaspekten festgelegt zu sein.


Ergebnisse

Hauptkategorien und Themenfelder

Es wurden innerhalb der strukturierten Fokusgruppendiskussionen insgesamt 489 relevante Einzelaussagen erfasst. Daraus konnten inhaltsanalytisch drei Hauptkategorien abgeleitet werden:

  • A. Wünsche an den Stationseinsatz (siehe Tabelle 2 [Tab. 2])
  • B. Erwartungen an den Erwerb internistischer Kenntnisse, klinisch-praktischer Fertigkeiten und Sozialkompetenzen (siehe Tabelle 3 [Tab. 3])
  • C. Befürchtungen in Bezug auf den Stationseinsatz (siehe Tabelle 4 [Tab. 4])

Innerhalb der drei Hauptkategorien wurden wiederum insgesamt 28 untergeordnete Themenfelder herausgearbeitet, die in den folgenden Abschnitten definiert werden sollen.

Hauptkategorie A: Wünsche an den Stationseinsatz

A.1. Verantwortung übernehmen

Definition: Die Studierenden wünschen sich neben einführender, supervidierender Anleitung selbst Verantwortung auf Station übernehmen zu dürfen. Dadurch würden sie sich als Teil des ärztlichen Teams wahrnehmen, Lernerfolg erwarten und sich in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt sehen.

A.2. Integration auf Station / Kennenlernen der Stationsabläufe / positives Arbeitsklima

Definition: Die Studierenden wünschen sich eine angemessene Integration auf Station (Einführung in das Team bei Stationsantritt, Teilnahme an den Visiten, Unterstützung der Ärzte). Dadurch erhoffen sie sich den Stationsalltag kennen zu lernen und ein gutes Arbeitsverhältnis zum ärztlichen Personal sowie zum Pflegepersonal aufbauen zu können.

A.3. Kompetenz im Patientenmanagement

Definition: Die Studierenden wünschen sich, dass sie durch ihren Stationseinsatz zu einem routinierten Umgang mit Patienten finden und so optimal auf ihre spätere ärztliche Tätigkeit vorbereitet werden.

A.4. Verfügbarkeit eines verlässlichen Ansprechpartners

Definition: Die Studierenden wünschen sich einen betreuenden Arzt als verlässlichen, zugänglichen und fördernden Ansprechpartner, der sie über den gesamten Zeitraum ihres Stationseinsatzes kontinuierlich begleitet.

A.5. Praktische Anleitung / Supervision durch einen Arzt

Definition: Die Studierenden wünschen sich eine umfassende Anleitung und ärztliche Supervision bei den zu erlernenden klinisch-praktischen Fertigkeiten (z.B. Blutabnahme, körperliche Untersuchungen).

A.6. Kleingruppenunterricht beim Stationseinsatz

Definition: Die Studierenden wünschen sich beim Stationseinsatz kleine Gruppengrößen mit zwei bis maximal drei Teilnehmern. Dadurch erhoffen sie sich intensive Betreuungs- und Supervisionszeiten und die Möglichkeit, dass jeder Einzelne Gelegenheit zur Anwendung seiner neu erlernten Fertigkeiten hat.

A.7. Berücksichtigung des theoretischen Vorwissens

Definition: Die Studierenden wünschen sich, dass die ärztlichen Dozenten ihr theoretisches Vorwissen kennen und berücksichtigen, damit es weder zu Wiederholungen noch zu Überforderung durch Expertenwissen kommt.

A.8. Motivierte Dozenten und motivierte Studierende

Definition: Die Studierenden wünschen sich motivierte ärztliche Dozenten, die den Studierenden gerne ihr Wissen vermitteln, und Studierende, die hohe Lernmotivation mitbringen.

A.9. Rücksichtnahme auf Patienten

Definition: Die Studierenden wünschen sich, dass der Unterricht am Patientenbett nur nach ausdrücklicher Einwilligung der Patienten stattfindet. Bei schwer kranken Patienten sollte besondere Rücksicht genommen werden. Die Würde und Intimsphäre der Patienten sollte stets geachtet werden.

