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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Der Einsatz von Facebook in der medizinischen Ausbildung – Ein systematischer Literaturüberblick

Übersichtsartikel Medizin

  • corresponding author Tanja Pander - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Germany
  • corresponding author Severin Pinilla - Klinikum der LMU München, Neurologische Klinik und Poliklinik, München, Germany
  • author Konstantinos Dimitriadis - Klinikum der LMU München, Neurologische Klinik und Poliklinik, München, Germany
  • author Martin R. Fischer - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Germany

GMS Z Med Ausbild 2014;31(3):Doc33

doi: 10.3205/zma000925, urn:nbn:de:0183-zma0009259

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2014-31/zma000925.shtml

Eingereicht: 4. Dezember 2013
Überarbeitet: 26. Mai 2014
Angenommen: 5. Juni 2014
Veröffentlicht: 15. August 2014

© 2014 Pander et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Hintergrund: Die Verbreitung sozialer Medien beeinflusst und verändert die Kommunikationskultur sowie die Lern- und Lehrmöglichkeiten in der medizinischen Ausbildung. Das beliebteste soziale Netzwerk ist Facebook. Seine Eigenschaften bieten ein großes Potenzial für die medizinische Ausbildung, bringen aber auch einige neue Herausforderungen mit sich.

Ziele: Dieser systematische Literaturüberblick zielt darauf ab, herauszufinden, wie Facebook bisher in der medizinischen Ausbildung integriert, eingesetzt und beforscht wurde. Nach einer systematischen Durchsicht der aktuellen Literatur, werden Forschungslücken identifiziert, Verbindungen zu vorherigen Arbeiten gezogen, die bisherigen Ergebnisse systematisch analysiert und Konsequenzen diskutiert.

Methode: Die Autoren durchsuchten sechs online-basierte Literatur-Datenbanken. Sie definierten Einschlusskriterien und überprüften unabhängig voneinander die Suchergebnisse. Die wichtigsten Informationen der Artikel wurden methodisch abstrahiert und kodiert und in den Kategorien Studiendesign, Phase der Studienteilnehmer in der medizinischen Ausbildung und Studieninhalt dargestellt und diskutiert.

Ergebnisse: 16 Artikel erfüllten alle Einschlusskriterien. 45-96% der Mediziner und Medizinstudierenden haben ein Facebook-Profil. Die meisten Studien konzentrierten sich auf Facebook und digitale Professionalität. Unprofessionelles Verhalten und Verstöße gegen den Datenschutz traten in 0,02% bis 16% der Fälle auf. In Hinblick auf den Einsatz als Lehr- und Lernumgebung wird Facebook von Medizinstudierenden gut akzeptiert. Es wird verwendet, um sich für Prüfungen vorzubereiten, Online-Materialien zu teilen, klinische Fälle zu diskutieren, Treffen zu organisieren und Informationen über Famulaturen auszutauschen. Einige Unterrichtsmaterialien für den professionellen Umgang mit Facebook wurden positiv beurteilt. Es scheint allerdings keine Beweise dafür zu geben, dass Medizinstudierende von Facebook als Lernumgebung profitieren und ihr Kompetenzniveau dadurch steigern.

Diskussion: Facebook beeinflusst eine Vielzahl von Aspekten der Gesundheitsberufe, insbesondere in der medizinischen Ausbildung. Trotz einer zunehmenden Zahl von Interventionen, gibt es einen Mangel an überzeugenden Beweisen an der pädagogischen Wirksamkeit von Facebook. Darüber hinaus schlagen die Autoren vor, digitale Professionalität in etablierte und an Wichtigkeit gewinnende Kompetenz-basierte Kataloge für Mediziner zu integrieren.

Schlüsselwörter: Medizinische Ausbildung (MeSH [I02.358.399]), Soziale Medien, Soziale Netzwerke, Facebook


Autoren

Die Autoren Pander T und Pinilla S teilen die Erstautorenschaft.


Hintergrund

Die meisten der heutigen Medizinstudierenden sind Teil der sogenannten Net Generation [1]. Und auch wenn sie nicht Digital Natives [2] sind, so verwenden sie wahrscheinlich digitale Technologien und soziale Medien in irgendeiner Art und Weise [3]. Sie neigen dazu, früher und intensiver mit digitalen Technologien in Kontakt zu kommen und diese häufiger und zunehmend – auch in weniger technisierten Ländern - zu nutzen. Folglich nutzt diese Generation der Studierenden soziale Medien im Grunde für jede Art der Tätigkeit, sei es zur Kommunikation, zur Interaktion oder zum Lernen.

Soziale Medien sind definiert als "eine Gruppe von Internet-basierten Anwendungen, die auf den ideologischen und technologischen Grundlagen des Web 2.0 aufbauen und welche die Erstellung und den Austausch von User-generierten Inhalten ermöglichen" [4]. Soziale Netzwerke wie Facebook, XING und LinkedIn, Blogs, digitale Gemeinschaftsprojekte wie Wikipedia, Podcasts, Video-Hosting-Seiten wie YouTube, virtuelle Spielwelten und Informations-Aggregatoren wie RSS-Feeds, sind einige Beispiele für soziale Medien. Die Nutzer sozialer Medien präsentieren sich selbst, reden, kommentieren, diskutieren, nehmen teil, teilen, netzwerken, erstellen, ändern und bewerten Online-Inhalte [5]. Die Nutzung sozialer Medien als eine persönliche Lernumgebung ist ein weiterer vielversprechender Trend.

