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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Einführung eines Mentorenprogramms für den Ersten Abschnitt des Studiums der Humanmedizin: Ergebnisse eines Pilotprojektes

Implementation of a mentoring programme for the undergraduate medical curriculum: results of a pilot-project

Forschungsarbeit/research article Humanmedizin

  • corresponding author Corinna Petersen-Ewert - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • author Jennifer Kurré - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • author Johanna Scholl - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • author Andreas H. Guse - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Prodekanat für Lehre, Hamburg, Deutschland
  • author Monika Bullinger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2009;26(3):Doc32

doi: 10.3205/zma000624, urn:nbn:de:0183-zma0006248

Eingereicht: 20. Oktober 2008
Überarbeitet: 25. Mai 2009
Angenommen: 18. Juni 2009
Veröffentlicht: 17. August 2009

© 2009 Petersen-Ewert et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Im Rahmen eines Pilotprojektes wurde für den ersten Abschnitt des Humanmedizinstudiums ein Mentorenprogramm eingeführt und dessen Erfolg evaluiert.

Methodik: Zur Stichprobengewinnung wurde für die Pilotphase des Mentorenprogramms das oberste und unterste 10%-Perzentil der Studierenden hinsichtlich ihrer Studienleistung in Biochemie und Biologie ausgewählt. Die berücksichtigten Ergebnisse der Biochemie- und Biologie-Klausur des 1. Semesters haben sich als reliabler Prädiktor für Scheinfreiheit nach vier Semestern erwiesen. Von n=458 Studierenden des zweiten Semesters (Zulassungsjahrgang 2007) wurden insgesamt n=101 für das Mentorenprogramm angeschrieben, von denen n=38 Studierende teilnahmen. Zu Evaluationszwecken wurde mit den Studierenden ein strukturiertes Telefoninterview durchgeführt und die Mentoren füllten einen Fragebogen aus.

Ergebnisse: Die Organisation wurde mit M=2.63 (SD=1.15) zwischen „eher gut“ und „teils/teils“ bewertet. Vor allem Studierende mit weniger guten Studienleistungen bewerteten die Inhalte des Mentorenprogramms als „gut“ bis „eher gut“.

Schlussfolgerung: Die Einführung eines Mentorenprogramms stellt eine wichtige Unterstützung sowohl für leistungsstarke als auch für leistungsschwache Studierende dar. Studierende mit guten Studienleistungen haben andere Mentoring Themenschwerpunkte als Studierende mit eher weniger guten Studienleistungen.

Schlüsselwörter: Medizinstudierende, Mentoring, Beratung

Abstract

Aims: As part of a pilot project, a mentoring program was introduced in the undergraduate medical curriculum and its success evaluated.

Methods: The results of biochemistry and biology exams of the first semester were taken for the sample selection because they have been proven to be predictive of successful completion of the first two years of medical school. The students within the highest and lowest 10%-percentile were chosen for the pilot phase of the mentoring program.

From n = 458 students in their second semester (cohort 2007), n = 101 were contacted and n = 38 students participated in the mentoring program. For evaluation purposes, a structured telephone interview was conducted with the students, and the mentors filled out a questionnaire.

Results: Organization of the program was evaluated at M = 2.63 (SD = 1.15), between “rather good” and “so-so.” Especially students with less satisfactory achievements evaluated the topics of the mentoring program as “good” to “rather good.”

Conclusions: The introduction of a mentoring program is an important aid for students with good or less satisfactory course achievements. Students with good course achievements have different mentoring key topics compared to students with rather less satisfactory course achievements.

