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GMS Thoracic Surgical Science

Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT)

ISSN 1862-4006

Qualitätssicherung in der Thoraxchirurgie anhand von Eingriffen beim Bronchialkarzinom : Ergebnisse einer Pilotstudie

Quality management in Thoracic Surgery for the surgical treatment of lung cancer : results of a pilot trial

Originalarbeit

  • corresponding author Godehard Friedel - Klinik Schillerhöhe, Abt. für Thoraxchirurgie, Gerlingen
  • Thomas Graeter - Universitätskliniken des Saarlandes, Abt. für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie, Homburg
  • Viktor Haas - Klinik Löwenstein, Abt. für Thorax- und Gefäßchirurgie, Löwenstein
  • Holger Hammelrath - Allgemeines Krankenhaus Harburg, Abt. für Thoraxchirurgie, Hamburg
  • Aliki Marini - Zentralklinik Emil von Behring, Department Lungenklinik Heckeshorn, Abt. für Thoraxchirurgie, Berlin
  • Erich Stoelben - Universitätskliniken Freiburg, Chirurgische Klinik, Abt. für Thoraxchirurgie, Freiburg
  • Heikki Toomes - Klinik Schillerhöhe, Abt. für Thoraxchirurgie, Gerlingen

Thoracic Surgical Science 2004;1:Doc02

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/tss/2004-1/tss000002.shtml

Veröffentlicht: 1. Oktober 2004

© 2004 Friedel et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Das Bronchialkarzinom ist nach wie vor die häufigste Todesursache bei malignen Erkrankungen in Deutschland. Seit vielen Jahren versucht die Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie eine externe Qualitätssicherungsmaßnahme für die operative Therapie des Bronchialkarzinoms zu initiieren. Trotz vieler Verhandlungen und positiver Begutachtungsergebnisse des Projektes war von den Verantwortlichen im Gesundheitswesen keine öffentliche Förderung zu erhalten. Es wurde daher mit Geldern der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie und des Vereins für Qualitätsmanagement in der Pneumologie und Thoraxchirurgie eine Pilotstudie gestartet. Es wurden Daten von Patienten, die aufgrund eines Bronchialkarzinoms im Jahre 2001 operiert wurden, prospektiv erhoben. Sechs große thoraxchirurgische Kliniken bzw. Abteilungen waren freiwillig bereit teilzunehmen. Qualitätskriterien waren die Letalitäts- und Komplikationsraten sowie die Anzahl der Manschettenresektionen und die Anzahl der Mediastinoskopien pro Haupteingriff. Die Auswertungen erfolgten als Prozentzahlen mit den zugehörigen Konfidenzintervallen. Es wurden 1494 Eingriffe bei 1099 Patienten dokumentiert. Die Eingriffsart war in 565 (38%) Fällen eine Lobektomie, in 148 (10%) Fällen eine Pneumonektomie und in 781 (52%) Fällen andere Eingriffe. Komplikationen traten bei großen Eingriffen bei 31% der Patienten auf. Innerhalb der Kliniken kam es zu Schwankungen zwischen 20% und 44%. Die Krankenhausletalität der gesamten Gruppe betrug 2,8%. Die geringste Letalität betrug 1,5%, die höchste 3,5%. Betrachtet man nur die Patienten, die lobektomiert wurden, so betrug die Letalität der gesamten Gruppe 2,6%. Bei den Pneumonektomien betrug die Letalität 8,1%. Sie schwankte zwischen 4% und 33%. Die Rate der Mediastinoskopien in Bezug auf die kurativen Eingriffe schwankte zwischen 20% und 80%. Anhand des vorgegebenen Indikatorproblems (Bronchialkarzinom) und der Qualitätskriterien konnte in der Studie gezeigt werden, dass eine sinnvolle und aussagekräftige externe Qualitätssicherung in der operativen Thoraxchirurgie mit den erhobenen Daten möglich ist.