Soziale Medien verändern die Kommunikationskultur auch im Bereich der Medizin und in der medizinischen Ausbildung. Eine Befragung unter Studierenden verschiedener Gesundheitsberufe zeigte, dass die Mehrheit der Studierenden digitale soziale Medien als ihre primäre Informationsquelle bevorzugen [6].

Die Beliebtheit sozialer Netzwerke ist in den letzten Jahren nahezu explodiert, wie unter anderem die wachsende Anzahl an Literatur und Forschung auf dem Gebiet der medizinischen Ausbildung zeigt [7]. Gemessen an der Anzahl registrierter Nutzer, ist Facebook das am weitest verbreitest und beliebteste soziale Netzwerk [8]. Es wurde 2004 an der Harvard Universität gegründet und hatte es ursprünglich zum bescheidenen Ziel Studierende der Harvard Universität miteinander in Kontakt zu bringen. Mittlerweile gibt es Facebook in über 70 Sprachen und in 213 Ländern. Über 1,11 Milliarden Menschen weltweit nutzen Facebook aktiv, was fast einem Siebtel der Weltbevölkerung entspricht. Im Juni 2013 verwendeten 699 Millionen Menschen Facebook täglich, eine Steigerung von 27% gegenüber dem Vorjahr [8]. Facebook ermöglicht es seinen Nutzern, ihre Profile individuell in Bezug auf ihren persönlichen und beruflichen Hintergrund, ihre Interessen und ihr Alltagsleben zu erstellen. Mitglieder können ihr eigenes Profil verwalten, genauso wie andere Profile besuchen und kommentieren. Außerdem können sie eingebaute Funktionen wie News-Feeds, Chats, Postfächer, Veranstaltungen und Gruppenforen aktiv und ohne große Mühen nutzen.

Eine Befragung von Studierenden verschiedener Gesundheitsberufe ergab, dass Facebook von 91% der Studierenden im Alter von 18-25 und von 78% der Studierenden im Alter von 26 bis 35 verwendet wird [6]. Pempek et al. beobachteten, dass Studierende etwa 30 Minuten pro Tag auf Facebook aktiv sind [9]. 25,5% der Medizinstudierenden nutzen Facebook für ihre Ausbildung und weitere 50% sagen, sie seien bereit dazu [10]. Im Gegensatz dazu zeigte eine Umfrage unter den Teilnehmern in verschiedenen Weiterbildungskursen, dass lediglich 6% der befragten Personen (Durchschnittsalter > 50 Jahre) soziale Medien für Fortbildungszwecke nutzen [11].

Die Eigenschaften von Facebook bieten potenziell nützliche Anwendungsmöglichkeiten für Unterricht, Zusammenarbeit, Kommunikation, Qualifizierung und Sozialisation von Ärzten und Medizinstudierenden. Hier müssen einige neue Herausforderungen und Risiken beachtet werden. Eine der größten Herausforderungen ist die Integration von zwei gegensätzlich erscheinenden Welten: die Welt der Medizin mit Grundsätzen wie Privatsphäre, Vertraulichkeit, persönliche Interaktionen und andererseits die Welt der sozialen Medien mit Grundsätzen wie Offenheit, Transparenz und Ungezwungenheit [12]. Rechtsfragen im Hinblick auf Datenschutzbestimmungen müssen berücksichtigt werden. Die deutsche Ärztekammer veröffentlichte Empfehlungen für Ärzte und Medizinstudierende für den Umgang mit sozialen Medien [13]. Besondere Empfehlungen sind auch für den Umgang mit Lern- und Prüfungsunterlagen im Kontext der medizinischen Ausbildung notwendig. Eine neue Wirklichkeit für medizinische Berufe hat damit begonnen. Als eine Konsequenz aus dieser Entwicklung legten die American Medical Association (AMA) und viele andere internationale medizinische Einrichtungen Leit- und Richtlinien für den professionellen Einsatz und Umgang mit Facebook und sozialen Medien vor [14].

Lehrende in der medizinischen Ausbildung müssen wissen, wie die professionelle Nutzung von sozialen Medien, insbesondere Facebook, für Gesundheitsberufe zu lehren und zu vermitteln ist. Darüber hinaus müssen sie zeigen und verinnerlichen, wie man soziale Medien effektiv für Bildungszwecke in den verschiedenen Phasen der medizinischen Ausbildung einsetzen kann [15].

Wir führten einen systematischen Literaturüberblick durch, um herauszufinden, wie Facebook, als führendes soziales Netzwerk, mit den verschiedenen Phasen der medizinischen Ausbildung (Medizinstudierende (Ausbildung), Weiterzubildende (Weiterbildung), medizinische Fachkräfte (Fortbildung)) verknüpft ist und inwieweit es bereits in wirksame pädagogische Maßnahmen integriert ist.

