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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Sechs Jahre interdisziplinärer Austausch über Medizin, Ethik und Recht an der Martin-Luther-Universität Halle: Masterstudiengang Medizin-Ethik-Recht an der Martin-Luther-Universität Halle

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  • corresponding author Sebastian Rosenberg
  • author Kerstin Junghans - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht (Juridicum), Halle, Deutschland
  • author Sonja Blank - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht (Juridicum), Halle, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2007;24(4):Doc155

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/zma/2007-24/zma000449.shtml

Eingereicht: 18. September 2007
Überarbeitet: 18. September 2007
Angenommen: 21. Oktober 2007
Veröffentlicht: 14. November 2007

© 2007 Rosenberg et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Bericht

Medizinrecht? Was ist das? So etwas gibt es? Noch nie gehört. – So oder so ähnlich sind Antworten von Jurastudenten oder Rechtsreferendaren vorstellbar, die den Begriff zum ersten Mal hören. Dies liegt zum einen daran, dass medizinrechtliche Inhalte im Jurastudium kaum vermittelt werden. Zum anderen ist der Begriff Medizinrecht aber auch irreführend, denn ein eigenes Gesetz zu diesem Bereich existiert nicht. Das Medizinrecht fasst daher lediglich alle zivil- und öffentlichrechtlichen sowie strafrechtlichen Fragen zusammen, die im Bereich der Medizin auftreten können.

Das Medizinrecht hat in den letzten Jahren allerdings geradezu als eigenes Rechtsgebiet zunehmend an Bedeutung und Interesse gewonnen. Die Rechtsprechung zu diesem Bereich wird immer umfangreicher, seit 2004 ist der Fachanwalt für Medizinrecht (http://www.fachanwaltslehrgang.de) anerkannt, es gibt zahlreiche Internet-Seiten und -foren (http://www.ag-medizinrecht-dav.de; http://www.medizinrecht.de; http://www.medizinanwaelte.de; http://www.docslaw.de; http://www.medknowledge.de/aerzte/arztrecht_medizinrecht.htm; http://www.medrecht.de; http://www.medizin.uni-koeln.de/dgmr; http://www.igmr.uni-bremen.de) zum Medizinrecht und auch die Anwaltschaft kommt nicht umhin, diesem wachsenden Markt mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Neben der anwaltlichen Tätigkeit bieten sich für Medizinrechtler zahlreiche Möglichkeiten, Ihre Qualifikation auf dem Markt anzubieten. Der viel beschworene, wachsende Wettbewerb zwischen den Krankenkassen, neue medizinische Einrichtungen wie z.B. die so genannten Medizinischen Versorgungszentren, die Gesundheitsreform und die Entwicklung in der medizinischen Wissenschaft führen zu immer aktuellen Fragen, die vor allem nicht mehr nur rechtlich, sondern verstärkt interdisziplinär beantwortet werden müssen. Für alle im medizinrechtlichen Bereich Tätigen (Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, die Ärztekammern und auch außerstaatliche Stiftungen z.B.) sind rechtliche und ethische Grundsätze zu beachten, deren gründliche Durchdringung oftmals von Experten geleistet werden muss.

Vor diesem Hintergrund stellt der neue Masterstudiengang Medizin-Ethik-Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg eine besondere und einzigartige Möglichkeit für Juristen, Mediziner und Absolventen anderer Fachrichtungen dar, die notwendige, medizinrechtliche und ethische Qualifikation zu erlangen. Diese Möglichkeit besteht erstmals zum Sommersemester 2008, in dem der Masterstudiengang beginnt. Der Studiengang wird vom Interdisziplinären Zentrum Medizin-Ethik-Recht organisiert.

Der Gründung eines interdisziplinären Zentrums lag die Überlegung zugrunde, dass während des Jurastudiums das Medizinrecht sowie weitere ethische Fragestellungen eher sporadisch gelehrt werden und sich dann meist auf Inhalte des Schwerpunktbereichs Sozialrecht oder die Haftungsgrundlagen beschränken. Ebenfalls Mediziner oder Absolventen anderer Fachrichtungen werden die medizinrechtliche oder ethische Reflexion ihrer eigenen, zukünftigen Tätigkeit kaum in der Ausbildung gelernt haben. Das Direktorium und der wissenschaftliche Beirat des Interdisziplinären Zentrums haben sich daher bei der Gründung des Zentrums im September 2001 zum Ziel gesetzt, den fächerübergreifenden Austausch auf den Grenzgebieten Medizin, Ethik und Recht zu fördern. Die Zusammensetzung des Direktoriums und des Beirates aus national und international anerkannten Wissenschaftlern der Fachbereiche Theologie, Medizin, Philosophie und Recht garantiert für die hohe Qualität der Lehre und gibt den Teilnehmern des Studiengangs Gelegenheit, Kontakte und Erfahrungen über das eigene Fachgebiet hinaus zu nutzen.

