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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Implementierung des Querschnittsfachs Palliativmedizin (Q13) vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen am Beispiel der Universitätsmedizin Göttingen

Projekt Humanmedizin

  • corresponding author Bernd Alt-Epping - Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
  • author Wolfram Jung - Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Hämatologie/Onkologie, Göttingen, Deutschland
  • author Anne Simmenroth-Nayda - Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
  • author Sebastian G. Russo - Universitätsmedizin Göttingen, Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin, Göttingen, Deutschland
  • author Stefan Viktor Vormfelde - Universitätsmedizin Göttingen, Klinische Pharmakologie, Göttingen, Deutschland
  • author Friedemann Nauck - Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2010;27(5):Doc67

doi: 10.3205/zma000704, urn:nbn:de:0183-zma0007040

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2010-27/zma000704.shtml

Eingereicht: 29. Juni 2003
Überarbeitet: 23. September 2010
Angenommen: 5. Oktober 2010
Veröffentlicht: 15. November 2010
Veröffentlicht mit Erratum: 9. Dezember 2010

© 2010 Alt-Epping et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Die palliativmedizinische Versorgung schwerst- und sterbenskranker Patienten wurde mit letzter Novellierung der Ärztlichen Approbationsordnung (07/2009) als Querschnittsfach 13 in das studentische Curriculum aufgenommen. Die formale Implementierung als Pflichtlehr- und Prüfungsfach innerhalb der vorgeschriebenen Umsetzungsfrist dürfte eingedenk der Heterogenität bisheriger palliativmedizinischer Ausbildung an den einzelnen Fakultäten Herausforderungen in Hinblick auf strukturelle und insbesondere inhaltliche Fragen mit sich bringen.

Dieser Beitrag skizziert die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen für das Querschnittsfach 13 und den bisherigen Stand der Lehre im Fachbereich Palliativmedizin in Deutschland. Der Beitrag möchte anhand des bisherigen, noch nicht abgeschlossenen Implementierungsprozesses an der Universitätsmedizin Göttingen die damit verbundenen Probleme aufzeigen sowie konzeptuelle und curriculare Anregungen und Hilfestellungen für die Umsetzung an anderen Fakultäten geben.

Schlüsselwörter: Palliativmedizin, Querschnittsfach, Kooperation, Symptomkontrolle, Grundhaltung


Hintergrund

Entwicklung der Palliativmedizin in Deutschland

Die palliativmedizinische Behandlung von unheilbar und fortgeschritten erkrankten Patienten hat in den vergangenen Jahren zunehmend Eingang in die klinische Regelversorgung genommen. So wurden zum Beispiel mit Einführung der erlösrelevanten Prozedur der „Palliativmedizinischen Komplexbehandlung“ oder dem Beschluss zur „Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV)“ (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz / SGB V §37b) palliativmedizinische Versorgungsleistungen im stationären wie im ambulanten Bereich abgebildet; die Zahl der Palliativstationen ist auf aktuell 193 angestiegen (Wegweiser Palliativmedizin 2008/2009). Die palliativmedizinische Forschung verzeichnete in den vergangenen Jahren eine erhebliche Aktivitätszunahme; so stieg z.B. die Zahl der wissenschaftlichen Abstracts auf den Wissenschaftsforen der europäischen Fachgesellschaft für Palliativmedizin (EAPC) von 153 im Jahr 2000 (mit ca. 350 Teilnehmern) auf 663 im Jahr 2010 (mit ca. 1100 Teilnehmern). Auch die zunehmend breit geführte Diskussion in der Gesellschaft, der Ärzteschaft und in nationalen Ethikgremien (zuletzt Bundesärztekammer BÄK und Zentrale Ethikkommission ZEKO, 2010) um Sterbehilfe und dem Stellenwert von Patientenverfügungen verdeutlicht den Stellenwert einer umfassenden palliativmedizinischen Versorgung [1].

Entwicklung der studentischen Lehre im Fach Palliativmedizin

Dem gegenüber ist die studentische Lehre im Fach Palliativmedizin bisher nur an wenigen Fakultäten im Pflichtcurriculum etabliert. In einer Umfrage des Bundesverbandes der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) aus dem Jahre 2008 waren lediglich vier Lehrstühle für Palliativmedizin besetzt (Aachen, Göttingen, Köln, München LMU; Bonn ausgeschrieben) und nur sechs Fakultäten boten das Fach Palliativmedizin als Pflichtkurs an: Aachen, München (jeweils seit 2003), Köln, Bonn, Gießen, und Witten / Herdecke – die ersten drei der sechs auch mit Leistungsnachweis [2].