Nach unserem Wissen gibt es derzeit drei systematische Überblicksartikel im weiten Feld der sozialen Medien in der medizinischen Ausbildung. Hollinderbäumer et al. [6] konzentrierten sich auf die Integration sozialer Medien und Web 2.0 in der medizinischen Ausbildung und betonten das Potenzial sozialer Medien für selbstgesteuertes Lernen. Cheston et al. [16] überprüften die Verwendung von verschiedenen sozialen Medien in der medizinischen Ausbildung und wiesen auf vielversprechende Anwendungen trotz des Fehlens von Daten zur Wirksamkeit hin. Schließlich untersuchten Cartledge et al. [17] systematisch den Einsatz von sozialen Netzwerken in Gesundheits- und Biowissenschaftlichen Berufen und stellten fest, dass Lernende soziale Medien in Gesundheitsberufen als Lernumgebung akzeptierten. Die Tatsache, dass alle Artikel erst vor kurzem veröffentlicht wurden, zeigt die Brisanz und Aktualität dieses Themas.

Im Hinblick auf die spezifischen Eigenheiten jeder einzelnen Variante sozialer Medien empfehlen wir jedoch die unterschiedlichen Medien einzeln und Kontext-spezifisch zu bewerten. Facebook ist wohl das größte und meist genutzte soziale Netzwerk von Medizinern und Medizinstudierenden und beeinflusst Lehr- und Lernprozesse sowie die medizinische Professionalität und Mentoring-Aktivitäten.

Einer der zentralen Aspekte der bisherigen Überblicksartikel ist die große Präsenz sozialer Medien und das vielfältige Potenzial der Integration von sozialen Medien in allen medizinischen Bildungssystemen. Allerdings existiert ein Bedarf an zusätzlicher Forschung in Bezug auf das Lernen und Lehren und damit einhergehende Veränderungen auf Verhaltensebene sowie in Bezug auf eine genauere Analyse und Bewertung der individuellen Vor- und Nachteile durch Nutzung sozialer Netzwerke [7]. Unserem Wissen nach gibt es keinen Überblicksartikel, der die Literatur ausschließlich und systematisch in Bezug auf die Nutzung von Facebook in der medizinischen Ausbildung untersucht.


Ziele

Das zentrale Ziel dieses Artikels ist es, darzustellen, in welcher Weise Facebook aktuell in der medizinischen Aus, Weiter- und Fortbildung integriert und beforscht wird. Zusätzlich soll analysiert werden welcher Art die vorhandenen Studien sind, die sich mit der Nutzung von Facebook im Rahmen der medizinischen Ausbildung befassen und auf welche Inhalte und Phasen der medizinischen Ausbildung sie sich hauptsächlich konzentrieren.

Es werden ein strukturierter Überblick und eine systematische Überprüfung der aktuellen Literatur und Forschung präsentiert und diskutiert. Darüber hinaus werden Forschungslücken und Verweise zu vorherigen Überblicksartikeln in diesem Bereich identifiziert und Vorschläge für zukünftige Forschungsaktivitäten im Rahmen der professionellen und pädagogischen Nutzung von Facebook in der medizinischen Ausbildung gemacht.


Methode

Um die genannten Ziele zu erreichen, wurde eine systematische Literaturrecherche nach Cook und West [18] durchgeführt. Die methodischen Schritte sind in Abbildung 1 [Abb. 1] zusammengefasst.

Zentrale Fragestellungen

Nach detaillierter Diskussion des Themas mit einem Team aus interdisziplinären Mitarbeitern und Forschern, wurden die wichtigsten Forschungsfragen, wie in den Zielen beschrieben, formuliert.

Der nächste Schritt war es zu beurteilen, ob eine systematische Literaturrecherche eine geeignete Methode zur Beantwortung der Fragen darstellt. Die Autoren diskutierten die Vor- und Nachteile dieser Methode und kamen zu dem Schluss, dass für die Beantwortung der formulierten Fragen eine quantitative systematische Zusammenfassung der aktuellen Literatur und Forschung in diesem Bereich am besten geeignet sei. Besonderes Augenmerk soll hier auf implizite und explizite Schnittpunkte von Facebook mit den medizinischen Ausbildungsphasen (Aus-, Weiter-, Fortbildung) und nicht von sozialen Medien im Allgemeinen gelegt werden. Die verschiedenen Formen der Anwendung und die Stärken und Schwächen der bestehenden Studien sollen hervorgehoben, strukturiert und bewertet werden.

Es wurde ein interdisziplinäres Team von Gutachtern (TP, SP, KD, MF) gebildet, Konsens über wichtige Definitionen und Kodierungs-Kategorien gefunden und ein detailliertes Forschungsprotokoll angefertigt.

Suchstrategie

Zwei Gutachter (TP und SP) führten die Suche in online-basierten Literatur-Datenbanken unabhängig voneinander durch, kategorisierten die Artikel und entwarfen die erste Version des Manuskripts. MF und KD entschieden bei unklaren Fällen und begutachteten die Auswahl jeder einzelnen Suchphase. Alle Autoren stimmten der endgültigen Version des Manuskripts zu.

Sechs online-basierte Literatur-Datenbanken (Medline, ERIC, PsycINFO, PsycArticles, PSYNDEX und EBSCOhost) wurden durchsucht. Die Suche konzentrierte sich auf die Jahre 2004 – die Einführung von Facebook – bis August 2013 (01/2004 -08/2013).