A.10. Begleitung eines Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung mit Übernahme von dem Ausbildungsstand entsprechenden ärztlichen Tätigkeiten

Definition: Die Studierenden wünschen sich ihrem Ausbildungsstand entsprechend Verantwortung für einen Patienten von seiner Aufnahme bis zur Entlassung übernehmen zu dürfen. Dadurch erhoffen sie sich die Abläufe der Klinik kennen zu lernen und ihre diagnostischen, therapeutischen und klinisch-praktischen Kompetenzen zu professionalisieren.

A.11. Effektive und flexible Organisation und Koordination des Stationseinsatzes

Definition: Die Studierenden wünschen sich eine gelungene Organisation, Koordination und flexible Einteilung ihres Stationseinsatzes. So würde unnötiger Zeitverlust vermieden und sie wären immer nur dann vor Ort, wenn man sie bräuchte. Die ärztlichen Betreuer sollten grundsätzlich über die studentischen Einsatzzeiten informiert sein.

Hauptkategorie B: Erwartungen an den Erwerb internistischer Kenntnisse, klinisch-praktischer Fertigkeiten und Sozialkompetenzen

B.1. Kenntnis der wichtigsten internistischen Krankheitsbilder

Definition: Die Studierenden erwarten, dass sie auf Station mit den wichtigsten internistischen Krankheitsbildern vertraut gemacht werden, um sich dann in einem nächsten Schritt auch mit selteneren und schwierigeren Krankheiten auseinandersetzen zu können.

B.2. Klinische Befunde interpretieren, Pathologien erkennen und Differentialdiagnosen erstellen

Definition: Die Studierenden erwarten sich, dass sie während ihres Stationseinsatzes lernen, Krankheitssymptome richtig zu interpretieren und einzuordnen sowie Krankheitsbilder und Pathologien zu diagnostizieren und Arbeitshypothesen aufzustellen.

B.3. Aneignung aller elementarer ärztlicher Grundfertigkeiten

Definition: Die Studierenden erwarten, dass sie sich auf Station alle elementaren ärztlichen Grundfertigkeiten strukturiert und schematisch aneignen können: die Patientenvorstellung, das Durchführen von Anamnesen, die klinisch-praktischen Fertigkeiten (z.B. Blutabnahme und Legen eines peripheren Venenverweilkatheters), die körperliche Untersuchung (z.B. Auskultation von Herz und Lunge ) und das diagnostische Vorgehen sowie das Erstellen von Behandlungs-, Medikamentenplan, Laboranordnungen und Entlassungsbriefen.

B.4. Sicherheit im Umgang mit Patienten

Definition: Die Studierenden erwarten, dass sie durch die konkreten und praktischen Erfahrungen während des Stationseinsatzes Unsicherheit auch im Umgang mit schwierigen Patienten abbauen können.

B.5. Selbstsicherheit und ärztliche Identität

Definition: Die Studierenden erwarten, dass sie durch den Stationseinsatz grundsätzlich in ihrer Selbstsicherheit und in ihrer Sicherheit in Bezug auf alle ärztlichen Tätigkeiten gestärkt werden und darüber hinaus allmählich zu einer eigenen ärztlichen Identität finden können.

Hauptkategorie C: Befürchtungen in Bezug auf den Stationseinsatz

C.1. Zu enger Zeitrahmen für den Stationseinsatz

Definition: Die Studierenden befürchten, dass die Zeit für ihren Stationseinsatz zu knapp bemessen sein könnte und sie dadurch nicht ausreichend in die Grundlagen der späteren ärztlichen Tätigkeit eingearbeitet werden könnten.

C.2. Unzureichende ärztliche Supervision

Definition: Die Studierenden befürchten, dass die ärztliche Supervision auf Station zu gering ausfallen könnte und sie daher mit Problemen während ihres Stationseinsatzes allein gelassen werden könnten.

C.3. Mangelhafte Integration auf Station

Definition: Die Studierenden befürchten, dass es zu Defiziten bei ihrer Integration in das Stationsteam und in die Stationsabläufe kommen könnte.