Diesem Umstand trägt die Entscheidung des Bundestages vom 10.07.2009 Rechnung, das Fach Palliativmedizin als 13. Querschnittsfach (Q13) in der ärztlichen Approbationsordnung zu verankern (AppOÄ vom 03.07.2002, zuletzt geändert am 31.07.2009, § 27 und Anlage 15 zu § 29 Abs.3 Satz 2). Nach diesem Beschluss müssen ab dem Sommersemester 2013 alle medizinischen Fakultäten das Fach Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach anbieten. Die einzelnen Leistungsnachweise müssen dann entweder zu Beginn des Praktischen Jahres (vor dem 6. Studienjahr) im August 2013 oder spätestens bei der Meldung zur Zweiten Ärztlichen Prüfung im Oktober 2014 vorgelegt werden, wobei die Fristen hierfür etwa 3 Monate davor liegen. Eine Abschlussprüfung im Medizinstudium ist dann nur noch mit entsprechendem Leistungsnachweis in diesem Querschnittsbereich möglich [2], [3].

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) hat vor dem Hintergrund dieser sich abzeichnenden Entwicklung das Curriculum für Studierende „Grundlagen der Palliativmedizin“ mit zweiter Fassung vom 10.08.2009 überarbeitet [4] und die Lernziele, die curricularen Rahmenbedingungen und die fachübergreifenden Aspekte des Querschnittsfachs Palliativmedizin dargestellt. Tabelle 1 [Tab. 1] gibt einen Überblick über die empfohlene Gewichtung der im Q13 abzubildenden Themen, die sich wie ein roter Faden mit einzelnen aufgereihten Lehrveranstaltungen durch das Curriculum der Studierenden – unter konkretem Einbezug anderer Fachbereiche – hindurch ziehen sollen.

Vor dem Hintergrund dieser neuen juristischen und curricularen Rahmenbedingungen soll beispielhaft der Implementierungs- und Umstrukturierungsprozess an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), der bisherige Grad der Umsetzung, erste Evaluationsergebnisse und zukünftige Perspektiven vorgestellt, aber auch die mit der Implementierung einhergehenden Schwierigkeiten beschrieben werden.


Ergebnisse

Studentische Lehre im Fach Palliativmedizin an der Universität Göttingen

An der UMG existiert seit 1991 ein dem Zentrum Anästhesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin angegliederter Palliativbereich mit Palliativstation und Ambulantem Palliativdienst. Eine erste Einbindung in die studentische Lehre erfolgte zunächst in nicht verpflichtenden Kursen mit überwiegend schmerztherapeutischem Hintergrund, später auch im Rahmen modular gegliederter Lehre im Modul „Grundlagen der Tumorerkrankungen“. Seit dem 01.10.2006 besteht eine eigenständige Abteilung Palliativmedizin, die den Lehrstuhl Palliativmedizin (Stiftungsprofessur der Deutschen Krebshilfe, Prof. Dr. F. Nauck), eine 10-Betten-Station, den Ambulantem Palliativdienst incl. SAPV-Team, den Konsildienst, eine im Aufbau befindliche Tagesklinik, und den Bereich Forschung und Lehre umfasst. Seitdem hat sich die Zahl der Semester-Lehrveranstaltungsstunden (LVS) der Abteilung Palliativmedizin von ca. 14 auf zuletzt 128 erhöht. Dazu trug insbesondere die Einrichtung des Wahlpflichtfachs Palliativmedizin bei (26 LVS, vergl. Tabelle 2 [Tab. 2]). In Bezug auf das Praktische Jahr wurde – wie auch schon vereinzelt an anderen Universitäten etabliert – neben den bereits zuvor bestehenden 1-2-wöchentlichen Rotationen aus dem Wahltertial Anästhesie heraus auch die Möglichkeit geschaffen, eine ganzes Wahltertial im Fach Palliativmedizin zu absolvieren.

Für die Etablierung eines verpflichtenden Querschnittscurriculums Palliativmedizin wurde ab dem WS 2009/2010 zunächst das bestehende modulare Göttinger Gesamtcurriculum systematisch nach potentiellen Überschneidungsbereichen mit palliativmedizinisch relevanten Lehr- und Lerninhalten, auch in Hinblick auf den Göttinger Lernzielkatalog, überprüft (http://www.med.uni-goettingen.de/media/global/G1-2_lehre/lernzielkatalog.pdf). Hier konnten eine Vielzahl von potentiellen Anknüpfungspunkten im Sinne des Querschnittsgedankens identifiziert werden (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]).