Keywords: medical students, mentoring, counselling


Einleitung

Die medizinischen Fakultäten sind daran interessiert, dass Studierende vorgegebene Studienziele erreichen und in Regelstudienzeit den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung absolvieren. Nach einer Untersuchung von Klusmann, Buhk & Petersen [1] weisen 10-15% der Studierenden eines Zulassungsjahrganges Studienprobleme in Form von Verzögerungen des Studiumsverlaufes oder Abbruch des Studiums auf, die mit Hilfe von differenzierten Unterstützungsangeboten gemindert werden könnten. Allerdings erreichen existierende Beratungsangebote meist nicht die Studierenden, die am meisten davon profitieren würden, wie z. B. Studierende mit anhaltenden Schwierigkeiten, die generell wenig Beratung in Anspruch nehmen, da die Inanspruchnahme einen „Makel“ darstellen würde [2]. Außerdem wissen viele der Studierenden nicht, welche Beratungsangebote an ihrer medizinischen Fakultät vorhanden sind und holen sich eher Rat bei Gleichaltrigen [3], [4], [5]. Insgesamt zeigt sich, dass meistens die Beratungsangebote genutzt werden, die informell zwischen den Studierenden weiter gegeben werden und dadurch Popularität erlangen [6]. Plaut et al. [7] verweisen auf die Wichtigkeit, Beratung auch in Bezug auf Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Status und Migrationshintergrund zu konzipieren, da jede dieser Gruppen unterschiedlicher Beratungsschwerpunkte bedarf. Weiterhin müsse es Aufgabe der Universität sein, Studierende, die inakzeptable Leistungen zeigen, so früh wie möglich über ihren Notendurchschnitt zu informieren und ihnen Hilfestellung, z. B. in Form von Repetitorien, anzubieten [8], [9].

Ein Großteil der Forschungsergebnisse zum Thema Beratung an medizinischen Fakultäten stammt aus den USA [10]. Praktisch jede kanadische oder amerikanische medizinische Fakultät bietet irgendeine Form von psychologischem Service oder Beratung, typischerweise als eine Komponente der universitären Administration auf dem Campus, an [7]. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Saks & Karl [11]. Von 86 teilnehmenden Universitäten (63.7%) bieten 95.3% ein universitäres Beratungsangebot für Studierende des ersten und zweiten Studienjahres an. Amerikanische akademische Unterstützungsprogramme für Studierende der Medizin können in drei Kategorien eingeteilt werden [12]: bereits zu der „Prematriculation“ werden Studierende auf den Eintritt in die Universität vorbereitet. Diese Angebote richten sich speziell an Bewerber, die ihre Leistungen in den geforderten Einstiegsfächern verbessern wollen. Das „Tutorial“ wird hauptsächlich während der ersten zwei Jahre des Studiums angeboten und bietet individuellen Kleingruppenunterricht in Form von Wiederholung der Studieninhalte an. Das “Counselling” beschreibt Angebote zur individuellen Problemlösung wie Telefonseelsorge oder Unterstützung durch Fachpersonal [10]. Ein positiver Effekt des „Tutoring“ und „Counselling“ auf Bestehensraten, Abbruchquoten, persönliches Stresserleben und Wohlbefinden der Studierenden konnte nachgewiesen werden [13], [14], [15].