Lehrinhalte des Masterstudiengangs

Die Studieninhalte setzen sich zu gleichen Teilen aus den Bereichen Recht, Medizin und Ethik zusammen. Anknüpfend an seinen Hochschulabschluss müssen die Studentinnen und Studenten Leistungen in den drei Disziplinen erbringen. Die medizinischen Lehrveranstaltungen vermitteln z.B. Grundlagenkenntnisse in Anatomie, klinische Psychologie oder Rechtsmedizin. Ethi-sche Veranstaltungen befassen sich mit allgemeinen Grundzügen der Ethik, Philosophie oder Theologie, ausgewählten Fragestellungen der Medizinethik und Bioethik. Aktuelle Themen wie zum Beispiel das neue Gewebegesetz, die Problematik der Sterbehilfe, Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung oder aktuelle Diskussionen über das Embryonenschutzgesetz sowie die Stammzellforschung sind Gegenstand des Studiums. Vorteilhaft dabei ist der interdisziplinäre Ansatz des Lehrprogramms, weshalb die Themen aus verschiedenen Richtungen betrachtet werden und so ein besseres Gesamtbild der Thematik und letztendlich auch der Handhabung möglich ist.

Hinzu kommt das umfangreiche Angebot an juristischen Vorlesungen und Seminaren. Alle für das Medizinrecht entscheidenden Bereiche werden abgedeckt. Die Studenten erhalten Kenntnisse in den Bereichen des Arzthaftungs- und –vertragsrechts, Pflegeversicherungsrechts und Sozialrechts sowie von ausgewählten, aktuellen Fragen des gesamten Medizinrechts einschließlich der verfassungsrechtlichen Grundlagen.

Bemerkenswert sind die Case Studies und das Kolloquium zur Vertiefung im Studiengang, die jedes Semester angeboten werden. Im Rahmen der Case Studies ist es den Studierenden möglich „Unterricht am Krankenbett“ zu absolvieren. Dieser Unterricht wird bisher auf der interdisziplinären Intensivstation und in der Hornhautbank des Universitätsklinikums durchgeführt. Das Kolloquium bietet die Möglichkeit, Erfahrungsberichte und Vorträge von Persönlichkeiten aus der medizinrechtlichen Praxis zu hören und so den Blick für die Gesamtzusammenhänge zu schärfen.

Die Vorlesungen, Seminare und Übungen sind zum Großteil ausschließlich für die Studentinnen und Studenten des Studiengangs ausgelegt. Nur in Ausnahmefällen nehmen die Studierenden auch an den üblichen Veranstaltungen der einzelnen Fachbereiche teil, was den interdisziplinären Austausch vertieft. So besteht die Möglichkeit an einer gerichtlich angeordneten Obduktion innerhalb der Vorlesung Rechtsmedizin teilzunehmen.

Besonders interessant für Teilnehmer mit juristischer Qualifikation ist, dass die rechtlichen Studieninhalte weitestgehend dem Anforderungskatalog für den Fachanwaltslehrgang im Medizinrecht entsprechen und so eine willkommene Vorbereitung bieten können.

Zugangsvoraussetzungen

Voraussetzung für die Zulassung ist ein abgeschlossenes Universitätsstudium in den Fächern Jura, Medizin, Philosophie oder Theologie. Absolventen anderer Fachrichtungen können unter Umständen ebenfalls zugelassen werden. Derzeit sind unter den Studenten des Aufbaustudiengangs Absolventen der Fachrichtungen Jura, Medizin, Theologie, BWL und Bioinformatik vertreten.

Regulärer Studienbeginn ist jeweils das Sommersemester, zu dem 20 Studenten zugelassen werden. Die Bewerbungsfrist endet jeweils am 31.Januar des Jahres.

Arbeitsumfang

Die Regelstudienzeit des Masterstudiengangs Medizin-Ethik-Recht beträgt zwei Semester Vollzeitstudium. Bei berufsbegleitender Teilnahme ist ein Teilzeitstudium von vier Semestern möglich. Die Teilnahme von Jura- und Medizin- Absolventen bietet sich sowohl im Anschluss an das Erste wie auch an das Zweite Staatsexamen an. Während des Studiums müssen von den Studierenden unter anderem mehrere Wahlpflichtmodule im Grundlagenbereich bzw. im Spezialisierungsbereich erbracht werden.

Die Anzahl der zu absolvierenden Module richtet sich nach der Eingangsqualifikation. Am Ende des zweiten Semesters ist eine Masterarbeit anzufertigen und nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wird der „Master of Medicine, Ethics and Law“ (M.mel.) verliehen.

Die Teilnahme an dem Studiengang ist auch für Doktoranden oder bereits Berufstätige aufgrund einer relativ individuellen Einteilung der Arbeitsbelastung möglich. Gerade für Interessierte an einer Doktorarbeit aus dem Bereich des Medizinrechts, der eine Vielzahl zu bearbeitender, aktueller Themen bereithält, bietet der Studiengang hilfreiche Ergänzungen zu der eigenen Forschungsarbeit.


Kontakt

Interessenten für den Masterstudiengangs „Medizin-Ethik-Recht“ wenden sich bitte an Frau Dr. Junghans unter den folgenden Kontaktdaten oder besuchen die genannte Homepage:

Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht, Frau Dr. Kerstin Junghans, mer@jura.uni-halle.de, Homepage: http://www.mer.uni-halle.de, Tel: 0345/55-23144/-23142, Fax: 0345/55-27070, Postanschrift: Martin-Luther-Universität, 06099 Halle (Saale)


Danksagung

Der Autor hat den Studiengang in der juristischen Qualifikation erfolgreich abgeschlossen. Textbearbeitung und Veröffentlichung von Sonja Blunk.