Unter allen in Tabelle 3 [Tab. 3] genannten potentiellen Anknüpfungspunkten für palliativmedizinisch relevante Lehre werden palliativmedizinische Kerninhalte zur Zeit insbesondere im Rahmen des Moduls 3.3. „Grundlagen der Tumorerkrankungen“ (3. klin. Semester), und im Aufbaumodul 6.3. (6. klin. Semester) vermittelt. Dozenten der Abteilung Palliativmedizin übernehmen im Modul 3.3. bislang für alle Studierenden eines Jahrgangs eine Hauptvorlesung (1 x 2 LVS), und ein Seminar (à ca. 20 Studierenden, 10 x 1 LVS, in interdisziplinärer onkologisch-palliativmedizinischer Dozentenbesetzung). Unterricht am Krankenbett (UaK) in Dreiergruppen auf der Palliativstation wird für ca. 1/6 aller Studierenden eines Semesters ermöglicht (10 x 3 LVS). Im Modul 6.3. hält die Abteilung Palliativmedizin eigenverantwortlich ein pharmakologisch orientiertes Seminar („Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin“, 10 x 2 LVS) und führt gemeinsam mit den Abteilungen Hämatologie / Onkologie, Allgemeinmedizin, Psychosomatische Medizin / Psychotherapie den interaktiven Kurs „Überbringen schlechter Nachrichten“ durch (2 x 2 LVS, vergl. Tabelle 4 [Tab. 4]). Die in beiden Modulen 3.3 und 6.3. genannten Unterrichtselemente (9 LVS) stellen bisher den im Vordergrund stehenden, durch die Abteilung Palliativmedizin selbst bestrittenen und bisher einzigen schein- bzw. prüfungsrelevanten Anteil am Q13 dar.

Viele auch aus palliativmedizinischer Perspektive relevante Lehrveranstaltungen werden entsprechend dem Querschnittscharakter unverändert durch den ursprünglich zuständigen Fachbereich weiter geführt und durch Beiträge der Mitarbeiter der Abteilung Palliativmedizin ergänzt (z.B. Kurs Med. Psychologie / Soziologie, vergl. Tabelle 3 [Tab. 3]). In Zusammenarbeit mit dem Zentrum Anästhesie bzw. der Abteilung Schmerztherapie sollen zudem ab dem kommenden WS innerhalb des Moduls 6.2 perspektivisch vier weitere LVS dem verpflichtenden und prüfungsrelevanten Kerncurriculum des Q13 angegliedert werden, so dass sich die Zahl der im Rahmen des Q13 abzuprüfenden Pflichtstunden auf 13 LVS erhöhen wird.

Vermittlung ärztlicher Haltung als Ausbildungsziel

Bei diesem Implementierungsprozess liegt die besondere Herausforderung nicht nur in der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten, (z.B. in Bezug auf die Behandlung belastender Symptome wie Schmerz, Luftnot oder Erbrechen), sondern vielmehr die Vermittlung einer ärztlichen Grundhaltung, die die Behandlung und Begleitung unheilbar erkrankter und sterbender Patienten als unabdinglichen Bestandteil ärztlichen Handelns integriert. Angestrebt wird eine Reflexionsfläche für (womöglich erste) Begegnungen mit den Themen „Tod“ und „Sterben“, die den Studierenden durch das gesamte Studium hindurch ermöglicht, eigenständige Standpunkte als Arztpersönlichkeit zu medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und ethischen Fragestellungen auszubilden.

Das Bestreben, diese ärztliche Grundhaltung gegenüber schwerkranken und sterbenskranken Mitmenschen zu vermitteln, durchzieht sich in der Benennung der dem Q13 zugehörigen Lehrveranstaltungskomponenten und in der Auswahl der Prüfungsformate, die diesen vielschichtigen Ebenen Rechnung zu tragen suchen und in den Tabellen 5 [Tab. 5] und 6 [Tab. 6] zusammengefasst sind.

Dieser „Rote Faden“ zu ärztlicher Grundhaltung und eigenem ethischen Reflektieren beginnt in Form eines Impulses zum Thema „Tod und Sterben“ sowie zum Umgang mit Verstorbenen in der Einführungsveranstaltung zum Präparierkurs (derzeit in Vorbereitung mit dem Lehrstuhl Anatomie), und setzt sich noch im vorklinischen Abschnitt fort durch Begegnungen mit der Palliativmedizin (auf der Palliativstation) und mit der Hospizidee (im stationären Hospiz Göttingen-Weende) im Rahmen des Kurses Med. Psychologie / Soziologie (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Im dritten klinischen Semester liegt der inhaltliche Schwerpunkt deutlicher auf der fachlichen Wissensvermittlung, die eingedenk der Komplexität der therapeutischen Entscheidungsfindung am Lebensende regelhaft anhand authentischer Fallbeispiele vermittelt wird.