C.4. Fachliche Unter- oder Überforderung

Definition: Die Studierenden befürchten eine fachliche Unter- oder Überforderung während ihres Stationseinsatzes, weil man ihr Vorwissen nicht adäquat berücksichtigen könnte.

C.5. Unsicherheit im Umgang mit den Patienten

Definition: Die Studierenden befürchten, dass es aufgrund ihrer persönlichen Unsicherheit zu Lerndefiziten und Defiziten im Umgang mit Patienten kommen könnte.

C.6. Bloßstellung durch die Ärzte bzw. unfairer und wenig verständnisvoller Umgang

Definition: Die Studierenden befürchten, dass Ärzte sie aufgrund ihrer Unsicherheit bzw. ihrer mangelnden Kompetenzen ungerecht behandeln könnten bzw. vor Patienten bloßstellen könnten.

C.7. Langeweile und Leerlauf

Definition: Die Studierenden befürchten, dass es während ihres Stationseinsatzes zu Langeweile und Leerlauf kommen könnte, nämlich dann, wenn man ihnen nicht genügend sinnvolle Aufgaben überträgt.

C.8. Zu große Unterrichtsgruppen

Definition: Die Studierenden befürchten, dass die Unterrichtsgruppen auf Station zu groß ausfallen könnten und dadurch die individuelle Betreuung und Supervision zu kurz kommen könnten.

C.9. Schlechte Organisation und Koordination des Stationseinsatzes

Definition: Die Studierenden befürchten eine schlechte Organisation und Koordination ihres Stationseinsatzes, so dass die studentische Betreuung und Integration auf Station nicht angemessen gewährleistet sein könnten.

C.10. Fehlende Vorbereitung und innere Bereitschaft in Bezug auf den Stationseinsatz

Definition: Die Studierenden befürchten, dass sie innerlich nicht ausreichend auf die Anforderungen des Stationseinsatzes vorbereitet sein und damit überfordert könnten.

C.11. Unzureichender Patientenkontakt

Definition: Die Studierenden befürchten, dass sie auf Station nicht ausreichend direkten Patientenkontakt haben könnten.

C.12. Mangelnde Rücksichtnahme auf die Patienten

Definition: Die Studierenden befürchten, dass bei Ihrem Stationseinsatz nicht genügend Rücksicht auf die Würde, Intimität und auf den Gesundheitszustand der Patienten genommen werden könnte.


Diskussion

Die vorliegenden Ergebnisse zu den studentischen Erwartungen und Befürchtungen im Hinblick auf den Stationseinsatz im klinischen Studienabschnitt verdeutlichen, dass sich die Studierenden eine gelungene Integration in das Stationsteam und motivierte und verlässliche ärztliche Betreuer wünschen, die ihnen während ihres Stationseinsatzes kontinuierlich zur Verfügung stehen. Die Betreuer sollten das studentische Vorwissen kennen und berücksichtigen und den Studierenden auch im Umgang mit Unsicherheiten unterstützend und verständnisvoll zur Seite stehen. Die Studierenden wünschen sich eine Betreuung in kleinen Gruppen, sie möchten bei ihrem Stationseinsatz die häufigsten Krankheitsbilder kennenlernen, klinisch-praktische Erfahrungen sammeln und alle wichtigsten und grundlegenden ärztlichen Fertigkeiten trainieren. Den Studierenden ist wichtig, Verantwortung für Patienten und für klinische Abläufe zu übernehmen, und sie wünschen sich, darüber hinaus allmählich eine eigene ärztliche Identität entwickeln zu können.

Die Studierenden befürchten einen zu knappen zeitlichen Rahmen ihres Stationseinsatzes verbunden mit zu wenig Patientenkontakten und zu wenig ärztlicher Betreuung und Supervision. Sie befürchten, dass man sie nicht angemessen in das Stationsteam integrieren könnte, dass der Stationseinsatz insgesamt schlecht und unflexibel organisiert sein könnte, dass es zu einer fachlichen Unter- oder Überforderung durch die ärztlichen Betreuer kommen könnte und dass sie insgesamt dem Stationseinsatz gegenüber innerlich unvorbereitet gegenüberstehen.

