gms | German Medical Science

GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Interaktive E-Learning-Module in der Humangenetik: Einsatz und Evaluation im Rahmen der Medizinstudierenden- und Humanbiologen-Ausbildung

Projekt Humanmedizin

  • corresponding author Frank Oeffner - Philipps-Universität Marburg, Zentrum für Humangenetik, Marburg, Deutschland
  • author Christine Schäfer - Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Medizin, Dekanat, Marburg, Deutschland
  • author Barbara Fritz - Philipps-Universität Marburg, Zentrum für Humangenetik, Marburg, Deutschland
  • author Aurelia Lara Fuchs - Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Abteilung BIOQUANT, Heidelberg, Deutschland
  • author Alexander Rauschendorf - Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • author Rainer König - Johann Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt, Institut für Humangenetik, Frankfurt/Main, Deutschland
  • author Jürgen Kunz - Institut für Medizinische Molekulardiagnostik GmbH, Berlin, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2011;28(3):Doc38

doi: 10.3205/zma000750, urn:nbn:de:0183-zma0007508

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2011-28/zma000750.shtml

Eingereicht: 8. September 2009
Überarbeitet: 21. Januar 2011
Angenommen: 4. April 2011
Veröffentlicht: 8. August 2011

© 2011 Oeffner et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Einleitung: Die vorliegende Studie beschreibt unser Online-Lehrmaterial Humangenetik im Zusammenhang mit dem k-MED-Projekt (Knowledge in Medical Education) an der Philipps-Universität Marburg. Es besteht aus fünf E-Learning-Modulen: Zytogenetik, Chromosomenstörungen, Formalgenetik, Grundlagen der molekularen Diagnostik sowie Kongenitale Abnormitäten und Fehlbildungssyndrome. Diese E-Module sollen ein einheitliches Wissensniveau der Studierenden gewährleisten und die Dozenten in der Präsenzlehre entlasten.

Methoden: Die fünf E-Learning-Module Humangenetik wurden auf freiwilliger Basis einer großen Personengruppe von ca. 3300 Studierenden am Fachbereich Humanmedizin der Universität Marburg über eine Dauer von vier Jahren angeboten. Die Teilnehmer bestanden aus Naturwissenschaftlern (Humanbiologie) im 5. Fachsemester und Studierenden der Humanmedizin, die sich entweder in der Vorklinik (1. Semester) oder im klinischen Studienabschnitt (7./8. Semester) befanden. Von diesen wurden Daten zur Akzeptanz in Form von Usertrackingdaten und klausur-begleitenden Fragebögen erhoben.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Evaluation zeigte eine breite Akzeptanz unserer Lehrmodule über einen Zeitraum von acht Semestern. Obwohl das Angebot freiwillig ist, werden die Online-Kurse Humangenetik konstant oder sogar in zunehmendem Maße zwischen Wintersemester 2005/06 und Sommersemester 2009 genutzt.

Fazit: Unser E-Learning-Modell Humangenetik wird von Studierenden aus unterschiedlichen Semestern und Studiengängen am Fachbereich Humanmedizin gut angenommen und genutzt. Bei sorgfältiger Pflege der Online-Kurse steigern moderate Anpassungen sowohl Akzeptanz als auch Benutzungshäufigkeit in signifikanter Weise. Die Anwendung der E-Learning Module erscheint uns auch in der Ausbildung von MTAs oder Pflegekräften sinnvoll, um ein ausreichendes Grundwissen in Humangenetik zu gewährleisten.