Die wichtigsten Suchbegriffe waren „medical education, undergraduate medical education, graduate medical education, continuing medical education“ in Kombination mit “social media, social network, online social network” und “Facebook”. Der Suchbegriff, welcher in Medline verwendet wurde, war der Folgende:

(("social media"[MeSH Terms] OR ("social"[All Fields] AND "media"[All Fields]) OR "social media"[All Fields] OR "online social media"[All Fields])) AND ("education, medical"[MeSH Terms] OR ("education"[All Fields] AND "medical"[All Fields]) OR "medical education"[All Fields] OR ("medical"[All Fields] AND "education"[All Fields]))) OR (Facebook[All Fields] AND ("education, medical"[MeSH Terms] OR ("education"[All Fields] AND "medical"[All Fields]) OR "medical education"[All Fields] OR ("medical"[All Fields] AND "education"[All Fields])))

Da wir unseren Überblicksartikel ausschließlich auf Facebook, und keine anderen sozialen Medien wie XING, LinkedIn, Twitter, YouTube oder FlickR konzentrieren wollten, wurde unser Suchbegriff in einem weiteren Schritt wie folgt angepasst:

((“Facebook” [All Fields]) AND ("education, medical"[MeSH Terms] OR ("education"[All Fields] AND "medical"[All Fields]) OR "medical education"[All Fields] OR ("medical"[All Fields] AND "education"[All Fields]))

Damit durchsuchten wir fünf weitere Literatur-Datenbanken (ERIC, PsychINFO, PsycArticles, PSYNDEX und EBSCOhost). Drei davon (PsycArticles, PSYNDEX und EBSCOhost) enthielten hierzu keine relevanten Artikel.

Um zusätzliche Studien und mögliche Lücken unserer Suchstrategie zu identifizieren, untersuchten TP und SP manuell die Referenzlisten aller Artikel, die im Volltext enthalten waren. Hier wurden vier zusätzliche Artikel anhand der Einschlusskriterien identifiziert.

Ein- und Ausschlusskriterien

TP, SP, KD und MF definierten und formulierten die folgenden Ein- und Ausschlusskriterien:

  • Die Studien enthalten empirische Elemente und sind keine Statement-Artikel, Gutachten, Checklisten, Briefe oder Bewertungen. (Ein Artikel wurde von diesem Kriterium aufgrund seiner thematischen Relevanz und dem Innovationspotential ausgenommen [19]).
  • Die Studien fokussieren sich ausschließlich auf die medizinische Ausbildung und nicht auf die Ausbildung in den Bereichen Krankenpflege, Pharmazie, Öffentliche Gesundheit, Zahnmedizin oder Tiermedizin.
  • Die Teilnehmer der Studie haben den Status Auszubildende, Weiterzubildende oder medizinische Fachkräfte in der Fortbildung und sind nicht Patienten oder Studierende im Allgemeinen.
  • Die Studien beziehen sich ausschließlich auf Facebook als einziges oder wichtigstes soziales Netzwerk und nicht auf soziale Medien im Allgemeinen.

Der Ein-und Ausschlussprozess bestand aus drei Schritten. Zuerst analysierten zwei Gutachter (TP und SP) unabhängig voneinander den Titel eines jeden Artikels und entschieden, ob ein Artikel aufgrund seines Titels aufgenommen wurde oder nicht. Ein Konsens über die Ergebnisse der beiden unabhängigen Gutachtern wurde getroffen und bei Bedarf ein dritter Gutachter (KD) mit einbezogen. In einem nächsten Schritt analysierten zwei Gutachter (TP und SP) unabhängig voneinander die Zusammenfassungen und Schlüsselwörter der Artikel und wiederholten den oben erwähnten Konsensfindungsprozess. In einem letzten Schritt lasen und bewerteten die Gutachter (TP und SP) den vollständigen Text der einzelnen bisher eingeschlossenen Artikel. In einer abschließenden Runde der Konsensfindung mit allen Autoren wurde das Ein- und Ausschlussverfahren abgeschlossen und die endgültige Anzahl der eingeschlossenen Artikel festgelegt.

Datenabstraktion

Nachdem die eingeschlossenen Studien ausgewählt waren, bestand der nächste Schritt darin, die Schlüsselinformationen der einzelnen Artikel methodisch zu abstrahieren. Zwei Gutachter (TP und SP) entwickelten ein Kodierschema und KD sowie MF validierten es in einem separaten Schritt.

TP und SP analysierten und kodierten unabhängig voneinander alle eingeschlossenen Artikel nach den in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellten Kategorien. Die Kategorie Facebook als Lehr- und Lernumgebung umfasst alle Mittel der Kommunikation von Studierenden und Dozierenden in Facebook, alle Formen der Selbstorganisation in offenen oder geschlossenen Gruppen und die Modalitäten des Lernens in und mit Facebook (Fälle, Informationsaustausch, Beratung, Mentoring, Peer Teaching, etc.).

Die Kategorie Facebook und digitale Professionalität steht für alle Privatsphäre-Einstellungen von Facebook-Profilen, die Freigabe von Bildern, Veröffentlichung von (inadäquaten) Kommentaren über Patienten und den offenen Umgang mit (inadäquaten) Facebook-Gruppen.

Die Kategorie Lehren von Facebook Professionalität steht für alle Lehrmethoden zum Thema digitale Professionalität in Facebook, wie beispielsweise fallbezogene und interdisziplinäre Unterrichtseinheiten und Vorträge über alle Phasen der medizinischen Ausbildung hinweg.

Nach der ersten Kodierung wurde ein Konsens für mehrdeutige Fälle unter allen Autoren getroffen.