Auch die meisten Universitäten Deutschlands bieten Beratung an. Sie unterscheiden sich aber in ihrer Ausgestaltung. Honold et al. [16] erhoben den Ist-Zustand bezüglich der Studienberatung an den deutschen medizinischen Fakultäten. Der Rücklauf der versandten Fragebögen betrug 81% (n=30). Die Ergebnisse zeigen, dass an 93% (n=28) der Fakultäten eine Studienberatung nach Bedarf durchgeführt wird. Lediglich 26% (n=8) der Fakultäten bieten allerdings eine spezielle Karriereberatung an. Des Weiteren werden bislang kaum Mentorenprogramme durchgeführt. Woessner et al. [17] schrieben alle medizinischen Fakultäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz an, um eine Auskunft über die Ausgestaltung und Organisation der einzelnen Mentorenprogramme zu erhalten. Mit 80% (n=37) Rücklauf lag eine annehmbare repräsentative Informationsgrundlage vor. Fast alle Fakultäten offerieren ein individuelles Beratungsangebot für Studierende, jedoch gaben lediglich zehn Einrichtungen (33.3%) in Deutschland an, über ein Mentorensystem zu verfügen. Vier weitere Institutionen planten zu diesem Zeitpunkt die Einführung eines solchen Systems. Im Unterschied dazu bieten 60 bis 80% der Universitäten in Großbritannien oder in der Schweiz ein Mentorenprogramm für Studierende an.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die meisten Universitäten auch bereits in Deutschland ein Beratungsangebot bereitstellen, jedoch ist der Inhalt meist global und nicht spezifisch auf bestimmte Gruppen bezogen. Eine große Rolle für die Effektivität einer Beratung spielen die finanziellen Aufwendungen und Mittel sowie die Wichtigkeit innerhalb der Fakultät. Ein Betreuungsangebot an der medizinischen Fakultät muss einerseits die fachliche Beratung gewährleisten, sollte andererseits aber auch ein differenziertes Konzept zur Unterstützung von Studierenden mit spezifischen Bedürfnissen beinhalten. Spezifische Unterstützungsbedürfnisse ergeben sich vor allem für Studierende, die mit der Bewältigung des Studienpensums Schwierigkeiten haben. Diskussionswürdig ist außerdem, in welchem Ausmaß Studierende, die aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen zu den Besten ihres Zulassungsjahrganges zählen, einer Unterstützung bedürfen. Eine individuelle Beratung lässt sich beispielsweise mittels eines Mentorenprogramms umsetzen. Mentoring bezeichnet die Tätigkeit einer erfahrenen Person (Mentorin bzw. Mentor), die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten an eine noch unerfahrene Person (Mentee) weitergibt. Ziel ist, den Mentee in seiner persönlichen und beruflichen Entwicklung zu fördern. Im Folgenden werden die Arbeitsschritte zur Entwicklung und Erprobung eines Mentorenprogramms für Studierende der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg beschrieben. Im Rahmen eines Pilotprojektes wurde ein Mentorenprogramm für leistungsstarke und eher leistungsschwache Studierende evaluiert.


Methoden

Stichprobe

Zur Stichprobengewinnung wurde anhand der Ergebnisse der Biochemie- und Biologie-Klausur [1] des 1. Semesters das oberste und unterste 10%-Perzentil für die Pilotphase des Mentorenprogramms ausgewählt. Die Ergebnisse dieser Klausuren haben sich als reliabler Prädiktor für Scheinfreiheit nach vier Semestern erwiesen [1]. Von n=458 Studierenden des zweiten Semesters (Zulassungsjahrgang 2007) wurden insgesamt n=101 (22%) für das Mentorenprogramm angeschrieben. Dabei zählten n=41 Studierende zu der eher leistungsstarken (oberstes 10%-Perzentil aus der Summe der Ergebnisse der Biochemie- und Biologie-Klausur des 1. Semesters) und n=60 Studierende zu der eher leistungsschwachen (unterstes 10%-Perzentil aus der Summe der Ergebnisse Biochemie- und Biologie-Klausur des 1. Semesters, ergänzt durch 19 weitere leistungsschwache Studierende, da noch weitere Mentoren zur Verfügung standen) Gruppe. N=81 Studierende gaben eine Rückmeldung, und n=38 Studierende erklärten sich bereit, am Mentorenprogramm teilzunehmen. Als Gründe für die Nicht-Teilnahme am Mentorenprogramm wurden von den Studierenden angegeben: Studium abgebrochen oder exmatrikuliert (n=17), keine Information via Email erhalten (n=16), zu wenig Zeit für die Teilnahme (n=6) oder kein Interesse (n=1). Von drei Studierenden liegen keine Angaben vor.