Schlüsselwörter: Qualitätssicherung, Thoraxchirurgie, Bronchialkarzinom

Abstract

Lung Cancer still is the major cause of death in malignant diseases. For several years the German Society for Thoracic Surgery attempted to establish an external quality management for the surgical treatment of lung cancer. Despite positive expert opinions and several negotiations no governmental support could be achieved. Therefore a pilot trial was started with financial support from the German Society for Thoracic Surgery and from the Association for Quality Management of Pneumology and Thoracic Surgery. During 2001 data of patients operated for lung cancer were prospectively recorded. Six high volume centres were prepared to participate. Mortality and morbidity rate as well as rate of sleeve resections and mediastinoscopies were selected as quality criteria. For the evaluation percentage and appropriate confidence intervals were used. 1494 interventions in 1099 patients were recorded. The type of resection was lobectomy in 565 (38%) cases, pneumonectomy in 148 (10%) cases and other interventions in 781 (52%) cases. Complications occurred in 31% of lobectomies and pneumonectomies with variations between the hospitals between 20% and 44%. Hospital mortality was 2.8% (1.5-3.5%) for the whole group. For lobectomies the hospital mortality was 2.6%, for pneumonectomies 8.1% (4-33%). The rate of mediastinoscopies in the hospitals varied between 20% and 80%. On the basis of the selected indicator and the quality criteria it could be shown that a quality management is possible.

Keywords: quality management, thoracic surgery, lung cancer, outcome


Einleitung

Es wird derzeit sehr viel über Qualitätssicherung, Qualitätsvergleich, Wettbewerb im Krankenhauswesen, Leitlinien und Defizite in der Versorgung onkologischer Patienten geschrieben und diskutiert [1]. Auf welchen Daten die Qualitätsvergleiche oder das Benchmarking der Krankenhäuser untereinander beruhen soll, wird jedoch nicht explizit dargelegt [2]. Die Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) unternimmt seit Jahren erhebliche Anstrengungen um eine externe Qualitätssicherung in der Thoraxchirurgie zu etablieren [3]. Mit Unterstützung der DGT und der teilnehmenden Kliniken wurde 1995 eine erste Pilotstudie mit 5 Kliniken durchgeführt [4]. Die Konzeption und die Ergebnisse der Pilotstudie wurden zunächst dem Vorstand der Ärztekammer Baden-Württemberg vorgestellt und dort als unbedingt förderungswürdig beurteilt. Es erfolgte dann die Vorstellung bei der Bundesärztekammer und bei der Kommission für Qualitätssicherung bei Sonderentgelten und Fallpauschalen. Von beiden Gremien wurden die Vorarbeiten gewürdigt und die Qualitätssicherungsmaßnahme zur Übernahme in die bundesweite Qualitätssicherung empfohlen. Nachdem die Kassen jedoch keinen weiteren Bedarf für externe Qualitätssicherungsmaßnahmen sahen und die Finanzierung ablehnten, wurde die Qualitätssicherung Thoraxchirurgie zurückgestellt. Da ein Teil der thoraxchirurgischen Kliniken weiter an einer externen Qualitätssicherung interessiert war, wurde 1999 in Gerlingen der Verein für Qualitätsmanagement in der Pneumologie und Thoraxchirurgie gegründet. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, klinikübergreifende Qualitätsmanagementprogramme in der Pneumologie und Thoraxchirurgie zu entwickeln und durchzuführen. Innerhalb der offiziellen externen Qualitätssicherungsmaßnahmen der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) werden bisher keine rein onkologischen Indikatoren verglichen. Nach wie vor steht das Bronchialkarzinom in Deutschland an erster Stelle der Todesfälle bei malignen Erkrankungen. Der Verein hat nun mit Unterstützung der DGT eine erste Pilotstudie zur externen Qualitätssicherung bei Eingriffen, die aufgrund eines Bronchialkarzinoms vorgenommen wurden, konzipiert und durchgeführt.