Analyse

Zum Abschluss stellten TP und SP die kodierten Artikel in Bezug auf die Studiencharakteristika, die Studienqualität und die wichtigsten Aspekte der einzelnen Facebook-Nutzungskategorie dar. Eine Meta-Analyse wurde aufgrund der Heterogenität der Studien und der fehlenden, einheitlichen abhängigen Variablen nicht durchgeführt. Der jeweilige Schwerpunkt in der medizinischen Ausbildungsforschung in Bezug auf Facebook wurde in Abbildung 2 [Abb. 2] dargestellt. Die Ausnahmen und Grenzen des vorgestellten systematischen Literaturüberblicks wurden diskutiert.


Ergebnisse

Die erste Suche in den vorgestellten Literatur-Datenbanken lieferte 352 Titel, welche zwischen 2004 und August 2013 veröffentlicht wurden (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Nach Begutachtung der Titel und Zusammenfassungen führten wir 49 Volltextanalysen durch, 16 Artikel erfüllten dabei unsere Einschlusskriterien. Diese 16 Artikel wurden in die abschließende Begutachtung aufgenommen und nach den oben beschriebenen Kategorien (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]) kodiert. Wir erstellten einen beschreibenden Überblick auf der Basis der jeweiligen Phase der medizinischen Ausbildung, in der Facebook eingesetzt wurde. Details zu den einzelnen eingeschlossenen Artikeln sind in Tabelle 2 (siehe Anhang [Anh. 1]) angegeben.

Studiencharakteristika

Die wichtigsten Aspekte von Facebook in der medizinischen Ausbildung, wie sie im jeweiligen Studiendesign und den methodischen Ansätzen der eingeschlossenen Artikel dargestellt wurden, sind Aspekte in Bezug auf Facebook und digitale Professionalität (n=10) und Facebook als Lern- und Lehrumgebung (n=5). Nur wenige Studien (n=2) berichteten über konkrete pädagogische Maßnahmen, um den professionellen Umgang mit Facebook zu unterrichten und keine der eingeschlossenen Studien evaluierte verschiedene pädagogische oder didaktische Konzepte mit Facebook in einem kontrollierten Studiendesign. Die Mehrzahl der Studien wurden in den USA durchgeführt (n=9), gefolgt von einigen Studien in Europa (n=4) und jeweils eine Studie in Australien, Neuseeland und Nepal.

Fast alle Studien konnten ausschließlich einer der drei entwickelten Kategorien zugeordnet werden [20]. Mit Ausnahme von zwei Studien, welche jeweils in zwei Kategorien eingeordnet wurden (siehe Anhang [Anh. 1]).

Die eingeschlossenen Studien decken die gesamte Spanne der medizinischen Ausbildung ab (unterteilt in die drei Phasen: Aus-, Weiter- und Fortbildung). Einige Studien (n=4) kombinieren zwei oder alle Phasen der medizinischen Ausbildung (siehe Anhang [Anh. 1]). Der vorherrschende Einsatz von Facebook während des Medizinstudiums, bezog sich auf Facebook als virtuelle Lern- und Lehrumgebung (n = 4), während der Schwerpunkt der Studien in der medizinischen Weiterbildung auf digitaler Professionalität lag (n=8). Eine Studie untersuchte die Einstellung von Medizinern in der Weiterbildung zu Facebook als theoretische Lern- und Lehrumgebung [11].

Qualität der Studien

Die Anzahl der Studienteilnehmer der eingeschlossenen Artikel reichte von 25 bis 1023 (1297 Studierende der Medizin, 1621 Weiterbildungsassistenten, 327 Mediziner während der Fortbildung und 1483 Teilnehmer aus gemischtem Settings, insgesamt 4728) auf vier Kontinenten und in sieben Ländern. In Bezug auf das Studiendesign verwendete die überwiegende Mehrheit der Studien Beobachtungs- und monomethodische Designs (n=15), welche die Wahrnehmungen und Einstellungen der Studienteilnehmer beurteilten, basierend auf Likert-skalierten Selbstberichten (n=4), quantitativen Analysen von Facebook-Profilen und Eigenschaften (n = 9) oder qualitativen Methoden (n=2). Eine Studie berichtete von einem innovativen Ansatz zur Nutzung von Facebook für Stress-Management, präsentierte aber keine weitere Evaluation [19]. Nur eine Studie verwendete ein multimethodisches Design, um die Nutzung von Facebook durch Studierende der Medizin vor Abschluss für selbstorganisierte Lernzwecke zu evaluieren [10]. Zwei Studien nutzten qualitative Methoden, um die Wahrnehmung virtueller Identität zu untersuchen [21] und Facebook als Lern- und Lehrumgebung zu bewerten [22].

Keine der Studien verwendete ein Prätest-Posttest-Design oder ein kontrolliertes randomisiertes Design, um die Wirkung der Interventionen durch Facebook im Vergleich zu anderen sozialen Medien oder traditionellen Methoden zu beurteilen. Zwei Studien berichteten über den Prozess der Entwicklung von Lehrmaterialien für den Unterricht von Facebook Professionalität [20], [30], aber keine davon wertete die pädagogische Effektivität und Wirksamkeit dieser Materialien aus. Keine der Studien befasste sich mit einem Anstieg des Kompetenzniveaus (Kirkpatrick Stufen 2-4) nach einer Intervention in der Kategorie digitale Professionalität [23].