Insgesamt wurden n=5 Mentorengruppen gebildet, die sich aus Studierenden mit sehr guten Studienleistungen zusammensetzten. Vier Mentorengruppen wurden von Studierenden mit weniger guten oder fehlenden Leistungen gebildet. Eine Mentorengruppe fand nicht statt, da die ausgewählten Studierenden zu keinem Termin erschienen (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Die Teilnehmerzahlen der einzelnen Gruppen des Mentorenprogramms variierten von n=1 bis n=7.

Die Mentoren wurden nach verschiedenen Kriterien ausgewählt: durch die Fakultät ausgezeichnete Dozierende („Teacher of the Year“), Repräsentanten der vorklinischen Fächer oder aufgrund von Selbstmeldung. Insgesamt konnten so n=11 Mentoren für das Pilotprojekt gewonnen werden. Zehn Mentoren sendeten den Evaluationsbogen innerhalb eines Monats zurück, was einem Rücklauf von 91% entspricht.

Messinstrumente

Das Mentorenprogramm wurde mit Hilfe eines strukturierten Telefoninterviews für Mentees und eines Fragebogens für Mentoren evaluiert. Interview- und Fragebogenitems wurden neu formuliert. Der Fragebogen für die Mentees hatte einen Umfang von 27 Items. Die Mentees wurden gebeten, Organisation und Inhalt des Mentorenprogramms anhand einer fünfstufigen Likert Skala in Form von Schulnoten (sehr gut bis mangelhaft) zu bewerten. Die Beurteilung der Mentoren und eine Selbsteinschätzung erfolgte mit Hilfe von vierzehn Items mit jeweils fünf Antwortkategorien von „1=trifft zu“ bis „5=trifft nicht zu“. Der Fragebogen für die Mentoren umfasste 19 Items mit der vorab beschriebenen Skalierung. Sie wurden gebeten, Angaben zu den teilnehmenden Mentees und der Form, Dauer und Häufigkeit der Termine zu machen. Zum Abschluss wurden Mentoren und Mentees gebeten, Verbesserungsvorschläge zu äußern.

Durchführung

Im Anschluss an die Studierendenauswahl erhielten die Mentoren eine Liste der potentiellen Mentees mit der Bitte, diese zu kontaktieren und ein erstes Treffen zu vereinbaren. Inhaltliche Vorgaben für das Treffen wurden nicht gemacht, die Mentoren sollten zunächst die Anliegen der Mentees sammeln und darauf ihr Mentoring ausrichten. Geplant wurden Gruppentermine, aber auch Einzeltermine standen als Option zur Verfügung. Eine Vorgabe war lediglich, mindestens einmal im Monat ein Treffen stattfinden zu lassen. Nach den ersten Treffen wurden alle Mentoren zu einer Feedbackrunde eingeladen. Zu Semesterende wurde eine Evaluation durchgeführt. Die Ergebnisse wurden den Mentoren nicht auf Gruppenebene zurückgemeldet, sondern für die Gruppen „leistungsstark“ bzw. „leistungsschwach“ .Die Studierenden erhielten eine Rückmeldung ohne diese Gruppenunterteilung.

Auswertung

Die statistische Analyse erfolgte mit SPSS (Statistical Package for the Social Science) Version 15. Die Angaben der Mentees und Mentoren wurden deskriptiv ausgewertet. Angaben zu Häufigkeiten, Mittelwerten und Standardabweichungen werden dargestellt.


Ergebnisse

Die folgenden Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Studierenden, die am Mentorenprogramm teilgenommen haben (n=38).

Evaluation der Mentees

Es nahmen n=32 Studierende mit guten (im Folgenden abgekürzt mit Gruppe A) und n=6 mit weniger guten (im Folgenden abgekürzt mit Gruppe B) Studienleistungen in Biologie und Biochemie teil. Gruppe A war im Mittel drei Jahre jünger (MA=21.0, SD=2.5; MB=24.2, SD=2.9). In der Gruppe A war der Anteil der männlichen und weiblichen Mentees ausgeglichen mit jeweils n=16. In Gruppe B waren nur Frauen vertreten.