Patienten und Methode

Es haben sich 6 thoraxchirurgische Abteilungen an der Studie beteiligt. Die Abteilungen sind im Anhang aufgeführt. Es handelt sich um 2 Universitätsabteilungen, 3 Fachkliniken und eine thoraxchirurgische Abteilung eines städtischen Krankenhauses. Das Indikatorproblem stellen alle Eingriffe dar, die aufgrund der Hauptdiagnose Bronchialkarzinom durchgeführt wurden. Als Zeitraum der Datenerfassung wurde das Jahr 2001 (1. Januar - 31. Dezember 2001) bestimmt. Die Daten wurden Quartalsweise online als Excel-Dateien übermittelt. Zum Ende des 1. Quartals 2002 wurde der Datenimport abgeschlossen. Die Daten wurden bezüglich Patientenname und Klinikname anonymisiert. Die teilnehmenden Kliniken wurden mit einem zugelosten, zweistelligen numerischen Code anonymisiert. Patientenbezogene Daten waren eine Klinikidentifikationsnummer, eine Patientenidentifikationsnummer und eine Aufnahmenummer, um mehrmalige Aufenthalte einem Patienten zuordnen zu können. Weiterhin wurden eine Operationsnummer und die Zuordnung von Haupt- und Nebeneingriffen innerhalb eines Aufenthaltes gefordert. An Datumsfeldern wurden das Geburts-, das Aufnahme-, Operations-, Entlass- und ggf. das Todesdatum erfasst. Zur Risikoeingruppierung wurde die ASA(American Society of Anestesiology)-Klassifikation verwendet. An Operationsdaten wurde der Zugang anhand einer vorgegebenen Liste, ein Methodenwechsel (VAT-Thorakotomie) sowie die Operation selbst anhand des ICPM-Schlüssels mit maximal 5 Nennungen dokumentiert. Der Verlauf wurde mittels einer vorgegebenen Liste von Komplikationen sowie daraus resultierender therapeutischer Maßnahmen mit jeweils maximal 2 Nennungen dokumentiert. Bei verstorbenen Patienten wurden die Todesursache und die Durchführung einer eventuellen Obduktion festgehalten. Schlussendlich wurden die Entlassdiagnose und das TNM-Stadium erfasst.

Qualitätskriterien waren die Letalität und Komplikationsraten bezogen auf die Gesamtzahl der Eingriffe sowie auf die Gruppen der potentiell kurativen Eingriffe (Lobektomie und Pneumonektomie). Zusätzlich wurde die Anzahl der Manschettenresektionen pro Eingriffsart ausgewertet. Als Kriterium zur Prozessqualität wurde die Anzahl der Mediastinoskopien bezogen auf die Anzahl der kurativen Eingriffe (Lobektomien und Pneumonektomien) gewertet.

Es wurden insgesamt 1494 Eingriffe bei 1099 Patienten dokumentiert [Abb. 1], [Abb. 2]. Das mittlere Alter betrug 62 Jahre (21-93 J.). Die Eingriffsart war in 565 (38%) Fällen eine Lobektomie, in 148 (10%) Fällen eine Pneumonektomie und in 781 (52%) Fällen andere Eingriffe, dahinter stehen diagnostische Eingriffe wie Mediastinoskopien und Thorakoskopien, Lymphknotenresektionen und palliative oder explorative Eingriffe [Abb. 3].

Manschettenresektionen wurden bei 88 Patienten durchgeführt. Als Zugang wurde in 41% die posterolaterale Thorakotomie, in 14% die anterolaterale Thorakotomie, in 8% die Videothorakoskopie und in 37% andere Zugangswege gewählt. Die Verteilung der Risikofaktoren nach der ASA-Klassifikation innerhalb der einzelnen Kliniken ist in der Abbildung 4 [Abb. 4] wiedergegeben.

Die Auswertungen wurden mit Microsoft Excel und SPSS vorgenommen. Die Auswertungen erfolgten im Wesentlichen als Prozentzahlen mit den zugehörigen Konfidenzintervallen.


Resultate

Die Verteilung der Patientenzahlen auf die einzelnen Kliniken zeigt keine deutlichen Unterschiede. Klinik 6 bringt 18%, Klinik 11 15%, Klinik 17 12%, Klinik 20 25%, Klinik 37 20% und Klinik 40 10% der Patienten ein. Bei der Verteilung der Eingriffszahlen ergibt sich ein ähnliches Bild: Klinik 6 15%, Klinik 11 20%; Klinik 17 11%; Klinik 20 29%, Klinik 37 17% und Klinik 40 8%. Untersucht man nun das Verhältnis von Eingriffen zu Patienten, so werden in Klinik 6 1,2 Eingriffe pro Patient durchgeführt; in Klinik 11 1,8 Eingriffe pro Patient; in Klinik 17 1,2; in Klinik 20 1,4; in Klinik 37 1,2 und in Klinik 40 1,1 Eingriffe pro Patient.

Als Maß für Prozessqualität haben wir die Rate an Mediastinoskopien bei Patienten mit großen Eingriffen, d.h. bei Lobektomien und Pneumonektomien, herangezogen. Abbildung 5 [Abb. 5] gibt die Verhältnisse mit den zugehörigen Konfidenzintervallen wieder. So werden in der Klinik 6 bei 154 großen Eingriffen 32 Mediastinoskopien durchgeführt, d.h. bei 21%. In der Klinik 20 beträgt dieses Verhältnis 80% [Abb. 5].