Zusammenfassung

Facebook ist weit verbreitet unter Medizinern in allen Phasen der medizinischen Ausbildung und wohl auch das vorherrschende soziale Netzwerk, welches in der medizinischen Ausbildung eingesetzt wird. Unser Überblick zeigt, dass Facebook, als Element sowohl des expliziten als auch des impliziten Lehrplans („Hidden Curriculum“) der medizinischen Ausbildung vor allem in Bezug auf Professionalität (62%) und in geringerem Ausmaß in Bezug auf die Verwendung von Facebook als Lern- und Lehrumgebung (31%) untersucht wurde. Zwei Studien berichteten über pädagogische Maßnahmen, um den professionellen Umgang mit Facebook zu lehren und keine Studie untersuchte die Effektivität der Nutzung von Facebook im Vergleich zu anderen Lehr- und Lernumgebungen oder im Vergleich zu unterschiedlichen sozialen Medien.

Facebook als Lern- und Lehrumgebung

Facebook wurde besonders gut als Lern- und Lehrumgebung von Medizinstudierenden und Weiterzubildenden akzeptiert [24]. Studierende nutzten geschlossene Facebook-Gruppen, um sich für die Prüfungen vorzubereiten, Online-Materialien zu teilen, klinische Fälle zu diskutieren, Treffen zu organisieren und Informationen über Famulaturen auszutauschen.

Eine Studie berichtete über den erfolgreichen Einsatz einer Facebook-Gruppe, um Studierende vor allem in Stress-Situationen im ersten Jahr ihres Medizinstudiums zu unterstützen [19]. Diese Studie lieferte allerdings keine psychometrische Auswertung der Intervention.

Im Moment scheint es keine zwingenden Beweise dafür zu geben, dass Studierende von Facebook als Lernumgebung für selbstreguliertes Lernen profitieren. Die erfolgreiche Nutzung von Facebook-Lerngruppen scheint von bereits bestehenden sozialen Beziehungen und der akademischen Führung, entweder durch engagierte Studierende oder die Leitung der Fakultät, abhängig zu sein [10]. Die gleiche Studie berichtete jedoch, dass Medizinstudierende die formale Beteiligung der Fakultät im informellen Kontext von Facebook eher ablehnen. In Bezug auf ein Kurs- und Seminar-Angebot über Facebook durch die Fakultät berichtete eine Studie, dass 30% der befragten Studierenden dies annehmen und an einem formalen Facebook-Kurs teilnehmen würden [25].

Obwohl alle eingeschlossenen Studien Facebook als Hauptquelle sozialer Medien verwendeten oder auswerteten, bezogen einige Studien auch explizit oder implizit andere sozialen Medien wie YouTube oder Twitter mit ein [24].

Der hier vorgestellten Ergebnisse stützten sich auf Daten aus Umfragen und qualitativen Studien. Keine Studie verwendete quantitative Methoden, um Facebook-basierte Lehr- und Lernmaßnahmen mit Prüfungsnoten oder klinischer Kompetenz zu korrelieren.

Facebook und digitale Professionalität

Basierend auf unserem Überblick haben 45-96% der in Gesundheitsberufen in jeder Phase der medizinischen Ausbildung Tätigen ein Facebook-Profil, welches öffentlich identifiziert werden kann (siehe Anhang [Anh. 1]). Die Ergebnisse einer Studie [26] zeigten, dass die Zahl der Facebook-Profile unter Auszubildenden in der Medizin über die Zeit zunimmt.

Im Hinblick auf unprofessionelles Verhalten und Verletzungen der Privatsphäre reichten die berichteten Ergebnisse von 0,02% bis 16% (siehe Anhang [Anh. 1]). Die Verletzungen der Privatsphäre und Professionalität umfassten spezielle Typen von Statusberichten, das Hochladen von unprofessionellen Profilbildern oder Alben mit identifizierbaren Patienten aber auch fragwürdige Selbstdarstellungen und die Mitgliedschaft in Facebook-Gruppen mit offensichtlich diskriminierenden Konnotationen [27].

Allerdings zeigte sich, dass es kein standardisiertes Instrument zur Beurteilung der Professionalität von Facebook-Profilen gibt. Eine Studie beschrieb die Entwicklung einer Professionalitäts-Punkteskala, basierend auf ACGME Empfehlungen [28], ohne weitere Details zur Validität, Reliabilität und Generalisierbarkeit des Instruments zu geben. Eine weitere Studie entwickelte Richtlinien für die Nutzung von Facebook für Individuen und Institutionen unter Berücksichtigung der individuellen Freiheit, der medizinischen Professionalität und der Außenwirkung der Institution [29]. Mehrere Studien zeigten, dass Facebook-Profile in der Personalpolitik zur Beurteilung von Bewerbern herangezogen werden [24]. In einigen Fällen spielten Facebook-Profile eine Rolle in der Arzt-Patienten-Beziehung [24].

Probleme mit digitaler Professionalität scheinen vor allem im Rahmen internationaler medizinischer Austauschprogramme von Studierenden und Absolventen der Medizin von Bedeutung zu sein [26]. In Bezug auf die Datenschutzeinstellungen bei Facebook, prüften Studierende - im Vergleich zu Weiterzubildenden - diese weniger aktiv und passten ihre Privatsphäre-Einstellungen weniger häufig an, um persönlichen Informationen zu schützen [24].

Keine der Studien verglich digitale Professionalität Bildungssystem- und Kulturübergreifend.