Die dargestellten Ergebnisse entsprechen weitestgehend den Ergebnissen der Untersuchung von Schrauth et al. [33] mit der Untersuchungsgruppe der Studierenden im letzten Studienabschnitt, dem Praktischen Jahr. Der Zeitpunkt des Stationseinsatzes und der Ausbildungsstand der Studierenden (d.h. die Höhe des Semesters) scheinen daher eher einen geringen Einfluss auf die studentischen Erwartungen und Befürchtungen in Bezug auf die Stationseinsätze zu haben, wenn auch im Klinikalltag der unterschiedliche Ausbildungsstand einen unterschiedlichen Grad der ärztlichen Supervision erfordert und die studentische Patientenbetreuung in einem unterschiedlichen Ausmaß zu verwirklichen ist.

Den Studierenden beider Studienpopulationen liegen insbesondere eine verlässliche und kontinuierliche ärztliche Betreuung und ein positive Beziehung zum ärztlichen Betreuer am Herzen. Die Forschungsliteratur im Bereich der klinischen Ausbildung auf Station zeigt, dass Coaching, Feedback und Supervision die Zufriedenheit der Studierenden mit ihrem Stationseinsatz erhöht [30] und dass die Häufigkeit und Qualität der Supervision durch ärztliche Dozenten einen entscheidenden Einfluss auf den studentischen Lernerfolg und indirekt auf die Häufigkeit der studentischen Kontakte mit Patienten hat [40]. Es wurde bereits dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige ärztliche Anleitung und Supervision meist nicht gegeben sind, da die supervidierenden Stationsärzte aufgrund der verdichteten Arbeitsabläufe und der Arbeitsüberlastung wenig zeitlicher Spielraum zur Verfügung steht und die Stationseinsätze im Allgemeinen wenig strukturiert und standardisiert ablaufen [30], [31], [37]. Die Studierenden erhalten ihr Feedback zudem eher durch Assistenzärzte als durch klinisch sehr erfahrene Fachärzte [29], [37], [40].

Aus den Ergebnissen lassen sich folgende Empfehlungen für die Gestaltung der studentischen Stationseinsätze im klinischen Studienabschnitt im Bereich der Inneren Medizin und für andere konservative Fachbereiche ableiten:

  • Planung und Koordination der Einführung und Integration der Studierenden auf Station (z.B. persönliche Vorstellung aller Mitarbeiter des Stationsteams zu einem definierten und einführenden Termin, regelmäßige Teambesprechungen mit Möglichkeit zu studentischem Feedback)
  • Schulung und Aufklärung der ärztlichen Betreuer über die Bedeutung der Qualität ihrer Supervision für den studentischen Lernerfolg
  • Entwicklung von definierten Lernzielen unter Berücksichtigung des studentischen Vorwissens als Leitlinie für die ärztlichen Betreuer und mit dem Ziel, die Studierenden mit allen relevanten Krankheitsbildern vertraut zu machen und sie in allen wichtigsten klinisch-praktischen Fertigkeiten zu trainieren
  • Am jeweiligen Ausbildungsabschnitt orientierte Übertragung von Verantwortung an die Studierenden für die Behandlung eines ihnen zugewiesenen Patienten
  • Schaffen kleiner studentischer Betreuungsgruppen
  • Einführung eines zeitlich klar strukturierten Rahmens für die kontinuierliche ärztliche Supervision der Studierenden mit dem Ziel, die Arbeitsbelastung der für die Betreuung zuständigen Ärzte über eine gelungene Koordination und über ausreichendes Personal zu verringern