Ein Maß für das operative Spektrum können die Anzahl der Manschettenresektionen sein. Alle Kliniken führten Manschettenresektionen durch, wobei die Zahlen vor allem bei den Manschettenpneumonektomien stark schwanken. Die Anzahl liegt zwischen 0 und 9 Fällen [Abb. 6].

Komplikationen, die anhand einer vorgegebenen Liste erfasst wurden [Tab. 1], traten in der gesamten Gruppe bei großen Eingriffen bei 31% der Patienten auf [Abb. 7]. Innerhalb der Kliniken traten Schwankungen zwischen 20% und 44% auf. Bei den Lobektomien betrug die Komplikationsrate 30% im Durchschnitt und bei den Pneumonektomien 35%. Auch hier war bis auf eine Klinik, die bei den Pneumonektomien eine Komplikationsrate von 50% hatte, keine außergewöhnliche Streuung zu verzeichnen.

Die Krankenhausletalität der gesamten Gruppe von 1099 Patienten betrug 2,8%. Die geringste Letalität betrug 1,5%, die höchste 3,5% [Abb. 8]. Betrachtet man nur die Patienten, die lobektomiert wurden, so betrug die Letalität der gesamten Gruppe 2,6%. In der Klinik 40 ist im Jahr 2001 kein innerhalb der Studie erfasster Patient verstorben, d.h. die Letalität betrug 0%, in der Klinik 37 betrug sie 6,9%.

Die sich überlappenden Konfidenzintervalle zeigen jedoch keine signifikanten Unterschiede [Abb. 9]. Bei den Pneumonektomien betrug die Letalität der gesamten Gruppe 8,1%. Sie schwankt zwischen 4% und 33% [Abb. 10].

Statistisch signifikante Unterschiede sind nicht aufgetreten. Auch wenn zum Teil P-Werte < 0,05 erzielt werden, sind aufgrund der sich überlappenden Konfidenzintervalle keine signifikanten Unterschiede vorhanden.


Diskussion

Die Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie unternimmt seit ca. 10 Jahren Anstrengungen, um eine bundesweite externe Qualitätssicherung in der Thoraxchirurgie zu initiieren. Nach mehreren kleineren Pilotstudien werden in der vorliegenden Arbeit erstmals größere, qualitätsrelevante Zahlen bei Operationen, die aufgrund eines Bronchialkarzinoms durchgeführt wurden, vorgelegt [4]. Es wurden 1494 Eingriffe bei 1099 Patienten in 6 thoraxchirurgischen Abteilungen dokumentiert. Es handelt sich um 3 thoraxchirurgische Fachkrankenhäuser, 2 Universitätsabteilungen und eine thoraxchirurgische Abteilung in einem städtischen Krankenhaus. Diese Zusammensetzung bildet einen Querschnitt der Krankenhäuser, in denen die Mehrzahl der thoraxchirurgischen Eingriffe vorgenommen wird. Die Untersuchung des Verhältnisses von großen Eingriffen zu Mediastinoskopien ist so u.E. noch nicht vorgenommen worden und gibt erstmals Anhaltspunkte für die Prozessqualität. Die Raten differieren zwischen den einzelnen Kliniken noch erheblich. Es wäre nun notwendig weiter zu eruieren, inwieweit z.B. neoadjuvante Therapien in den Kliniken angewandt werden, da dies u.a. einen Grund für die Indikation zur Mediastinoskopie darstellen kann.

Die Anzahl der Manschettenresektionen könnte einen Hinweis auf die operativ-technische Qualifikation der Operateure einzelner Kliniken liefern. In unserer Untersuchung zeigt sich, dass in allen Kliniken dieses Verfahren angewandt wird, mehr ist aus der geringen Zahl nicht herauszulesen.

Wie bereits in Vorstudien zeigen auch in dieser Studie die ASA-Scores zwischen den Kliniken erhebliche Unterschiede. Es wäre weiter zu klären, ob dies an unterschiedlichen Interpretationen der ASA-Klassifikation liegt oder ob es sich um tatsächliche Unterschiede der Komorbidität der einzelnen Kliniken handelt [3].