Lehren von Facebook Professionalität

In zwei Studien wurde über die Gestaltung pädagogischer Maßnahmen zum Lehren von Facebook Professionalität berichtet [30]. Eine Studie stellte zwei Fallvignetten vor, welche psychiatrische Fälle nutzten, um über digitale Professionalität zu diskutieren und Probleme der digitalen Professionalität zu reflektieren. Die Fallvignetten wurden auf der Basis einer Literaturrecherche und Expertenbefragung entwickelt [20]. Allerdings wurde keine empirische Überprüfung der Fallvignetten vorgenommen, so dass keine abschließende Aussage über ihre Wirksamkeit in der klinischen Lehre an dieser Stelle vorgenommen werden kann. Die zweite Studie präsentierte und bewertete eine einzelne Trainingseinheit für digitale Professionalität für die Mitarbeiter einer radiologischen Abteilung, welche in einer Serie von sechs Trainingseinheiten zur allgemeinen Förderung von Professionalität eingebettet war [30]. Die Trainingseinheit beinhaltete sowohl Informationsmaterialien über allgemeines unprofessionelles Online-Verhalten als auch hypothetische radiologische Fälle, welche in Kleingruppen diskutiert wurden. Basierend auf einer Vorher-Nachher-Umfrage begründeten die Autoren die Notwendigkeit der Trainingseinheit, was sich ebenfalls in der allgemeinen Zufriedenheit der Teilnehmer widerspiegelte (77% fanden das Format geeignet). Die Studie beinhaltete keine Analyse über das tatsächliche gezeigte Verhalten der Teilnehmer im digitalen Umfeld.


Diskussion

Es gibt einige systematische Überblicksartikel, welche sich mit sozialen Medien und sozialen Netzwerken in der medizinischen Ausbildung im Allgemeinen befassen [24]. Uns ist jedoch kein systematischer Literaturüberblick bekannt, der die spezifische Nutzung von Facebook als wichtigstes soziales Netzwerk, in der medizinischen Ausbildung zusammenfasst.

Ein Überblicksartikel gab einen generellen Überblick über die verschiedenen Arten sozialer Medien im Studium der Medizin und wie diese in Lern- und Lehrprozesse integriert wurden [7]. Soziale Netzwerke schienen hierbei das vielversprechendste Werkzeug zu sein und weitere eingehende Analyse wurde empfohlen. Ein weiterer Überblicksartikel analysierte den Einsatz von sozialen Medien im Allgemeinen in der medizinischen Aus-, Weiter- und Fortbildung [16]. Laut den Autoren ist es an dieser Stelle nicht möglich, die Effekte sozialer Medien auf das Lernen in der medizinischen Ausbildung zuverlässig zu beurteilen. Ein dritter Überblicksartikel beurteilte die allgemeine Verwendung von sozialen Medien in verschiedenen Gesundheitswissenschaften und folgerte, dass bisher keine haltbaren Beweise über die Auswirkungen auf das Lernen vorhanden seien. Interessanterweise fanden die Autoren keine Probleme in Bezug auf das Thema Professionalität [17].

Facebook unterscheidet sich von anderen sozialen Medien indem es eine Vielzahl von verschiedenen Interaktionswerkzeugen, wie Kommunikations-Funktionen (z.B. Pinnwände, Gruppen), Datenaustausch-Funktionen (z. B. Uploads von Videos, Fotos und Dokumenten) und Informations-Funktionen (z.B. News, Feeds) anbietet. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich andere soziale Medien in erster Linie auf ein einzelnes Element wie kurze Nachrichten (Twitter), Videos (YouTube) oder Bilder (Pinterest).

Facebook unterscheidet sich von anderen sozialen Netzwerken - wie XING und LinkedIn - vor allem durch die Anzahl der aktiven Nutzer und dem Fokus auf persönlichen Aktivitäten im Vergleich zu beruflichen Aktivitäten. Facebook als überwiegend persönliches soziales Netzwerk kann jedoch trotzdem eine breite Palette an Bereichen der medizinischen Ausbildung beeinflussen. Dazu gehören digitale Lehr- und Lernumgebungen mit und ohne Beteiligung der Universität, digitale Professionalität sowie pädagogische Maßnahmen um digitale Professionalität zu lehren. Jeder Aspekt der sozialen Interaktion, der für einen Arzt oder Medizinstudierenden relevant ist, ist in der virtuellen Welt von Facebook vertreten. Die Notwendigkeit, Richtlinien für den professionellen Umgang mit Facebook einzuführen ist erkannt [14] und wurde im Rahmen dieser Überblicksarbeit bestätigt. Dies sollte auf alle sozialen Medien übertragen werden. Fallbasiertes Lehren digitaler Professionalität scheint, in Hinblick auf die selbst berichtete Handlungsweise der Lernenden, machbar zu sein.

Obwohl Facebook von einem großen Teil der Mediziner in allen Phasen der medizinischen Ausbildung gut angenommen wird, gibt es keine endgültigen Erkenntnisse über die Auswirkungen der Nutzung von Facebook als persönliche Lern- und Lehrumgebung im Hinblick auf höhere klinische Kompetenzniveaus und auf Patientenebene.