Schlüsselwörter: Humangenetik, Evaluation, Multimedia, E-Learning


Einleitung

k-MED (Knowledge in Medical Education) ist eine öffentlich geförderte und unabhängige Internet-Lernplattform für biomedizinische Studiengänge. Zusammen mit seinen Vorgängerprojekten wurde k-MED von 1999 bis zum Projektende 2009 vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert. Zwischen Januar 2001 und April 2004 wurde es darüber hinaus vom BMBF im Rahmen des Förderprogramms „Neue Medien in der Bildung“ unterstützt. Mittlerweile ist k-MED an den beiden hessischen medizinischen Fachbereichen der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg als eine Einrichtung der Studiendekanate etabliert und hat sich von einem fachbezogenen Projekt zu einem e-Learning-Dienstleister mit vielseitigen Lehr-Lernangeboten gewandelt [1]. Die k-MED Lernplattform basiert auf dem Open Source Learning Management System ILIAS (Integriertes Lern-, Informations- und Arbeitskooperations-System, http://www.ilias.de/docu/) und unterstützt sowohl multimediale Lernkurse als auch Online-Lehrevaluation, veranstaltungsbegleitende Diskussionsforen und Online-Klausuren [2]. ILIAS wurde 1997/98 im Rahmen des VIRTUS-Projekts an der Universität zu Köln entwickelt. Ziel von VIRTUS waren Ergänzung und Verbesserung der Präsenzlehre durch Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. Verwendung findet ILIAS zunehmend nicht nur an Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen im In- und Ausland sondern auch in Unternehmen und Verwaltungsorganisationen wie z. B. der Bundesagentur für Arbeit. Gegenwärtig (2010) werden über 200 verschiedene k-MED Lernkurse oder e-Learning-Module angeboten, die von mittlerweile 15.000 Nutzern mit Zugangslogin genutzt werden. Darunter befinden sich 5000 der Universität Marburg. An der medizinischen Fakultät der Universität Marburg werden diese virtuellen Lehrveranstaltungen meist begleitend zur curricularen Präsenzlehre genutzt – an der Universität Gießen in einem rasch steigenden Umfang.

Die ärztliche Approbationsordnung von 2002 wertet das Fach Humangenetik auf und stellt so das beteiligte Lehrpersonal vor neue Herausforderungen. Durch die Aufnahme einer Vorlesung und eines Seminars über klinische Humangenetik in den curricularen Lehrplan stieg die Lehrbelastung bei gleichzeitig stagnierenden oder sogar sinkenden Personalbestand. Die fünf E-Learning-Module Humangenetik können und sollen die Präsenzlehre nicht vollständig ersetzen, sondern zum einen die Dozenten durch das Onlineangebot von jederzeit abrufbaren Lerninhalten entlasten und andererseits Wissensdefizite in Grundlagen der Humangenetik bei den Studierenden ausgleichen. Diese Vorgehensweise wird durch eine Studie über die Einstellung fortgeschrittener Medizinstudenten zur Humangenomforschung an der Universität Leipzig unterstrichen. Demnach wird humangenetische Forschung für relevant gehalten und eine verstärkte Integration humangenetischer Inhalte in die medizinische Ausbildung gefordert [3]. Neben dieser Vermittlung von Grundlagen sollen Dozenten (und Studenten) durch verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten wie Online-Tutoring und Bereitstellung eines zentralen Ablageorts für Skripte, Weblinks sowie Lehrveranstaltungstermine entlastet werden.


Methoden

Projektbeschreibung

Aktuell werden fünf - teilweise interaktive E-Learning-Module (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) zur Lehre im Fach Humangenetik eingesetzt: Zytogenetik, Chromosomenstörungen, Formalgenetik, Grundlagen der Molekulardiagnostik sowie Kongenitale Abnormitäten und Fehlbildungssyndrome (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

Hierbei handelt es sich um Grundlagenkurse, welche die Präsenzlehre ergänzen sollen. In einem Studienjahr (Winter- und Sommersemester) werden ca. 750 - 800 Studierende des Fachbereichs Humanmedizin in Humangenetik unterrichtet und die genannten k-MED-Module sind in der Lehre eingebunden (blended learning). Diese Nutzer setzen sich zusammen aus ca. 50 Studierenden der Humanbiologie, ca. 440 Humanmedizinstudierenden zu Beginn der Vorklinik und 300 Studierenden der Humanmedizin im klinischen Studienabschnitt (7.-8. Fachsemester). In allen drei Bereichen werden die E-Learning-Module der Humangenetik ergänzend zur Präsenzlehre auf freiwilliger Basis angeboten (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Studierende der Humanbiologie besuchen im 4. Semester die Vorlesung Humanbiologie III (1,3 SWS) und im 7. und 8. Semester die Vorlesung bzw. das Seminar Molekulare Biologie und Humangenetik für Haupt- und Nebenfächer (1 SWS). Eine Entlastung der Lehrenden erfolgt insoweit, dass das Grundwissen in Humangenetik von den Studierenden zu Hause geübt werden kann und die Präsenzlehre sich auf „interessante“ Aspekte konzentrieren kann.