Bei der Entwicklung und Standardisierung effektiver studentischer Stationseinsätze im Rahmen der medizinischen Ausbildung sollte somit der ärztlichen Anleitung und Supervision sowie dem ärztlichen Feedback höchste Relevanz zu kommen, was einen erheblichen Mehraufwand an personellen und finanziellen Ressourcen bedeutet. Aus den vorgenannten Empfehlungen lassen sich folgende notwendige Rahmenbedingungen schlussfolgern: Einerseits braucht es einen zeitlich angemessen strukturierten Rahmen für die ärztliche Betreuung, andererseits sollte das Bewusstsein der supervidierenden Ärzte für die Wichtigkeit der Betreuung entwickelt und die Güte der Betreuung über professionelle Schulungen verbessert werden. Die Entwicklung von Handlungsrichtlinien für Ärzte auf Station auf der Basis solider didaktischer Konzepte, verbunden mit einer fest umrissenen, das studentische Vorwissen berücksichtigenden Lernzieldefinition stünde hier im Vordergrund. Hier gilt es auch die Lernziele für den Erwerb und das Training klinisch-praktischer Fertigkeiten angemessen zu integrieren. Über die zu erreichenden Lernziele hinaus sollten die Studierenden in ihrem ärztlichen Selbstverständnis gestärkt und unterstützt werden, was über die Berücksichtigung lerntheoretischer und lernpsychologischer Prinzipien, wie dem ‚Lernen am Modell’ oder die gezielte Förderung der studentischen Selbstwirksamkeitserwartung zu erreichen ist [3], [24], [35]. Außerdem sind die Einführung einer offenen Fehlerkommunikation und eine Anleitung zum Umgang mit schwierigen Patienten absolut notwendig. Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur aktuell geforderten Verbesserung von Patientensicherheit und zur Entwicklung einer Arbeitskultur, in der junge Ärzte ermutigt werden, über Probleme bei der Patientenbehandlung zu berichten [1]. Mit diesem Ziel wäre es sehr wünschenswert, dass ärztliche Betreuer insgesamt auch in ihren Sozialkompetenzen geschult würden.

Ein weiterer voranzutreibender Bereich für studentische Stationseinsätze ist die Entwicklung der longitudinalen Betreuung von Patienten durch die Studierenden. Hier müssen strukturell Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Verantwortungsübertragung möglich wird und die Studierenden immer weniger mit Tätigkeiten ohne nennenswerten didaktischen Wert ausgelastet werden. Auf diese Weise können die Studierenden kontinuierlich direkt an ihrem späteren Arbeitsplatz lernen, was, wie eingangs erwähnt, entscheidend in der medizinischen Ausbildung ist. Indem frühzeitig und adäquat begleitet Verantwortung an die Studierenden übertragen wird, was mit Erfolgserlebnissen eigenen ärztlichen Handelns verbunden ist, würden Berührungsängste von Studierenden vor Stationseinsätzen erheblich reduziert und die Studierenden würden insgesamt auf die spätere Tätigkeit als Arzt optimal vorbereit werden. Didaktische Konzepte wie die Ausbildungsstationen im Praktischen Jahr [23], [27], [32], [39] können hier eine richtungsweisende Funktion einnehmen.

Vorbereitungskurse für den studentischen Stationseinsatz bzw. parallel zum Stationseinsatz stattfindende klinisch-praktische Schulungsprogramme zur Vorbereitung auf die spätere ärztliche Tätigkeit könnten den regulären studentischen Stationseinsatz sinnvoll ergänzen Schwierigkeiten im Vorfeld abgreifen oder den Stationseinsatz begleiten [20] und personelle Ressourcen schonen. So könnte die Einführung von „shadowing“-Projekten, wie es z.B. von Alford und Currie [2] beschrieben wurde, sinnvoll sein, bei dem Studierende aus jüngeren Semestern erfahrenere Studierende bei deren Stationseinsätzen beobachtend begleiten. Auch Peer-assisted-learning – Programme mit studentischen Tutoren [18], die die Studierenden bei ihrem Stationseinsatz begleiten, können eine konkrete und kostengünstige Umsetzung der oben dargelegten Handlungsleitlinien darstellen. Interventionen durch speziell geschulte externe ärztliche Dozenten haben sich ebenfalls als vielversprechendes Supervisionssystem erwiesen [7], so dass im Klinikalltag stark eingebundene ärztliche Betreuer entlastet werden können. In diesem Zusammenhang könnte auch dem vielfach geäußerten Wunsch der Studierenden nach angemessener Integration in das Stationsteam konstruktiv nachgekommen werden, wenn ärztliches Personal und Pflegepersonal gemeinsam mit den Studierenden an einer Einführungsveranstaltung für den Stationseinsatz teilnehmen.