Die Komplikationsraten differieren zwischen den Kliniken nicht wesentlich und liegen bei 30%. Nach Pneumonektomien sind die Raten etwas höher. So traten bei 713 resezierenden Eingriffen in 5,5% (n=39) Bronchusstumpfinsuffizienzen auf, mit Raten zwischen 0% und 11%. Die am häufigsten genannten Komplikationen waren behandlungspflichtige Arrhythmien (7%) und Blutungen (6,8%). Wie in Abbildung 7 [Abb. 7] ersichtlich liegen 2 Kliniken bei 20% und 23%, eine Klinik bei 44% und die Mehrzahl zwischen 31% und 36%. Obwohl die Klinik 37 insgesamt die höchste Komplikationsrate hat, liegt sie bei der Bronchusstumpfinsuffizienz und der Nachblutung unterhalb des Schnittes (3,2% bzw. 3,2%). Dies zeigt, dass die Komplikationsraten möglicherweise zusätzlich bezüglich ihrer Schwere gewichtet werden müssen.

Die Krankenhausletalität unterscheidet sich erwartungsgemäß bei Lobektomien und Pneumonektomien. Auch zwischen den Kliniken zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede. So beträgt die Krankenhausletalität nach Pneumonektomie in einer Klinik 33%. Die Pneumonektomierate ist in dieser Klinik mit 6 Pneumonektomien sehr niedrig. Es müsste nun weiter untersucht werden, ob es sich um eine zufällige Häufung ohne Qualitätsdefizit handelt, da diese Klinik bei den Lobektomien mit einer Letalität von 1,4% sehr niedrig liegt. Ansonsten zeigen die Verteilungen der Konfidenzintervalle, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen den Kliniken vorliegen und die Daten innerhalb der statistisch zu erwartenden Streubreiten liegen. Um diese Streubreiten einzuengen sind größere Zahlen erforderlich. Ein nächster Schritt wäre nun, die Letalitätsraten weiter anhand der postoperativen Tumorstadien und der Begleiterkrankungen der Patienten zu differenzieren. Es wäre z.B. aufzuzeigen, ob Kliniken, die mit sehr niedrigen Letalitätsraten aufwarten, nur junge Patienten ohne Begleiterkrankungen operieren und anderen die Chance einer Heilung verwehren. Oder dass andere Kliniken mit höheren Letalitätsraten hauptsächlich Patienten nach vorangegangener Chemo- und Strahlentherapie, die ein erheblich höheres Risiko haben, operieren. Auch das Verhältnis von kompletten Resektionen zu R1- bzw. R2-Resektionen kann ein Qualitätsmerkmal darstellen. Es wurden zwar in dieser Untersuchung alle Eingriffe dokumentiert, die Anzahl der inkompletten Resektionen wurde jedoch nicht speziell ausgewertet.

Es existieren in Deutschland außerhalb von Studien praktisch keine Zahlen über Komplikationen und Letalität nach resezierenden Eingriffen [5]. Im Rahmen der Diskussion um Mindestoperationszahlen in den einzelnen Fachgebieten werden von Bruckenberger Daten aus der Krankenhausdiagnosestatistik des Landes Niedersachsen veröffentlicht [6]. Dabei ergibt sich bei allen Operationen, die in Niedersachsen aufgrund der Hauptdiagnose Bronchialkarzinom durchgeführt wurden, eine Krankenhausletalitätsrate von 8,4%. Es werden dabei sowohl diagnostische als auch resezierende Eingriffe zugrunde gelegt. Wird nun die Menge an Eingriffen pro Jahr und Krankenhaus zugrunde gelegt, so ergeben sich deutliche Unterschiede. Von insgesamt 107 Krankenhäusern, die Lungeneingriffe vornehmen, nehmen 72 weniger als 20 Eingriffe pro Jahr vor und haben eine Letalitätsrate von 15,4%. Im Gegensatz dazu haben 6 Häuser, die jeweils mehr als 150 Eingriffe pro Jahr vornehmen, eine Letalitätsrate von nur 5,4%. Verglichen mit der Letalität der eigenen Untersuchung von 2,8% erscheint die Gesamtletalilät von 8,4% in Niedersachsen sehr hoch, die Krankenhäuser mit einer hohen OP-Frequenz zeigen mit 5,4% eine unserer Auswertung ähnliche Letalität. Der deutliche Unterschied zwischen Krankenhäusern mit einer hohen thoraxchirurgischen Operationsfrequenz und Erfahrung und solchen mit geringerer Frequenz gibt ebenfalls Anlass zu Bedenken. Dies auch vor dem Hintergrund, dass bei den Mindestzahlen in der Thoraxchirurgie eine Zahl von mindestens 20 Eingriffen pro Jahr diskutiert wird. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Untersuchung von Silvestri, die die Daten der Medicare-Versicherten zugrunde legt. Es zeigen sich deutliche Unterschiede, je nachdem wie viele Lobektomien oder Pneumonektomien pro Jahr vorgenommen werden. Die Letalitätsraten schwanken bei Lobektomien zwischen 5,7% in Häusern mit weniger als 9 Lobektomien pro Jahr und 4% in Häusern mit mehr als 46 Lobektomien pro Jahr. Noch deutlicher sind die Unterschiede bei Pneumonektomien. Die Letalität beträgt 16,1% in Häusern mit weniger als 9 Pneumonektomien pro Jahr und 10,7% in Häusern mit mehr als 46 Pneumonektomien pro Jahr. Auch hier sind die Letalitätsraten der Häuser mit einer hohen Operationsfrequenz mit den in unserer Untersuchung erhobenen vergleichbar [7].