Die angebotenen Lernkurse sind prinzipiell identisch für alle Studierenden, wogegen das zugrunde liegende Lehrkonzept vom jeweiligen Studiengang abhängt:

Humanbiologen (Diplomstudiengang) wird das Lernmaterial zur Vorbereitung auf das humangenetische Grundpraktikum und die Abschlussklausur im fünften Semester angeboten. Studierende der Humanmedizin im ersten Semester sollten die gleichen Module zur Nachbereitung ihres Biologiepraktikums sowie zur Vorbereitung auf die Semesterabschlussklausur bearbeiten. Studierende im zweiten (klinischen) Studienabschnitt Humanmedizin nutzen die entsprechenden Module zur Wiederholung der Humangenetik sowie zur Vorbereitung auf Vorlesung und Seminare in klinischer Genetik. Seit dem WS06/07 ersetzt für diese letzte Gruppe das Modul „Kongenitale Abnormalitäten und Fehlbildungssyndrome“ den Online- Kurs „Grundlagen der Molekulardiagnostik“. Dieses Modul zeichnet sich durch eine hohe Anzahl von 22 Übungsaufgaben aus (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Der Lernstoff sollte durch Übungsaufgaben im Stil der IMPP-Fragen – Forced-Choice-Aufgaben mit einer richtigen Antwort aus fünf möglichen – überprüft und gefestigt werden. Der Nutzer erhält sofort eine Rückmeldung. Bei falscher Antwort wird die korrekte Antwort mit einer Erläuterung eingeblendet. Dazu kommen interaktive Zuordnungsaufgaben, bei denen der Lernende mittels Drag-and-Drop-Technik Karyogramme unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades online erstellen kann. Bei falscher Wahl springt das Chromosom zurück, während es nur bei korrekter Zuordnung am Ziel „haften“ bleibt.

Evaluation der E-Learning-Module der Humangenetik

Zur Evaluation der E-Learning-Module wurden die Usertracking-Daten (Anzahl der Zugriffe und durchschnittliche Bearbeitungsdauer) (siehe Tabelle 3 [Tab. 3] und 4 [Tab. 4]) sowie ein Fragebogen (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]) ausgewertet.

Als Zugriff wird der Aufruf eines E-Moduls (z. B. Zytogenetik mit 29 Bildschirmseiten) definiert. Aufgrund organisatorisch-technischer Probleme u. a. bedingt durch Implementierung der neuen Open Source Lernplattform ILIAS (Integriertes Lern-, Informations- und Arbeitskooperations-System, http://www.ilias.de/docu/) im September 2005 war eine Filterung der Lernkursnutzung nach Nutzergruppe nicht in allen Semestern möglich (siehe Tabelle 4 [Tab. 4]). Die Usertracking-Daten sind daher vorwiegend kumulativ in Bezug auf die Gesamtgruppe der Nutzer dargestellt (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]). Als „Nutzer“ (n) sind Teilnehmer der jeweiligen Lehrveranstaltungen (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]) definiert. Eine zeitliche Analyse der Tracking-Daten, um z. B. eventuelle Nutzungs-Peaks darzustellen, war angesichts der gegebenen personalen und technischen Ressourcen zu aufwendig.