Unter methodischen Gesichtspunkten sind mehrere Limitationen der Studie zu benennen: Bei der Auswahl der Studierenden, die an den Fokusgruppeninterviews teilgenommen haben, ist zu erwähnen, dass vorrangig weibliche Studierende teilnahmen, was im Rahmen der Freiwilligkeit der Teilnahme an den Interviews möglicherweise zu einem „selection bias“ geführt hat. Der höhere Frauenanteil von 71% in den Fokusgruppen spiegelt allerdings die Geschlechterverteilung im Medizin Studium bei einem Frauenanteil von 57% im Sommersemester 2007 recht realitätsnah wider http://www.uni-heidelberg.de/imperia/md/content/studium/download/studierendenstatistik/ss07.pdf, abgerufen am 06.04.2014]. Des Weiteren orientierte sich die Zuteilung zu den Fokusgruppen hierbei am Prinzip der Gelegenheitsstichprobe (convenience sample), so dass die Fokusgruppen praktikabel und effizient durchführbar waren. Nach Morse und Merkens [16], [17] sind die Merkmale guter „Informanten“ folgendermaßen zu definieren: Die Teilnehmer verfügen über das Wissen, das die Forscher brauchen, über die Fähigkeit zu reflektieren, haben die Zeit, untersucht zu werden und Bereitschaft, an der Untersuchung teilzunehmen. Diese Kriterien wären bei einer verpflichtenden Teilnahme nicht gegeben gewesen. Die Fokusgruppeninterviews wurden nach dem Konzept der theoretischen Sättigung [4], [9], [26] durchgeführt, dies bedeutet, dass so viele Fokusgruppeninterviews durchgeführt wurden, dass auch durch weitere Interviews keine neuen Erkenntnisse mehr erwartet werden konnten. Dies impliziert, dass unabhängig von der Quantität aller Beiträge - auch die der männlichen Teilnehmer - ausreichend aufgezeichnet wurden. Korrekt und erwünscht ist jedoch, dass im Rahmen qualitativer Studien immer die Darstellung eines Ausschnittes subjektiver und somit auch begrenzter Wahrnehmung intendiert ist. Ein weiterer limitierender Aspekt ist die zeitliche Verzögerung, mit der die Fokusgruppenanalyse veröffentlicht wurde, da sich möglicherweise zum aktuellen Zeitpunkt andere Antworten in den Interviews ergeben hätten. An den Rahmenbedingungen bei Stationseinsätzen für Studierende und Dozenten hat sich bislang jedoch wenig geändert.

Die dargestellten Ergebnisse und daraus abgeleiteten Handlungsleitlinien zur Relevanz der Qualität und Kontinuität ärztlicher Supervision und ihrer Rahmenbedingungen, zur Bedeutung definierter Lernziele auf Station, zur Wichtigkeit frühzeitiger Verantwortungsübertragung an die Studierenden und zum Wert angemessener Integration der Studierenden auf Station können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass studentische Stationseinsätze einen bestmöglichen Lernerfolg nach sich ziehen und die spätere ärztliche Tätigkeit optimal vorbereiten. Gleichzeitig kann auf Seiten der ärztlichen Betreuer über klar definierte Lernziele, festgelegte und zeitlich begrenzte Supervisionszeiten verbunden mit einer gelungenen Organisation aller notwendigen Rahmenbedingungen der studentischen Stationseinsätze einer Überlastung entgegen gewirkt werden. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass in diesem Zusammenhang auch das Einbinden externer ärztlicher Dozenten - zum Beispiel auch mit einer „Venia Legendi“ - sinnvoll ist, da dies zusammen mit oben erwähnten studentischen Begleitprojekten vor allem auch eine realitätsnahe Lösung für den erwähnten Mehraufwand an Personal sein kann, den das Umsetzen der Handlungsleitlinien nach sich ziehen würde. Weitere Forschungsbemühungen sollten die differentielle Akzeptanz und Wirksamkeit unterschiedlicher Lehrformate auf Station in den Mittelpunkt rücken.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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