Vor diesem Hintergrund erscheint es unverständlich, warum die Politik und die Kassen nicht Anstrengungen unternehmen, solche Zahlen in größerem Umfange zu erhalten und z.B. externe Qualitätssicherungsmaßnahmen wie die hier beschriebene zu unterstützen.

Diese Pilotstudie zeigt erneut, wie wichtig eine externe Qualitätssicherung sowohl für die Kliniken als auch für die Patienten und das Gesundheitswesen allgemein ist.

Nicht zuletzt wird derzeit eine zum Teil heftige und kontroverse Diskussion über die umfassende Behandlung von Karzinomen anhand des Mammakarzinoms geführt. Nach wie vor sterben jedoch in Deutschland die meisten Menschen an Bronchialkarzinomen. Eine sinnvolle Qualitätssicherung bei dieser Erkrankung wird jedoch eher blockiert denn gefördert. Unter diesem Hintergrund erscheint die Leitlinien- und Disease-Management-Diskussion vordergründig und nicht an der Sache orientiert.


Teilnehmende Kliniken

Allgemeines Krankenhaus Harburg, Abt. für Thoraxchirurgie, Hamburg (Chefarzt: Dr. Christian Kugler)

Zentralklinik Emil von Behring, Department Lungenklinik Heckeshorn, Abt. für Thoraxchirurgie, Berlin (Chefarzt: Prof. Dr. Dirk Kaiser)

Universitätskliniken des Saarlandes, Abt. für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie, Homburg (Direktor: Prof. Dr. Hans-Joachim Schäfers)

Klinik Löwenstein, Abt. für Thorax- und Gefäßchirurgie, Löwenstein (Chefarzt: Dr. Peter Wex)

Universitätsklinikum Freiburg, Chirurgische Klinik, Abt. für Thoraxchirurgie, Freiburg (Direktor: Prof. Dr. Bernward Passlick; (1986 - März 2004 Prof. Dr. Joachim Hasse))

Klinik Schillerhöhe, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, Abt. für Thoraxchirurgie, Gerlingen (Chefarzt: Prof. Dr. Heikki Toomes)


Anmerkung

Diese Studie wurde mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie und des Vereins für Qualitätsmanagement in der Pneumologie und Thoraxchirurgie konzipiert und durchgeführt.


Literatur

1.
Friedel G, Toomes H. Leitlinien zur Qualitätssicherung beim Bronchialkarzinom. Langenbecks Arch Chir. 1997;Suppl II:233-239.
2.
Kolkmann F, Vilmar K, Strobrawa F. Entprofessionalisierung ärztlicher Berufsausübung. Dt Ärzteblatt. 2004;101:A1409-1411.
3.
Friedel G, Toomes H. Qualitätssicherung - Thoraxchirurgie. Acta Chir Austriaca. 1996; 28:116-120.
4.
Friedel G, Bülzebruck H, Toomes H. Qualitätssicherung in der Thoraxchirurgie. In: Scheibe O, ed. Qualitätsmanagement in der Medizin. München: ecomed; 1997. 1-11.
5.
Hermanek P, Mansmann U, Altendorf-Hofmann A, Hermanek P, Jr., Riedl S, Staimmer D. [Comparative study of oncological outcome quality in colorectal carcinoma--ranking by surrogate endpoint?]. Chirurg. 1999;70:407-14.
6.
Bruckenberger E. Analyse der Vorgaben von Mindestmengen planbarer Leistungen nach dem Fallpauschalengesetz. Krankenhaus-Umschau. 2003.
7.
Silvestri GA, Handy J, Lackland D, Corley E, Reed CE. Specialists achieve better outcomes than generalists for lung cancer surgery. Chest. 1998;114:675-80.