Der Fragebogen erfasste Einschätzungen zur Nutzungsintensität sowie eine Beurteilung der Qualität der Lernkurse. Als Skala diente hierbei eine Abstufung mit den „Noten“ gar nicht gut, weniger gut, eher gut, sehr gut. Der Fragebogen wurde zu fünf Zeitpunkten, im WS05/06, SS06, WS06/07, SS07 und SS09 im Anschluss an die Abschlussklausur des Seminars Klinische Humangenetik für Studierende der Humanmedizin im 7/8. Semester ausgeteilt. Vor der Auswertung wurden die sich aus den Befragungen ergebenen Daten in zwei Gruppen zusammengefasst: Befragungsdaten im WS05/06 und SS06 versus Befragungen im WS06/07 und SS07. Die erste Gruppe umfasst die Daten, die vor der Einführung des E-Learning-Moduls „Kongenitale Abnormalitäten“ erhoben wurde, die zweite Gruppe enthält Umfragewerte, die nach der Einführung dieses Moduls erfasst wurden. Es ersetzte das Modul „Grundlagen der molekularen Diagnostik“, da letzteres von Studierenden im 7/8. Semester laut Usertracking kaum genutzt wurde (Daten nicht gezeigt). Eine entsprechende Evaluation (genauere Analyse der Effekte des Modulaustauschs) für das WS07/08, SS08, WS08/09 war wegen der angespannten Personallage am Zentrum für Humangenetik nicht möglich. Bei den Studierenden der Humanmedizin im vorklinischen Studienabschnitt und der Studierenden der Humanbiologie (Diplom) fand keine Akzeptanzevaluation statt, um den Aufwand für diese Studie vertretbar zu halten.


Ergebnisse

Der Vergleich der Nutzungsintensitäten zeigt eine konstante oder sogar zunehmende Akzeptanz der verschiedenen Lernkurse vom Wintersemester 2005/06 (Start des k-MED-Kursangebotes Humangenetik) bis zum Sommersemester 2009 (siehe Tabelle 3 [Tab. 3] und 4 [Tab. 4]). Auf jede der Lerneinheiten der Humangenetik wird im Durchschnitt mehr als zweimal zugegriffen (Ausnahme: Formale Genetik bei Humanbiologen). Abgesehen von der relativ geringen Bearbeitungszeit der Kurse „Formale Genetik“ und „Grundlagen der Molekularen Diagnostik“ bei Humanbiologen (siehe Tabelle 4 [Tab. 4]) beträgt die durchschnittliche Zugriffszeit mehr als 45 Minuten unabhängig vom Studiengang bzw. Semester. Auffallend ist die starke Nutzung des Kurses „Chromosomenstörungen“, der mit seinem betont klinischen Inhalt offensichtlich den Interessen und Lernanforderungen von Medizinstudenten im zweiten Studienabschnitt in besonderem Maße entgegenkommt. Wie Tabelle 3 [Tab. 3] und 4 [Tab. 4] zeigen, nutzen sie dieses Modul am intensivsten (z. B. 220 Minuten Nutzungsdauer pro Nutzer bei Klinikern im SS09 gegenüber 105 Minuten durchschnittliche kumulative Nutzungsdauer der Gesamtgruppe). Studierende der Humanbiologie mit einer stärker naturwissenschaftlichen Ausrichtung der Studieninhalte zeigen eine deutlich geringere Nutzungsdauer, die vom WS05/06 bis WS08/09 stabil bleibt (57 bzw. 61 Minuten). Abbildung 2 [Abb. 2] stellt die Ergebnisse der Evaluation aus vier Semestern Humanmedizin im klinischen Studienabschnitt dar. Die beiden Untersuchungsgruppen (WS05/06 + SS06 bzw. WS06/07 + SS07) unterscheiden sich durch den Austausch des Kurses „Grundlagen Molekulare Diagnostik“ gegen „Kongenitale Abnormalitäten“. Die Beurteilung des E-Learning-Angebots der Humangenetik fällt in dieser Gruppe deutlich positiver aus als im WS05/06 bzw. SS06. Dies betrifft sowohl die Nutzungsintensität der einzelnen Kurse (WS05/06 – SS06: 29-34% intensiv damit gelernt; WS06/07 – SS07: 53-57%) als auch die Gesamtbeurteilung des k-MED-Lehrkonzeptes durch die Studierenden (WS05/06 – SS06: 23% sehr gut, WS06/07 – SS07: 38% sehr gut). Die Unterschiede in Nutzungsdauer und –intensität zwischen beiden Gruppen sind signifikant.