Folgen für die Praxis und zukünftige Forschung

Für Lehrende und Forschende in diesem Bereich legt dieser Überblicksartikel einen Grundstein zur Orientierung, um verschiedene Aspekte von Facebook in der medizinischen Ausbildung und den aktuellen Stand der Forschung in Bezug auf die drei identifizierten Hauptbereiche von Facebook-basierten Interventionen abzubilden: digitale Professionalität, Lehre digitaler Professionalität und Facebook als Lern- und Lehrumgebung.

Es wurde begonnen, das Terrain der potenziellen Nutzung von Facebook abzubilden und in einigen Fällen wurde bereits evaluiert, wie soziale Medien von den Lernenden in allen Phasen der medizinischen Ausbildung angenommen werden. Aktuell gibt es keine endgültigen Beweise, in welchem Maß Facebook zu individuellen Lernerfolg, gemessen an Prüfungsergebnissen und besseren klinischen Leistungen oder Behandlungserfolgen, beiträgt. Kontrollierte Studien sind notwendig, um ein klareres Bild vom pädagogischen Nutzen von Facebook und sozialen Medien im Allgemeinen zu erhalten.

Mit Hinblick auf nationale Kompetenz-basierte Kataloge für Mediziner und Medizinstudierende, ist es wichtig, digitale Kompetenz für medizinische Fachkräfte auf allen Ebenen ihrer Ausbildung miteinzubeziehen. Dies könnte vor allem für neu entwickelte Kompetenzkataloge [31] und für einige bereits etablierte Kompetenzkataloge, welche diese Kompetenz noch nicht aufgegriffen haben [32], [33], relevant sein. Weiterhin ist es wichtig, angemessene Bewertungsinstrumente sowie wirksame Lehrmaßnahmen für medizinische Dozenten, Fakultäts- und Klinikvorsitzende in Bezug auf den Einsatz von Facebook und sozialen Medien im Allgemeinen zu definieren. Obwohl einige Studien über pädagogische Ansätze und Maßnahmen zum Umgang mit Facebook und zu digitaler Professionalität berichteten, fanden wir keine Studie, welche unterschiedliche pädagogische Rahmenbedingungen vorstellte oder evaluierte, wie Facebook am effektivsten – für Lehrende und Lernende - zu verwenden ist [10].

Als Vorreiter auf diesem Gebiet haben bereits fast alle amerikanischen medizinischen Fakultäten offizielle Facebook-Profile. Die deutschen medizinischen Fakultäten im Gegensatz dazu haben noch nicht damit begonnen professionelle Facebook-Profile zu Repräsentations- oder Marketingzwecken zu nutzen. Dies ergab eine Facebook-Suche der Autoren nach den 36 deutschen medizinischen Fakultäten. Wenn von Medizinern und Medizinstudierenden erwartet wird, dass sie Verantwortung für ihr digitales Selbst übernehmen, sollten medizinische Fakultäten mit entsprechendem Beispiel voran gehen. Wir schlagen vor, dass sich medizinische Fakultäten aktiv und explizit sowohl mit den Möglichkeiten des Lehrens und Lernens als auch mit den Herausforderungen in Bezug auf digitale Professionalität in diesem Bereich auseinandersetzen. Angesichts der Globalisierung der medizinischen Ausbildung ist es dringend notwendig, angemessene Strategien für die Nutzung von Facebook und anderen sozialen Medien zu definieren – über die Grenzen einzelner medizinischer Bildungssysteme hinaus [26].

Bisher wurde im Rahmen der medizinischen Ausbildung Facebook als Lern- und Lehrumgebung nur in sehr beschränkter Weise beachtet und bewertet. Einige erste Studien implizieren jedoch, dass Facebook eine attraktive und effektive Lehr- und Lernumgebung sein kann, wenn es in durchdachter und strukturierter Weise eingesetzt wird [10]. Darüber hinaus bietet die Lehre digitaler Professionalität eine attraktive Möglichkeit für die Gestaltung interdisziplinärer und interprofessioneller Bildungs-Maßnahmen.

Andere Bereiche, in denen Facebook bisher keine wissenschaftliche Beachtung gefunden hat, umfassen beispielsweise die Rolle von Facebook für die Organisation extracurricularer Aktivitäten von Medizinstudierenden im Rahmen internationaler Famulaturen, öffentlicher Gesundheitsprojekte oder Peer-Mentoring-Aktivitäten. Diese Aktivitäten sind nicht notwendigerweise Teil des expliziten Lehrplans, spielen aber auf dem Weg zum erfolgreichen und professionellen Mediziner eine entsprechende Rolle.

Einschränkungen

Dieser systematische Literaturüberblick hat einige Einschränkungen. Aufgrund der schnellen Entwicklung in diesem Bereich, kann es einige relevante Artikel geben, welche vor kurzem veröffentlicht wurden, aber nicht Teil unserer Übersichtsarbeit sind. Zusätzlich sind alle analysierten Studien heterogen, was es schwierig macht, die Daten, Ergebnisse und Auswirkungen zusammenzufassen. Eine Meta-Analyse oder ein Untergruppen-Vergleich war daher nicht möglich. Die meisten eingeschlossenen Artikel waren deskriptiv, boten ausschließlich quantitative Daten und keine Daten dazu auf welche Art und Weise Medizinstudierende Facebook benutzen und wie sich beispielsweise ihr tatsächlich gezeigtes Verhalten dadurch verändert. Hier sind weitere entsprechende Forschungsprojekte und Studien notwendig.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
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