Schwerpunkt der palliativmedizinischen Ausbildung und „Prägung“ wird das sechste klinische Semester darstellen, in welchem die Arbeit an komplexeren Fallbeispielen wieder aufgenommen wird (jetzt zumeist unter den Aspekten psychosozialer Unterstützung und ethischer Problemstellungen im Modul 6.2, sowie komplexerer pharmakologischer Probleme im Modul 6.3). Der ebenfalls im Modul 6.3 angesiedelte Kursteil „Überbringen schlechter Nachrichten“ ist neben seiner interdisziplinären Vorbereitung charakterisiert

  • durch interaktiv-praktisches Tun insbesondere im Rollenspiel (+/- Simulationspatienten)
  • durch die Vermittlung kommunikationstheoretischen Wissens als strukturgebendes Element
  • durch reflektive Lehrkomponenten (Wahrnehmung von Stimmungen und Kommunikationsebenen anhand eines Literaturbeispiels; Reflexion eigener Erfahrungen und Emotionen; Vermittlung von Elementen der Burnout-Prophylaxe; Antizipation kritischer Kommunikationssituationen).

Durch diese, in Tabelle 5 [Tab. 5], zusammen gefassten Lehrveranstaltungen und die gewählten Unterrichtsmethoden sollen – über die formalen Vorgaben der neuen AO und über rein reproduktive oder anwendungsbezogene Lernziele hinaus – auch Aspekte der ethischen Sensibilisierung und Unterstützung bei der Findung einer ärztlichen Grundhaltung und Persönlichkeitsbildung in den Vordergrund treten.

Prüfungsformen

Für das Abprüfen der genannten Kompetenzen und Haltung bedarf es alternativer Prüfungsformen, die über das Abfragen von Wissensaspekten (z.B. mittels multiple choice-Fragen) hinausgehen. Hierfür ist die Mitwirkung bei einem fachübergreifenden, dem PJ vorgeschalteten OSCE (objective structured clinical examination) als scheinrelevante Prüfung vorgesehen. Bis zu dessen Realisierung wird der Leistungsnachweis nicht benotet vergeben werden.

Ausbildungs- und Kooperationskonzept

Alle neu etablierten Lehrveranstaltungen sind in aufgeschlossenen internen Kooperationen oder in interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickelt worden und nutzen die infrastrukturellen Neuerungen an der UMG (z.B. STÄPS / Studentisches Trainingszentrum für Ärztliche Praxis und Simulation); die Implementierung palliativmedizinischer Lerninhalte wird hierbei durch die Fakultät breit unterstützt. Eingedenk des Charakters eines Querschnittsfachs sind auch in naher Zukunft weitere Kooperationsanstrengungen z.B. gegenüber dem Fachbereich Allgemeinmedizin (z.B. in Hinblick auf die umfassende Versorgung chronisch kranker Menschen) oder mit den Fachbereichen Innere Medizin oder Neurologie (z.B. in Hinblick auf Patienten mit nicht-onkologischen Grunderkrankungen in der Palliativmedizin) dringlich geboten.

Studentische Bewertung

Ähnlich wie bei der Wahl der Prüfungsform steht in Frage, ob konventionelle studentische Evaluationsmethoden auf Lerninhalte übertragbar sind, die auf Reflexion und Haltung abzielen. Erste Ergebnisse der abteilungs- und modulinternen Evaluation, bei der der Wissenszuwachs bezüglich des Überbringens schlechter Nachrichten mit Hilfe der Feststellung „Ich fühle mich sicher, beim Überbringen schlechter Nachrichten an Patienten und deren Angehörige angemessene Worte zu finden“ erfragt wurde (+ 36,2% Wissenszuwachs), könnten auf eine hohe studentische Wertschätzung hinweisen. Dennoch steht eine systematische Kurs- und Konzeptevaluation unter Einsatz mehrdimensionaler Evaluationsmethoden noch aus.

Begleitforschung

In zweijährlichen Abständen erfasst der bvmd die unterschiedliche Intensität palliativmedizinischer Ausbildung an allen deutschen Fakultäten (vergl. [2]). In der diesjährigen Umfrage 2010 werden zusätzlich auch die in den einzelnen Fakultäten vorliegenden Pläne und Konzepte zur Implementierung des Q13 abgefragt. Hierbei sind auch die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO), die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) und die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) beteiligt. Es steht zu erwarten, dass sich die Q13-Lehrkonzepte und die angestrebten Unterrichts- und Prüfungsformaten an den einzelnen Fakultäten deutlich unterscheiden werden. Erste Ergebnisse sollen auf dem Kongress der DGP (Dresden, 9.-11.09.2010) vorgestellt werden.