Diskussion und Schlussfolgerung

Da diese Erhebung anonym durchgeführt wurde, konnte kein Korrelationskoeffizient bezüglich der in der Befragung angegebenen Nutzungsdauer und –häufigkeit und den aus dem Usertracking ermittelten Daten berechnet werden. Wie eine andere Studie zeigte [4], korrelieren die Angaben der Studierenden mit der „wahren“ Nutzungsdauer und –häufigkeit, die sich aus der Analyse der Usertracking-Daten ergeben. Daher gehen wir davon aus, dass Umfrageergebnisse zuverlässige Angaben über das studentische Lernverhalten widerspiegeln.

Die zunehmende Nutzung der Humangenetik-Module ist vermutlich dadurch mit bedingt, dass die k-MED Lernplattform und die dabei angebotenen E-Learning-Module insgesamt, also auch in anderen Fächern, in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Für die Studierenden ist das Lernen mit Selbstlern-Modulen der k-MED-Lernplattform eine Selbstverständlichkeit geworden.

Vergleicht man die Akzeptanz der Module „Formale Genetik“ und „Grundlagen der Molekularen Diagnostik“ zwischen Naturwissenschaftlern und Medizinern, so scheinen Studierende der Humanbiologie von diesen Kursen nicht im gleichen Maße wie Studierende der Humanmedizin zu profitieren, was durch unterschiedlich konzipierte Studiengänge erklärbar ist.

Die vergleichsweise niedrige Akzeptanz des Moduls „Grundlagen der molekularen Diagnostik“ bei Medizinstudierenden im 7./8. Semester hat höchstwahrscheinlich zwei Gründe: Zum einen wird der Schwierigkeitsgrad dieses Moduls für Studierende im fortgeschrittenen Semester nicht mehr angemessen sein, zum anderen behandelt es Themen (Exon-Intron-Struktur menschlicher Gene, Transkription, Translation), die in der Klausur zur klinischen Humangenetik nicht abgefragt werden. Das Lernmodul „Kongenitale Abnormalitäten und Fehlbildungssyndrome“ eignet sich dagegen besonders zur Klausurvorbereitung im Selbststudium, da es vergleichsweise viele Übungsaufgaben enthält (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

Abschließend ist zu sagen, dass unser Lehrkonzept unter Studierenden mit unterschiedlichen Voraussetzungen (Humanbiologen und Humanmediziner im vorklinischen bzw. klinischen Abschnitt) prinzipiell sehr gut angenommen wird, obwohl eine rein freiwillige Nutzung realisiert wurde. Die bei anderen freiwilligen k-MED-Kursen beobachtete niedrige Nutzung (Bearbeitung eines E-Moduls durch maximal 10 % einer Semesterkohorte) [1] konnten wir nicht bestätigen. Dazu muss allerdings bemerkt werden, dass die humangenetischen Module im Rahmen eines Blended-Learning-Szenarios von den einzelnen Dozenten zu Semesterbeginn empfohlen und in die Lehre integriert wurden. Die Vorteile des zeit- und ortsunabhängigen selbstbestimmten Lernens überwiegen offensichtlich den zusätzlichen Arbeitsaufwand, was die Ergebnisse anderer Studien widerspiegelt [1], [5]. Die beteiligten Dozenten profitieren ebenfalls, da die Lehrorganisation sowohl bei den virtuellen als auch den Präsenzveranstaltungen durch betreute Foren und e-Mail-Kommunikation erleichtert wird. Geringfügige Anpassungen (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]) wie der Austausch des kaum genutzten E-Moduls „Grundlagen Molekulare Diagnostik“ gegen „Kongenitale Abnormalitäten“ unter Medizinstudierenden im zweiten klinischen Studienjahr konnten die ohnehin gute Akzeptanz sogar noch steigern. Unserer Kenntnis nach gibt es zumindest im deutschsprachigen Raum kein vergleichbares Projekt im Bereich Humangenetik.