Bewertung der Organisation

Die Organisation wurde mit M=2.63 (SD=1.15) zwischen „eher gut“ und „teils/teils“ bewertet. Vor allem Gruppe B bewertete die behandelten Inhalte als „gut“ bis „eher gut“. Die Stimmung innerhalb der Gruppen wurde von allen als positiv („gut“) eingeschätzt. Bezüglich der Rahmenbedingungen gibt die Mehrzahl der Mentees (92%) an, dass die Dauer der Termine und die Gruppengröße (87%) „genau richtig“ waren. Die Häufigkeit der Termine wird von 50% als „genau richtig“ eingestuft. Über die Hälfte der Mentees der Gruppe A (53%) und der Gruppe B (67%) war zu allen Treffen anwesend.

Bewertung des Mentors

N=26 Studierende gaben an, dass ihnen auch Einzelgespräche durch den Mentor angeboten wurden, die vor allem von Studierenden mit weniger guten Leistungen in Anspruch genommen wurden (75%). In den Gruppen B2 und B5 fanden ausschließlich Einzelgespräche statt, da nur je ein Mentee zu den Treffen erschien. Die Mentoren erhielten insgesamt die Note M=1.76 (SD=0.83). Gruppe A vergab die Note M=1.77 (SD=0.85) und Gruppe B bewertete die Mentoren insgesamt mit M=1.67 (SD=0.81, siehe auch Tabelle 2 [Tab. 2]).

Bewertung der persönlichen Entwicklung

Insgesamt wurde das Mentorenprogramm von den Mentees mit M=2.89 (SD=0.98) bewertet (Schulnoten). Dabei vergab Gruppe A die Note 2.94 (SD=0.98) und Gruppe B M=2.67 (SD=1.03). Insgesamt äußerten n=34 Studierende Interesse an einer Weiterführung des Mentorenprogramms, darunter waren alle Teilnehmer der Gruppe B und n=28 Mentees der Gruppe A. Tabelle 3 [Tab. 3] gibt die Einschätzungen der Mentees hinsichtlich der eigenen Entwicklung wieder.

Mentoren

Zehn der n=11 Mentoren sendeten den Evaluations-Fragebogen innerhalb von einem Monat zurück, was einem Rücklauf von 91% entspricht. Eine Mentorengruppe wurde nicht durchgeführt, da die ausgewählten Studierenden zu keinem Treffen erschienen. Die nachfolgenden Ergebnisse beziehen sich auf n=9 Mentorengruppen, die statt gefunden haben und von denen eine Evaluation vorliegt.

Organisation

88% (n=7) der Mentoren gaben an, sich wie vorgesehen einmal pro Monat mit ihrer Gruppe getroffen zu haben. Ein Mentor berichtete von mehrmaligen Treffen pro Monat und ein Mentor machte keine Angaben. Nur ein Mentor gab an, Einzelsitzungen durchgeführt zu haben. Die Dauer der Treffen betrug in 71% der Fälle 60 min oder mehr.

Inhalt

Hinsichtlich der behandelten Themen wurde am häufigsten „Organisation des Studiums“ mit (n=7) aufgeführt, gefolgt von „Studieren im Ausland“ (n=4) und „Lernverhalten“ (n=4). „Schwerpunktsetzung im Studium“, „Praktika“, „mögliche Berufswege“ und „Zeitmanagement“ wurde mit jeweils n=3 thematisch an dritter Stelle genannt. Es zeigten sich unterschiedliche Schwerpunkte in Abhängigkeit von den beiden Gruppen. Leistungsstarke Gruppen thematisierten: „Studieren im Ausland“, „mögliche Berufswege“, „Praktika“ sowie „Schwerpunktsetzung im Studium“ und leistungsschwache Gruppen „Lernverhalten“, „Organisation des Studiums, „Umgang mit Prüfungsangst“ sowie „Zeitmanagement“.