Darüber hinaus wird zur Zeit der Stand des palliativmedizinischen Wissens je zu Beginn und am Ende des Praktischen Jahres im Rahmen eines Kooperationsprojektes der Universitäten Mainz und Göttingen erfasst, um weitere Daten und Erfordernisse für die studentische Lehre im Querschnittsfach Palliativmedizin zu generieren.

Probleme

Neben den allgemeinen Problemen bei der Implementierung eines jeden neuen Kursteiles, die mit personellen und finanziellen Ressourcen (bei angestrebten 20-40 LVS laut DGP) und mit den curricularen Grenzen (z.B. in Bezug auf die gegebene Regelstundenzahl) in Zusammenhang stehen, können weitere spezifischen Hürden bei der Implementierung des Q13 auftreten. Palliativmedizin weist als Querschnittsfach eine immanente inhaltliche Nähe zu vielen weiteren klinischen (z.B. tumor- oder schmerztherapeutisch tätigen) Fachbereichen auf, so dass die Notwendigkeit eines eigenständigen Lehrfaches nicht allseits geteilt werden könnte, oder eine bisherige Aufteilung von Lehrinhalten ohne spezialisierte palliativmedizinische Beteiligung als ausreichend realisiert betrachtet werden könnte. Insbesondere an Fakultäten ohne einen eigenen Lehrstuhl für Palliativmedizin könnten diese Gründe einem reibungslosen Implementierungsprozess entgegen stehen. Zudem bedarf es der weiteren Erörterung, inwieweit die allgemeine und spezialisierte Schmerztherapie ebenfalls zu einem eigenständigen Querschnittsfach erhoben werden sollte oder, wie von der DGSS angestrebt, mit Q13 zu einem gemeinsamen Querschnittsfach „Palliativmedizin und Schmerztherapie“ zusammengefasst werden sollte. In den Fachkommissionen werden derzeit auch Befürchtungen diskutiert, ob dieses Vorgehen nicht sowohl den schmerztherapeutischen als auch den palliativmedizinischen Fachbereich eher schwächen als stärken würde. Aus unserer Sicht sollten sowohl die Schmerztherapie als auch die Palliativmedizin verbindlichen Eingang in die studentische Ausbildung finden.


Fazit und Ausblick

Mit der neuen Gesetzeslage steht die studentische Ausbildung im Q13 vor einer entscheidenden Phase der konzeptuellen Realisierung, die die Curricula aller medizinischen Fakultäten in Deutschland betrifft. Ein Austausch von Ideen und bisherigen Konzepten erscheint daher dringend geboten, und soll durch das oben genannte Begleitforschungsprojekt vorangetrieben werden.

Neben den Fragen der konzeptuellen Implementierung bedürfen aber auch konkrete inhaltliche Aspekte der weiteren Aufarbeitung, etwa die Formulierung eines palliativmedizinischen Lernzielkatalogs oder in einem darauf basierenden studentischen Lehrbuch Palliativmedizin. Neben einzelnen konkreten Aktivitäten wie z.B. an der Universitätsmedizin Göttingen kommen dabei der zuständigen wissenschaftlichen Fachgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, oder z.B. der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) tragende Rollen zu.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mmit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Hoppe JD, Wiesing U. Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis. Dtsch Arztebl. 2010;18:B769-774.
2.
Laske A, Dietz I, Ilse B, Nauck F, Elsner F. Palliativmedizinische Lehre in Deutschland – Bestandsaufnahme an den medizinischen Fakultäten 2009. Z Palliativmed. 2010;11:18-25. DOI: 10.1055/s-0029-1223482 Externer Link
3.
Bundesministerium für Gesundheit. Approbationsordnung für Ärzte vom 27.06.2002, zuletzt durch Art. 7 des Gesetzes vom 30.07.2009. Bundesgesetzbl. 2002;I:2495.
4.
Elsner F, Schiessl C. Curriculum: Grundlagen der Palliativmedizin. Gegenstandskatalog und Lernziele für Studierende der Medizin. Berlin: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, AG Aus-, Fort- und Weiterbildung; 2009.
5.
Ullmann L. Gnade. München: Verlagsgruppe Droemer Knaur; 2004.

Erratum

In der englischen Version wurden Textänderungen vorgenommen (s. dort).