In Zukunft sollte auch für das Fach Humangenetik der Einsatz elektronischer Prüfungssysteme (eKlausuren) in Erwägung gezogen werden, da am Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg bereits seit längerem positive Erfahrungen bezüglich Akzeptanz durch Lehrende und Studierende gemacht wurden [6]. Gresty und Mitarbeiter [7] konnten zeigen, dass ein Bewusstsein für die wachsende Bedeutung der Humangenetik und gleichzeitig die Akzeptanz für Online-Lernkurse bei unterschiedlichen Beschäftigtengruppen des Gesundheitswesens besteht. Daher scheinen auch für die Ausbildung medizinisch-technischer Assistentinnen und Assistenten (MTAs) oder von Krankenschwestern die e-Learning-Module Humangenetik geeignet zu sein, was aber durch systematische Evaluation ähnlich wie in dieser Studie nachgewiesen werden müsste. Am Fachbereich Humanmedizin der Universität Marburg sind bereits e-Learning-Module auch im Hinblick auf den Lernerfolg evaluiert worden [[8]. Im Rahmen eines Nachfolgeprojektes wäre eine vergleichbare Lernerfolgstudie eine sinnvolle Ergänzung der hier geschilderten Nutzungs- und Akzeptanzanalyse.


Anmerkung

Teile dieser Studie wurden bereits im Rahmen einer Posterpräsentation auf der 19. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik (GfH) in Hannover vorgestellt [9].


Danksagung

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Frau Dipl.-Psychol. Maria Siegert und Herrn Dipl.-Psychol. Cord Süße vom k-MED-Projekt-Team für ihre unermüdliche Unterstützung. Das Projekt wurde gefördert durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Wagner R, Zenker D, Schäfer C, Schneider S. k-MED – vom lokalen Projekt zum e-Learning-Dienstleister. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2006;2(3):Doc13. Zugänglich unter/available from: http://www.egms.de/static/de/journals/mibe/2006-2/mibe000032.shtml Externer Link
2.
Henning J, Dewal G, Quenzer M. ILIAS - Die Open Source Lernplattform: Handbuch für Nutzer, Dozenten und Administratoren. Berlin: uni-edition; 2009.
3.
Schäfer MS, Weißflog G. Einstellungen von Medizinstudentinnen und – studenten zu humangenetischer Forschung und genetischer Diagnostik. GMS Z Med Ausbild. 2005;22(2):Doc21. Zugänglich unter/available from: http://www.egms.de/static/de/journals/zma/2005-22/zma000021.shtml Externer Link
4.
Schäfer C, Siegert M, Schunk A, Schneider S, Glowalla U, Koolman J. Biochemie/Molekularbiologie für Mediziner: Eine Einführung mit Vorlesung, Seminar und Multimediaelementen. GMS Z Med Ausbild. 2005;22(4):Doc217. Zugänglich unter/available from: http://www.egms.de/static/de/journals/zma/2005-22/zma000217.shtml Externer Link
5.
Gotthardt M, Siegert MJ, Schlieck A, Schneider S, Kohnert A, Groß MW, Schäfer C, Wagner R, Hörmann S, Behr TM, Engenhart-Cabillic R, Klose KJ. How to Successfully Implement E-learning for both Students and Teachers. Acad Radiol. 2006;13(3):379-390. DOI: 10.1016/j.acra.2005.12.006 Externer Link
6.
Glowalla U, Schneider S, Siegert M, Gotthardt M, Koolman J. Einsatz wissensdiagnostischer Module in elektronischen Prüfungen. Rostock: DeLFI 2005 3. Deutsche e-Learning Fachtagung Informatik, 13. - 16. September 2005. Zugänglich unter/availabel from: http://subs.emis.de/LNI/Proceedings/Proceedings66/GI-Proceedings.66-26.pdf Externer Link
7.
Gresty K, Skirton H, Evenden A. Addressing the issue of e-learning and online genetics for health professionals. Nurs Health Sci. 2007;9(1):14-22. DOI: 10.1111/j.1442-2018.2007.00296.x Externer Link
8.
Rost B, Koolman J. Evaluation von multidmedialen e-Lernkursen zur Vorbereitung auf ein biochemisches Praktikum. GMS Z Med Ausbild. 2009; 26(1):Doc11. DOI: 10.3205/zma000603 Externer Link
9.
Oeffner F, Fuchs A, Rauschendorf M, Mützel T, Fritz B, König R, Kunz J. k-MED: Multimedia Education in Human Genetics. Med Gen. 2008;20:P304.