Erwartungen der Mentees

Die von den Mentoren abgefragten Erwartungen der Mentees an das Mentorenprogramm lassen sich in zwei Kategorien einteilen. N=7 Mentoren berichteten, dass ein Teil der Mentees zu Beginn des Mentorenprogramms den Wunsch nach Information zu Themen wie Studium, Karriere, Zukunftsplanung, Doktorarbeiten und Auslandsfamulaturen äußerten. Zwei Mentoren hatten den Eindruck, dass die Mentees sich noch keine konkreten Gedanken zum Mentorenprogramm gemacht haben und aufgrund dessen keine Themenwünsche äußerten. Letzteres beschreiben vor allem die Mentoren der Gruppen B. Sie schildern u.a. den Eindruck, dass die Studierenden sich zur Teilnahme verpflichtet fühlten, die Auswahlkriterien hinterfragten und das Mentorenprogramm insgesamt eher skeptisch betrachteten.

Einschätzung der Mentees durch die Mentoren

Bezüglich ihres gezeigten Interesses am Mentorenprogramm, wurden die Mentees von 67% (n=6) der Mentoren als „interessiert“ bis „eher interessiert“ eingeschätzt. Fünf Mentoren haben ihre Einschätzung zu den Fortschritten der Mentees abgegeben. Davon geben n=3 Mentoren an, dass die Teilnehmer von dem Mentorenprogramm insgesamt „eher profitiert“ haben.

Selbsteinschätzung

Insgesamt vergeben die Mentoren für das Mentorenprogramm die Durchschnittsnote „gut“ (M=2.25, SD=0.71). Tabelle 4 [Tab. 4] zeigt die Ergebnisse der Selbsteinschätzung der Mentoren.


Diskussion und Schlussfolgerungen

Die vorliegende Darstellung eines Pilotprojektes beschreibt die Bemühungen zur Einführung eines Mentorenprogramms in den ersten Abschnitt des Humanmedizinstudiums. Erste Evaluationsergebnisse weisen darauf hin, dass die Einteilung von leistungshomogenen Gruppen ein wichtiger Schritt in Richtung eines differenzieren Unterstützungsangebotes war. Studierende mit guten Studienleistungen weisen bezüglich der im Mentoring angesprochenen Themen andere Schwerpunkte als Studierende mit eher weniger guten Studienleistungen auf. Leider wurden nur wenige Studierenden mit Studienproblemen zur Teilnahme am Mentorenprogramm motiviert. Hierfür lassen sich einige Gründe anführen. Die Studierenden äußerten beispielsweise, dass sie sich durch die Auswahl aufgrund ihrer Noten eher zwangsverpflichtet als freiwillig motiviert zur Teilnahme fühlten und über Sinn und Zweck des Pogramms zu wenig informiert wurden. Zukünftig wird deshalb eine ausführlichere Informationsveranstaltung durchgeführt, um diese Kritik aufzugreifen. Interessanterweise handelte es sich bei den Teilnehmern der Gruppe mit Studienschwierigkeiten ausschließlich um Frauen, obwohl in etwa gleich viele Frauen und Männer zur Teilnahme eingeladen wurden.

Von den Mentees und Mentoren wurden noch weitere Verbesserungsvorschläge genannt, die für die nächsten Mentorengruppen umgesetzt werden sollen. Hierzu zählen u.a. die Erstellung eines Leitfadens für Mentoren und einer Broschüre über universitäre Beratungsangebote und das Anbieten von Vorträgen zu ausgewählten Themen, die gruppenübergreifend von Interesse sind. Des Weiteren soll das Mentorenprogramm bereits im ersten Semester über studentische Tutoren eingeführt werden, um letztendlich die Akzeptanz zu erhöhen. Aus den genannten Verbesserungsvorschlägen ergeben sich somit zahlreiche Arbeitsschritte, die dazu beitragen werden, das Mentorenprogramm zukünftig als relevantes Standardangebot der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg anbieten zu können.


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